In der Wellcome Library in London gibt es ein Buch aus dem 17. Jahrhundert, in dem zahlreiche verschlüsselte Passagen enthalten sind. Ich möchte dieses Buch komplett entschlüsseln. Dies dürfte nicht besonders schwierig sein.

Wie löst man ein verschlüsseltes Buch aus dem 17. Jahrhundert? Antwort: Man findet auf der ersten Seite eine Post-it-Notiz, auf der die passende Verschlüsselungstabelle angegeben ist.

So erging es mir, als ich im März die Wellcome Library in London besuchte. Dank eines Tipps von Benedek Láng fand ich dort ein Medizinbuch aus dem Jahr 1625. Dieses ist im Klartext verfasst, es gibt aber ein verschlüsseltes Vorwort und zahlreiche verschlüsselte Anmerkungen. Vermutlich wurden die verschlüsselten Stellen nachträglich hinzugefügt. Die Verschlüsselung ist nicht schwer zu knacken. Freundlicherweise hat bereits jemand die passende Verschlüsselungstabelle auf einen Post-it-Zettel geschrieben und dem Buch beigelegt. Das erste verschlüsselte Wort lautet COMPENDIUM. Ich habe das Buch daher mangels eines anderen Titels Codex Compendium genannt.

Das komplette Buch einschließlich Post-it-Zettel gibt es hier (im Gegensatz zur British Library ist es in der Wellcome Library erlaubt, Bücher zu fotografieren und die Fotos zu veröffentlichen).

Codex-Compendium-1

Das Vorwort sieht im Klartext wie folgt aus:

COMPENDIUM ACCURATISSIMUM VIRTUTUM AC POTENTIARUM FRUTICUM ET ARBORUM EX DOCTISSIMIS AUTORIBUS PLANTAE SPIRITUUM ET DEMONUM LINUM PSYLLIUM VIOLA APIUM CORIANDRUM HIOSCIARUS CICUTA CANNA FEVATASSUS BARBASSUS

Meine Lateinkenntnisse reichen leider nicht aus, um alles zu verstehen, aber anscheinend ist dieses Vorwort eine kurze Inhaltsangabe mit dem Namen des Autors. Dies würde Sinn ergeben, denn Titel und Verfasser sind im Buch sonst nirgends angegeben. Hat hier also ein Mediziner sein Wissen zu Papier gebracht und wollte seine Identität durch Verschlüsselung geheim halten? Oder hat jemand anderer den anonymen Verfasser auf diese Weise verewigt?

Kryptologisch ist das Problem also gelöst. Allerdings habe ich bisher erst das Vorwort entschlüsselt. Wer weitere Passagen entschlüsselt, möge mir dies bitte mitteilen, dann kann ich auf der von mir eingerichteten Seite den Klartext vervollständigen. Es sollte eigentlich möglich sein, früher oder später alle verschlüsselten Stellen im Klartext aufzuführen.

Außerdem sind noch viele Fragen zum Codex Compendium offen. Kann jemand mit dem Latein etwas anfangen? Tritt die Geheimschrift auch an anderer Stelle auf? Welchen medizinhistorischen Hintergrund hat das ganze? Wer etwas weiß, möge dies bitte im Kommentarfeld mitteilen.

 

PS: Wer gerne simple Verschlüsselungen löst, findet hier ein ziemlich einfaches Krypto-Rätsel – mit Gewinnmöglichkeit.

Kommentare (16)

  1. #1 Svechak
    27. November 2013

    Auf Foto 16 rechts lese ich:
    LATAX ARTEMIS IA PALMA
    Macht das Sinn?

  2. #3 mathilde
    28. November 2013

    Und der Bezug zu Naturwissenschaften? Ist es so schwer in der richtigen Rubrik zu posten.

  3. #4 Helmut Winkler
    28. November 2013

    Autorenname ist leider keiner dabei. Ich würde lesen bzw. übersetzen:
    Sehr genaue Zusammenstellung der Eigenschaften und Kräfte der Früchte [fruticum sollte fructuum sein, schlecht kodiert?] und Bäume, aus den gelehrtesten Autoren [zusammengestellt], Pflanzen der Geister und Dämonen. Dann folgt eine Pflanzennamenliste. Was mirnach einem flüchtigen Blick am nicht kodierten Teil auffällt, sind die Planetensymbole und dass es anscheinend wirklich Pflanzenlisten sind, das müsste in Richtung Alchemie, Magie usw. des 16./17. Jh. gehen, müsste man sich genau ansehen.

    Helmut Winkler

  4. #5 Helmut Winkler
    28. November 2013

    zu Svechak:

    Macht in dem Zusammenhang schon Sinn, Pflanzennamen bzw. Pflanzenproduktnamen

  5. #6 Pompeius
    28. November 2013

    @Helmut: frutex ist die Staude, der Busch. Sonst passt das.

  6. #7 Helmut Winkler
    28. November 2013

    Pompeius:

    Stimmt, habe ich nicht dran gedacht

    Helmut

  7. #8 Dave
    29. November 2013

    Ich kann leider kein Latein.
    Trozdem will ich mal was versuchen, habe mal Seite 7 gemacht/versucht.

    M U/V S C U/V S T X U/V S L A U/V R U/V S A M B R A
    M Y R R A B A L S A M U/V M

  8. #10 Helmut Winkler
    29. November 2013

    Muscus – Moos, t[a]xus – Eibe, laurus – Lorbeer, ambra – Ambra (etwas aus der Verdauung des Pottwals),myrra – Myrrhe bzw. ihr Harz, balsamum – Balsambaum bzw. sein Harz

  9. #11 Dave
    3. Dezember 2013

    MS-199-Wellcome (04)
    Sanhalum Rubeum Renta Piper Nigur

    Der Sinn könnte ungefähr heißen:
    Zur Heilung roten getreuten Pfeffer einatmen.

    • #12 Klaus Schmeh
      3. Dezember 2013

      Danke, habe ich übertragen.

  10. #13 Pnugi
    3. Dezember 2013

    Jetzt will ich auch mal:
    5l: CALAMENUM
    5r: PAEONIAPALMACUI/STI

    • #14 Klaus Schmeh
      3. Dezember 2013

      Danke, habe ich übertragen.

  11. #15 Dan Girard
    4. Dezember 2013

    19 l: ZINZIBER, GENTIANA, DICTAMNUS, VERBENA, VITIS.
    10 r: CEDRUS, HEDERA, MASTIX, ZEOAREA, CALAMUS AROMATICUS, LIBANOTIS.

    20 l: SELENOTROPION, HYSSOPUS, AGNUS CASUS / MLIVA, CHINOSTARES.
    20 r: ASPHODELUS, RUTA SERPENTARIA, CIMINUM, SIPHIUM, OPIUM.

    21 l: FICUS, PINUS, BARBA JOVIS, OCIMUM, BUGLOSSA, SPICA.
    21 r: INULA, LOLIUM, POOPULUS, QUERCUS ESCULUS, ILEX.

    • #16 Klaus Schmeh
      5. Dezember 2013

      Danke, habe ich übernommen.