Ein Verschlüsselungs-Prototyp aus den zwanziger Jahren arbeitete mit unregelmäßigen Zahnrädern. Das war zwar richtungsweisend, in diesem Fall aber zu aufwendig.

Die Verschlüsselungsmaschinen der 1920er Jahre sind legendär. Die Idee, mit Maschinen zu verschlüsseln, war noch neu, und so gab es eine Vielzahl von mehr oder weniger gelungenen Entwürfen, von denen die meisten scheiterten. Heute ist es meist leicht, die damaligen Fehler zu erkennen und die kryptologische Spreu vom Weizen zu trennen. Die Maschine Cryptocode aus dem Jahr 1928, die ich gestern vorgestellt habe, gehört sicherlich nicht zu den Glanzleistungen jener Zeit.

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Im Kryptologie-Museum der NSA habe ich folgenden Prototypen aus den zwanziger Jahren fotografiert (der Name des Geräts ist mir nicht bekannt, ich nenne es “Zahnrad-Kryptograf”):

Notch-1

Eine Gebrauchsanweisung liegt mir leider nicht vor. Man kann erkennen, dass der Zahnrad-Kryptograf aus fünf Chiffrierscheiben besteht. Vermutlich ist deren innerer Buchstabenring jeweils fest, während der äußere als Zahnrad realisiert und drehbar ist.

Notch-2

Ein großes Zahnrad mit Kurbel dreht die fünf Chiffrierscheiben des Zahnrad-Kryptografen. Wahrscheinlich funktionierte das Verschlüsseln wie folgt: Jede Chiffrierscheibe wurde als Ersetzungstabelle verwendet – die erste für den 1., 6., 11. usw. Buchstaben eines Texts, die zweite für den 2., 7., 12. und so weiter. Nach einer bestimmten Anzahl von verschlüsselten Buchstaben wurde die Kurbel einmal gedreht, wodurch sich auch die Chiffrierscheiben drehten – allerdings unterschiedlich, da die Zahnung unterschiedlich ist und Lücken aufweist. Mit der neuen Stellung der Zahnräder konnte man die Verschlüsselung nun fortsetzen. Ich nehme an, die fünf außen angebrachten Bauteile sollen verhindern, dass sich ein Zahnrad zurückdreht. Wer sonstige Ideen zur Funktionsweise hat, möge diese bitte im Diskussionsforum verkünden.

Notch-3

Und wie ist der Zahnrad-Kryptograf einzuschätzen? Die Idee mit den unregelmäßig gezahnten Zahnrädern ist sicherlich gut und spielte bei späteren Verschlüsselungsmaschinen eine wichtige Rolle. Allerdings lässt sich die Zahnung hier nicht ohne weiteres ändern (einklappbare Zähne wären technisch wohl zu aufwendig gewesen), was die Sicherheit beeinträchtigt. Man kann insgesamt von einer für die damalige Zeit mittelmäßigen Sicherheit ausgehen. Auch der Preis dürfte sich im mittleren Segment bewegt haben – billiger als eine Enigma, aber deutlich teurer als eine normale Chiffrierscheibe. Die Benutzerfreundlichkeit ist vergleichsweise gering, da es damals schon Geräte mit Schreibmaschinentastatur gab, die naturgemäß deutlich komfortabler waren.

Letztendlich sehe ich keinen Grund, warum man dieses Gerät der M-138 vorziehen sollte. Die M-138 ist die Papierstreifen-Vorrichtung, die ich bereits vorgestern zum Vergleich herangezogen habe.

M138-bar

Die M-138 war unschlagbar billig und leicht zu transportieren. Dank ihrer 100 Papierstreifen (diese entsprechen 100 Chiffrierscheiben), aus denen jeweils 30 ausgewählt werden, war sie sehr sicher. Unregelmäßige Zahnräder sind zwar eine richtungsweisende Idee, doch bei einer einfachen Konstruktion (wie in diesem Fall) ist das Prinzip, mit besonders vielen Papierstreifen zu arbeiten, sicherlich vorzuziehen. Der Zahnrad-Kryptograf ist am Ende also nicht mehr als Mittelmaß für seine Zeit. Vermutlich kam er deshalb über einen Prototypen nie hinaus.

Kommentare (2)

  1. #1 Svechak
    20. April 2014

    Wozu ist denn das große Zahnrad da, das im unteren Bild abgemacht ist?

    • #2 Klaus Schmeh
      20. April 2014

      Ist mir leider nicht bekannt.