“Wer knackt diese Freimaurer-Verschlüsselung?”, fragte ich am 15. August. Nach einer Archiv-Recherche kann ich heute die Lösung präsentieren.

Âls Leser von Klausis Krypto Kolumne kennen Sie vermutlich die so genannte Freimaurer-Verschlüsselung (auch als Pigpen-Verschlüsselung bezeichnet). Der Name ist etwas irreführend, da längst nicht nur die Freimaurer dieses Verfahren nutzten und da die Freimaurer auch zahlreiche andere Verschlüsselungsmethoden verwendeten.

In einem Fall, den ich im August vorstellte, passte es jedoch: Es handelte sich um eine Freimaurer-Medaille, auf der eine Freimaurer-Verschlüsselung angebracht war (Veröffentlichung des Fotos mit freundlicher Genehmigung des Freimaurer-Archivs in London):

Freemason-Medal-2

Normalerweise ist so eine Verschlüsselung leicht zu knacken. Folgende Tabelle könnte funktionieren:

Freimaurer-Pigpen-2

Es gibt aber noch andere Varianten dieses Verfahrens. Beispielsweise kann man die Buchstaben in einer anderen Reihenfolge in die drei Tabellen schreiben. Manchmal wird die dritte Tabelle um 45 Grad gekippt, und die Punkte fallen weg (so wie hier). Aber auch so etwas ist meist nicht schwer zu lösen, zur Not mit einer Häufigkeitsanalyse.

Im Falle der obigen Medaille war es aber etwas trickreicher. Zum einen ist der Geheimtext mit 8 bzw. 9 Buchstaben sehr kurz. Zum anderen ist teilweise nicht klar, wo oben und wo unten ist.

Doch meine Leser kommen auch mit trickreichen Verschlüsselungen zurecht. So schrieb der Leser Peter Lichtenberger ins Diskussionsforum:

Die acht Buchstaben stehen höchstwahrscheinlich für H. T. W. S. S. T. K. S. Das bedeutet: HIRAM, TYRIAN, WIDOW’S SON, SENDETH TO KING SOLOMON. Dies ist eine Phrase des Freimaurer-Initiationsritus. Hier ist der Link zu einem Freimaurermedaillon mit diesen Buchstaben (das dritte Bild anklicken): https://www.etsy.com/listing/152818837/antique-freemasons-locket-royal-arch

Inzwischen habe ich im Freimaurer-Archiv in London recherchiert und herausgefunden: Peter Lichtenberger hat Recht. Glückwunsch zu dieser Dechiffrier-Leistung!

Laut den Londoner Unterlagen wurde die Medaille um 1780 geschaffen. Die Abkürzung H. T. W. S. S. T. K. S. wird dort mit HIRAM THE WIDOW’S SON SENT TO KING SOLOMON erklärt, was ja kein großer Unterschied zu Peter Lichtenbergers Variante ist.

Und wie funktioniert die Verschlüsselung? Man muss die obigen drei Tabelle nur geringfügig ändern:

ABC  JKL  STU
DEF  MNO  VWX
GHI  PQR  YZ

Zum Weiterlesen: Sherlock Langie und das Geheimnis der Freimaurer-Chiffre

Kommentare (8)

  1. #1 helmut
    4. November 2014

    das X hat 2 unterschiedliche positionen? das Z existiert nicht?

    • #2 Klaus Schmeh
      4. November 2014

      Danke für den Hinweis, wird korrigiert.

  2. #3 j o g o
    4. November 2014

    @helmut:
    Ist sicher ein Tipfehler. X und Z kommen gar nicht vor.

  3. #4 Skeptiker
    10. November 2014

    Da es sich letztlich um eine einfach Buchstabenvertauschung handelt, kann man es doch ggf. so entschlüsseln:
    “H. T. W. S. S. T. K. S.” ist der Klartext.
    _
    |.. ist daher “S”
    Schlussfolgerung: Es muss im Uhrzeigersinn gelesen werden, weil zwischen den Doppel-S und den letzten “S” 2 Symbole Abstand bestehen. Das ist nur im Uhrzeigersinn erfüllt.
    __
    |..|
    — = “T” usw.

    Jetzt müsste man eine Schablone konstruieren, die dem entspricht und auf der das Alphebet in pblicher Reihenfolge liegt.

    P.S.: Spannendes Thema.

    • #5 Klaus Schmeh
      11. November 2014

      >Schlussfolgerung: Es muss im Uhrzeigersinn gelesen werden, weil
      >zwischen den Doppel-S und den letzten “S” 2 Symbole Abstand bestehen.
      Das ist wohl richtig. Wenn man den Klartext kennt, weiß man auch, wie es gelesen werden muss. Ohne dieses Wissen wäre es mir aber nicht klar geworden.

  4. #6 Skeptiker
    11. November 2014

    Ich wollte nicht klugscheißerisch daherkommen, indem ich obige selbstverständlichkeiten wiederhole. Sorry.
    Ohne Klartext ist es in der Tat eine größere Herausforderung, obiges Rätsel zu knacken. Zumal der Klartest für den nicht Eingeweihten ohne Weiteres von einem beliebigen Unsinnstext schwer zu unterscheiden ist.
    Man würde wohl eher nach einem Wort einer natürlichen Sprache oder ähnlichen suchen.

    Allerdings ist es meines Wissens so, dass die Methode einfach statt Buchstaben beliebige Zeichen zu nehmen, inzwischen als diskreditiert gilt, weil Computer anhand von Worthäufigkeiten bzw. Häufigkeiten von Buchstaben relativ schnell den Klartext knacken können.
    Auch wenn man komplexere Verfahren einsetzt, also z. B. variable Verschiebung der Buchstaben, können meines Wissens Computer mit genügend Geheimtext irgendwann auf den Schlüssel kommen…

    • #7 Klaus Schmeh
      11. November 2014

      >Ich wollte nicht klugscheißerisch daherkommen,
      Das wollte ich damit nicht sagen.

      >weil Computer anhand von Worthäufigkeiten bzw. Häufigkeiten von
      >Buchstaben relativ schnell den Klartext knacken können.
      Stimmt, ein gutes Verschlüsselungsverfahren muss einen Output liefern, der von einer Zufallsfolge nicht zu unterscheiden ist, egal wie der Klartext gestrickt ist. Man nennt das auch Zufallsorakel.

  5. #8 Skeptiker
    12. November 2014

    Stimmt, ein gutes Verschlüsselungsverfahren muss einen Output liefern, der von einer Zufallsfolge nicht zu unterscheiden ist, egal wie der Klartext gestrickt ist. Man nennt das auch Zufallsorakel.

    Könnte man eine Serie darüber machen, wie das mathematisch aufgebaut ist?