Unweit eines Geheimdienst-Gebäudes in England befinden sich zwei Skulpturen mit verschlüsselter Aufschrift. Nachdem ein Leser das erste Rätsel gelöst hat, stelle ich heute das zweite vor.

Auf meine Leser war wieder einmal Verlass. Als ich vor sechs Tagen meinen Blog-Artikel über den Playfair-Stein von Cheltenham veröffentlicht hatte, dauerte es gerade einmal vier Stunden, bis die Lösung einging. Dan Girard, den ich bisher vor allem als erfolgreichen Enigma-Knacker kannte (siehe hier), hatte die Playfair-Verschlüsselung mit einem selbstentwickelten Computer-Programm geknackt.

Stone

Interessant finde ich, dass es nirgends eine Web-Seite oder sonstige Quelle zur verschlüsselten Aufschrift dieser Skulptur gibt. Anscheinend hat sich bisher niemand für dieses Kryptogramm interessiert. Die Lösung scheint erst recht niemand zu kennen.

Neben dem Playfair-Stein gibt es im Hesters Way Park in Cheltenham noch einen zweiten Listening Stone, der verschlüsselt ist (insgesamt sind es neun Steine, aber nur zwei sind verschlüsselt). Vom diesem zweiten habe ich leider kein Foto. Gordon Young, der Schöpfer der Listening Stones, konnte mir keines zur Verfügung stellen, und auch im Internet habe ich keines gefunden. Ich gehe aber davon aus, dass diese Skulptur tatsächlich existiert und dass mir Young keinen Unsinn erzählt hat.

So sieht das Kryptogramm auf dem zweiten Stein (ich nenne ihn Zahlenstein) aus:

Stone2

Wie man sieht, besteht das Kryptogramm auf dem Zahlenstein aus zweistelligen Zahlen zwischen 01 und 65. Vermutlich steht jede Zahl für einen Buchstaben. Entscheidend ist die Frage, warum es mehr Zahlen als Buchstaben im Alphabet gibt. Möglicherweise stehen mehrere Zahlen für den gleichen Buchstaben (Homophone), oder es wird zwischen Groß- und Kleinbuchstaben unterschieden.

Findet jemand mehr heraus? Eine Häufigkeitsanalyse wäre sicherlich hilfreich. Immerhin ist der verschlüsselte Text recht lang, was das Codeknacken erleichtert.

Laut Gordon Young (er hat das Kryptogramm nicht selbst erstellt) ist das Rätsel lösbar, er kann sich selbst aber nicht mehr an die Lösung oder den Lösungsweg erinnern.

Zum Weiterlesen: Kryptologie ist keine Kunst. Oder doch?

Kommentare (9)

  1. #1 Robert
    22. September 2015

    Falls es um den auf folgender Seite gezeigten Stein geht:
    https://5ocietyx.wordpress.com/2013/08/29/the-listening-stones-of-gchq/

    dann hab ich folgendes raus:

    POEMS OF SOLITARY DELIGHTS by
    TACHIBANA AKEMI What a delight it
    is When on the bamboo matting
    In my grassthatched hut,
    All on my own, I make myself at
    ease. What a delight it is
    When, borrowing Rare writings
    from a friend, I open out The
    first sheet. What a delight
    it is When, spreading paper,
    I take my brush And find my
    hand Better than I thought. What
    a delight it is When, after
    a hundred days Of racking
    my brains, That verse that
    wouldn’t come Suddenly turns out
    well. What a delight it is
    When, of a morning, I get up
    and go out To find in full
    bloom a flower That yesterday
    was not there. What a delight
    it is When, skimming through
    the pages Of a book, I discover
    A man written of there Who
    is just like me. What a delight
    it is When everyone admits
    It’s a very difficult book,
    And I understanid t With no
    trouble at all. Wtha a delight
    it is When I bloaw way the
    ash, To watch the cmrison Of
    the glowing fire And hear the
    water boil. What a delight it
    is When a guest you cannot
    stand Arrives, then says to
    you ‘I’m afraid I can’t stay
    long,’ And soon goes home. What
    a delight it is When I find
    a good brush, Steep it hard
    in water, Lick it on my tongue
    And give it its first try.
    ENCRYPTED in MMIV by GCH

  2. #2 Robert
    22. September 2015

    Als Schlüssel hab ich:
    GORDNYU0809ABCEFHIJ1819KLMPQSTV2829WXY .,’g3839ordnyuab4849cefhijkl5859mpqstvwxz

    Wobei “G” gleich 01 etc. entspricht, die vorkommenden Zahlen konnte ich durch keine passenden Zeichen ersetzen.

  3. #3 Robert
    22. September 2015

    Nach dem “Y” soll da noch ein Leerzeichen stehen.

  4. #4 Klaus Schmeh
    22. September 2015

    @Robert: Vielen Dank!
    Heißt das, es handelt sich um eine Vigenere-Chiffre?

  5. #5 Dario
    22. September 2015

    @Robert: Ausgezeichnet! So macht man!
    Die letzten zwei Zeichen wurden aber aus deinem Kommentar weggelassen… Der letzte Satz heißt: „ENCRYPTED in MMIV by GCHP.“

    Es handelt sich um eine einfache Substitution, wobei die 52 Englischen Groß- und Kleinbuchstaben samt 3 Interpunktionszeichen durch die 55 Zahlen zwischen 01 und 65, die weder auf 8 noch auf 9 enden, ersetzt werden. Das Leerzeichen wird „33“ geschrieben, und höchstwahrscheinlich steht die selbe Zahl auch für das im Text nie vorkömmende Groß-Z.

    • #6 Klaus Schmeh
      22. September 2015

      Alles klar, dann habe ich das verstanden. Danke für die Erklärung. Und vor allem ein dickes Dankeschön an Robert. Es ging dieses Mal noch schneller als beim ersten Mal.

  6. #7 Stefan Wagner
    https://demystifikation.wordpress.com/2014/08/23/gchq/
    23. September 2015

    Und wieso „ENCRYPTED in MMIV by GCHP.“ und nicht ” … GCHQ”?

  7. #8 Robert
    23. September 2015

    @Dario: Danke
    @Klaus Schmeh: Danke, allerdings muss ich zugeben, dass ich mit dem Entschlüsseln nicht ganz so schnell war. Als ich letztens den ersten Artikel las, wollte ich mir die Steine ansehen und hab auf flickr.com durch Suche nach “Hester Way Park” auch zwei Bilder des “Zahlensteins” gefunden. Dann konnte ich es nicht lassen, den anhand der Fotos zu entschlüsseln. Deshalb hatte ich die Lösung schon.
    @Stefan Wagner: Stimmt, es muss “GCHQ.” heißen. Aus “24” wird “Q”.

  8. #9 Robert
    23. September 2015

    Mir ist noch aufgefallen, dass auf dem Stein entgegen der obigen Transkription von der 27. Zeile bis zur 30. Zeile die 21. Spalte auf die 19. Spalte verschoben ist. Zumindest konnte ich das so auf den Fotos erkennen. Deshalb sind in meinem oben angegebenen Klartext auch die Fehler wie zB: “Wtha” statt “What” drin.