1866 veröffentlichte der Astronom John Herschel einen verschlüsselten Text. Die Lösung ist mir nicht bekannt.

Der Brite John Herschel (1792-1871) zählte zu den bedeutendsten Astronomen seiner Zeit. Er gab mehrere Sternkataloge heraus, machte einige bedeutende Entdeckungen und wurde mit zahlreichen Preisen geehrt.

Herschel leistete außerdem mehrere Beiträge zur Weiterentwicklung der damals noch jungen Fotografie. Eines der von ihm entdeckten Verfahren (Chromo-Fotografie) beschrieb er 1866 in der Fachzeitsschrift The Photograpic News (der folgende Scan zeigt die letzte Seite dieser Veröffentlichung).

Herschel-Cryptogram

Interessant ist an dieser Stelle das Postscript, das Herschel seinem Artikel beigefügt hat. Dort vergleicht er die Chromo-Fotografie mit dem Lösen einer Verschlüsselung (zweifellos ein kurioser Vergleich). Anschließend fordert er zur Lösung des folgenden Kryptogramms auf:

Herschel-Cryptogram-2

Hier ist eine Transkription des Kryptogramms:

Xabnsly ngpwpdetlews tbbbtzl aobl stheingdnxmccvv
hclzepsf xo qskxybbbbui
Egtubatjkh fba lwipizix eqjbnasv nfvj yjcin
cjzvekzxy gf nbyr gzrefewxiannst
Jxkivu v xcnukwcxpv ifnnszp’t tpdvm
!qaauuqrauaqqvso up mfijtxyz.

Laut Artikel müsste es sich um eine doppelte Verschlüsselung handeln. Von Vorteil ist, dass Wortzwischenräume, Groß- bzw. Kleinbuchstaben und einige Satzzeichen zu erkennen sind – sofern es sich dabei nicht um ein Ablenkungsmanöver handelt. Das Ausrufezeichen am Zeilenanfang wirkt seltsam.

Es kann natürlich sein, dass es irgendjemand in den letzten 150 Jahren geschafft hat, dieses Kryptogramm zu dechiffrieren. Mir ist allerdings keine Lösung bekannt. Kann ein Leser die Verschlüsselung knacken?

Zum Weiterlesen: Das verschlüsselte Telegramm eines Astronomen

Kommentare (20)

  1. #1 uwej
    25. März 2016

    Das Postskriptum ist auch spannend und in diesem gemeinen Scan unangenehm lesbar genug, um es auch zu transkribieren. Führt zwar nicht unmittelbar zur Lösung, aber wer weiß.

    “P.S.- The problem of chromo-photography here presented may be likened to that offered by the decipherer who should be called on to discover the purport of a document written in cipher, expressed by a succession of letters which, interpreted by their proper key, should land him, not in an intelligible, grammatically constructed and orthographically spelt English document, but in the same document concealed in another cipher, equally or more difficult; and requiring to be read by its own proper key, which need not of necessity be that of the first cipher. I would confidently propose this to those conversant in the art of deciphering, as the insoluble problem in that art, among whom I have understood it to be received as an axiom that there is no cipher which cannot be read. If such there should chance to be among your readers, I would propose to him to read the following lines:-“

    • #2 Klaus Schmeh
      25. März 2016

      Vielen Dank! Wenn man auf den Scan klickt, wird er deutlich größer dargestellt.

  2. #3 Tobias Schrödel
    25. März 2016

    Hallo Klaus, ich würde darauf wetten, dass das “Ausrufezeichen” eher ein kleines L ist und da einfach die Tinte fehlt. Das wäre nichts ungewöhnliches bei Büchern aus dieser Zeit.
    Viele Grüße!
    Tobias

    • #4 Klaus Schmeh
      25. März 2016

      Das wäre natürlich eine Erklärung.

  3. #5 Ralf Bülow
    25. März 2016

    Wie es scheint, gab Sir John Herschel zwei Hefte später in derselben Zeitschrift den Klartext an (Beginn der “Ilias”), allerdings nicht das von ihm benutzte Verschlüsselungsverfahren, vgl. https://archive.org/stream/photographicnews10unse#page/34/mode/2up

  4. #6 Thomas
    25. März 2016

    Eine Frage:
    Handelt es sich vielleicht um eine Kombination aus einfacher Substitution und Transposition? Die Häufigkeitsverteilung der einzelnen Zeichen ist nicht nivelliert, sondern deckt sich wohl noch mit derjenigen der Buchstaben im Englischen. Anderseits enthält der Text auffallend viele unmögliche Muster, die bei bloßer Substitution nicht vorkommen dürften, wie etwa bbbb, ccvv, aauu. Nimmt man die Häufigkeiten, spricht viel dafür, dass die häufigsten Zeichen b und n für die häufigsten Buchstaben e und t stehen, allerdings ist der Text recht kurz. Zur möglichen Transposition (Würfel etc.) habe ich noch keine Idee. Möglicherweise hat Herschel das Klartextmuster der Großschreibungen, Wortlängen und Wortzwischenräume nach Transposition beibehalten. Das ! am Zeilenanfang ließe sich auch damit erklären, dass die 2., 4. und 6. Zeile rückwärts und die 1., 3. und 5. Zeilen vorwärts zu lesen sind, wenn es sich bei den Großbuchstaben um Satzanfänge und nicht um Eigennamen etc,. handelt. Der Punkt am Ende der letzten Zeile wäre dann allerdings fehl am Platz, mag aber auch der Praxis des Setzers geschuldet sein.

  5. #7 Gert Brantner
    Berlin
    25. März 2016

    Der Anfang des Artikels fehlt, deswegen kann ich es nicht genau sagen, aber ich meine, Herschel bezieht sich in dem Aufsatz auf die Herstellung eines Negativmaterials, das für bestimmte Wellenlängen des Lichts, in diesem Fall rot, unempfindlich ist. Also ein Spezial-Präparat, das für die Astro-Photographie wertvoll war, die er betrieb.
    Auch das ist spekulativ, aber der Vergleich zur Kryptografie könnte gar nicht so kurios sein.
    Vereinfacht gesagt beruht das photographische Verfahren darauf, daß die belichteten Teile des Negativs ausgewaschen und durch ein anderes Element ersetzt werden, erst so wird das Bild sichtbar gemacht.
    In diesem Fall musste der Prozess wohl 2-fach ausgeführt werden.
    Der Zusammenhang könnte also “Doppelte Ersetzung” lauten.

  6. #8 werner
    25. März 2016

    Bemüht man Google, dann findet man die Ausgabe bei Books:
    https://books.google.ch/books?id=sPlV1meB9rIC&pg=PA3&dq=The+Photographic+News+january+5+1866&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjZlbuk1tzLAhXBcA8KHTjYDv8Q6AEIHTAA#v=onepage&q&f=false
    Und freundlicherweise lässt sich der ganze Artikel dort lesen.

  7. #9 werner
    25. März 2016

    P.S.: Der Artikel beginnt auf Seite 5, Herschels Auflösung steht auf Seite 35.

  8. #10 werner
    25. März 2016

    P.P.S: Hat #5 (Ralf Bülow) unter anderer Adresse ja auch schon gefunden…

  9. #11 Ralf Bülow
    25. März 2016

    Danke 🙂 Das ist ein Auszug aus Herschels eigener Übersetzung der “Ilias”, die gleichfalls 1866 erschien, vgl. https://archive.org/stream/iliadtrintoengl01homegoog#page/n0/mode/2up

  10. #12 Thomas
    25. März 2016

    Leider sind, soweit ich sehe, in der Auflösung die Verfahren/Schlüssel nicht mitgeteilt, außer dass wohl überzählige (supernumerary?) Zeichen, wohl Blender, verwendet wurden.

  11. #13 schorsch
    26. März 2016

    Das Verfahren der Buchstabenersetzung ist, wenn man den Klartext kennt recht einfacherkennbar: Das ABC wird einfach per Drehscheibe verschoben. Was noch fehlt sind die Vorschriften, wie und wo die Füllbuchstaben einzusetzen sind, sowie wie weit die Drehscheibe pro Wort weiter zu drehen ist.

    Im folgenden mein Ansatz für die ersten beiden Worte sing, celestial. Der Ansatz ist nur in einer nichtproportionalen Schrift erkennbar, daher den folgenden Text in einen Texteditor kopieren und eine passende Schriftart, z. B. Courier oder Terminus wählen. Ich hoffe, dass dass das recht kleinlich gestaltete Eingabeformular dieser Webseite keine störenden Zeilenumbrüche einbaut. Jeweils in der Zeile mit dem doppelten Alphabet wird der Klartext abgelesen, in der Zeile darunter das Chiffrat:

    Das erste Wort erste Zeile lautet im Klartext sing, gesucht 1234:

    abcdefghijklmnopqrstuvwxyzabcdefghijklmnopqrstuvwxyz
    _____________________abcdefghijklmnopqrstuvwxyz
    ________________________________4_2____3____1

    also xsnl + Füllbuchstaben aby = xabnsly

    Zweites Wort erste Zeile Klartext celestial, gesucht 123456789:

    abcdefghijklmnopqrstuvwxyzabcdefghijklmnopqrstuvwxyz
    ______________ abcdefghijklmnopqrstuvwxyz
    ____________________________1_2______3
    __________________56______8___4___7__9

    also npwpdetlw + Füller ges = ngpwpdetlews

  12. #14 schorsch
    26. März 2016

    P.S.:Störende Zeilenumbrüche sind nicht drin, aber wenn ich jetzt den Text aus meinem obigen Posting per Copy&Paste in einen Texteditor einfüge, werden in allen mit Unterstrich beginnenden Zeilen zusätzliche führende Leerzeichen eingefügt. Diese müssen entfernt werden, damit’s passt.

  13. #15 Norbert
    26. März 2016

    Genau! Wenn man auf den Geheimtext eine Verschiebechiffre anwendet mit für jedes Wort individueller Verschiebung (genaugenommen 21, 15, 19, 19, 11 / 15, 17, 10 / 11, 13, 11, 8, 9, 10 / 5, 8, 6, 0 / 3, 5, 24, 25, 25 / 18, 25, 21), kann man die Ilias schon durchscheinen sehen:

    Svwingt cvelestiatlh muuumse thue desptyroyixnngg
    wraotehu of acuhilllles
    Prefmleuvs son whtatkti myrjviad woes itmsx
    hoeajpecd on thex gzrefcwxiannst
    Manlyx a valsiuavnt hemmryo’s socul
    dissmmijsmsiinkg to hadeostu.

    (Dabei stellt sich heraus, dass das vermeintliche Ausrufezeichen wohl ein kleines L ist und das letzte Wort der vierte Zeile gzrefcwxiannst gelesen werden muss.)

    Die überzähligen Buchstaben sind wohl recht willkürlich gesetzt.

  14. #16 Thomas
    26. März 2016

    Also ein wechselnder Cäsar.
    @Norbert:
    Man muss die Verschiebung in die andere Richtung zählen, also: 5, 11, 7, 7, 15, 11, 9, 16 usw. Die Verschiebung entspricht dann der Buchstabenanzahl des jeweiligen Klartextwortes plus 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8… Ob es ein System auch für die Füllbuchstaben gibt, wer weiß…

  15. #17 Gerd
    26. März 2016

    Thomas, wenn man die Anzahl der Buchstaben des Klartextwortes zum Entschlüsseln braucht, dann müsste die Anzahl der Füllbuchstaben ja auch nach einem System gehen. Im ersten Satz sieht es nach 1,3,5 Füllbuchstaben je nach Wortlänge aus, im zweiten nach 0,2,4. Kann das sein?

    Gerd

  16. #18 Thomas
    26. März 2016

    @Gerd: So ist es wohl.

  17. #19 Klaus Schmeh
    28. März 2016

    Tony Gaffney per E-Mail:

    A proposed solution and the actual solution were given in following issues –
    On 12th January the following solution was sent in by a Dr. Phipson –
    “Several philosophers observe that chloroplatinate
    solution on silverplate
    reproduces the luminous spectrum with great
    vividness in blue fluorescences,
    whilst a coppersalt insolated might
    photographically be coloured.”

    On the 19th January J.F.W. Herschel gives the real solution as –

    Sing, Celestial Muse, the destroying
    wrath of Achilles,
    Peleus’ son, what myriad woes it heaped
    on the Grecians,
    Many a valiant hero’s soul
    dismissing to Hades.
    observing that ‘a great many letters are (as is not uncommon in ciphering) supernumerary.

  18. #20 Stefan Fendt
    25. April 2016

    @Schorsch: du kannst in den Kommentaren hier einen nicht-proportionalen Zeichensatz erhalten, wenn du die entsprechende Textpassage in “code”-Tags einpackst. “code” vor dem Textblock und “/code” danach. Natürlich in spitzen Klammern…