Heute geht es um eine Form des Verschlüsselns, die zwar nicht besonders sicher, dafür aber sehr unterhaltsam ist. Vielleicht können meine Leser dabei helfen, weitere Beispiele zu finden.

Verschlüsselte Postkarten habe ich auf Klausis Krypto Kolumne schon viele vorgestellt. Dennoch erlebe ich immer wieder etwas Neues. Letzte Woche hat mir beispielsweise Tobias Schrödel folgende Postkarte zur Verfügung gestellt:

Postcard-Anamorph

Man beachte, dass der schwarze Teil der Postkarte gedruckt ist, während der rote Teil vom Verfasser aufgebracht wurde. Wer die Karte selbst lösen will, sollte an dieser Stelle nicht weiterlesen.

Für alle anderen verrate ich die Lösung. Sie ist recht einfach: Die grafischen Elemente auf der Postkarte sind extrem langgezogene Buchstaben. Wenn ich die Karte auf 10 Prozent der Breite stauche (und um 90 Grad drehe), erhalte ich folgendes:

Postcard-Anamorph-Sol-1

Stauche die Karte senkrecht, ergibt sich diese Botschaft:

Postcard-Anamorph-Sol-2

Keine Frage, diese Form des “Verschlüsselns” ist nicht neu. Ich kann mich erinnern, dass ich in den Achtziger-Jahren etwas Ähnliches in einem Yps-Heft gesehen habe. Die Lösung hieß damals passenderweise DAS KANN JEDER LESEN.

Noch deutlich älter ist ein Werberätsel aus dem Jahr 1904, das ich 2014 auf Klausis Krypto Kolumne vorgestellt habe:

BN-1909-08-12-Daily-Telegraph-Puzzle

Der Leser Gefbo bezeichnete dies als “anamorphotisches Bild” (“anamorphotisch” bzw. “anamorph” bedeutet “verzerrt”). Da ich sonst keinen Namen für derartige Rätsel kenne, führe ich hiermit den Begriff “Anamorphicon” ein. Der Leser Horst wies darauf hin, dass der Komiker Karl Valentin teilweise per Anamorphicon signierte (Quelle):

karlvalentin-anamorph

Und hier ist ein anamorpher Weihnachtsgruß (Quelle):

Christmas-anamorph

Zum Schluss noch ein kleines Rätsel (Quelle). Was steht auf der folgenden Anamorphicon-Postkarte? Der schräge Teil ist gar nicht so einfach zu entziffern.

Mystery-anamorph

Kennt jemand weitere Anamorphica? Über Hinweise würde ich mich freuen.

Zum Weiterlesen: Zwei alte verschlüsselte Werbe-Botschaften: Wer kann sie lösen?

Kommentare (11)

  1. #1 Dampier
    2. Juni 2016

    MASKELYNE’S MYSTERIES
    HOME OF MYSTERY
    ST GEORGE’S HALL
    LONDON

    Har. Erster ;]

    • #2 Klaus Schmeh
      2. Juni 2016

      Gratuliere!

  2. #3 schorsch
    3. Juni 2016

    Zählen die alten MAD-Faltblätter (https://de.wikipedia.org/wiki/Al_Jaffee) auch zu den Anamorphica?

  3. #4 Kristin
    3. Juni 2016

    Sicher nicht das was Sie suchen, aber wenn Sie anamorph “verschlüsselte” Bekenntnisse zu einer bestimmten Gruppe mit einbeziehen, wäre das Protrait von Charles Edward Stuart zu nennen.
    (www.westhighlandmuseum.org.uk ?)
    Angeblich soll es etwas vergleichbares auch von Napoleon geben.

  4. #7 bruno
    3. Juni 2016

    #6 – tolles Ding! Da gibts doch irgendwo in Holland immer ein Festival, wo ganze Strassenzüge “umgestaltet” werden… mal “anamorphische Kreidebilder” googeln … und auch abgefahrene 3-D Malerei auf Papier…

  5. #8 Klaus Schmeh
    4. Juni 2016

    Mail von Tony Gaffney:
    Attached is another image I came across a long time ago – All I remember is the book it came from had the word ‘ephemera’ in the title.
    https://scienceblogs.de/klausis-krypto-kolumne/files/2016/06/Anamorphic-Gaffney.jpg

  6. #9 Laie
    5. Juni 2016

    Yps-Hefte, Mensch, DAS waren noch Zeiten! 🙂

  7. #10 Kristin
    7. Juni 2016

    Da ist leider einiges schief gegangen. Hier der Museumslink
    https://www.westhighlandmuseum.org.uk/collections/the-jacobites/secret-portrait/
    Allerdings hat Bernhard Gruber ja schon geantwortet! Vielen Dank an dieser Stelle!
    Wegen Napoleon habe ich noch einmal nachgefragt. Es soll sich dabei um Spazierstöcke handeln, deren Kopf so beschaffen ist, das, richtig ins Licht gehalten, Napoleons Schattenriss erscheint.
    Aber wie gesagt… sicher nicht das was Sie suchen!

    @Laie: Ja das waren noch Zeiten!

    • #11 Klaus Schmeh
      12. Juni 2016

      Danke für den Hinweis. Sehr interessant, auch wenn ich das nicht mehr als Verschlüsselung bezeichnen würde.