feuerwerk1.jpgDie Wissenschaft hat ein Talent dafür, sich als Spaßverderber zu inszenieren. Dass sie es auch noch am 31.12. tut, ist daher nicht verwunderlich. Die letzte Warnung des Jahres kommt vom Umweltbundesamt: Die Feinstaubbelastung beim Silvesterfeuerwerk liegt gut hundertmal höher als im Jahresdurchschnitt. Ein Mitarbeiter steht zwischen feiernden Menschen, die Hände so voller Messgeräte, dass ein Sektglas leider keinen Platz mehr findet. Er analysiert und entdeckt: Spaß hat Folgen. So pflegt die Wissenschaft ihr Image als ewiger Nörgler. Und wofür?

Dafür, dass wir wissen: Das Verletzungsrisiko von Snowboardern liegt ein Vielfaches über dem von Skifahreren, wie im Januar das Zentrum für Gesundheit der Deutschen Sporthochschule Köln warnte.

Dafür, dass im März das Bundesinstitut für Risikobewertung neue Grenzwerte für den möglicherweise Krebs auslösenden Stoff Cumarin im Zimt forderte – damit wir jeden Tag ein halbes Kilogramm Zimtsterne essen können, solange wir leben. Seltsam nur, dass noch keine Behörde Höchstwerte für Zucker festgelegt hat.

Dafür, dass im Dezember eine Studie des Bundesamts für Strahlensicherheit ermittelte, dass nahe Kernkraftwerken pro Jahr 0,8 Kinder zusätzlich an Leukämie erkranken. Warum, weiß niemand, und ob es an der Strahlung liegt, glaubt nahezu keiner. Dabei ist es zweifellos wichtig, die Ursachen der Leukämie zu ergründen. Erstaunlich ist aber, dass mehrere Millionen Euro für 0,8 zusätzliche Kranke ausgegeben werden, während die Günde für die hunderte weiteren Leukämiefälle jedes Jahr kaum einen interessieren.

Dafür, dass Übergewicht ansteckend ist. Die Harvard Medical School brachte uns im Juli bei, dass jene, die dicke Menschen kennen, selbst eher dick werden. Am besten wäre, so könnte man folgern, würden wir uns nun von den Übergewichtigen fern halten.

Die Wissenschaft hat bisweilen die Tendenz, sich auf Nebenschauplätzen zu verausgaben. Sie nörgelt so oft, dass am Ende kaum noch einer auf wirklichen Alarm reagiert. Sie macht Lärm, wo Lässigkeit angemessener wäre und sieht das Leben manchmal als Arznei: Nur in winzigen Dosen genießbar, klinisch getestet und behördlich zugelassen. Leider aber kracht es im menschlichen Dasein immer wieder. Und ehrlich gesagt, man lässt es auch gerne krachen. Zünden wir also die Böller.

Kommentare (2)

  1. #1 Marcus
    Dezember 30, 2007

    Man könnte ihn aber auch gegen unsere Zunft drehen, den Vorwurf. Lass die Wissenschaftler doch raus finden, was sie wollen, man weiß ja nie, was am Ende die Nobelpreisentdeckung wird. Aber wir (Wissenschafts)journalisten haben es in der Hand die Ergebnisse versacken zu lassen oder ans Licht zu zerren. Wir sollten uns nur immer wieder mal darin erinnern, dass unser Job ja auch darin besteht zu filtern, mal was weg zu lassen und das mutig zu vertreten. Guten Rutsch

  2. #2 Christian
    Januar 3, 2008

    Die “Wissenschaft” scheint mir hier etwas verallgemeinert zu werden – die wissenschaftliche Community besteht ja nun mal aus mehr Mitgliedern als nur aus forschenden Medizinern…

    Ich persönlich fand das Ergebnis der Leukämiestudie übrigens ziemlich interessant – es lässt sich statistisch eindeutig belegen, dass das Risiko steigt, aber niemand kann den Wirkzusammenhang erklären. Das sollte man schon mal zur Kenntnis nehmen – potenziell verbirgt sich hier eine interessante Erkenntnis, denn möglicherweise sind ja auch die nahe den KKWs gelegenen Überlandleitungen und der von diesen verursachte Elektrosmog verantwortlich…

    “Nörgelei” – ich weiss. Aber die muss auch sein.