Allmählich nähere ich mich dem Hauptdarsteller, der zugleich das Arbeitstier in dieser Geschichte ist: Die einzellige Spalthefe Schizosaccharomyces pombe. Ich werde sie noch ausführlicher beschreiben, wie sie aussieht, was sie so “beliebt” macht bei Biologen usw.

Für’s erste erstmal so viel: Einerseits hätscheln sie die Zellen hier (IvasTeam will ja mit ihnen arbeiten und sie erforschen), andererseits drehen sie sie auch ganz schön durch die Mangel (sie wollen ja mit ihnen arbeiten und sie erforschen).

Die Wissenschaftler verwöhnen ihr Arbeitstier:

Sie mästen sie in Petrischalen auf Nährböden oder in Erlenmeyerkolben in Nährflüssigkeiten (sie lagern sie aber auch bei – 80 Grad Celsius). Iva und ihr Team bieten ihren Zellen alles, was sie brauchen, um sich wohl zu fühlen und zu vermehren. Wenn die Bedingungen stimmen – und dafür braucht es nicht viel – machen die Zellen, was die Wissenschaftler wollen. Auch weil die Hefezellen so genügsam sind, so anspruchslos, so wenig brauchen, um zu leben, sind sie so beliebt in den Laboren weltweit.

Hefenzellen in Nährflüssigkeit werden bei angenehmer Temperatur (25 Grad Celsius) sanft in ihren Kolben geschaukelt. Dann sind die Zellen immer schön von Nährstoffen und Wasser umwabert. Es gibt sogar eine Vorrichtung, mit der man die Temperatur auf dem Objektträger eines Mikroskops genau auf 25 Grad einstellen kann. Hintergrund ist hier aber nicht das Wohlbefinden der Zelle, sondern dass die Bedingungen, unter denen die Zellen beobachtet werden, konstant bleiben.

We make feel them happy“, sagt Postdoc Nicola Maghelli mit einem Grinsen.

All das in Watte packen (und das ist bei solch anspruchslosen Lebewesen nicht schwierig) dient natürlich nur einem Zweck: Die Pilzzellen müssen fit für die Forschung sein. Denn da geht es zur Sache, da müssen die Zellen sozusagen die Hosen runter lassen und ihr Innerstes nach außen kehren.

Die Wissenschaftler nehmen sie so richtig in die Mangel:

Die Zellen werden schockgefroren (einerseits für die Lagerung bei – 80 Grad Celsius, andererseits, um sie …).
… im Mörser zu zermahlen.
Sie werden mit gigantischen Glaskugeln traktiert.
Sie werden in Zentrifugen bei hunderten, ja tausenden von Umdrehungen pro Minuten im Kreis geschleudert (zumindest das, was von ihnen übrig ist)
Sie werden tausende Mal in der Minute hin- und hergeschüttelt.
Ivas Team mästet sie erst um sie später hungern zu lassen (damit sie Sporen ausbilden).
Die Zellen werden sogar mit Lasern “beschossen”. (Nicht, um sie zu zerstören, sondern um den Zellkern in ihrem Inneren aus seiner Mittelposition zu bewegen.)
Teile ihres Genoms wird ausgetauscht.

Die Hefezellen werden ganz schön rangenommen. Häufig werden sie völlig zerstört, um an Ihre Innreien heranzukommen, z.B. ein bestimmtes Motorprotein, dass sich an den Mikrotubuli entlanghangelt.

Am Ende landen die Zellen und ihre Reste im Müll (S1). Von da gehts zur letzten Station: dem Autoklaven. Unter Bedingungen ähnlich wie in einem Schnellkochtopf (Druck und feuchte Hitze) wird alles vernichtet.

Eine persönliche Beziehung zu seinem Labor”tier” kann man unter solchen Bedingungen natürlich nur schwer aufbauen. Ist ja auch nur ein Pilz.