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Heute Morgen ging es endlich los. Den Anfang machte der alleinige Preisträger von 2007: Gerhard Ertl. Mit Ihm haben die Organisatoren meiner Meinung nach eine gute Wahl zur Eröffnung der Vortragsreihe getroffen, steht er doch in der Tradition einer Reihe von Nobelpreisträgern: Wilhelm Ostwald (1909), Fritz Haber (1918) und Carl Bosch (1931).

Und so präsentierte er sich auch. Zunächst würdigte er die Grundlagen, die Ostwald für die Katalyse geschaffen hatte um das Publikum dann für das Thema Stickstoff-Fixierung zu sensibilisieren. Demnach drohte zu Anfang des 20. Jahrhunderts ein Mangel an stickstoffhaltigen Düngemitteln, da die natürlichen Ressourcen (z.B. Kuhmist) nicht beliebig erhöht werden können. Eine Lösung des Problems war zwar allgegenwärtig, denn Stickstoff ist ein Hauptbestandteil der Luft (80%), doch die Crux an der Geschichte ist, dass Stickstoff chemisch kaum reaktiv ist. Man muss diese Trägheit erst überwinden und den Stickstoff in einer besser zugänglichen Form fixieren, z.B. in Ammoniak.

Hier bringt Ertl die Katalysatoren ins Spiel, welche Haber vor ziemlich genau 100 Jahren für die Reaktion zwischen Stickstoff und Wasserstoff entdeckt hat. Sie erleichtern die Ammoniak-Synthese und wurden von Bosch 1910 in einem industriellen Prozess eingesetzt, dem Haber-Bosch-Verfahren. Jeder Chemie-Student kennt es genau, doch die genauen Vorgänge auf molekularer Ebene wurden erst viel später durch Gerhard Ertl aufgeklärt. Dies wurde Ihm letztendlich mit dem Nobelpreis gedankt. Im Prinzip interagieren die Gas-Moleküle (Stickstoff und Wasserstoff) mit der Katalysatoroberfläche und können dadurch leichter gespalten und rekombiniert werden. Bevor er weiter ins Detail geht, meint der Preisträger allerdings das sei “zu kompliziert” für seine Zuhörer und wechselt zu einer anderen populären Anwendung von Katalysatoren, dem Auto.

Hier gelten die selben Prinzipien, nur die Gase, welche Ertls Interesse wecken sind andere: Kohlenmonoxid und Sauerstoff. Mit Hilfe von modernen physikalischen Methoden war es ihm möglich die Bewegung von Atomen auf der Oberfläche zu beobachten oder den Konzentrationsverlauf bestimmter Gase in Echtzeit aufzuzeichnen. Er zeigt Videos mit wunderbaren Kreisen und Spiralen, die (ähnlich der Belousov-Zhabotinsky-Reaktion) ein Ergebnis oszillierender Prozesse sind und eine mysteriöse Ordnung des Mikrokosmos enthüllen. Seine Vergleiche mit Bildern von Paul Klee und Vincent van Gogh sind nicht weit hergeholt.

Zum Ende gibt er uns noch ein wenig Philosophie auf den Weg: “Das Ganze ist mehr als nur die Summe der einzelnen Teile.”

 » Oliver Schuster ist normalerweise Chemiker und blogt hier aus Neugier i-cf74c23542cfc14867e9edf9231572c7-Oliver_Schuster_40.jpg