Das Gentechnikgesetz will unser Landwirtschaftsminister dahin gehend ändern, dass Forschung und Anwendung der Gentechnik befördert werden. Wer nur gentech-freie Lebensmittel essen will, soll gleichzeitig sicher sein, dass er “saubere” Ware kaufen kann. Geht das zusammen?

Im Entwurf zur Änderung des Gentechnikgesetzes heißt es: “Die Wahlfreiheit der Landwirtinnen und Landwirte sowie der Verbraucherinnen und Verbraucher und die Koexistenz der unterschiedlichen Bewirtschaftungsformen bleiben gewährleistet.” (hier als PDF) Nachdem ich mich durch die Aufzeichnung der gestrigen Bundestags-Anhörung zum Gesetzentwurf gequält habe, kann ich dieses Versprechen nur bezweifeln.

Demokratie lebt von der Suche nach dem Kompromiss. Doch wenn es um die Befürworter und Gegner der Gentechnik in der Landwirtschaft geht, sind die Fronten klar und hart: Die in der “Grünen Genforschung” tätigen Wissenschaftler und die Biotech-Industrie sehen den Forschungsstandort Deutschland gefährdet, wenn sie nicht mehr Freiheiten in Forschung und Vermarktung erhalten. Die Ökobauern befürchten dagegen, ihre Bio-Produkte würden sich nicht länger frei halten lassen von gentechnisch veränderten Organismen. Der vorliegende Entwurf zur Änderung des Gentechnikgesetzes stellt keines der beiden Lager zufrieden.

Die Experten, die sich gestern dem zähen Ritual einer Bundestags-Anhörung im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz stellten, machten zumindest eines deutlich: viele offene Fragen und Unsicherheiten bleiben auch im neuen Gesetz bestehen; für Verbraucher wird es künftig nicht leichter, landwirtschaftliche Produkte zu beurteilen.

Als Nicht-Politiker frage ich mich auch, ob es nicht bessere Methoden der Meinungsbildung geben kann, als es ein Anhörungsverfahren darstellt. Fast zwei Stunden lang trugen die Beteiligten in starren Frage-Antwort-Spielchen die Thesen vor, die sie bereits schriftlich eingereicht hatten. Und als gegen Ende der Sitzung tatsächlich zarte Ansätze zu einer Diskussion aufzukommen schienen, beendete die Ausschuss-Vorsitzende die Anhörung schlagartig. Die Abgeordneten müssten jetzt – leider leider – zu weiteren Sitzungen. Die ersten gingen schon, während die Experten noch letzte Fragen – “aber bitte kurz!” – zu beantworten suchten.

Wer sich das Ritual selbst antun möchte: Die schriftlichen Stellungnahmen sowie die Videoaufzeichnung zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz finden sich hier.