Sie haben ein schlechtes Gewissen, weil Sie zu Weihnachten wieder viel zu viel Schokolade verputzt haben? Aber nicht doch! Der Verzehr von Schoko-Weihnachtsmännern ist praktizierte Entwicklungshilfe!

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Vergessen wir mal für einen Augenblick jenes Gesundheits- und Wellness-Blabla, das gern zur Rechtfertigung des Schokoladenkonsums herangezogen wird (a la “Schwarze Schokolade ist gut für das Herz” etc.). Man darf neuerdings auch politisch argumentieren, denn die Süßigkeit kann die Welt mit dem Verzehr jeder Tafel und jedes Schoko-Nikolauses ein bißchen besser machen: Der nötige Kakao wird immerhin fast ausschließlich in kleinbäuerlichen Strukturen angebaut. Die entsprechenden Familienbetriebe liegen überwiegend in den ärmsten Ländern der Erde – zu 70 Prozent in Afrika mit den Schwerpunkten Ghana und Elfenbeinküste. Wer regelmäßig Kakao isst oder trinkt, sichert ganzen Generationen ihren Unterhalt.

Kakao ist recht “sauber”: Weil sich die wenigsten Bauern Pflanzenschutz- und Düngemittel leisten können, finden sich in der Ernte auch kaum entsprechende Rückstände. Für uns Konsumenten ist das ein eindeutiger Vorteil. Das Problem dabei: Die Kakao-Plantagen liegen meist in Regenwäldern, die Böden sind nach wenigen Ernten verbraucht. Dann wandern die Bauern weiter und brandroden Wälder für neue Anbauflächen; sie hinterlassen ausgedörrte Böden.

Problem Nummer zwei: Weil an den Kleinbauern nur wenig Geld zu verdienen ist, wurde in die Veredelung der Kakaopflanzen und die Züchtung widerstandsfähiger Sorten seit langem kaum investiert. Der Kakao ist noch nicht auf die sich abzeichnende trockenere Zukunft vorbereitet. Monokulturen haben zudem die Ausbreitung von Pflanzenkrankheiten begünstigt; in Mittel- und Südamerika sind die Pilzkrankheiten “Witches’ Broom” und “Frosty Pod” weit verbreitet. Die Schäden betragen jährlich um die 500 Millionen Euro. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis die Krankheiten auch Afrika und Südostasien erreichten, sagen Biologen voraus.

Mit der Mars Inc. kommt den Bauern jetzt ausgerechnet einer der mächtigsten Lebensmittelkonzerne zu Hilfe – nicht ganz uneigennützig, denn Mars ist der weltgrößte Verarbeiter von Kakao und daher auf kontinuierliche Versorgung angewiesen. Zusammen mit dem US Department of Agriculture (USDA) in Florida wird seit Mitte des Jahres an der Entschlüsselung des Kakao-Erbgutes gearbeitet. Die Daten sollen der Wissenschaft frei zur Verfügung gestellt werden, versprechen die Initiatoren. Ziel der Forscher ist es u.a., die noch strittige Herkunft der Kakaopflanze zu klären. Die Hinweise mehren sich, nach denen das Umland des oberen Amazonas die Heimat des Kakaos sein könnte. In den “Ahnen” der heutigen Kulturpflanze könnten sich natürliche Abwehrstoffen gegen Pilzerkrankungen finden lassen, hoffen die Forscher.

Außerdem sollen ertragreichere Sorten gezüchtet werden. Größere robustere Pflanzen, so das Kalkül, könnten den Bauern bessere Ernten bescheren. Hätten die Kleinbetriebe die finanziellen Mittel, in Dünger zu investieren, könnten sie ihre erschlossenen Flächen dauerhaft nutzen, was die Rodung der Regenwälder erübrigen würde.

Im November fand in Ghana eine von Mars unterstützte Konferenz für Farmer und Forscher aus 14 afrikanischen Ländern statt, um einen sowohl ertragreicheren als auch nachhaltigen Anbau von Kakao voranzutreiben.

Ein Ansatz könnte darin liegen, Kakaoanbau und Waldwirtschaft besser miteinander zu kombinieren. Weil der Kakao Schatten liebt, könnte er gut unter Bäumen wachsen. Und mit dem Verkauf von Holz könnten sich die Bauern ein zweites wirtschaftliches Standbein aufbauen – vorausgesetzt, eine nachhaltige Nutzung der Flächen gelingt.

Ob ausgerechnet ein Konzern wie Mars Inc. der richtige Helfer für die afrikanischen Bauern ist, von denen nicht alle unter demokratischen Verhältnissen leben, darf mit Skepsis betrachtet werden. Es wird auf jeden Fall spannend zu verfolgen sein, ob alle Parteien letztlich wirklich an einem Strang ziehen…

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