Sollten zuckerhaltige Getränke erhöht besteuert werden? Ja, finden zwei US-amerikanische Forscher und rechnen vor, wie gesundheitsfördernd die Besteuerung ist.

Der regelmäßige Genuss zuckriger Getränke kann einiges dazu beitragen, dick und krank zu werden. In Maine und New York will man gegensteuern und hat vollzogen, was in anderen US-Bundesstaaten noch diskutiert wird: Je mehr Zucker ein Getränk enthält, um so höher soll es besteuert werden.

Ein Artikel im “New England Journal of Medicine” rechtfertigt jetzt diese Politik. Er stammt von Kelly D. Brownell, Ernährungsforscher an der Yale University und Thomas R. Frieden, “Health Commissioner” der Stadt New York und in dieser Funktion für die Steuererhöhung des Bundesstaates mitverantwortlich.

In ihrem Artikel rechnen die beiden vor, dass eine höhere Steuer das Konsumverhalten der Menschen verändern könne. Der Durchschnittsamerikaner würde dank Preiserhöhung 13 Prozent weniger Softdrinks trinken, rund 8000 Kalorien im Jahr weniger aufnehmen und dadurch rund ein Kilogramm abspecken. “Such a reduction in calorie consumption would be expected to substantially reduce the risk of obesity and diabetes and may also reduce the risk of heart disease and other conditions”, so das Fazit der Autoren. Ganz nebenbei saniert man so den öffentlichen Haushalt: Der Staat New York erwartet 1,2 Milliarden Dollar aus der Softdrink-Steuer.

Klingt das nicht verlockend, auch für die Ohren bundesdeutscher Gesundheitspolitiker? Auf bundesdeutsche Verhältnisse umgerechnet würde durch eine entsprechende Sondersteuer nach Brownell-Frieden-Modell die Dose Cola um 10 Cent teurer. Wetten, das Thema schwappt wie die Anti-Tabak-Diskussion auch zu uns herüber?

Ich kann nicht recht nachvollziehen, wie die beiden Autoren zu ihren Zahlen gekommen sind. Aber mal angenommen, ihre gesundheitsfreundliche Vorhersage träfe zu – muss man dann nicht konsequent weiter denken und nach den Getränken auch Schokolade und andere Süßwaren höher besteuern? Und wie wäre es dann mit Sondersteuern für alle Snacks oder gleich alle Nahrungsmittel, die gesättigte Fettsäuren enthalten? Sollen ja auch weniger gesund sein als ungesättigte Fettsäuren…

Die Schriftstellerin Juli Zeh hat dieser Tage mit “Corpus Delicti” den passenden Roman zum Thema vorgelegt. Darin beschreibt sie eine Gesellschaft des Jahres 2057, in der staatliche Gesundheitsdiktatur herrscht. Ich habe dieses Szenario anfangs für übertrieben gehalten, bin mir mittlerweile aber nicht mehr so sicher.

Dem TV-Magazin “Druckfrisch” hat Zeh ein sehenswertes Interview (hier das Video) gegen den staatlichen Kontroll- und Gesundheitswahn gegeben:
“Rauchen Sie, Frau Zeh?”
“Aber ja. (…) Ich hab´s immer aus Genuss getan, aber seit zwei Jahren tue ich es aus politischen Gründen. Jetzt kann ich nicht mehr aufhören; selbst wenn´s mir nicht mehr schmecken würde, müsst ich´s weiter tun.”

Kommentare (11)

  1. #1 Jürgen Schönstein
    April 21, 2009

    “muss man dann nicht konsequent weiter denken und nach den Getränken auch Schokolade und andere Süßwaren höher besteuern? “
    Ich will mich hier mal als betroffener New Yorker zu Wort melden. Und mein erster Verdacht ist halt – wie bei der Tabaksteuer – dass es primär gar nicht um den Gesundheitseffekt geht, sondern um das fiskalische Ausnutzen eines relativ schwer zu verändernden Suchtverhaltens (was dem Staat ja eine zuverlässige Einnahmequelle beschert). Und so gesehen wäre auch eine Schokoladensteuer – oder hier noch viel besser, eine Zuckergebäcksteuer (Donuts und Cookies werden noch viel häufiger konsumiert, und haben oft dicke Zuckerkrusten) – die einzig logische Konsequenz. Aber wenn es tatsächlich um den gesundheitlichen Nutzen ginge, dann ist so eine Getränkesteuer sehr sinnvoll, weil sich die süßen Softdrinks ja nun wirklich ganz leicht und ganz schnell substituieren lassen: Wasser tut’s auch, und selbst Kinder (weiß ich aus eigener Erfahrung) sind damit als Durstlöscher zufrieden zu stellen.

  2. #2 Martin Breuer
    April 22, 2009

    Ich denke das ist der falsche ansatz. Kurzzeitig gesehen, mag dieses modell vielleicht ergebnisse in form einer gewichtsreduktion vieler menschen erbringen. Auf lange sicht allerdings denke ich, dass es genau das gegenteil bewirkt. Es wird zum luxus werden, zucker zu essen… (je dicker der mensch, desto dicker das portemonnaie)
    Es ist schwachsinn, dass der staat durch steuern versucht zu erziehen. Vielmehr sollten gesund lebende familien einen zuschuss bekommen. Das würde die motivation steigern, den eigenen kindern beizubringen, wie man sich richtig ernährt. Denn genau hier liegt das problem… wie der vater so der sohn.

    (Ausserdem werden die menschen sowieso immer breiter) 🙂

  3. #3 S.S.T.
    April 22, 2009

    Es war schon immer ein beliebtes Spiel von Regierungen zu versuchen, über Steuern alles mögliche zu steuern, sei es durch Erhöhung oder Verminderung (Subvention) von Steuern. Die Erfolge sind m.E. bestenfalls fragwürdig.

    Was die Gesundheit angeht, warum nicht auch eine Fettsteuer, eine Fernsehsteuer, eine PC-Steuer? Zuviel davon ist auch ungesund.

    P.S. Bei den letzten Tabak-Steuererhöhungen stand auch schon nicht mehr die Gesundheit im Vordergrund, sondern die Sicherung der Renten und der Kampf gegen
    der Terrorismus.

  4. #4 Stefan
    April 22, 2009

    Es gibt ja schon eine Steuer für unvernünftiges Verhalten, nämlich die Kirchensteuer. Aber im Ernst, ich finde solche Ideen extrem antiliberal. Ist die Diktatur der Gutmenschen die nächste Diktatur, die uns bevorsteht? Wie wäre es mal, mit ein bißchen mehr Freiheit wagen?

  5. #5 Student auf Kaffeentzug
    April 22, 2009

    Argh!
    Bringt den kommenden Generationen einfach mal richtiges Kochen bei!
    Die meisten greifen zu Fertiggerichten weil sie keine Ahnung haben wie man gut kocht.
    Ich hatte nur ein Jahr lang Hauswirtschaftsunterricht in der Schule.
    Das ist doch ein Witz!
    Warum nicht mindestens 6 Jahre lang?
    Und bloß keine Noten, ein “Mit Erfolg” und “Ohne Erfolg” reicht aus.
    (Funktioniert so im Studium mit den Praktika ja auch)
    Immerhin sollte es ja auch Spaß machen und nicht noch mit zusätzlichem Leistungsdruck verbunden sein.
    Achja: Keine Sorge, mittlerweile kann ich kochen. Ein Studium zwingt einen ja fast dazu irgendwann das “Nudelstadium” zu überwinden. 😉

    Gruß, ein Student

  6. #6 S.S.T.
    April 22, 2009

    @ Student auf Kaffeentzug

    Zu meiner Zeit gab es an der Schule noch keine Kochkurse. Aber irgendwann hatte ich die Dosen-Ravioli u.ä. mehr als satt und ich schnappte mir Rezepte auf. Für Gelegenheitsköche ist die Seite http://www.chefkoch.de recht gut. Viele einfache Rezepte und eine gute Suchfunktion.

  7. #7 Karl Mistelberger
    April 23, 2009

    “Rauchen Sie, Frau Zeh?” “Aber ja. (…) Ich hab´s immer aus Genuss getan, aber seit zwei Jahren tue ich es aus politischen Gründen. Jetzt kann ich nicht mehr aufhören; selbst wenn´s mir nicht mehr schmecken würde, müsst ich´s weiter tun.”

    Da kann man nur hoffen, dass Frau Zeh möglichst rasch sozialverträglich abraucht.

  8. #8 Nico
    April 23, 2009

    @Kaffeejunkie: Mach dir keine Hoffnungen. Irgendwas nicht Benotetes in der Schule ist in diesem Land leider politisch nicht durchsetzbar und wird es auch so schnell nicht werden.

  9. #9 Stefan Jacobasch
    April 23, 2009

    @Nico: Kochen müsste wohl tatsächlich festes Fach werden. Wenn ich mich recht erinnere, gab es an unserer Schule einst eine Koch-AG – aber eben auf freiwilliger Basis. Ich bin nicht hingegangen, was ich im Nachhinein bereue. Immerhin helfen Seiten wie Chefkoch.de, das Nötigste im Selbstversuch nachzuholen…

  10. #10 S.S.T.
    April 24, 2009

    @ Stefan Jacobasch

    Kochen lernen = festes Fach. Ja, damit würde man in der Schule eine Menge für das reale Leben lernen. In der Tat, wer einigermaßen schmackhaft kochen kann, hat zum einem selbst mehr vom Leben und auch (on the long run) mehr Erfolg im Leben.

    Und, was das Thema Kochen ganz allgemein angeht, auch hier will ich nicht auf Andere angewiesen sein.

  11. #11 Nicolas
    Januar 4, 2011

    Ich finde die Idee, gesund lebende Familien zu bezuschussen, sehr interessant. Zuckerhaltige Lebensmittel zu besteuern ist in meinen Augen zwar grundsätzlich sinnvoll, wenn man damit den Zweck verfolgt, dass diese weniger konsumiert werden. Ich bezweifle allerdings, ob eine Steuer wirklich den gewünschten Effekt hätte. Bessere Aufklärung über Zucker und Kohlenhydrate wären meiner Meinung nach angebrachter. Dazu gehört in meinen Augen auch ein Verbot von Werbung für Süssigkeiten, oder zumindest eine Steuer hierauf. Das Problem ist in meinen Augen, dass die Werbung dem Volk suggeriert, dass Süssigkeiten wie z.B. Nimm2 irgendwie gesund seien.