Der hessische Agrarstaatssekretär warnt vor gefälschtem Kochschinken. Dieser enthält einen “großen Anteil von schnittfestem Stärke-Gel, in das kleine Fleischstücke eingebettet sind”. Derartige Produkte scheinen besonders in der Gastronomie beliebt zu sein.

Wie das hessische Umweltministerium per Pressemeldung mitteilt, haben Lebensmittelkontrolleure des Bundeslandes seit 2006 insgesamt 528 Proben “Kochschinken, kochschinkenähnliche Produkte und Schinken-Imitate” untersucht. Von 106 Proben aus der Gastronomie wurden 72 Proben (67,9%) “wegen irreführender Bezeichnung oder Wertminderung ohne Kenntlichmachung beanstandet.”

Beim so genannten “Mogel-Schinken” (schöner Begriff!) handle es sich um ein Produkt mit wenig Fleisch-Eiweiß, dafür viel “Fremdwasser”. Deklariert werden entsprechende Waren z.B. als “Spalla Cotta – Vorderschinken nach italienischer Art aus Vorderschinkenteilen”.

Der Einsatz solcher Imitate und Ersatzprodukte ist generell nichts neues. So schreibt etwa das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: “Die Produkte, die in der Gastronomie häufig als “Ersatz” verwendet werden, weisen einen Fleischgehalt zwischen circa 50 und 65 % auf, selten darüber, oft zum Teil deutlich darunter. (…) Der fehlende Fleischgehalt wird einerseits mit Wasser ausgeglichen. So liegt der Gehalt an fleischfremden Wasser bei bis zu 40 % und manchmal auch darüber. (…) Der niedrigste Fleischgehalt im Untersuchungsjahr 2008 lag bei 42 %.”

Verbieten kann man diese Innovationen moderner Lebensmitteltechnologie offenbar nicht. Gegen die Verwender der Produkte will Hessen jetzt per Online-Initiative mobil machen: Wer zum zweiten Mal beim Einsatz von “Mogel-Schinken” erwischt wird, dem wird mit der Veröffentlichung seines Namens im Internet gedroht.

Vergleichbares kennen wir hier in Berlin schon in Hygienefragen, aber Restaurantlisten, die nach dem Einsatz von “Mogel-Schinken” und “Analogkäse” sortiert sind, würde ich bei uns auch gern sehen. Dann blieben wir vielleicht von Gaststätten wie jenem italienischen Restaurant verschont, zu dessen Besuch ich mich vor rund zwei Wochen habe überreden lassen. Ein Blick in die Speisekarte genügte eigentlich schon, um gewarnt zu werden, denn dort wurden Pizzen und Nudelgerichte zwischen 3 und 4 Euro angeboten. Welcher Wirt kann zu solchen Preisen Qualität liefern? In der Gruppe, mit der ich unterwegs war, lösten die Preise allerdings Begeisterung statt Bedenken aus…

Kommentare (5)

  1. #1 not a gator
    Juli 3, 2009

    Also denn, “Mogel” heisst moyel auf Englisch, oder…?

  2. #2 Ludmila
    Juli 3, 2009

    Ein Blick in die Speisekarte genügte eigentlich schon, um gewarnt zu werden, denn dort wurden Pizzen und Nudelgerichte zwischen 3 und 4 Euro angeboten. Welcher Wirt kann zu solchen Preisen Qualität liefern? In der Gruppe, mit der ich unterwegs war, lösten die Preise allerdings Begeisterung statt Bedenken aus

    Oh Gott, da sagst Du was. Mein Mann hat eine kleine Pizzeria und er kämpft und kämpft. Genau mit dieser Einstellung der Kunden (Viel! Billig!), dem Preisdruck durch die Konkurrenz und einerseits seinem Anspruch eben keinen Mogelschinken und kein Analogkäse und keinen Thunfisch zu verwenden, der aus pürierten Fischabfällen besteht und im Öl schwimmt und keine Putenbrust aus Formfleisch und keinen Salat, der nur aus Eisbergsalat besteht, was das billigste und gleichzeitig geschmackloseste ist, was man als Grundlage erwerben kann und und und

    Das mit der Kennzeichnung ist zwar schön und gut, wird aber nichts am Grundproblem ändern, dass Qualität nun mal ihren Preis hat. Wer den nicht bereit ist zu zahlen, der treibt die guten Betriebe in den Ruin.

  3. #3 Christian A.
    Juli 3, 2009

    @Ludmilla: Bloggt dein Mann?

    @Topic: Das ist schade, wenns irgendwann keinen vernünftigen Lieferservice mehr geben sollte, der richtigen Käse verarbeitet. Ich hab mal ne zeitlang für einen Pizzalieferdienst auf dem platten Land ausgefahren. Die Besitzer sind sehr früh auf den Trichter gekommen, einen Lieferdienst aufzubauen, daher kann der Laden sich trotz relativ hoher Preise (wegen hochwertiger Lebensmittel) in der Gegend halten. Hab irgendwann danach mal in einer Kleinstadt Pizza bestellt, die dann mit Käseverschnitt gebacken wurde. Autsch! Widerlich!

    Aber gefälschter Kochschinken??

  4. #4 Christian
    Juli 3, 2009

    Ein Blick in die Speisekarte genügte eigentlich schon, um gewarnt zu werden, denn dort wurden Pizzen und Nudelgerichte zwischen 3 und 4 Euro angeboten. Welcher Wirt kann zu solchen Preisen Qualität liefern?

    Ja, da fragt man sich manchmal schon, wie das überhaupt funktionieren kann. Immerhin sind in dem Preis nicht nur die Kosten für sämtliche Zutaten enthalten, sondern auch eine Umlage für Gemeinkosten (Räumlichkeiten, Wasser, Strom etc.) und ggf. Personal – nicht zu vergessen, dass man irgendwo auch noch einen Gewinn erwirtschaften möchte…

  5. #5 Stefan W.
    Mai 14, 2010

    Gerade in der Gastronomie kann ich das nicht nachvollziehen. Wenn ich (Single) mal groß für Freunde koche/brate/backe, dann kaufe ich frische Zutaten für – sagen wir 15-20 Euro, und stehe dann 2-3 Stunden in der Küche und mache.

    Müßte ich von der Arbeit leben, und würde das berechnen, so schlüge die Arbeit viel stärker zu Buche als die Zutaten. Mit groben Schnitzern wie anbraten oder versalzen kann man zwar das Essen auch ruinieren, aber was schlechtere Zutaten betrifft, das kann ich mit Arbeit nicht mehr kompensieren.

    Und weniger Arbeit einen Scheinkäse zu hobeln habe ich doch auch nicht.