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Deutsche Bauern können auch noch positive Schlagzeilen machen: Einem Lüneburger Bioland-Bauern gelingt es mit einem Umweg über Großbritannien und das EU-Recht, die von ihren Züchtern aus dem Handel genommene Kartoffel “Linda” wieder zu offiziellen Ehren zu führen. Die Sorte war Anfang der 1970er Jahre vom Saatguthersteller Europlant entwickelt worden. Pünktlich zum Auslaufen des Sortenschutzes hatte er die Knolle 2005 aus seinem Angebot gestrichen.

Die zahlreichen lautstarken Linda-Fans erreichten noch eine Gnadenfrist bis 2007, doch weil Europlant mit der Nachfolgerin Belana inzwischen gute Geschäfte macht, braucht das Unternehmen Linda nicht mehr. Die Pflege einer Sorte, an der die Exklusivrechte ausgelaufen sind, bringt zudem weniger Gewinn.

Der Biobauer Karsten Ellenberg kämpft seit Jahren für Linda. Alle Details zum Streit um die Knolle hat sehr schön die FAZ zusammengefaßt, sodass ich mir die Details an dieser Stelle sparen kann.

Kennen Sie den Geschmack von Linda? Ich kann mich ehrlich gesagt nicht erinnern, Linda bewusst verzehrt zu haben. In meinem Küchenschrank findet sich gerade ein Kilo Christa. Diese Sorte wurde 1975 erstmals zugelassen; es dürfte sich dabei also auch mittlerweile um eine “freie” Kartoffel handeln. Christa ist eine von zur Zeit 205 Kartoffelarten, die in Deutschland vom Bundessortenamt zur Züchtung zugelassen sind (2009er Liste als PDF). Linda fehlt auf der Liste, dürfte aber wohl ab 2010 wieder aufgenommen werden.

Bei der Recherche zum Thema Saatgut hat mich die offizielle Vielfalt der Sorten verblüfft. Die wenigsten davon werden aber wohl in größeren Mengen angebaut und kommen über die regionale Verbreitung hinaus in den Handel. Aber auch wenn ich gar nicht alle Sorten probieren will, so finde ich doch die große Vielfalt beruhigend. Die ist nicht mehr bei allen Kulturpflanzen gegeben (Ich sammle gerade Material zum Thema Saatgut, um demnächst diese Gentech-Diskussion fortzusetzen).

Auf jeden Fall sollten wir uns so viele Sorten wie möglich erhalten. Es wäre ein sträflicher Fehler, wenn sich europäische Vielfalt zu Monokulturen wandelt und wir den Rest zu Museumsstücken erklären – wie es ansatzweise mit der Arten-Auslagerung nach Südamerika schon geschieht.

Foto: Jacobasch

Kommentare (5)

  1. #1 beka
    August 30, 2009

    In Peru lagert das Internationale Kartoffelinstitut (CIP) etwa 4000 Kartoffelarten und versucht sie wieder anzubauen.

    https://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,562597,00.html

  2. #2 beka
    August 30, 2009
  3. #3 Geoman
    August 30, 2009

    Eine Kartoffelsorte meiner Kindheit, die ich ‘schmerzlich’ vermisse und die wohl nie wieder angepflanzt wird, sind die “Schweinekartoffeln”. Das sind zu klein geratene Kartoffeln, die der benachbarte Bauer nicht einmal im fernen… kartoffelarmen … Ruhrgebiet verkaufen konnte und stattdessen in einem großen Bottich gekocht hat, um sie an seine Schweine zu verfüttern. Wir Kinder haben uns natürlich gelegentlich daran bedient…

  4. #4 nihil jie
    Juli 18, 2010

    @Geoman

    das kenne ich auch aus meiner kindheit… ich bin allerdings in Polen aufgewachsen. in Polen werden viele kartofeln verzehrt. mehr als alles andere… nudeln sind da eher seltener an zu treffen. heute etwas häufiger aber kartofeln sind einfach unschlagbar 🙂
    in Polen heissen kartofeln “ziemniaki” was so viel übersetzt heisst wie erdlinge *gg

    naja… nur mal so am rade 🙂

  5. #5 Volker Jakobi
    März 29, 2012

    In meiner Jugend war wohl die “Sieglinde” die beste festkochende Kartoffel. Ein köstlicher Wohlgeschmack und ideal für einen wirklich guten Kartoffelsalat; nicht zu vergessen die daraus hergestellten köstlichen Bratkartoffeln oder das Kartoffelpürree.

    Inzwischen schmecken auch die meisten “Sieglinde”-Kartoffeln nicht mehr so gut wie früher. Ich frage mich oft, ob das nur eine Erinnerungs-Täuschung ist. Aber dem ist nicht so, denn hin und wieder trifft man noch auf sehr gute “Sieglinde”.

    Ich habe den Eindruck, dass es immer schwieriger wird, wirklich gute, wohlschmeckende Kartoffeln zu kaufen. Das gilt im übrigen auch für andere Lebensmittel wir Brot, Fleisch, Obst usw. Schuld daran dürften wohl nicht zuletzt unsere “Hausfrauen” sein, die immer weniger qualitätsbewusst einkaufen, weil ihr Geschmack abgestumpft zu sein scheint. Und die natürlich immer seltener wirklich gut kochen können.

    Es ist ein Jammer! Aber es ist wie es ist. Es wird leider immer mühsamer, gute Lebensmittel einzukaufen. Ich gebe mir eine Wahnsinnsmühe, wirklich gute Lebensmittel einzukaufen, denn meine Frau kocht so gut, dass es eine Sünde wäre, wenn sie ihre Zeit mit schlechten Lebensmittelzutaten verplemperte. Sie gibt sich viel Mühe beim Kochen; ich gebe mir viel Mühe, sie dabei mit möglichst guten Zutaten zu unterstützen. Es wird immer aufwendiger, aber das Ergebnis lohnt den Aufwand.

    Ich werde versuchen, uns die “Linda” zu besorgen. Das dürfte zwar auch aufwendig sein, aber gutes Essen lohnt immer einen Aufwand. Und Kartoffeln gehören immer noch zu den preiswertesten Lebensmitteln.