“Wenn man aus großer Entfernung auf die Opera Garnier in Paris zugeht, ist das Dach am auffälligsten. Wenn man näher kommt, erscheinen andere Dinge, aber sie haben immer annähernd dieselbe Komplexität.”

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So Benoit Mandelbrot in einem Interview der April-Ausgabe des Seed-Magazins. (Das Interview erscheint unter dem Titel “Paola Antonelli + Benoit Mandelbrot”, was irgendwie an den Kehlmann-Roman “Ich und Kaminski” erinnert.)

Als Gegenstück führt er dann Mies van der Rohe an: “Aus der Entfernung ist es einfach nur eine große Kiste. Wenn man näher kommt, sieht man eine Fensterfront auf der Kiste, und wenn man wirklich nahe kommt, sieht man etwas vom Leben hinter den Fenstern. Das Gebäude selbst hat die kleinste vorstellbare Zahl von Skalen. Es ist sehr einfach zu beschreiben.”

Nun ist das wohl nicht neu, aber jedenfalls ist es sicher ganz interessant, daß sich diese Beobachtungen in eine geometrische Theorie einordnen lassen.

Leider ist das Lob der Opera Garnier fast das einzige, was ich aus diesem 6-seitigen Interview mitgenommen habe. Die ausgesprochen naiven Fragen der Interviewerin erhöhen zweifellos die Lesbarkeit. Aber die Antworten enthalten oft weniger Information als die Fragen. Als ein Beispiel zitiere ich noch Mandelbrot’s Aussagen zum Internet:

I was well placed to know about the internet since of course it became very important when I worked for many years at IBM. And colleagues mentioned to me some strange things about the way in which the internet became organized. There was no single overall architect and many things were happening by local decisions. A terrible mess ensued and the question was, can you see any order in that mess? I was pleased to discover some order, though it was not my field.

Als nächstes kommt dann eine Frage zu einem völlig anderen Thema. Was soll man daraus jetzt lernen?

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Kommentare (1)

  1. #1 Anwen Roberts
    31. März 2008

    Mir sind dazu sofort mind. 15 Jahre alte und beinahe gleichlautende Zitate und Gedanken von Benoit Mandelbrot eingefallen — zB hier auch im Netz:

    “James Gleick, in his overview of chaos studies, notes that to Benoit Mandelbrot, “art that satisfies lacks scale, in the sense that it contains important elements at all sizes.” A Beaux-Arts structure attracts the viewer at all distances […] in a way that the Seagram building doesn’t.” (Scott Bukatman 1993: 134)

    Die Verbindung von gebrochenen Dimensionen und Kunst / Architektur ist nicht neu, aber trotzdem ein lohnender Spielplatz. Dennoch hätte ich in dem an sich spannenden Gespräch gern den Rückgriff, die Anschlusskommunikation, den kleinsten Hinweis, dass er das schon vor Jahren erforscht hat.
    Da kommt es ein bissel deplaziert daher, dann zu sagen: oh, nanu, jetzt verstehe ich, das ist ja wie der Mailänder Dom…

    Ich finde den Gedanken, dass befriedigende Kunst “keinen Maßstab” hat, (selbst wenn der sooo einen Bart hat 😉 aber nachwievor anregend und spannend für ein quasi mathematisches Kunstverständnis, das verdeutlichen kann, dass “große” Architektur, “großes” Kino usw. nicht NUR eine Frage des erkennbaren Maßstabes ist — sondern eben auf allen Ebenen “groß” ist.