Man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht”.

Jeder kennt diesen Spruch, aber kaum jemand seine Herkunft:

Er stammt aus dem Kapitel ‘Wald’ in ‘Meditaciones del Quijote’ (1914).

Eine Kurzbiographie des spanischen Philosophen und Schriftstellers Jose Ortega y Gasset (9.5.1883-18.10.1955) findet man hier.

Noch ein paar bekannte Zitate:

Was ist Gewalt anderes als Vernunft, die verzweifelt.

Hartnäckige Übellaunigkeit ist ein allzu klares Symptom dafür, daß ein Mensch gegen seine Bestimmung lebt.

Der Zyniker, dieser Schmarotzer der Zivilisation, lebt davon, die zu verneinen, weil er überzeugt ist, daß sie ihn nicht im Stich lassen wird.

Technik ist die Anstrengung, Anstrengungen zu ersparen.

Kommentare (4)

  1. #1 Rank zero
    12. Mai 2008

    Jeder kennt diesen Spruch, aber kaum jemand seine Herkunft.

    Dem ist anscheinend so.

    Die Herren dieser Art blendt oft zu vieles Licht,
    sie sehn den Wald vor lauter Bäumen nicht.

    Christoph Martin Wieland, Musarion (V,135), 1768.

    Was im übrigen eine bevorzugte Wendung Wielands wurde, siehe:

    Die Abderiten waren ein dumpfes Völklein, wie wir alle wissen; und es gab vielleicht (eine einzige berühmte Nation allenfalls ausgenommen) kein anderes in der Welt, das in der sonderbaren Eigenschaft, »den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen zu können«, ihnen den Vorzug streitig machen konnte.

    (Geschichte der Abderiten, 1774)

    Es ist schwer zu begreifen, wie Plato sich in solchen Spielereien so sehr gefallen, oder wie er glauben kann, er habe seinen Gegner zu Boden gelegt, wenn er durch eine lange Reihe nichts beweisender Gleichungen zuletzt das Gegentheil von dem, was jener behauptet hatte, herausbringt. Das Allerseltsamste aber ist dann doch, daß in diesem ganzen Schattengefechte beide streitende Parteien, indem sie einen bestimmten philosophischen Begriff von der Gerechtigkeit suchen, den popularen, auf das allgemeine Menschengefühl gegründeten Begriff immer stillschweigend voraussetzen, ohne es gewahr zu werden. Es ist als ob die närrischen Menschen den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen könnten; sie suchen was ihnen vor der Nase liegt, und was sie bloß deßwegen nicht finden, weil sie sich in einer Art von Schneckenlinie immer weiter davon entfernen.

    (Aristipp und einige seiner Zeitgenossen, 1802)

    Für die Popularität spricht, dass es schon in Aloys Blumenauers Aeneis-Travestie (ab 1782) heißt:

    Er sieht oft, wie Herr Wieland spricht,
    den Wald vor lauter Bäumen nicht.

  2. #2 Thilo Kuessner
    12. Mai 2008

    Ok, Ortega y Gasset ist ja auch dafür bekannt, wesentlich zur Verbreitung deutscher Philosophie und Literatur im spanischsprachigen Raum beigetragen zu haben, und offenbar ist dieses Zitat (das in spanischen Texten häufig als typisch Ortega y Gasset zitiert wird) ein weiteres Beispiel dafür.

  3. #3 Christian Ritter
    19. Mai 2008

    ” … die flachen Wasser sind`s, in die er Erkennende nur ungern steigt.” Friedrich Nietzsche

  4. #4 Steffen
    15. Oktober 2010

    Ich danke für eure lesenswerten Beiträge.Ist immer wieder erstaunlich wie sich die Meinungen spalten. Liebe Grüße aus München