Symmetrien in euklidischer und hyperbolischer Geometrie.

Symmetrien sind bekanntlich Transformationen eines Objekts, so daß dieses nach der Transformation genauso aussieht wie vorher. Mindestens seit Felix Kleins Erlanger Programm sagt man, ‘dass die Geometrie die Eigenschaften von Figuren untersucht, die bei Lageänderungen erhalten bleiben und daher eine Klassifizierung mittels der jeweils betrachteten möglichen Lageänderungen, d.h. der zugelassenen geometrischen Transformationen anstrebt’.

Also: man will eine Geometrie verstehen, in dem man sich ihre “Symmetrien” anschaut, d.h. die Isometrien (abstände-erhaltenden Abbildungen1).

Symmetrien der euklidischen Ebene

Die Isometrien der euklidischen Geometrie kennt man aus der Schule: die orientierungserhaltenden sind gerade Verschiebungen und Drehungen, veranschaulicht in den Bildern rechts:
i-4052df2b80e5ae0883346088adceca46-Euclidean_plane_isometry_translation.png
i-15f75ac9d5fe45e08d9e17091fd872fc-Euclidean_plane_isometry_rotation.png
Außerdem gibt es noch Spiegelungen und Gleitspiegelungen (Hintereinanderausführungen von Spiegelungen und Verschiebungen) als orientierungs-umdrehende (also links und rechts vertauschende) Isometrien:
i-59abd266924cf9e1c9607b8705f5aac1-Euclidean_plane_isometry_reflection.png

Symmetrien der Sphäre

Die Symmetrien der sphärischen Geometrie (also einer Sphäre vom Radius 1 im euklidischen Raum) sind gerade diejenigen euklidischen Symmetrien, die den Nullpunkt (also den Mittelpunkt der Sphäre) auf sich abbilden.
Also: Drehungen um den Nullpunkt und Spiegelungen an einer Ebene durch den Nullpunkt. (Und natürlich keine Verschiebungen, denn die würden die Sphäre “verlassen”.)
Die Gruppe der Symmetrien (Spiegelungen und Drehungen) ist O(3), die Gruppe der orientierungs-erhaltenden Symmetrien (nur Drehungen) ist SO(3).

Symmetrien der hyperbolischen Ebene

In der hyperbolischen Geometrie (TvF 55) hat man drei Arten von (orientierungs-erhaltenden) Isometrien.
(Die folgenden Bilder stammen von Colleen Robles (links) bzw. Tim Lister (rechts).)

1. hyperbolische Isometrien: es gibt auf dem “Rand” einen abstoßenden und einen anziehenden Fixpunkt. Alle Punkte werden vom abstoßenden Fixpunkt weg zum anziehenden Fixpunkt hin bewegt, um eine bestimmte Entfernung. Das rechte Bild zeigt das Bild eines Dreiecks unter einer solchen Isometrie.

i-0bebc5c9669d2f814c9d944fb40cf9d8-hypr2.gif
i-776e70ef62bd50657065eb8f6d0fea91-hyp-iso.jpg

2. parabolische Isometrien: es gibt auf dem “Rand” einen Fixpunkt, die Abbildung wirkt als Verschiebung in den “Horozykeln” durch diesen Punkt. (Das kann man besser im Halbraum-Modell sehen.)

i-4129bcf81981d6f78c9220686601be75-para2.gif
i-f62f682b4f5d7f2b793953985823ee8b-para-iso.jpg

3. elliptische Isometrien: es gibt einen Fixpunkt in der Kreisscheibe, die Abbildung wirkt als Drehung der (hyperbolischen) Kreise um diesen Fixpunkt.

i-d468f2080e500871a29353f4fcf84d24-elli2.gif
i-7c45abab1812d9faa4d6b2ada49396ed-ell-iso.jpg

Dazu kommen dann noch Spiegelungen als orientierungs-umdrehende Isometrien.

Michail Kapovich veranschaulicht den Unterschied zwischen den Symmetrien der euklidischen vs. hyperbolischen Ebene mit den Bildern “Crocodiles in the euclidean plane” und “Penguins in the hyperbolic plane”:

i-8440c77c57f2288c0d7d798db21dd2d7-eplane.gif

(Alle Krokodile in der euklidischen Ebene sind gleich groß, ebenso alle Pinguine in der hyperbolischen Ebene, d.h. innerhalb der Kreisscheibe.)

Seine Erklärung zum linken Bild: “Does not require much comments: Euclidean geometry is mostly trivial.” Zum zweiten Bild: “This is an example of a tesselation of the hyperbolic plane by fundamental domains of a Fuchsian group with cusps. Cusps correspond to yellow/green horodiscs on the picture. You can notice that horocircles are metrically distorted in the hyperbolic plane since the Euclidean size of penguins which live on horocircles is decreasing much slower than the size of penguins which do not live on a common horocircle.”

In den nächsten beiden Folgen werden wir noch Symmetrien in der Kunst zeigen: euklidische Symmetrien in der Alhambra und hyperbolische Symmetrien in den Bildern Eschers.

1 Eine Abbildung von Riemannschen Mannigfaltigkeiten ist eine Isometrie (abstände-erhaltend) genau dann, wenn sie die Riemannsche Metrik (das Skalarprodukt auf den Tangentialräumen, TvF 51) erhält.

Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5, Teil 6, Teil 7 , Teil 8, Teil 9 , Teil 10 ,Teil 11, Teil 12, Teil 13, Teil 14, Teil 15, Teil 16, Teil 17, Teil 18, Teil 19, Teil 20, Teil 21, Teil 22, Teil 23, Teil 24, Teil 25, Teil 26, Teil 27, Teil 28, Teil 29, Teil 30, Teil 31, Teil 32, Teil 33, Teil 34, Teil 35, Teil 36, Teil 37, Teil 38, Teil 39, Teil 40, Teil 41, Teil 42, Teil 43, Teil 44, Teil 45, Teil 46, Teil 47, Teil 48, Teil 49, Teil 50, Teil 51, Teil 52, Teil 53, Teil 54, Teil 55, Teil 56