“in einem Weltbilde von unentschiedenem Charakter können beide einander wohl überlagern und verwirren, sich aber niemals zur inneren Einheit verbinden.” (O. Spengler)

Wie letzte Woche angekündigt, wird es in den nächsten Folgen um “Überlagerungstheorie” gehen, letztlich um einen Zusammenhang zwischen ‘hoch-regelmäßigen’ (d.h. überall gleich gekrümmten) geschlossenen Flächen einerseits und hoch-symmetrischen Mustern in der euklidischen oder hyperbolischen Ebene andererseits herzustellen.

Eine Überlagerung eines Raumes über einem anderen sieht lokal so aus, daß der “obere” Raum aus (endlich oder unendlich vielen) Kopien des “unteren” Raumes besteht. (Je nach Anzahl der Kopien spricht man von einer 2-, 3-, … oder unendlich-blättrigen Überlagerung.)

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Wie gesagt, so sieht es lokal aus. Global können die Blätter aber durchaus auf komplizierte Weise verbunden sein, wie das Beispiel der Schraubenlinie als Überlagerung des Kreises zeigt.

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Lokal sieht man (zum Beispiel) nur die dick gezeichneten Stücke: unten ein Intervall, oben unendlich viele Kopien des selben Intervalls. (In irgendeinem anderen Punkt hätte man lokal das selbe Bild.)

Das selbe noch mal als Video.
(Neben der oben abgebildeten unendlich-blättrigen Überlagerung werden in der 2. Minute des Videos noch zwei- und drei-blättrige Überlagerungen des Kreises gezeigt, die wiederum von der unendlich-blättrigen Überlagerung überlagert werden.)


Quelle: Topologie-Seminar Prof. Bothmer, Timm, Tiessen, Wittmann, Kenig, Universität Hannover

Topologisch ist die Schraubenlinie ja dasselbe wie eine Gerade. Das Video zeigt also eine Überlagerung der Gerade R1 über dem Kreis S1. (Die Animation rechts ist aus einem Artikel von Nicolas Bergeron über Thomas Pynchon.)
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Wenn man eine Formel möchte: zum Beispiel die Abildung

p : R1 —> S1
p(t)=(cos(t), sin(t))

ist eine Überlagerung. (Oder wenn man lieber mit komplexen Zahlen rechnet: p(z)=eiz.)

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Quelle: Ghys: Geometriser l’espace

Man sieht an dem Beispiel schon, daß Überlagerungen etwas mit Symmetrien bzw. Periodizität zu tun haben. Daß die Schraubenlinie lokal aussieht wie eine unendliche Menge von Intervallen liegt ja letztlich daran, daß Cosinus und Sinus die (selbe) Periode 2π haben.

Soweit erst mal zur Begriffsbestimmung und zu 1-dimensionalen Beispielen von Überlagerungen. Interessanter wird es dann natürlich für Flächen wie im Bild unten. Dazu in den nächsten Wochen.

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Quelle: Ghys: Geometriser l’espace

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