Hyperbolisches Volumen.

Letztes Mal hatten wir gesehen, daß eine Fläche (mit mindestens 2 Henkeln) eine hyperbolische Metrik (d.h. mit Krümmung überall -1) hat.
Man bekommt die g-henklige Fläche (mit dieser hyperbolischen Metrik), indem man ein 4g-Eck in der hyperbolischen Ebene passend zusammenklebt.
Damit die Innenwinkel sich zu 360o aufaddieren, mußte das 4g-Eck die passende Größe haben: der Flächeninhalt mußte 4(g-1)π sein.

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Es gibt natürlich viele hyperbolische 4g-Ecke mit Flächeninhalt 4(g-1)π und dementsprechend viele hyperbolische Metriken auf der Fläche mit g Henkeln.
Jedenfalls haben aber alle diese Metriken den Flächeninhalt 4(g-1)π. Man kann also aus der Anzahl der Henkel den Flächeninhalt (für eine hyperbolische Metrik) berechnen und umgekehrt.
(Das ist ein Spezialfall des Gauß-Bonnet-Satzes, dazu nächste Woche.)

Wie gesagt geht es in der Topologie darum, Flächen oder 3-dimensionale Räume unterscheiden zu können. (Und zwar von ‘innen’, d.h. ohne von außen auf den Raum schauen zu können, vgl TvF 3. . Jemand der als 2-dimensionales Wesen auf einer Fläche leben würde, könnte nicht einfach auf die Fläche schauen und die Anzahl der Henkel zählen. Mal abgesehen davon, daß es bei manchen Flächen wie im Bild unten, auch für uns nicht so einfach festzustellen wäre, daß es sich eigentlich um eine Sphäre handelt.)

In TvF 44 hatten wir schon mal geschrieben, daß es 3 Möglichkeiten gibt, Flächen zu unterscheiden: Euler-Charakteristik, Fundamentalgruppe und hyperbolisches Volumen.

Die Euler-Charakteristik (TvF 6) kann man berechnen, wenn man die Fläche in Dreiecke zerlegt hat, sie ist χ=E-K+F (E ist die Anzahl der Ecken, K der Kanten, F der Dreiecke). Die Anzahl der Henkel berechnet sich dann als g=1-χ/2.
Über die Fundamentalgruppe von Flächen hatte ich u.a. in TvF 31 geschrieben; auch aus der Fundamentalgruppe kann man die Anzahl g der Henkel bestimmen.
Und, wie oben gesagt, auch aus dem Flächeninhalt (irgend)einer hyperbolischen Metrik kann man g berechnen: der Flächeninhalt ist A=4(g-1)π, also g=1+A/4π.

Nun ist das für Flächen eher uninteressant: man kann die Anzahl der Henkel genauso gut aus der Euler-Charakteristik wie aus dem hyperbolischen Flächeninhalt berechnen – und es ist bei einer konkret gegebenen Fläche natürlich viel einfacher, sie in Dreiecke zu zerlegen und die Euler-Charakteristik zu berechnen statt erst eine hyperbolische Metrik zu konstruieren und deren Flächeninhalt zu berechnen.

Interessant wird das hyperbolische Volumen aber für 3-dimensionale Räume. Für diese ist (jedenfalls wenn sie endliches Volumen haben) die Euler-Charakteristik immer 0, sie liefert also keine Information. Dagegen ist das hyperbolsiche Volumen eine nützliche Invariante, mit der man viele 3-dimensionale Räume unterscheiden kann, und die sich auch effektiv berechnen läßt. Es gibt das Programm SnapPea, das hyperbolische Metriken konstruiert und (unter anderem) das Volumen berechnet. Damit kann man dann Listen 3-dimensionaler Räume aufstellen wie im Bild unten (aus einer Arbeit von Callahan, Hildebrand, Weeks).

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