Klang von Trommeln und das Längenspektrum von Flächen.

Vor 2 Wochen hatten wir darüber geschrieben, daß der Klang einer Trommel (das Klangspektrum) von den Eigenwerten des Laplace-Operators auf der Trommelfläche (dem Spektrum des Laplace-Operators) abhängt.

Das Spektrum des Laplace-Operators wird wiederum vom Längenspektrum determiniert (Selbergsche Spurformel) und das kann man benutzen, um unterschiedliche ‘hyperbolische Trommeln’ mit demselben Klangspektrum zu konstruieren.

Längenspektrum

Zur Erinnerung (TvF 56): Geodäten sind kürzeste Wege auf einer Fläche, jedenfalls lokal.
Geodäten sind entweder “geschlossen” (d.h. periodisch, sie schließen sich nach einer bestimmten Periode wie die Großkreise auf der Sphäre) oder nicht. (Wenn sie sich nicht schließen, sind sie unendlich lang.)
Als Längenspektrum einer Fläche bezeichnet man die Längen geschlossener Geodäten auf der Fläche.

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Beispiele: Auf einer runden Sphäre von Radius r haben alle geschlossenen Geodäten (d.h. Großkreise) Länge 2πr.

Dagegen sind auf einer Fläche mit Henkeln nicht alle Geodäten gleichlang. Man sieht, daß im Bild rechts oben die Longitude länger ist als der Meridian. Und z.B. eine geschlossene Geodäte, die sich mehrmals um den Torus windet, wäre natürlich länger als beide.

Für einenTorus (mit einer flachen Metrik) ist es elementar, das Längenspektrum zu berechnen.

Für hyperbolische Flächen berechnet sich das Längenspektrum über Spuren von Matrizen, dazu nächste Woche.

Selbergs Spurformel

Über den Zusammenhang von Klangspektrum und Längenspektrum.

Selbergs Spurformel (mit Anwendungen in Zahlentheorie, Analysis, …) besagt, daß die Längen der geschlossenen Geodäten die Eigenwerte des Laplace-Operators determinieren. Der Klang einer Trommel hängt also ab von den geschlossenen Geodäten auf der Trommelfläche.

Die Formel ist relativ kompliziert:

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und was die verschiedenen Terme bedeuten, liest man wohl am besten direkt im Wikipedia-Artikel nach

Warum ‘Spurformel’? Dazu nächste Woche ausführlicher. (Hier nur kurz: wie in TvF 75 gesehen, kann man die Symmetrien der hyperbolischen Elemente durch 2×2-Matrizen beschreiben. Eine geschlossene Geodäte entspricht einer bestimten Matrix. (Elemente der Fundamentalgruppe entsprechen Symmetrien der universellen Überlagerung, dazu nächste Woche) Die Länge dieser geschlossenen Geodäte ist gerade ln(Tr(A)), sie hängt also von der Spur der entsprechenden Matrix ab.)

Gleichklingende hyperbolische Trommeln

Vigneras hat die Spurformel in einer bekannten 1980 veröffentlichten Arbeit benutzt, um auf hyperbolischen Flächen unterschiedliche Metriken mit demselben Klangspektrum zu konstruieren.

Nämlich, sie konstruiert mit zahlentheoretischen Methoden (Quaternionenalgebren etc.) hyperbolische Metriken, die dasselbe Längenspektrum und damit (wegen der Selbergschen Spurformel) auch dasselbe Klangspektrum haben.

Vigneras Konstruktion liefert nicht nur hyperbolische Flächen mit demselben Klangspektrum, sondern auch hyperbolische 3-Mannigfaltigkeiten und allgemein Mannigfaltigkeiten mit universeller Überlagerung (H2)k x (H3)l für alle k,l, womit man also Beispiele in jeder Dimension (größer 1) konstruieren kann.

Während ihre 2-dimensionalen Beispiele gleiches Geschlecht (gleiche Anzahl von Henkeln) haben, also zwar nicht isometrisch aber homöomorph sind, sind ihre nicht-isometrischen 3-dimensionalen Beispiele (nach der Umkehrung von Mostow’s Starrheitssatz) auch nicht homöomorph.

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