Als höherdimensionale Analogie der Expander-Graphen betrachten sie dann Simplizialkomplexe, für die sich diese Schranke nicht wesentlich verbessern läßt.
Ihre Beispiele sind (in Analogie zum Beweis für Expander-Graphen) k-dimensionale Simplizialkomplexe X mit der Eigenschaft, daß es zu jeder stetigen Abbildung F:X–>Rk ein y in Rk gibt, so daß F-1(y) mindestens W abgeschlossene k-Simplizes schneidet, für ein festes W. (Im Fall der Expander-Graphen war W=hN/2.)

Arithmetische hyperbolische Mannigfaltigkeiten als höherdimensionale Expander

Gromov-Guth betrachten dann auch noch ein allgemeineres Problem, in dem die 1-Umgebung des Simplizialkomplexes X nicht unbedingt eingebettet sein muß, sondern nur eine Retraktion auf X besitzt. Sie fragen wieder nach unteren Abschätzungen für den Radius R eines Balles, in den eine solche Einbettung möglich ist. Im Kapitel “Estimates for rank of homology and simplicial volume” beweisen sie untere Abschätzungen für Rn gegen die Summe der Bettizahlen oder gegen bestimmte simpliziale Normen auf der Zp-Homologie (aber nicht, wie die Kapitel-Überschrift suggerieren könnte, gegen das simpliziale Volumen), jeweils multipliziert mit konstanten Faktoren.

Explizite Beispiele von solchen höherdimensionalen Expandern sind arithmetische hyperbolische 3-Mannigfaltigkeiten. Für diese bekommt man (bzgl. der allgemeineren Definition von Retraktions-Dicke 1 im vorigen Abschnitt und damit erst recht bzgl. der ursprünglichen Definition von Einbettungen mit Dicke 1) eine untere Abschätzung von R gegen c(hV)1/(n-1), wobei V das Volumen der Mannigfaltigkeit ist und h die Expansivität, die man für Mannigfaltigkeiten ähnlich wie für Graphen definiert:

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https://people.maths.ox.ac.uk/lackenby/gottlk2b.pdf

Es ist bekannt, daß man zu arithmetischen hyperbolischen 3-Mannigfaltigkeiten Türme von Überlagerungen mit h>const.>0 und V gegen unendlich hat.
Insbesondere liefern diese Türme also Mannigfaltigkeiten mit beliebig großen Werten für R (den minimalen Radius, in den sich die Mannigfaltigkeit mit Dicke 1 im n-dimensionalen Raum einbetten ließe). Man bekommt also Folgen von 3-dimensionalen Expandern.

Anwendung: Distortion von Knoten

Eine konkrete Anwendung hat das Ergebnis aus dem vorigen Abschnitt, nämlich auf die Konstruktion von Knoten beliebig großer Distortion.

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Sei K ein Knoten im 3-dimensionalen Raum. Für Punkte x,y auf K kann man sowohl ihren Abstand dR3(x,y) im 3-dimensionalen Raum als auch den (größeren) Abstand dK(x,y) entlang des Knotens messen. Die Distortion des Knotens ist dann das Supremum von dK(x,y)/dR3(x,y) über alle x≠y. Gromov hatte 1983 die Frage aufgeworfen, ob es zu jedem D Isotopie-Klassen von Knoten gibt mit Distortion > D für alle Knoten in dieser Isotopieklasse.
Eine erste positive Antwort hatte Pardon 2010 für Torusknoten gegeben.
Die Arbeit von Gromov-Guth gibt jetzt eine andere Konstruktion von Knoten großer Distortion. Nach einem Satz von Hilden-Montesinos ist jede geschlossene orientierte 3-Mannigfaltigkeit eine verzweigte 3-fache Überlagerung der 3-Sphäre. Sei K der Knoten, entlang dessen die Überlagerung verzweigt ist. Gromov-Guth beweisen nun, daß man (im Fall hyperbolischer 3-Mannigfaltigkeiten) die Distortion des Knotens K nach unten abschätzen kann gegen chV, wobei wieder h die Expansivität und V das Volumen ist.
Insbesondere für die Folgen “3-dimensionalen Expander” (d.h. die im vorigen Abschnitt erwähnten arithmetischen hyperbolischen 3-Mannigfaltigkeiten), geht die Distortion der Knoten, entlang derer die Überlagerungen verzweigt sind, gegen Unendlich.

Andere Verallgemeinerungen

Es gibt einige andere Ansätze zur Definition höher-dimensionaler Expander. Kurz vor Weihnachten hat Matthew Kahle auf dem ArXiv eine Arbeit mit einer kohomologischen Definition von höherdimensionalen Expandern veröffentlicht, in der er beweist, daß zufällig gewählte Simplizialkomplexe Expander im Sinne seiner Definition sind (asymptotisch für hohe Eckenzahlen mit Wahrscheinlichkeit 1).
Eine andere Verallgemeinerung benutzt Eigenwerte gewisser Operatoren. Für Graphen hängt die Expansivität eng mit dem kleinsten Eigenwert des Laplace-Operators (TvF 102) zusammen, als höherdimensionale Verallgemeinerung konstruierten Lubotzky-Samuels-Vishne Simplizialkomplexe, deren Hecke-Operatoren analoge Abschätzungen erfüllen. Diese Beispiele wiederum haben bestimmte “Überlappungseigenschaften”, die in einer letzten Mai auf dem ArXiv erschienenen Arbeit “Overlap properties of geometric expanders” von Fox-Gromov-Lafforgue-Naor-Pach untersucht werden (und die man ebenfalls als eine Verallgemeinerung der “Expansivität” interpretieren kann):
Für Expander-Graphen Γ hat man (mit demselben Beweis, mit dem man oben beim Kolmogorov-Barzdin-Argument zeigt, daß jede Ebene hN/2 Kanten schneidet) für jede stetige Abbildung f:Γ–>R einen Punkt y in R, so daß f-1(y) mindestens hN/2 Kanten schneidet. Man sagt, daß diese stetige Abbildung f:Γ–>R “hoch-überlappend” ist. Fox-Gromov-Lafforgue-Naor-Pach zeigen, daß die d-dimensionalen Beispiele von Lubotzky-Samuels-Vishne analoge Überlappungseigenschaften haben: für jede stetige Abbildung in den Rd gibt es einen Punkt im Rd, der im Bild einer bestimmten Anzahl von Simplizes liegt.

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