Die Seen von Wada und der Jordansche Kurvensatz.

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britton.disted.camosun.bc.ca/jbjordan.htm

Jede geschlossene Kurve in der Ebene hat ein inneres und ein Äußeres, wie das Bild oben (Inneres=gelb, Äußeres=weiß) oder das IBM-Video zeigt:

from the IBM film “Mathematics Peepshow”

Letzte Woche hatten wir den Satz von Schoenflies erwähnt: Für jede geschlossene Kurve (ohne Selbstschnitte) in der Ebene gibt es eine stetige (und stetig umkehrbare) Abbildung der Ebene, die die Kurve auf den Einheitskreis abbildet.

(Den Satz braucht man letztlich, um die Triangulierbarkeit von Flächen zu beweisen. Anhand einiger höherdimensionaler Gegenbeispiele hatten wir gezeigt, daß der Satz nicht so offensichtlich ist, wie man vielleicht denken könnte.)

Aus dem Satz von Schoenflies folgt natürlich der Jordansche Kurvensatz:
Jede geschlossene Kurve (ohne Selbstschnitte) zerlegt die Ebene in zwei Zusammenhangskomponenten.

“Geschlossene Kurve ohne Selbstschnitte in der Ebene” heißt hier, mathematisch exakt ausgedrückt: Bild einer stetigen Abbildung f:S1—>R2.

Eine Zusammenhangskomponente ist eine maximale zusammenhängende Teilmenge. Zum Beispiel hat das Komplement des Einheitskreises in der Ebene zwei Zusammenhangskomponenten, nämlich {x : IIxII<1} und {x : IIxII>1}.
Eine zusammenhängende Menge ist, wie man es sich wohl auch vorstellen würde, eine Menge, in der sich je zwei Punkte durch einen stetigen Weg verbinden lassen. Strenggenommen ist das nicht die Definition von “zusammenhängend”, sondern von “wegzusammenhängend”. Die allgemeine Definition von “zusammenhängend” ist eigentlich komplizierter – für offene Teilmengen der Ebene (und allgemein für Mannigfaltigkeiten) sind die Definitionen von “zusammenhängend” und “wegzusammenhängend” aber äquivalent.

Anders als beim Satz von Schoenflies stimmen beim Jordanschen Kurvensatz auch die höherdimensionalen Verallgemeinerungen: eine geschlossene Fläche zerlegt den 3-dimensionalen Raum in zwei Zusammenhangskomponenten, ein Inneres und Äußeres. (Insbesondere muß eine im R3 eingebettete geschlossene Fläche orientierbar sein, man kann also zum Beispiel keine projektive Ebene in den R3 einbetten.)

Aber auch beim Jordanschen Kurvensatz ist es natürlich instruktiv, sich potentielle Gegenbesipiele anzuschauen.

Ein Beispiel, warum der Jordansche Kurvensatz nicht offensichtlich ist, sind die “Seen von Wada” (Bild unten, eine Beschreibung der Konstruktion hier oder ausführlicher hier): eine Zerlegung der Ebene in 3 Mengen, die alle denselben Rand haben. Allerdings ist dieser Rand keine geschlossene Kurve, denn sonst würden die Seen ja dem Jordanschen Kurvensatz widersprechen.

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Ähnliche Mengen kommen auch in praktischen numerischen Fragestellungen vor, zum Beispiel wenn man das Newton-Verfahren anwendet, um die (komplexen) Lösungen von x3-1=0 zu bestimmen.
Diese Gleichung hat drei komplexe Lösungen. Je nachdem, mit welchem Startwert man das Newton-Verfahren beginnt, wird einem das Verfahren eine dieser drei Lösungen berechnen. Das Bild unten zeigt mit 3 unterschiedlichen Farben diejenigen Startwerte, mit denen das Newton-Verfahren gegen jeweils eine der Lösungen konvergieren.
Man bekommt auch hier eine Zerlegung der Ebene in 3 (allerdings unzusammenhängende) Mengen mit gemeinsamem Rand.

Ein ähnliches Bild bekommt man bei Anwendung des Newton-Verfahrens auf irgendein anderes kubisches Polynom mit 3 verschiedenen Nullstellen.


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