Wir definieren nun: sei n eine natürliche Zahl, Zn(F) die Gruppe der n-dimensionalen Zykel in F und Bn(F) die Untergruppe der n-dimensionalen Ränder in F, dann ist die n-te Homologie Hn(F) definiert als Quotientengruppe Hn(F):=Zn(F)/Bn(F).

Beispiele

Die beiden Bilder oben suggerieren, daß die 1-te Homologie H1(F) einer Fläche F die Anzahl der ‘1-dimensionalen’ Löcher mißt. (Besser sollte man vielleicht sagen: die Homologie gibt eine präzise mathematische Definition, mit der man die vage intuitive, nicht präzis zu fassende, Vorstellung davon, was ein 1-dimensionales Loch sein sollte, in einen mathematisch klar definierten Rahmen pressen kann.)
Tatsächlich ist es so, daß man für die Ebene H1(R2)=0, für den Torus aber H1(T)=Z2 hat.
Allgemein, für eine Fläche F mit g Henkeln, ist H1(F)=Z2g. Also für die Sphäre H1(S)=0, für den Torus H1(T)=Z2, für die Brezel H1(B)=Z4, für die Fläche mit drei Henkeln ist H1(F)=Z6 etc.

Jedenfalls zeigen diese Beispiele, daß die Homologiegruppen ähnlich wie die Fundamentalgruppe (TvF 31) etwas über die topologische Kompliziertheit eines Raumes aussagen. (Die 1. Homologiegruppe hängt übrigens eng mit der Fundamentalgruppe zusammen, sie ist nämlich isomorph zur Abeliansisierung der Fundamentalgruppe.) Aber sie beschreiben nicht nur die topologische Kompliziertheit eines Raumes, sondern man kann sie (bzw. ihre Eigenschaften, die man dann, einmal bewiesen, immer wieder verwenden kann) benutzen, um sehr einfache Beweise zu eigentlich schwierigen topologischen Problemen zu bekommen, wie wir es nächste Woche am Beispiel des Jordanschen Kurvensatzes sehen werden.

Die anderen Homologiegruppen der abgebildeten Flächen sind übrigens leicht zu berechnen: H0(F)=Z (wir hatten ja letzte Woche gesagt, daß für einen Raum mit d Wegzusammenhangskomponenten die nullte Homologie immer Zd ist), H2(F)=Z (einen Zykel, der kein Rand ist, erhält man, indem man die Fläche in Dreiecke zerlegt) und Hi(F)=0 für alle i>2.


Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5, Teil 6, Teil 7 , Teil 8, Teil 9 , Teil 10 ,Teil 11, Teil 12, Teil 13, Teil 14, Teil 15, Teil 16, Teil 17, Teil 18, Teil 19, Teil 20, Teil 21, Teil 22, Teil 23, Teil 24, Teil 25, Teil 26, Teil 27, Teil 28, Teil 29, Teil 30, Teil 31, Teil 32, Teil 33, Teil 34, Teil 35, Teil 36, Teil 37, Teil 38, Teil 39, Teil 40, Teil 41, Teil 42, Teil 43, Teil 44, Teil 45, Teil 46, Teil 47, Teil 48, Teil 49, Teil 50, Teil 51, Teil 52, Teil 53, Teil 54, Teil 55, Teil 56, Teil 57, Teil 58, Teil 59, Teil 60, Teil 61, Teil 62, Teil 63, Teil 64, Teil 65, Teil 66, Teil 67, Teil 68, Teil 69, Teil 70, Teil 71, Teil 72, Teil 73, Teil 74, Teil 75, Teil 76, Teil 77, Teil 78, Teil 79, Teil 80, Teil 81, Teil 82, Teil 83, Teil 84, Teil 85, Teil 86, Teil 87, Teil 88, Teil 89, Teil 90, Teil 91, Teil 92, Teil 93, Teil 94, Teil 95, Teil 96, Teil 97, Teil 98, Teil 99, Teil 100, Teil 101, Teil 102, Teil 103, Teil 104, Teil 105, Teil 106, Teil 107, Teil 108, Teil 109, Teil 110, Teil 111, Teil 112, Teil 113, Teil 114, Teil 115, Teil 116, Teil 117, Teil 118, Teil 119, Teil 120, Teil 121, Teil 122, Teil 123, Teil 124, Teil 125, Teil 126, Teil 127, Teil 128, Teil 129, Teil 130, Teil 131, Teil 132, Teil 133, Teil 134, Teil 135, Teil 136, Teil 137, Teil 138, Teil 139, Teil 140, Teil 141, Teil 142, Teil 143, Teil 144, Teil 145, Teil 146, Teil 147, Teil 148, Teil 149, Teil 150, Teil 151, Teil 152, Teil 153, Teil 154, Teil 155, Teil 156, Teil 157, Teil 158, Teil 159, Teil 160, Teil 161, Teil 162, Teil 163, Teil 164, Teil 165, Teil 166, Teil 167, Teil 168, Teil 169

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Kommentare (4)

  1. #1 Freddy
    3. Juni 2011

    Wieso…. wieso… wieso steht es in den Büchern immer so verdammt kompliziert, wenns auch “einfach” geht?

    Ein Buch im Stil deiner Blog einträge wäre sehr schön finde ich.

    Erinnert mich stark an eines meiner Lieblingsbücher, “Visual Complex Analysis” von Tristan Needham

  2. #2 Daniel
    22. Mai 2015

    Vielen Dank für deine interessanten Artikel über algebraische Topologie! Sie sind nicht nur unterhaltsam, sondern erklären auf einfache Weise schwierige Zusammenhänge.
    Ich persönlich nutze die Artikel zur Vor-/Nachbereitung einer entsprechenden Vorlesung.
    In dem Artikel ist ein Schreibfehler:
    “Wir definieren nun: sei n eine natürliche Zahl, Zn(F) die Gruppe der 1-dimensionalen Zykel in F und Bn(F) die Untergruppe der n-dimensionalen Ränder in F, dann ist die n-te Homologie Hn(F) definiert als Quotientengruppe Hn(F):=Zn(F)/Bn(F).”
    Es sollte wahrscheinlich n-dimensionale Zyklus heißen.
    Nichtsdestotrotz wunderbare Arbeit!

  3. #3 Daniel
    22. Mai 2015

    Pardon!
    Ich meine natürlich “Zykel” nicht “Zyklus”.

  4. #4 Thilo
    22. Mai 2015

    Ja danke, ich habe es jetzt korrigiert.