Heute auf dem ArXiv: “Every knot is a billard knot” von Koseleff und Pecker.

Billards kennt man eigentlich 2-dimensional, auf einem rechteckigen (manchmal auch runden oder ovalen) Tisch.

Wenigstens in der Theorie kann man aber natürlich auch 3-dimensionales Billard spielen, die Kugeln also an den Begrenzungen eines 3-dimensionalen Körpers reflektieren lassen.

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Praktisch wirds natürlich schwierig wegen der Schwerkraft.
(Die Bilder sind von Joseph O’Rourke auf MathOverflow.)

Die Trajektorien oben sind unverknotet. Man kann aber auch verknotete Billard-Trajektorien bekommen:

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Vaughn Jones und Jozef Przytycki hatten 1998 bewiesen, daß in einem Würfel periodische Billiard-Trajektorien immer Lissajous-Knoten sind.

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Lissajous-Knoten

Es gab auch Arbeiten über Billard-Trajektorien in anderen Körpern, zum Beispiel hatten Lamm und Obermeyer untersucht, welche Knoten man als Trajektorien in einem Zylinder bekommen kann.

Jones und Przytycki hatten in ihrer Arbeit vermutet, daß sich jeder Knoten als Trajektorie eines Billards in einem geeigneten konvexen Polyeder realisieren läßt. Der heute auf dem ArXiv erschienene Preprint von Koseleff und Pecker beweist diese Vermutung, und er beweist sogar, daß sich jeder Knoten als Trajektorie eines Billards in einem konvexen geraden Prisma realisieren läßt.
(Ein gerades Prisma entsteht durch Parallelverschiebung eines Vielecks senkrecht zur Grundfläche. Das Bild unten links zeigt ein gerades Prisma, während das Prisma rechts nicht gerade ist.)

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Gerades und schiefes Prisma

Der Beweis benutzt elementare Geometrie, aber auch Kroneckers Approximationssatz.

Literatur:
Jozef H. Przytycki (2004). Symmetric knots and billiard knots Chapter 20 of the book “Ideal Knots”, Vol. 19 in Series on Knots and Everything, Ed. A.Stasiak, V.Katrich, L.Kauffman, World Scientific, 1999, 374-414 arXiv: math/0405151v1
Christoph Lamm, & Daniel Obermeyer (1999). Billiard knots in a cylinder Journal of Knot Theory and Its Ramifications, 8 (3), 353-366 arXiv: math/9811006v1
Pierre-Vincent Koseleff, & Daniel Pecker (2011). Every knot is a billiard knot ArXiv arXiv: 1106.5600v1

Kommentare (3)

  1. #1 Odysseusq
    29. Juni 2011

    Allein Kroneckers Approximationssatz kommt mir schon ziemlich schräg vor. Ich verstehe zwar die Aussage (ist ja fast “elementare” Analysis), kann mir aber nichts darunter vorstellen. Was ist die Motivation, sowas zu beweisen.

    Der Billardknotensatz ist dagegen hübsch anschaulich, den versteht auch ein Halb-Laie.

  2. #2 Thilo
    29. Juni 2011

    Kroneckers Satz ist durchaus anschaulich.
    Der Einfachheit halber für n=m=1: da hat man dann zwei reelle Zahlen a,b und will wissen, ob es Vielfache von a gibt, die “modulo 1” (also wenn man sich nur die Nachkommastellen anschaut) beliebig nahe an b herankommen. Und das geht laut Kronecker dann, wenn entweder a irrational ist, oder wenn a und b rationale Zahlen mit derselben ganzen Zahl im Nenner sind.
    Noch anschaulicher: man denkt sich R/Z als Drehwinkel (also der Einfachheit halber: 1 entspricht der Drehung um 360 Grad) dann ist die Frage, ob man durch wiederholte Drehungen um a beliebig nahe an den Drehwinkel b kommt (und die Antwort ist dieselbe wie oben).

    Die allgemeinere Version (für m=1 und n beliebig) hat dann nur noch mehrere a’s, deren Vielfache gleichzeitig beliebig dicht (modulo 1) an die gebenen b’s herankommen sollen.

  3. #3 Odysseus
    29. Juni 2011

    Ah, danke!