Gottfried Wilhelm Leibniz wird der Satz zugeschrieben, er sei intelligent genug, um auch das dümmste Buch noch mit Nutzen lesen zu können. (So zitierte ihn jedenfalls wiederholt der Wirtschaftswissenschaftler Jürgen Kuczynski. Auch mit Google habe ich außer Kuczynski keine weitere Quelle für dieses Zitat finden können.) Falls Leibniz das wirklich so gesagt hat, dann könnte er es jedenfalls heute noch auf YouTube-Videos ausdehnen, aus denen man, auch wenn sie Unfug sind, durchaus etwas lernen kann. Dies nur vorab als Disclaimer.

Es gibt auf dem Discovery Channel eine Sendereihe Die dunkle Seite der Wissenschaft und in einer der neueren Folgen geht es laut Überschrift – zwischen Lobotomie und Voodoo-Medizin – um “gefährliche Mathematik”, nämlich die Price-Gleichung (zwischen Minute 15 und Minute 29)

Das paßt nun ganz gut zu dem Beitrag, den wir letzte Woche zur Spieltheorie hatten, zum FAZ-Artikel von Ariel Rubinstein, der die Spieltheorie als eine “Ansammlung von Fabeln und Sprichwörtern” bezeichnete, wenn auch in einer mathematischen Sprache geschrieben, die Präzision verlangt, die Ausschaltung irreführender Assoziationen erlaubt und Aussagen einer strengen Prüfung unterzieht.
Die Price-Gleichung, im Film bei Minute 21 als “keine neue Theorie, sondern ein Theorem, eine mathematische Wahrheit” bezeichnet, die “immer, unter allen Umständen” gelte, ist natürlich tatsächlich nur das: eine mathematische Gleichung zwischen bestimmten Variablen (Kovarianz, Erwartungswert). Ob und wie zuverlässig diese Variablen tatsächlich die Evolution einzelner Merkmale beschreiben – das ist eine Frage, die die Spieltheorie nicht beantworten wird.
Der Wikipedia-Artikel zur Price-Gleichung erklärt es im letzten Absatz eigentlich ganz gut:

Man erkennt, dass man auf die Frage „Was wird sich entwickeln?“ schon beim Identifizieren der relevanten Gruppen einen entscheidenden Fehler machen kann. Glaubt man beispielsweise, dass für die Frage nach der Evolution von Altruismus die Nationalität entscheidend ist (man betrachte beispielsweise zwei Österreicher und zwei Schweizer), kann man zu falschen Schlussfolgerungen gelangen, wenn es in Wirklichkeit die Angehörigkeit zu den Mengen „Star-Trek-Fan“ und „Raumschiff-Enterprise-Fan“ ist und jeweils einer der betrachteten Schweizer und Österreicher Star-Trek-Fan und der andere Raumschiff-Enterprise-Fan ist. Wie oben angemerkt, ist für die Zusammenfassung zu Gruppen zur Anwendung der Price-Gleichung die Frage entscheidend, wo Altruismus ausgeübt wird. Und die solcherarts gefundenen Gruppen müssen intern homogener sein, als die Gruppen untereinander, sonst wird Altruismus im Laufe der Generationen verschwinden. Zum einen müssen sich also Altruisten (und möglichst auch die Nicht-Altruisten, sprich Parasiten) zu Gruppen zusammenfinden, zum anderen — elementare Voraussetzung der Evolutionsbiologie — müssen altruistische Neigungen zumindest teilweise genetisch bestimmt sein, damit eine Art altruistischer wird. Trifft die erste Bedingung nicht zu, setzen sich in jeder Gruppe die Parasiten durch.
Nun ist jedoch jedes Individuum, insbesondere jeder Mensch Teil einer Unzahl von Mengen. Man betrachte zur Verifikation dieser Aussage nur die Anzahl Kategorien, die für die Biographie-Artikel bei Wikipedia existieren und von denen eine Vielzahl einer einzelnen Person gleichzeitig zugeordnet werden können. Jede dieser Kategorie kann eine gewisse Relevanz als Gruppe im Sinne der Evolution des Altruismus besitzen, d. h. die Mitglieder der Kategorie zeigen untereinander wechselseitig irgendeine Art altruistischen Verhaltens. Das hier präsentierte Modell stellt folglich eine starke Vereinfachung der Realität dar.

Kommentare (3)

  1. #1 Susanne
    3. April 2013

    Star Trek und Raumschiff-Enterprise sind doch dasselbe Frenchise?!

  2. #2 BreitSide
    4. April 2013

    xxx

  3. #3 Sim
    4. April 2013

    Davon mal abgesehen, find ich es ziemlich abenteuerlich, wie der gute Mann angeblich darauf gekommen sein soll, dass ein Gott existiert indem er einfach mal die Eintrittwahrscheinlichkeit aller möglichen “Zufälligkeiten” die ihm in seinem Leben ins Auge gesprungen sind multipliziert und feststellt, dass dabei eine kleine Zahl rauskommt.