Ein Experiment, das in der neuesten Ausgabe von frontiers in HUMAN NEUROSCIENCE veröffentlicht wird, untersucht die Hirntätigkeit von Mathematikern, wenn sie schöne oder häßliche Formeln sehen:

we used functional magnetic resonance imaging (fMRI) to image the activity in the brains of 15 mathematicians when they viewed mathematical formulae which they had individually rated as beautiful, indifferent or ugly. Results showed that the experience of mathematical beauty correlates parametrically with activity in the same part of the emotional brain, namely field A1 of the medial orbito-frontal cortex (mOFC), as the experience of beauty derived from other sources. Quelle

Die Autoren sind zwei Neurobiologen, ein Physiker und der bekannte Mathematiker Michael Atiyah, der Artikel findet sich hier.

Die These der Autoren ist, dass Schönheit in der Mathematik viel gemeinsam habe mit Schönheit in Kunst oder Musik und deshalb auch ähnliche Hirnaktivitäten auslösen müsse. Das wurde jetzt bestätigt, indem 16 Mathematikern (“3 females, age range = 22–32 years, 1 left-handed”) 60 Formeln gegeben wurden, mit denen sie sich zuhause in Ruhe beschäftigen konnten um dann nach 2 Wochen in einem Hirnscanner noch einmal diese Formeln gezeigt zu bekommen und bei gleichzeitiger Messung der Hirnströme deren Schönheit zu bewerten. Einige Tage später erhielten sie dann noch mal einen Fragebogen, in dem sie ihr Verständnis der Formeln bewerten sollten. (Die Aussagekraft von Hirnscans ist bekanntlich umstritten, das nur nebenbei.)

Bei den Formeln handelte es sich zum Beispiel um die Ungleichung zwischen geometrischem und arithmetischem Mittel \frac{1}{n}\sum_{k=1}^na_k\ge(\Pi_{k=1}^n a_k)^{\frac{1}{n}} , die Ramanujansche Reihe \frac{1}{\pi} = \frac{2 \sqrt{2}}{9801} \cdot \sum_{n=0}^\infty\,\frac{(4n)!}{(n!)^4} \cdot \frac{1103 + 26390\,n}{396^{4n}} oder die Euler_Identität e^{i\pi}+1=0 .

Wie übersetzt man eigentlich “stimuli consisting of equations”? Aus Gleichungen bestehende Reize? Die im Experiment verwendeten Stimuli waren jedenfalls von Cogent produziert worden.

Kommentare (11)

  1. #1 threepoints...
    21. Februar 2014

    Wie hat man denn die “Ästhetik” der Formel skaliert? Also den Schönheitsgrad festgelegt? Vorher, an einer an der Formel liegenden Eigenschaft? Oder nachher, an den Messergebnissen der Probanden erkennbaren Regung der Aktivität im Gehirn?

  2. #2 threepoints...
    21. Februar 2014

    Interessant:

    “1 left-handed”

    Sowas ist möglicherweise in den Ergebnissen von Relevant.

    Aber die Anzahl der Versuchstiere sind leider nicht Aussagefähig…!
    Warum macht man sowas, wenn das Ergebnis keinen brauchbaren Mehrwert zulässt?

  3. #3 Thilo
    21. Februar 2014

    Die Leute haben im Nachhinein selbst angegeben, welche Formeln sie schön fanden. Und das hat man dann mit den im Hirnscan gemessenen Kurven verglichen.

  4. #4 rolak
    22. Februar 2014

    “stimuli consisting of equations”?

    Vielleicht “Durch [das Betrachten von] Gleichungen ausgelöste Reize”? Allerdings würde ich ziemlich zu “reizende Gleichungen” neigen…

  5. #5 MisterX
    22. Februar 2014

    Also ich dachte immer die Schönheit von mathematischen Gleichungen seien nicht ihr aussehen, das man ja durch konventionen festlegen kann, sondern ihre bedeutung. Z.b. einfachheit oder sowas, oder bei den Einsteinchen Feldgleichungen wo Energie und Geometrie in zusammenhang stehen und sowas.

  6. #6 Michael Semson
    24. Februar 2014

    Würde mich über einen kurzen Artikel über Ramanujan freuen. Das sind Identitäten – wie ist der nur darauf gekommen..

  7. #7 Michael Semson
    24. Februar 2014

    Als bescheidener Physiker finde ich ja schon die Euler-Langrange Gleichung schön, oder Navier-Stokes.

  8. #8 Joseph Kuhn
    1. März 2014

    Ich habe den Artikel nur überflogen. Wenn den Mathematikern vorher gesagt wurde, dass es um die Schönheit von Formeln geht, war da nicht zu erwarten, dass Hirnregionen zur Einsortierung schön/häßlich aktiv sind? Genauso, wie wenn man die Formeln durch Hüte, Kugelschreiber oder Käsescheiben ersetzen würde?

  9. #9 rolak
    1. März 2014

    zu erwarten

    Meinst Du in dem Sinne, daß aus Gründen der Effizienz zu erwarten war, daß es eine Art recht lokaler Konzentration der Entsprechung der Atrributierungs-Datenbank {Wahrnehmung,(schön|häßlich)} oder so gibt, Joseph, in der so verschiedene Konzepte von der Schönheit des Brechens der haushohen Welle, die einen gleich vom Strand spülen wird und der Schönheit des heißen Kakaos nach dem eisigen Winterspaziergang letztendlich über einen Kamm geschoren werden?

  10. […] untersuchte, wenn sie schöne oder häßliche Formeln sehen. Ich hatte darüber einen Artikel "Mathematiker im Hirnscan" geschrieben und brauche das deswegen hier nicht zu […]

  11. […] untersuchte, wenn sie schöne oder häßliche Formeln sehen. Ich hatte darüber einen Artikel „Mathematiker im Hirnscan“ geschrieben und brauche das deswegen hier nicht zu […]