Die koreanische Presse berichtet momentan in seitenlangen Reportagen auf den vorderen Zeitungsseiten über das in zwei Wochen beginnende Match Mensch gegen Maschine im Go.

Go, das hier 바둑 (Baduk) heißt, weil japanische Bezeichnungen seit dem Ende der Kolonialzeit verpönt sind, ist das wohl letzte Spiel, wo der Mensch der Maschine bisher noch überlegen war. Google’s neues Programm AlphaGo will das nun ändern, den Europameister schlug es vor einigen Monaten schon mit 5:0.

Jetzt also Sedol Lee. Der Südkoreaner wird nächste Woche 33, ist seit seinem 12. Lebensjahr Go-Profi und gilt seit Mitte der Nuller Jahre als stärkster Go-Spieler der Welt. Und soll in dem vom 9. bis 15. März stattfindenden Match die Ehre der Menschheit retten.

Im Schach haben sich Menschen in Wettkämpfen mit Computern immer schwer getan. Natürlich hätte heute ein Mensch gegen eine Maschine im Schach ohnehin keine Chance mehr. Aber bereits zu Zeiten, als Computer eigentlich noch nicht stark genug dafür waren, gewann Deep Blue 1997 das Match gegen Kasparow. Als Grund dafür gilt Kasparows falsche Psychologie: in der unten abgebildeten Stellung der entscheidenden sechsten Partie, in der wohl jeder menschliche Spieler oberhalb einer gewissen Spielstärke spontan das Opfer auf e6 in Betracht ziehen würde, vertraute Kasparow darauf, dass die entstehenden Stellungen für den Computer schwerer zu spielen sein würden als für einen Menschen. Wahrscheinlich stimmte das auch, verloren hat Kasparow dann aber trotzdem. (Es war übrigens nicht so, dass Kasparow diese Stellung nicht gekannt hätte. Er hatte die selbe Stellung bereits in anderen Partien auf dem Brett gehabt und dort nicht mit dem objektiv fragwürdigen Bh6 fortgesetzt.)

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Und völlig grotesk wurde es dann 2006 im Match des damaligen Weltmeisters Kramnik gegen DeepFritz. Das einzügige Matt würde wohl kein 12-jähriger übersehen, Kramnik zog hier De3 statt Kg8.
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Man darf gespannt sein, ob sich die menschlichen Aussetzer im Go wiederholen.

Das Match findet übrigens im Hotel “Four Seasons” am Gwanghwamun-Platz statt. Der, um hier ein wenig Tourismuswerbung zu machen, ist der zentrale Platz von Seoul (an einem der Ränder schließt der frühere Königspalast Gyeongbukgung an), bildprägend sind die Statuen von König Sejong und Admiral Sunsin Yi.
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Kommentare (17)

  1. #1 Tim
    25. Februar 2016

    Warum ist es eine schlechte Leistung der Menschheit, wenn ein von Menschen geschriebenes Programm eine bestimmte Aufgabe besser erledigt als das Gehirn?

  2. #2 rolak
    25. Februar 2016

    das wohl letzte Spiel

    na na na, Thilo, das gilt doch nur für eine ganz gewisse Klasse von Spielen. Als Gegenbeispiele mal eben ´Plumpsack´ und ´Reise nach Jerusalem´ 😉

    Das zweite Spielproblem: Das zweite Schachspiel muß aus einer mir noch nicht bekannten Parallelwelt sein – hierzuunivers sah die Partie so aus. Der entscheidend nicht gemachte Zug wäre (so ein Zufall) nach e3 gewesen, allerdings nicht von der zu dem Zeitpunkt längst eingetauschten Dame, sondern vom bis dahin noch unbewegten Bäuerlein.

    btw: Bis auf die Blechlawinen ein ziemlich schön anmutender Platz.

  3. #3 rolak
    25. Februar 2016

    Nee, nur das Diagramm wird aus der Parallelwelt stammen – in der zweiten Partie sah die Situation vor dem textlich richtig beschriebenen Anfängerfehler so aus.

  4. #4 Thilo
    25. Februar 2016

    Das Diagramm der Kramnik-Partie ist aus schwarzer Sicht. Man findet die Partie hier: https://www.chessgames.com/perl/chessgame?gid=1440796

  5. #5 rolak
    25. Februar 2016

    aus schwarzer Sicht

    Was doch so eine kleine Drehung (bei mir) die Mustererkennung aussetzen läßt^^ Also nicht Parallel, sondern Rotationswelt.

    Man findet

    Da stammt auch der Schnappschuß her, in-Spiel-Zustände können anscheinend nicht verlinkt werden. Aber nochmal lege ich mich heute nicht fest…

  6. #6 Enzo Onn
    München
    26. Februar 2016

    In diesem Zusammenhang auch interessant:
    2015 wurde die sogenannte Arimaa Challenge geknackt, zum 1.Mal verloren also die menschlichen Champions. Dieses Brettspiel wurde exakt mit dem Hintergedanken erfunden, den Algorithmen durch eine Unzahl an Zugmöglichkeiten eine große Zugtiefe zu erschweren. Details unter:
    http://www.arimaa.com

  7. #7 Anderer Michael
    26. Februar 2016

    Thilo,
    auch auf die Gefahr mich endlos zu blamieren. Welches Opfer auf E6 ist gemeint. Kasparow ist doch schwarz.
    Sie sehen meine Spielstärke ist nicht allzu hoch

  8. #8 Thilo
    26. Februar 2016

    Kasparow hatte als Schwarzer zuletzt h6 gespielt und damit das Springeropfer auf e6 zugelassen, obwohl ihm klargewesen sein musste, dass er danach objektiv schlechter steht. Er wollte offensichtlich eine Position erreichen, die für einen Computer schwer zu spielen ist. Das ist ihm auch gelungen, verloren hat er die Partie aber trotzdem, die schwarze Stellung ist nach dem Springeropfer einfach zu schlecht.

  9. #9 Anderer Michael
    29. Februar 2016

    Pardon, wenn ich nochmals so unbeholfen nachfrage.
    Der weiße Springer, des Computers Deep blue, auf g5 schlägt den schwarzen Bauern e6 Kasparows. Darauf schlägt der schwarze Bauer f7 diesen Springer. Der schwarze Bauer auf e6 ist damit isoliert von seinen anderen schwarzen Bauern. Ist das so richtig ? D.h. die schlechtere Stellung des isolierten schwarzen Bauern im Zentrum war spielentscheidend ?
    Ich hätte gedacht ,Springer gegen Bauer ist kein schlechter Tausch für schwarz. Meine Spielstärke ist wahrscheinlich gar nicht messbar niedrig, ich spiele gelegentlich nur mit meinen Kindern Schach.

    P.S. Zum Go. Sie haben mich neugierig gemacht. Auf der WEB-Seite des Deutschen Go-Bundes steht geschrieben, man könne es in fünf Minuten erlernen.
    Vielleicht probiere ich es und kann die Kinder damit vom Computer weglocken.

    .

  10. #10 Thilo
    29. Februar 2016

    Das Problem nach “Bauer f7 schlägt Springer e6” wäre das Läuferschach auf g6. Schwarz müßte dann den König nach e7 ziehen und da stünde der schwarze König ziemlich gefährdet. Auch wenn Weiß das nicht unmittelbar sofort ausnutzen kann, aber der König steht dort einfach langfristig schlecht, weil er ja kaum eine Möglichkeit hat da wegzukommen.

  11. #11 Thilo
    29. Februar 2016

    Die ganze Partie findet man übrigens in der Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Deep_Blue_versus_Kasparov,_1997,_Game_6

    Witzig auch, dass Kasparows Leute damals behaupteten, der Computer habe menschliche Unterstützer gehabt. Heutzutage erlebt man allenfalls das Gegenteil, also menschliche Spieler, die mit Computerhilfe betrügen.

  12. #12 rolak
    29. Februar 2016

    menschliche Unterstützer

    Ein amüsantes Detail, Thilo, nie gewußt oder sanft vergessen — schönen Dank für die (hier) abendliche Erheiterung!

  13. […] Mittwoch beginnt der Endkampf Mensch gegen Google, Sedol Lee gegen […]

  14. #16 erik||e oder wie auch immer . . . ..
    27. Mai 2017

    @Thilo
    . . . .. der Menschheit letzte Chance . . . ..
    . . . .. die erste Globalisierung auf der Erde war, das die Menschhheit sich von Afrika aufmachte, die ganze Erde zu besiedeln – nicht freiwillig, denn das Klima der Erde hat nachgeholfen (. . . .. eine emotionale Regung der Erde???) . . . ..
    . . . .. dann hat “jemand” den Menschen nicht eine Sprache, nein – viele Sprachen – nun ja . . . .. gegeben??? . . . .. Welcher Logik folgt die Vielfalt der Sprachen einer Menschheit? . . . .. ich sage provokant: Wer hat die programmiert? .. .. .. .. .. ?die Erde als Form eines rationalen Wesens? Welche Algorithmen hat es verwendet, um Affen eine evolutionäre Entwicklung zu geben? Sicherlich nein – aber wie es funktioniert kann ich nicht sagen – – denken kann ich aber – . . . ..
    . . . .. zurück ins Heute: die Herausforderung der Evolution||Globalisierung? – Überleben natürlich . . . .. der Go-Spieler hat nicht gegen den Computer verloren, er hat gegen sich selbst verloren . . . .. eine emotionale Regung, besser zu sein als der Computer hat seine Spielstrategie zerrissen: die Philosophie beim Go ist, einen Stein mehr zu fangen, als der Gegner am Gitterbrett . . . .. er wurde aus dieser Strategie gerissen, als er eine Maschine besiegen wollte . . . ..
    . . . .. ein Mensch kann eine Maschine immer besiegen, nur braucht er Wissen, wie dies zu bewerkstelligen ist . . . ..
    . . . .. “Was tun?” – hat schon Lenin gefragt, um eine Revolution zu Ende zu bringen .. . . . 🙂 . . . .. die Frage von oben zu beantworten: Warum braucht die Menschheit auf der Erde so viele Sprachen? Oder Warum brauchen wir nicht nur Englisch? . . . ..
    . . . .. Wenn die Menschheit untergeht, dann verliert sich nur eine Struktur von Kohlenwasserstoffen, die Kohlenwasserstoffe bleiben . . . .. die Dinos halten uns den Spiegel vor . . . ..

  15. #17 erik||e oder wie auch immer . . . ..
    8. Januar 2018

    . . . .. gegen sich selbst spielen: und gewinnen
    https://www.spektrum.de/magazin/alpha-go-computer-lernen-intuition/1520775