Es gab viele “Warnzeichen” bevor Computer starke Schachspieler und bevor sie starke Gospieler wurden. Computer machten im Schach von 1976 bis 1998 stetigen Fortschritt von rund 100 Elo-Punkte pro Jahr, und sie machten stetigen Fortschritt in den Rankings der Internet-Go-Server. Wir haben bisher keine solche “Warnzeichen” aus der Mathematik bekommen. Wir können Berechnungen, Integration und kombinatorisches Teleskoping automatisieren, aber das führt nicht zu naheliegenden Verallgemeinerungen. Außerdem machen wir in der Mathematik viel mehr als Sätze zu beweisen.

Über den Stand der maschinellen Beweisverifikation hatten wir hier und hier mal geschrieben und zu von Computern aufgestellten mathematischen Vermutungen gibt es diese Webseite von Doron Zeilberger.

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Kommentare (10)

  1. #1 Jan
    29. März 2016

    Selbst wenn es so weit kommen sollte (was meiner semi-fachkompetenten Meinung nach noch ein gutes Stück “den Fluss hinunter” liegt), dann ist dies kein Grund für Angst unter den Mathematikern, sondern fast ausschließlich für Hoffnung. Es wäre ein neues, äußerst mächtiges Werkzeug, eine Art Geschenk an die Zunft. Und es muss immer Leute geben, die mit den Theoremen und deren Beweisen umgehen und sie verstehen können. Eigentlich wäre es wie überall in der Automatisierungsgeschichte: Ein paar der althergebrachten Arbeiten fallen weg, dafür entstehen neue, die unter Umständen viel aufregender und spannender sind.

  2. #2 Gast
    29. März 2016

    Es besteht kein Grund, inPanik zu verfallen.
    Go zu spielen scheint mir für die Menschheit völlig irrelevant, ca. 1% spielen Go davon dann noch mal 1% einigermaßen gut.
    Ob die Fähigkeit eines Computers “besser” zu sein als ein menschlicher Mathematiker ebenfalls von dieser Irrelevanz ist, würde ich hier jetzt nicht zu behaupten wagen. Für mich als (Fast)Mathematiker gibt es Beweise, die ich in endlicher annehmbarer Zeit nicht nachvollziehen kann, weil sie sehr lang sind (>200 Seiten), weil sie ein extremes Spezialwissen voraussetzen (großer Fermat), oder mit Computerhilfe erstellt werden (4-Farbenproblem).
    Nach meiner Erfahrung als (Natur)Wissenschaftler besteht die Kunst darin, die Frage zu stellen, also das Problem zu formulieren. Dann finde ich auch immer einen gut ausgebildeten, hochbegabten Studenten/Absolventen, der mir dieses Problem lösen wird.
    Also zeige mir den Computer, der ein so einfach formuliertes, klar strukturiertes Spiel wie Go erfindet, oder der selber ein mathematisches Theorem formuliert, um es dann zu beweisen.

  3. #3 Dr. Webbaer
    29. März 2016

    Funktioniert Mathematik nicht so, dass auf Grund von Erfahrungen mit der Naturwelt Axiome aufgestellt werden und dann Sätze, die direkt von diesen ableitbar sind bzw. als Vermutung durch Rückführung auf die Axiomatik bewiesen werden (oder auch nicht bewiesen werden, dennoch vielleicht von besonderem Interesse bleiben)?
    Dass die Mathematik insofern eine Lehre über das Lernen ist und insofern “Key and Gate to the Sciences” (Bacon)?

    Wobei Brettspiele Spiele mit vollständiger Information sind und insofern sozusagen aus sich heraus minderkomplex und verschiedenen Formen der Berechnung vglw. gut zugänglich sind?
    Interessant vielleicht der Hinweis auf Poker, das noch vglw. schlecht gespielt wird von den Rechnern.
    Wobei aber auch Poker, wenn es von Rechnern geschlagen wäre, nichts über die Mathematik im hier gemeinten Sinne aussagen würde?

    MFG + weiterhin viel Erfolg,
    Dr. Webbaer

  4. #4 Gast
    29. März 2016

    Als eher Schach- denn Gospieler würde ich sagen, der Sinn von Schach besteht nicht darin gegen einen Computer zu spielen.
    Der Sinn von Fußball bestände nicht darin, gegen Roboter zu spielen.
    Der Sinn von AlphaGO besteht auch nicht darin Go zu spielen, sondern zu demonstrieren, wie man riesige komplexe Informationsmengen bündeln, analysieren und einer Zielfunktion zuführen kann.

  5. #5 schlappohr
    30. März 2016

    Abseits der Möglichkeiten und Gefahren hochintelligenter Computer gibt einen Aspekt, der mich ein wenig nachdenklich macht. Unsere Intelligenz ist das Resultat einer evolutionären Notwendigkeit. Wir haben uns zu dem entwickelt, was wir sind, weil wir so am besten überleben konnten. Mit den Maschinen fällt diese Notwendigkeit weg. Selbst wenn wir die ganzen Schreckensszenarien wie Skynet und Colossus einmal außer acht lassen, frage ich mich, welche Auswirkungen Maschinenintelligenz auf unsere evolutionäre Zukunft hat. Sicher können wir die Maschinen so programmieren, dass sie uns bedingungslos zu Diensten sind (Asimov’sche Robotergesetze), aber würden die Maschinen am Ende nicht einen Haufen degenerierter Schwachköpfe am Leben erhalten? Welchen Sinn hätte das?

  6. #6 Dr. Webbaer
    31. März 2016

    Sicher können wir die Maschinen so programmieren, dass sie uns bedingungslos zu Diensten sind (Asimov’sche Robotergesetze)

    Dies geht wohl nicht, zumindest nicht zuverlässig, zumindest nicht mit der eigentlich benötigten Zuverlässigkeit.
    Es sei denn diese Roboter wären menschen-ähnlich, sehr menschen-ähnlich und anhaltend unterwürfig.

    Nach einigem Überlegen scheint dieser Satz wichtig zu sein: ‘Im Grundsatz also eine klare Sache: es gibt keinen Grund, dass gerade die Mathematik von der maschinellen Dominanz verschont bleiben sollte.’
    Es müsste schon so sein, dass in einem klar begrenzten Bereich der Mathematik, der dann sozusagen als Spiel der Regression unterworfen werden könnte, bei der Topologie vielleicht?!
    >:->,
    Rechner Datenbanken mit Sätzen und Beweisen bereit stellen könnten.

  7. #7 Thilo
    17. Dezember 2017

    Alpha Math ist zwar noch nicht gekommen, dafür aber Alpha Zero, ein Schachprogramm, das mit 24 Stunden Lernen eine Spielstärke von mehr als 3500 Elo erreicht: https://arxiv.org/pdf/1712.01815.pdf

  8. […] AlphaGo ist natürlich das offensichtlichste Beispiel für das Leistungswachstum selbsttrainierender Maschinen. Auf Spiegel Online diskutiert Christian Stöcker den Nutzen, den solche künstlichen Intelligenzen auch bereits in relevanteren Bereichen haben, etwa beim Medikamentendesign. […]

  9. #9 uwe hauptschueler
    21. Mai 2018

    Wenn zwei oder mehr KI, kapitalistische vs. kommunistische KI z.B., zu einem Thema, mit dringenden Handlungsbedarf, unterschiedliche Empfehlungen vorlegen, ist man nicht schlauer als ohne KI.