Spiegel Online hat einen interessanten Artikel über die Hyperinflation in Venezuela. Etwas irritierend finde ich aber die folgenden Zahlen:

Der Internationale Währungsfonds prognostiziert Venezuela im Jahr 2018 eine Inflation von 13.864 Prozent. Venezolanische Ökonomen halten das noch für viel zu optimistisch. “Wir sagen dieses Jahr eine monatliche Preissteigerung von durchschnittlich 107 Prozent voraus, Tendenz steigend”, sagt Jean Paul Leidenz. “Wir werden das Jahr mit einer Inflation von 388.000 Prozent abschließen”, glaubt der Chefökonom der Wirtschaftsberatungsgesellschaft Econalítica.

Eine Preissteigerung von 107 Prozent im Monat ist zweifellos dramatisch, trotzdem würde man auf den ersten Blick mit dieser Steigerung kaum die angegebenen Inflationsraten für möglich halten. Auf den zweiten Blick erinnert man sich dann zunächst an die Geschichte von den Reiskörnern auf dem Schachbrett, deren Anzahl sich mit jedem Feld verdoppelt und schnell in astronomische Höhen wächst:

Die Preissteigerung von 107 Prozent entspricht ja ziemlich genau der Verdopplung aus der indischen Legende, so dass man die Zahlen dann doch für denkbar halten könnte. Wenn man es genau nachrechnet, kommt man dann allerdings auf
(2,07)12=6189,33…
was doch recht weit von den behaupteten 388.000 Prozent abweicht. Nun habe ich dabei noch nicht das exponentielle Wachstum durch „Zinseszinsen“ eingerechnet und außerdem redet der Experte ja von einer steigenden Tendenz der monatlichen Teuerungsrate, andererseits ist diese ja ausdrücklich als durchschnittliche Steigerung für dieses Jahr angegeben und sollte damit das behauptete Ergebnis liefern. Mich lassen diese Zahlen jedenfalls ratlos zurück und ich verstehe nicht, was der Experte dort eigentlich berechnet hat.

Kommentare (11)

  1. #1 Pov Xx
    München
    21. Mai 2018

    Eine Preissteigerung von 107 Prozent im Monat ist zweifellos dramatisch, trotzdem würde man auf den ersten Blick mit dieser Steigerung kaum die angegebenen Inflationsraten für möglich halten.? 🙁

  2. #2 alex
    21. Mai 2018

    Es könnte eine Rolle spielen, was genau man mit der “durchschnittlichen monatlichen Preissteigerung” meint. Also welche Art Durchschnitt man berechnet.

    In deiner Rechnung (2,07)^12=6189,33 gehst du ja davon aus, dass die 107% pro Monat das geometrische Mittel sind. Vielleicht hat der Experte aber das arithmetische Mittel berechnet.

  3. #3 Mark S.
    21. Mai 2018

    Stehe ich gerade auf dem Schlauch: 388.000% sind doch ein Faktor von 3888 und Du kommst auf einen Faktor von 6189. Faktor 2 Abweichung ist natürlich schon krass aber bei der Variabilität der zugrundeliegenden Infaltionsraten dann auch nicht die Welt.
    Was meinst Du mit Zinseszins Effekt? Den hast Du doch genau ausgerechnet mit 2.07^12, oder?

  4. #4 Hobbes
    21. Mai 2018

    Also das mit dem Zinseszins verstehe ich nicht?
    Die zwölfte Wurzel von 3880 ist jedenfalls 1,99
    Also eine Monatsinflation von 99%.
    Einen Zusammenhang 388.000 und 2,07 finde ich aber beim besten Willen nicht.

  5. #5 Karl Mistelberger
    21. Mai 2018

    Egal ob es eine Zehnerpotenz mehr oder weniger ist, die Lage in Venezuela ist bescheiden:

    “Die wahren Plünderer herrschen. In fast allen Ländern hätte das Volk die Verantwortlichen für so eine Misere wohl gestürzt. Doch in Venezuela dürfte Maduro heute wiedergewählt werden, denn die, die das Land zwei Jahrzehnte ausplünderten, haben noch die Zügel in der Hand. Die Regierung kontrolliert Justiz, Wahlbehörde und die meisten Medien. Sie hat das frei gewählte Parlament entmachtet und durch eine Einparteien-Versammlung ersetzt, die eine neue Verfassung schaffen soll, die – so informierte jüngst Kolumbiens Präsident Santos – dem Modell Kubas nachempfunden sei. In Havannas imposantem Kapitol tritt der Kongress einmal im Jahr zum Abnicken zusammen.”

    https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5432568/Maduro-und-die-wahre-Macht-im-Staat

  6. #6 Joseph Kuhn
    21. Mai 2018

    Wenn man den Januar als Basis nimmt, dürfte man nur 11 mal verdoppeln.

    Aber wie Karl Mistelberger schon anmerkte: Was für ein Zustand in einem Land, das reich sein könnte.

  7. #7 user unknown
    https://demystifikation.wordpress.com/2018/05/19/implicit-exceptions/
    21. Mai 2018

    Sportlich gerundet entspricht eine Verdopplung pro Monat 12 Verdopplungen im Jahr (nicht 11) und das macht einen Faktor von 4096 (in dem Zinsenszinseffekte natürlich drin sind – sonst wär es ja 12*2=24).

    4000 in Prozent sind 400.000 % oder rund 388.000.

    Genauer betrachte müsste es zwar mehr sein, nicht weniger, aber wer weiß mit welcher Art Monat hier gerechnet wurde. Außerdem scheint mir eine 107%-Prognose pseudogenau.

  8. #8 Christian Berger
    24. Mai 2018

    Spannend wird es jetzt was in Venezoela passiert. Deren Haupteinnahmequelle ist ja Erdöl, und die Ölpreise sind ja dank Trump gestiegen.

  9. #9 Thilo
    25. Mai 2018

    Es gibt ja die These, dass Länder die von Bodenschätzen leben, sich mehr oder weniger zwangsläufig in Richtung Autokratie bewegen wie Saudi-Arabien oder aktuell Rußland. (Ein Gegenbeispiel wäre Norwegen.)

  10. #10 Wurgl
    Mönchengladbach
    25. Mai 2018

    Die Monate Jan-Apr. hatten im Schnitt (dank Februar) nur 30 Tage, wenn man den Monat also mit 30 Tagen ansetzt und dann auf 365 Tage hochrechnet, so kommt ein signifikant andere Zahl, nämlich 6987,24 (vs. 6189,33) raus.

    PS: (gerundet) 2,45% Inflation an einem Tag ist nicht schlecht. Alleine das tägliche Neuausstellen der Preisschilder an der Waren sichert so manchen Job.

  11. #11 rolak
    25. Mai 2018

    JobEröffner

    Sesam schließe dich!