Korrektur (13. 6.): Beim Schreiben dieses Artikels war ich auf eine “Fake News” hereingefallen. In der Meldung Neues Komitee für Abelpreis berufen hatte die DMV berichtet, dass ein neues Komitee gewählt worden sei, welches das bisherige ablöse und die Kandidaten für den Abelpreis auswählt. Das ist aber nicht zutreffend, bei dem neu gewählten Gremium handelt es sich nicht um das Komitee, sondern das Board, eine Art Aufsichtsrat. Der folgende Artikel ist damit hinfällig.

Der Abelpreis ist mit über einer Million Dollar der höchstdotierte Mathematikpreis, er wird jährlich von der norwegischen Akademie der Wissenschaften für das Lebenswerk eines bedeutenden Mathematikers vergeben. (Wir berichten hier jedes Jahr über die Preisvergabe, zuletzt im März.)

Über die Preisvergabe entscheidet ein fünfköpfiges Komitee, das bisher aus einem norwegischen Chairman und vier “ausländischen” Mitgliedern bestand. Das soll sich nun ändern: im Ergebnis der jetzt bekanntgegebenen Neuwahl besteht das Gremium jetzt nur noch aus Einheimischen.

Nun sollte man natürlich vorsichtig sein mit Ferndiagnosen über Entscheidungen, deren Hintergrund ich nicht kenne. Aber hier drängt sich doch der Eindruck auf, dass dies (nach bspw. Trumps Einreiseverbot oder der Budapester CEU-Schließung) ein weiterer Schritt gegen die Internationalisierung der Wissenschaft ist.

Dieser Eindruck verstärkt sich noch, wenn man die personelle Zusammensetzung des neuen Gremiums betrachtet: die Verzahnung im öffentlichen Leben Norwegens scheint dort eine größere Rolle gespielt zu haben als die Fachkompetenz. Unter den Neumitgliedern ist zum Beispiel eine Beraterin des norwegischen Finanzministeriums (Mitglied der Thøgersen-Kommission, die die Entnahmen aus dem Ölfonds steuerlich neu bewerten sollte) oder der Direktor des Meereskundeinstuts. Einziger Vertreter der “reinen Mathematik” ist ein Algebraiker, dessen Namen ich noch nie gehört habe – was an mir liegen mag, aber doch nicht für seine Prominenz spricht.

Wichtiger Sponsor des Abelpreises und der mathematischen Aktivitäten der norwegischen Akademie ist übrigens die Petroleum Geo-Services ASA (PGS).
Etwas irritierend wirkt dann auch das Statement des neuen Abelpreiskommittee-Vorsitzenden, den Abelpreis nun “auch für Kinder und Jugendliche” popularisieren zu wollen, was zufällig auch die Stiftung der PGS stets als ihr wichtigstes Ziel herausstellt. Was das bei einem etablierten Forschungspreis konkret bedeuten soll bleibt abzuwarten.

Kommentare (6)

  1. #1 rank zero
    13. Juni 2018

    So, wie der Beitrag da steht, ist keine Quelle ersichtlich – könnte die evtl. verlinkt werden, um einen Eindruck vor einem Kommentar zu bekommen? Auf https://www.abelprize.no habe ich dazu noch nichts gefunden.

  2. #2 Thilo
    13. Juni 2018

    https://www.abelprisen.no/nyheter/vis.html?tid=73247 Auch die Info gibt es jetzt nur noch auf Norwegisch 🙂

  3. #3 Michael
    13. Juni 2018

    ” … aber doch nicht für seine Prominenz spricht. ”

    Ganz meiner Meinung. In das Komitee gehört Prominenz: Dieter Bohlen & Lothar Matthäus.

  4. #4 rank zero
    13. Juni 2018

    Vielen Dank, also soweit ich sehe, wie schon gedacht: Es geht nicht um das Preiskomitee (sic – nicht Kommittee analog zum Englischen), das (außer dem Chair) für 2 Jahre amtiert, sondern um das Board, das auch bisher rein norwegisch besetzt war (davon Mathematiker: Ranestad und Munthe-Kaas). Sonst hätte man auch die Satzung ändern müssen:

    The Norwegian Academy of Science and Letters appoints a prize committee (the Abel Committee). This committee shall be composed of five prominent researchers in the field of mathematics.

    The committee shall have at least three foreign members. The Abel Committee’s chair is appointed for a term of four years, whereas the other members are appointed for a term of two years and may be reappointed one time. If a member must withdraw before his/her term has expired, a new member will be appointed for the remainder of that term.

    Neben Buan – dessen Zusammenarbeit mit z.B. Iyama oder Reiten (ok, letztere seine PhD-Betreuerin) aus meiner Sicht schon ein guter Ausweis ist – kann man sicher auch Ronquist als Vertreter mathematischer Anwendungen mitzählen. In jedem Fall gut, dass sich Forscher gefunden haben, diesen Verwaltungsjob neben den übrigen Verpflichtungen zu machen. Schon reisetechnisch ist es sicher sinnvoll, dass bei den Boardmeetings (deren Ablauf und Häufigkeit ja oft die Landesgesetze vorschreiben) die Wege nicht so weit sind.

  5. #5 Thilo
    13. Juni 2018

    Okay, dann habe ich mich von der DMV-Meldung https://www.mathematik.de/Forschung/2357-neues-kommittee-f%C3%BCr-abelpreis-berufen in die Irre fuehren lassen. Dort war ausdruecklich vom Preiskommittee die Rede gewesen und auch auf die “noch nicht aktualisierte” Seite des Preiskommittees verwiesen worden. Ich werde den Artikel entsprechend anpassen.

  6. #6 Joseph Kuhn
    14. Juni 2018

    Nicht in die Irre führt dagegen die Nachricht, dass nächstes Jahr der Aberpreis an die Autoren der “Vermutung multipler Primzahlnachbarn” geht. Board und Komitee (ein m, ein t, zwei ee) werden hier noch gesucht 😉