Dies ist eine Geschichte über Diebe. Sie stehlen zusammen ein Halsband. So beginnt Noga Alon im neuen Numberphile-Video.

Das Halsband hat Rubine und Diamanten und diese sollen mit nur zwei Schnitten gerecht aufgeteilt werden. Dass das möglich ist folgt aus einem Stetigkeitsargument, das Alon als eine diskrete Version des Zwischenwertsatzes bezeichnet.

Über ein ähnliches Stetigkeitsargument hatte ich hier mal in TvF XII geschrieben, nämlich über den Beweis, dass jede geschlossene Kurve durch ein Quadrat umschrieben werden kann.

Der Beweis (nach dem Buch von Boltjanski-Efremowitsch) geht wie folgt:
Zu jedem Winkel α findet man ein Rechteck, dessen erste Seite Neigungswinkel α hat und das die Kurve umschreibt. (Man nehme einfach ein sehr grosses Rechteck mit Neigungswinkel α, das gross genug ist um die Kurve im Inneren zu enthalten. Dann verschiebe man die Seiten durch Parallelverschiebung, bis sie die Kurve gerade berühren.) Sei A die Länge der ersten Seite, B die Länge der zweiten Seite. Falls A-B=0 ist, haben wir ein Quadrat. A und B hängen stetig vom Winkel α ab. (Das muss man strenggenommen eigentlich noch beweisen.) Nun erhalten wir für α=90o dasselbe Rechteck wie für α=0o, wobei aber die Rolle von A und B vertauscht ist. Wenn also für α=0o A>B ist, dann ist für α=90o B>A (und umgekehrt). A-B ist also bei α=0o positiv und bei α=90o negativ, oder umgekehrt. Also muss A-B zwischendurch einmal den Wert 0 annehmen, wir bekommen also ein Quadrat.

Das ist „im Prinzip“ dasselbe Argument wie bei der Zerlegung des Halsbands. Im Video geht es dann natürlich noch um anspruchsvollere Probleme, wie sie im (englischen) Wikipedia-Artikel Necklace splitting problem beschrieben werden.

Kommentare (1)

  1. #1 Frank Wappler
    20. Juni 2019

    Thilo schrieb (19. Juni 2019):
    > […] über den Beweis, dass jede geschlossene Kurve durch ein Quadrat umschrieben werden kann. […]

    > Der Beweis (nach dem Buch von Boltjanski-Efremowitsch) geht wie folgt:
    > Zu jedem Winkel α findet man ein Rechteck, dessen erste Seite Neigungswinkel α hat und das die Kurve umschreibt. (Man nehme einfach ein sehr grosses Rechteck mit Neigungswinkel α, das gross genug ist um die Kurve im Inneren zu enthalten. Dann verschiebe man die Seiten durch Parallelverschiebung, bis sie die Kurve gerade berühren.) […]

    Sofern eine Rechteckseite (also ein Geradenabschnitt) auch bestimmte offene Kurven “gerade berühren” kann (ggf. auch ohne einen Punkt gemeinsam zu haben) —
    lässt sich auch beweisen, dass jede offene Kurve durch ein Quadrat umschrieben werden kann (in dem Sinne, dass alle vier Seiten des Quadrats, einschl. ihrer beiden Enden/Ecken, jeweils mindestens einen Punkt der Kurve “gerade berühren“, ggf. auch ohne einen Punkt gemeinsam zu haben)
    ?

    p.s.
    Die Halsketten (bzw. Armbändchen), deren Aufteilung Noga Alon untersuchte, sollten ja sogar ganz ausdrücklich offen sein …