Elliptische Kurven sind Kurven vom Geschlecht 1. Für Kurven vom Geschlecht größer 1 hatte Mordell in seiner Arbeit eine noch stärkere Vermutung aufgestellt: sie sollten nur endlich viele rationale Punkte haben. Das war eine mutige Behauptung, denn es gab nur wenige Beispiele, deren rationale Punkte man bestimmen konnte. Es gab die Kurven (im projektiven Raum) xn+yn+zn=0, wo man für eine Reihe der Werte von n bewiesen hatte, dass es keine rationalen Punkte gab. Es gab auch beispielsweise die von Felix Klein untersuchte Kurve x3y+y3z+z3x=0. (Sie ist unter den Kurven vom Geschlecht 3 die mit maximaler Symmetriegruppe, nämlich PSL(2,Z/7Z) mit 168 Elementen.) Hurwitz hatte für diese Kurve bewiesen, dass sie keine rationalen Punkte hat: er hatte eine Abbildung von der Kurve x7+y7+z7=0 auf diese Kurve konstruiert und bewiesen, dass sie auf rationalen Punkten surjektiv ist. Von dieser Fermat-Kurve wußte man aber bereits, dass sie keine rationalen Punkte hat.

André Weil, damals Student an der École Normale, stieß während eines längeren Rom-Aufenthalts zufällig auf Mordells Arbeit und es gelang ihm, sie auf höherdimensionale abelsche Varietäten (algebraische Varietäten mit einer kommutativen Gruppenstruktur) zu verallgemeinern. Er zeigte in seiner Dissertation, dass die Gruppe A(Q) der rationalen Punkte einer abelschen Varietät A endlich erzeugt ist, veröffentlicht 1929 als L’arithmétique sur les courbes algébriques in Acta Mathematica. Dieses Resultat wurde dann als Satz von Mordell-Weil bekannt. Der Ansatz ist auch hier, zunächst die Endlichkeit von A(Q)/2A(Q) zu beweisen (das folgt letztendlich aus einem Satz von Hermite, demzufolge es nur endlich viele Zahlkörper mit gegebenem Grad und Diskriminante gibt) und dann mit einem Höhen benutzenden Abstiegsargument die endliche Erzeugtheit zu folgern.

Abelsche Varietäten kamen in den Arbeiten der italienischen Schule vor, ein wichtiges Beispiel waren die Jacobi-Varietäten Riemannscher Flächen. Für eine Fläche X vom Geschlecht g betrachtet man g linear unabhängige, holomorphe Differentialformen ω1,…,ωg. Deren Perioden spannen ein Gitter Λ in Cg auf. Der Quotient Cg/Λ wird als Jacobi-Varietät Jac(X) bezeichnet. Wählt man einen festen Basispunkt x0, kann man jedem anderen Punkt x das g-Tupel (\int_{x_0}^x \omega_1,\ldots,\int_{x_0}^x \omega_g) zuordnen, das natürlich nur modulo Λ wohldefiniert ist. Man bekommt so eine Einbettung X—->Jac(X).
Wählt man geeignete Differentialformen (und für x0 einen rationalen Punkt), dann werden rationale Punkte von X auf rationale Punkte in Jac(X) abgebildet. Mit Weils Resultat weiß man, dass die rationalen Punkte von Jac(X) eine endlich erzeugte Gruppe bilden. Weil hatte gehofft, dass nur endlich viele Punkte dieser endlich erzeugten Varietät im Bild von X liegen sollten - daraus würde die Mordell-Vermutung für die komplexe Kurve X folgen. Diese Vermutung blieb aber noch mehr als ein halbes Jahrhundert offen.

Wenn man sich nicht für rationale, sondern speziell für ganzzahlige Punkte auf einer Kurve existiert, kommen auch Approximationssätze ins Spiel.
Zum Beispiel kann man x^2-2y^2=1 umformen in (\frac{x}{y}-\sqrt{2}) (\frac{x}{y}+\sqrt{2})=\frac{1}{y^2}, woraus \vert\frac{x}{y}-\sqrt{2}\vert\le\frac{1}{y^2} folgt. Man bekommt also ganzzahlige Lösungen der ursprünglichen Gleichung durch rationale Approximationen der Quadratwurzel aus 2, wovon es auch mit der Bedingung \vert\frac{x}{y}-\sqrt{2}\vert\le\frac{1}{y^2} noch unendlich viele gibt.
Dagegen bekommt man für die Lösungen von x^3-2y^3=1 dass \frac{x}{y} die Kubikwurzel aus 2 bis auf \frac{c}{y^3} approximiert und mit dieser Bedingung gibt es nur endlich viele Approximationen.
Dieses Beispiel, dass sich leicht verallgemeinern läßt, macht plausibel, dass es ab Grad 3 (also ab Geschlecht 1) nur endlich viele ganzzahlige Punkte auf einer Kurve gibt, während Kegelschnitte (Geschlecht 0) ja durchaus unendlich viele ganzzahlige Punkte haben können.

Ein Jahr nach Weils Dissertation gelang Siegel ein spektakulärer Satz: für eine über einem Zahlkörper k definierte Kurve X vom Geschlecht mindestens 1 gibt es nur endlich viele ganzzahlige Punkte. Der Beweis benutzte neben der von Siegel in seiner Dissertation bewiesenen Nicht-Approximierbarkeit algebraischer Zahlen durch rationale Zahlen auch den von Weil bewiesenen Satz über abelsche Varietäten, den Siegel auf die Gruppe der über k rationalen Punkte von der Picard-Varietät Pic(X) - der Varietät der Grad 0-Divisoren auf der Kurve X - anwandte.

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Kommentare (2)

  1. #1 Beobachter
    5. Juni 2020

    Nur nebenbei:

    Vom Fachlichen dieses Beitrags verstehe ich leider nichts, mir ist nur das Bild (mit dem sympathischen Eindruck) und der Name des Mathematikers André Weil aufgefallen.

    Deshalb habe ich mal nachgesehen, ob er vielleicht auch mit der Philosophin Simone Weil etwas zu tun hat und wo/wie er die Nazi-Zeit überlebt hat.
    Simone Weil ist seine Schwester, und als Jude musste er in die USA fliehen – wie so viele.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Andr%C3%A9_Weil

    https://de.wikipedia.org/wiki/Simone_Weil

  2. […] von Peter-Weyl Das Artinsche Reziprozitätsgesetz Der Spektralsatz für unbeschränkte Operatoren Der Satz von Mordell-Weil Existenz unendlich vieler Geodätischer Der Ergodensatz Der Satz von Brauer-Hasse-Noether Das […]