Es ist zwar nur ein Einzelfall – aber der ist so spektakulär, dass sogar das altehrwürdige New England Journal of Medicine ihn für veröffentlichungswürdig erklärt hat.


Als Warnung muss man natürlich – wie bei allen vermeintlichen Krebsheilungen vorwegschicken – Achtung: Es handelt sich um Forschungsergebnisse und keine fertige Therapie und ja, der Patient ist zwar zwei Jahre nach der Therapie immer noch krebsfrei – aber dadurch ist nicht gewährleistet, dass der Krebs nicht doch irgendwann zurückkehrt.

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Doch jetzt endlich zum Fall:
Ein 52-jähriger Mann mit Hautkrebs kam in die Klinik. Sein Hautkrebs war bösartig (Stadium IV). Tochtergeschwulste des Ursprungstumors hatten sich bereits in Lymphknoten und Lunge ausgebreitet. Normalerweise gibt es für solche Patienten keine Hoffnung mehr.

Auf die Frage: “Wie lange noch?” erhalten sie eine einstellige Monatsanzahl zur Antwort.
Doch diesmal lief es anders.
Der Mann hatte zugestimmt an einer neuartigen Studie mitzuwirken, bei der die Ärzte des Fred Hutchinson Cancer Research Centers in Seattle einen neuen Therapieansatz gegen Krebs wagen wollten.
Er war die Nummer Vier dieser Studie.
Die Theorie dürfte ihn überzeugt haben. Die Ärzte wollten ausprobieren, ob mithilfe des Labors körpereigene Zellen den Krebs besiegen könnten.

Vielleicht hatte Nummer Vier auch einfach nur Glück, weil sein Krebs so gut in das Profil der Studienteilnehmer passte.
Fast alle seine Krebszellen hatten ein bestimmtes Oberflächenprotein (NY-ESO-1) ausgebildet, das zumindest im Tierversuch zuverlässig erkannt werden konnte.

Die Ärzte spekulierten also, dass es möglich sein sollte, aus dem Blut der Patienten T-Zellen zu isolieren, die das Antigen identifizieren könnten.

Diese wollten sie außerhalb des Körpers – also im Labor in einer Nährflüssigkeit – massenhaft vermehren und anschließend in den Körper des Patienten zurück transfusieren.

Aber ganz so leicht schien das Vorhaben nicht zu sein. Bei Patient Eins, Zwei und Drei hatten sie mit ihrer Methode keinen Erfolg – keiner von ihnen hatte seinen Krebs besiegen können.

Dann also Patient Vier. Um bei ihm eine Wirkung zu erzielen, steigerten die Ärzte die Menge der zu transfusierenden Zellen auf die fast schon unglaubliche Menge von fünf Milliarden Zellen.
Direkt im Anschluss an die Übertragung erhöhte sich die Körpertemperatur des Patienten drei Tage lang auf 38,5 Grad Celsius und er klagte über Muskelschmerzen.

Dannach erholte er sich. Tatsächlich ging es ihm sogar von Tag zu Tag besser. Zwei Monate nach der Infusion zeigte dann eine Ganzkörperuntersuchung im Computertomografen sowie eine Postitronenemissionstomografie, dass sämtliche Krebszellen in seinem Körper verschwunden waren.

Die Theorie schien sich also bewahrheitet zu haben: Die klonierten T-Zellen hatten die Tumorzellen vollständig markiert und dadurch massenhaft zusätzliche Bestandteile im Immunsystem aktiviert, die die krankhaften Krebszellen vollständig vernichten konnten.

Ein klassischer Fall also von einer Theorie, die durch ein Experiment bestätigt wurde.

Haben die Ärzte also eine Methode gefunden, mit der sie Krebs heilen können?

Ganz so weit möchte Studienleiter Cassian Yee nicht gehen.

Er ist zwar von den Möglichkeiten der neuen Methode fasziniert und geht auch davon aus, dass dieser Weg die Therapie der Zukunft sein könnte.

Doch Yee kennt auch die weiteren Ergebnisse der Studie.
Nach Nummer Vier erhielten fünf weitere Patienten klonierte T-Zellen in etwa derselben Anzahl wie Patient Nummer Vier.

Bei drei Patienten schlug die Behandlung überhaupt nicht an und bei den zwei anderen zeigte sich zwar eine leichte Besserung, aber nicht ansatzweise eine vergleichbare Heilung wie bei Patient Nummer vier.

Weshalb also konnte nur Patient Nummer Vier so dramatisch von der Therapie profitieren? Darüber spekulieren die behandelnden Ärzte noch immer.
.
Weitere Antworten und notwendige Sicherheiten werden noch viel Forschungsarbeit erfordern.

Derzeit können wir nur die Sensation über Patient Nummer Vier berichten, der seinen Krebs besiegen konnte, mit körpereigenen Zellen – und ohne jede Chemo!

Und wir können hoffen, dass daraus eine ernsthafte Therapiemethode entsteht – bei der nicht mehr zuerst der Körper des Patienten geschwächt wird und dann ein künstlicher Wettlauf zwischen Chemo und Krebs gestartet wird.
Sondern eine Therapie bei der zuerst der Körper des Patienten gestärkt wird, damit er anschließend mit voller Kraft gegen den Krebs kämpfen kann.

Kommentare (1)

  1. #1 Dieter Reiber
    Januar 5, 2010

    Seltene chronische Krankheiten – und schwer diagnostizierbare und unbefriedigend therapierte Krankheiten kosten die Kassen ca. 50 Milliarden im Jahr.
    Die Welt und EUROPA sucht Arzneimittel für: „seltene chronische Krankheiten – Stiefkind der Medizin“:
    Die ca. 6000 verschiedenen seltenen Krankheiten verursachen derzeit noch eine Odyssee von mehreren (bis zu 5,10,15,20) Jahren. Wenn Ärzte bei täglichen Krankheiten (mangels Technik, die Individualität zu erfassen) nicht weiter kommen, dann wird schnell die Psyche (das verkehrte Denken oder Hypochondrie – selbst Schuld) als Ursache ausgemacht.
    Damit beginnt meist ein Spießrutenlaufen durch mehrere Experten-Konsultationen bis in Spezialkliniken: Verschlimmerung durch Fehltherapien (Risiken, Ne-Wi, Folgen) mit Arbeits-Ausfallzeiten usw.., bis zur Frühinvalidität.
    Europa nimmt sich an und meint, dass Medikamente für solche Krankheiten entwickelt werden müssten; die Großpharma interessiert sich erst, wenn es einen Auftraggeber dafür gibt; das soll EUROPA doch der Pharma bezahlen!?

    Nein! Wir haben zigtausend Diagnosen und noch mehr Medikamente; aber nur ca. 2.500 Wirkstoffe in unterschiedlicher Konzentration und Kombination. Das Problem ist, dass die klinische Diagnose vorhandene Technik nicht nutzt, die (Genschalter-)Individualität bei Diagnose und Therapie zu berücksichtigen.
    Es gibt jedoch Diagnose-Kompetenz (in sogenannten Zentren), die dank Medizin-Navigation-Geräte/Experten dieses prekäre Defizit, die sog. Odyssee auf eine Woche verkürzen kann. Krankenkassen verwalten 165 Milliarden € für die Beitragszahler uneffektiv – das muss gesagt werden.
    Wenn es um Diagnosetechnik und Therapie mit individuellem Bezug (die seit ca. 50 Jahren zur Verfügung steht) geht, dann nutzt man den in-vitro-Biotest nach EU-in-vitro-Geräte-Verordnung (1998), Sozial-Agenda-konform. Man nennt dies “Technik für Diagnose-Navigation” und diese vermeidet Doppelblindheit.

    Dieter Reiber, IbF-Institut. EUROPA- Technik- und Technikfolgenforschung für Funktionelle Differentialdiagnose und seltene chronische bzw. nicht ursächlich erfasste und unbefriedigend theapierte Patienten.