Frage: „Wie ist der Kosten-Nutzen-Faktor der Raumfahrt? was kommt nach der ISS?“
Darauf antwortet Gerst: 10 € pro Jahr und EU-Bürger, davon 1 € pro EU-Bürger für die bemannte Raumfahrt. Das ist keine sehr hohe Ausgabe.
Die Kosten-Nutzen-Kalkulation von Raumfahrt und bemannter Raumfahrt?
Wir haben Satelliten für die Verkehrsüberwachung von Schiffen, Wettersatelliten, TV- und Kommunikationssatelliten, und viele andere. Dazu kommen jetzt schon viele Erkenntnisse für die Medizin und Materialforschung, die nur in der Schwerelosigkeit möglich waren. Die Forschung an Bord der ISS hat jetzt schon verwertbare Resultate für Krebs- und Osteoporose-Behandlung und – Medikamente gebracht.
Und noch viel, viel mehr.
Also, ich denke, die Investition in die Raumfahrt hat sich für uns schon um ein Vielfaches bezahlt gemacht.
Und Europäer sollten unbedingt bei der Raumfahrt und beim Betrieb einer Weltraumstation am Ball bleiben, denn im Moment haben wir technisch die Nase vorn.
Die NASA hat uns gefragt, ob wir bei einer neuen, künftigen Raumstation dabei sind. Das ist ein großer Vertrauensbeweis, der uns international viel Ansehen bringt. Das sollte man sich gut überlegen, wenn wir auch weiterhin in der Technik und Forschung die Nase vorn haben wollen.

Frage: „Wie sind Sie als Geophysiker dazu gekommen, sich von der Erde abzuwenden und in den Weltraum zu gehen?“
Sinngemäß erzählt er, dass Geophysik schon ein tolles Abenteuer war. Und dann hat er noch nach neuen Herausforderungen gesucht und dass er jetzt als Astronaut noch größere Abenteuer erleben kann. Und dann kommt noch mal seine Begeisterung für seine Arbeit durch.
(Persönliche Anmerkung von mir: Eine ganze Menge Leute meinen, dass Wissenschaft und Forschung die letzten großen Abenteuer unserer Zeit sind. Wissenschaftler arbeiten für ihre Ergebnisse oft sehr hart und äußerst diszipliniert. Aber die Entdeckung neuer Forschungsergebnisse beflügelt sie, so dass sie es trotz umfangreicher und harter Arbeit als Privileg empfinden, ihrer Tätigkeit nachzugehen und das auch begeistert erzählen. Insbesondere, wenn sie dabei echtes Neuland betreten, ob körperlich oder im metaphorischen Sinn.)

Frage: „Sie waren der erste ESA-Astronaut, der viel Social Media eingesetzt hat. Wie haben Sie das neben Ihrer Arbeit geschafft? Und wie sind Sie auf die Idee gekommen?“
Eigentlich wollte ich auf der ISS einen Blog schreiben. Aber da braucht man schon 1- 1,5 Stunden am Tag, das war völlig unmöglich. Dann habe ich gedacht, mit Twitter könnte es klappen. Ein Photo und ein bisschen Text dazu, das war zu schaffen. Und es hat uns total überwältigt, dass diese Tweets dann so erfolgreich waren! Das habe ich natürlich in meiner Freizeit gemacht, und ich hatte noch Unterstützung von der ESA-PR dazu.

Frage: Welche Vorbereitung auf der Erde hat Ihnen bei Ihrem Aufenthalt im All am meisten geholfen?
„Das Training im Wassertank! Da hat sich jede Minute ausgezahlt! Die Arbeit im Raumanzug ist so anstrengend, jede Bewegung kostet viel Kraft, man arbeitet ständig gegen einen Widerstand. Ein Spaziergang ist das jedenfalls ganz und gar nicht, danach ist man echt erschöpft.“

Empfehlung: Der Astronaut und Geophysiker Alexander Gerst ist ein begeisterter Astronaut und Wissenschaftler, der Publikum jeden Alters begeistert. Es lohnt sich sehr, ihn im Vortrag zu hören. Während des Vortrags spricht er immer wieder Jugendliche und Kinder an und motiviert sie, Astronaut zu werden.

PS: Ich habe diesen Text, der Teile seines Vortrags wiedergibt, aus Notizen und Gedächtnis geschrieben, es ist keine wörtliche Mitschrift des Vortrags von Alexander Gerst. Ich habe sicherlich an vielen Stellen eigene Formulierungen verwendet. Aber der Inhalt seiner Worte und der Tenor sind originalgetreu wiedergegeben.
PS 2: Besonders interessant fand ich, dass auch “Astro-Alex” die zerbrechliche dünne Atmosphäre der Erde als Mahnmal für den Umweltschutz benannte. Dieses Sinnbild hatte schon Ulf Merbold 1994 auf der Mir formuliert.

Zum Weiterlesen mit Bildstrecke geht es auf Oliver Debus`Blog “Astronomieschule”:
https://blog.astronomieschule.de/2015/04/26/esa-astronaut-alexander-gerst-berichtete-ueber-blue-dot/

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Kommentare (2)

  1. #1 wiener
    28. April 2015

    Interessant. Aber das die ISS die komplizierteste und groesste Maschine der Welt sein soll – wenn das mal nicht die Jungs vom LHC hoeren!!

  2. #2 Bettina Wurche
    28. April 2015

    @ Wiener: Ich denke auch, dass es ähnlich komplexe Maschinen gibt. Nicht so sicher bin ich mir, ob jemals eine so komplexe Maschine mit einer solch komplexen Logistik verknüpft worden ist. Schließlich konnte man hier nicht einfach etwas Vergessenes später besorgen, oder in der nächsten Saison (wie bei Antarktis- oder Arktisstaionen). Gleichzeitig waren die Bedingungen in der Schwerelosigkeit eine solche Station zu installieren, sicherlich noch einmal extrem große Herausforderung.
    Aber ich würde keinen Contest ausrufen, was nun die größte Herausforderung war. Ich würde Astro-Alex` Begeisterung über diesen besoders fein ausgeklügelten Mechanismus, der im Weltall sein Zuhause war, einfach mal stehen lassen.