Lieber als Leute fressen Haie Robben. Die sind fleischiger, fetter und tragen keine unverdaulichen Textilien.
Im Mageninhalt eines Großen Weißen Hais, der 2014 an der südafrikanischen Küste äußerlich unverletzt strandete und verstarb waren sechs (!) erst leicht angedaute Seebären. Für Michelle Wcisel, Expertin für Verhalten von Prädatoren, und ihre Kollegen vom Dyer Island Conservation Trust (Südafrika) war diese große Menge eine Überraschung. Denn die Seebären sind im gleichen Verdauungsstadium, sie sind also in schneller Folge gefressen worden.

Hier ist ein Video der Sektion:

Der Knorpelfisch war ein 3,80 Meter langes Männchen, die Klasper sind deutlich zu sehen. Der Magen ist prall gefüllt. Der Präparator schneidet den Magen mit extralangen Armen auf, es könnte nämlich Explosionsgefahr bestehen. Sechs Südafrikanische Seebären (Arctocephalus pusillus) und drei Schädel sind für einen Hai dieser Länge extrem viel!
Der Hai hatte keine sichtbaren Verletzungen oder Krankheiten, auch die Blut-Analyse erbrachte keinen Hinweis auf die Todesursache. Von den Kiemen werden übrigens Parasiten abgesammelt, wahrscheinlich parasitäre Klein-Krebse, die dort im Sauerstoff- und Nahrungsstrom sitzen und sich bequem und satt durch den Ozean tragen lassen.
Es besteht die Möglichkeit, dass das Tier sich einfach überfressen hat, zu schwerfällig zum Manövrieren in Strandnähe geworden ist und dann von den großen Wellen an den Strand gespült wurde. Einige Biologen haben schon beobachtet, dass Haie, die sich an Walkadavern den Magen richtig voll geschlagen haben, danach nicht mehr so gut schwimmen konnten.
Wcisel und ihre Kollegen bedauern den Tod des Hais, haben aber durch die Analyse der gefressenen Seelöwen etwas über Carcharodon-Jagdmethoden gelernt: Die drei älteren Seebären hat der große Fisch in der Mitte glatt durchgebissen, die drei jüngeren hat er im Ganzen verschluckt – “The three older seals were all split right in the middle, it looked like a missile had cut them into two, and the three small seals were swallowed whole.”

Die absonderlichsten Hai-Mahlzeiten

Haie fressen Meeressäuger, Meeresvögel, Fische und Tintenfische. Je nach Größe des Hais, seinem bevorzugten Lebensraum und dem jeweiligen Angebot. Dabei beißen sie entweder sehr große Bissen aus der Beute oder verschlucken sie im Ganzen. Im Hai-Magen helfen dann scharfe Säuren beim Verdauen der verschlungenen Brocken.
Haie sind nicht immer wählerisch, manchmal schlucken sie einfach alles. Ihre seltsamen Mageninhalte sind legendär.
Ganze Eisbären oder Rentiere im Grönlandhai? Der im arktischen Ozean lebende Grönlandhai kommt mit diesen arktischen Säugern in Kontakt. Der Eisbär muss allerdings bereits tot oder stark verletzt gewesen sein, er wäre für einen Hai einfach zu wehrhaft und agil. Rentiere durchqueren bei ihren Wanderungen manchmal Flussmündungen, dann geraten sie tatsächlich Grönlandhaien vors Maul.

Blinkende Metallgegenstände wie Nummernschilder könnten einen Hai an blinkende Fischschuppen und somit an fressbare Beute erinnern. Der französische Naturforscher Guillaume Rondelet, schrieb im 16. Jahrhundert über den Fund einer ganzen Ritterrüstung in einem Hai-Magen. Ob die Rüstung mit oder ohne Ritter ins Meer gefallen war, war nicht mehr festzustellen. Aber das ist schon eins ehr ungewöhnlicher Fund.
Ein Hunde- und ein Pferdekopf haben mich nicht sehr überrascht. Ein Hund kann ins Wasser fallen, und Pferdeköpfe werden als Fischköder genutzt.
Der Schnabel- oder Ameisenigel, ein Eier legendes, australisches Beuteltieres hatte mich schon eher überrascht. Ob das Tier schwimmen gegangen war? Vielleicht ist aber auch einfach ein Igel-Kadaver ins Wasser geschwemmt worden.
LKW-Reifen, Kanonenkugeln, Kamera und Flaschen passen mehr oder weniger gut durch einen Hai-Schlund, der Reifen dürfte allerdings sehr schwer im Magen gelegen haben. Afrikanische Trommeln und ein Pelzmantel sind exotischere Funde. Und daneben gibt es ganz bestimmt noch wesentlich mehr ungewöhnliche Hai-Häppchen mit geringem Nähr- und für Menschen hohem Unterhaltungswert.

Ein Großer Weißer Hai, Tigerhai oder Grönlandhai steht selbst am obersten Ende der Nahrungskette. Ein  Meerestier allerdings steht noch eine Stufe höher auf dem Treppchen der Nahrungspyramide: Der Schwertwal Orcinus orca. Mittlerweile sind einige Freß-Attacken von Orcas auf große Haie dokumentiert. Unklar ist, ob Orcas den Hai aktiv jagen oder der Hai eher versehentlich zwischen die XXL-Delphine mit dem XXL-Gebiß geraten ist. Im Video sieht es für mich nach letzterem aus. Einer der Orcas hat sich den Hai vorgenommen und ist von oben auf ihn gesprungen. So hat der Wal den Hai im wahrsten Sinne des Wortes “plattgemacht”.

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Kommentare (2)

  1. #1 Dampier
    9. Juni 2016

    Hammer. Klasse Artikelserie. Tolle Links und Videos :))

    Der Eisbär muss allerdings bereits tot oder stark verletzt gewesen sein, er wäre für einen Hai einfach zu wehrhaft und agil.

    Im Wasser? Wie agil ist ein schwimmender Eisbär?

  2. #2 Bettina Wurche
    10. Juni 2016

    @Dampier: Danke.
    Ein Eisbärmännchen wird meist bis zu 2,60 Meter lang, selten auch mal 3,50 Meter und bis zu 300 Kilogramm schwer.
    Eisbären wirken auf mich sehr langbeinig, auch im Wasser sind sie gelenkig:
    https://channel.nationalgeographic.com/wild/destination-wild/videos/polar-bears-dive-for-food/
    https://www.youtube.com/watch?v=0rpdVxMqp4Q
    Ein Grönlandhai wird meist um 4-5 Meter lang, selten 8 Meter. Dafür wiegen die Tiere bis zu 2,5 Tonnen.
    Grönlandhaie gehören zu den Schlafhaien und schwimmen sehr langsam: Ca 1 Kilometer pro Stunde. (Sie sind NICHT die langsamsten Fische, aber sicher die langsamsten Haie).
    https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/langsamster-fisch-groenlandhai-jagt-schlafende-robben-a-841087.html
    Allerdings erbeuten diese langsamen Haie Robben – wahrscheinlich schlafenden Robben, das steht in der vom SPON zitierten Publikation.
    Mir erscheint ein lebender, wacher, ausgewachsener Eisbär schlichtweg zu groß als Häppchen. Außerdem hat er Krallen und Zähne und würde sich beim Anbeißen sicherlich zur Wehr setzen. Selbst Große weiße Haie lassen ihre Beute oft los, wenn die Beute sie kräftig auf die Schnauze haut.