Estuary and the Gulf of St. Lawrence

The Estuary and the Gulf of St. Lawrence (Fisheries and Oceans Canada)

Der Sommer 2017 ist eine schlechte Zeit für die Nordatlantischen Glattwale: Im Juni und Juli sind im St. Lorenz-Golf (Kanada) schon 10 Tiere gestorben! 7 davon sind von Biologen und Veterinären untersucht worden, die Nekropsien wiesen jedes Mal auf Tod durch Schiffskollision (ship strike) oder Fischereinetzen (entanglement) hin.

Nördliche Glattwale oder Nordkaper (Eubalaena glacialis) sind gewaltige Geschöpfe, bis zu 16 Meter lang und bis zu 70 Tonnen schwer. Damit bringen sie fast das Gewicht eines doppelt so langen Blauwals auf die Waage. Rein metaphorisch, denn diese Waage ist noch nicht erfunden.
Alle Glattwalarten sind aufgrund ihrer dicken Fettschicht, der langen Barten und ihrer Langsamkeit bis an den Rand der Ausrottung bejagt worden, für die Walfänger in ihren Ruderbooten waren sie die richtigen Wale – „Right whales“. Im Nord-Atlantik erholen sich die Bestände langsam. Allerdings sind diese Meeressäuger immer noch in der höchsten Schutzkategorie: „Endangered = EN“. Ihr Bestand im Nord-Atlantik wird zurzeit auf 525 Tiere geschätzt. Glattwale können mehr als 75 Jahre alt werden und sie pflanzen sich sehr langsam fort.

Bildergebnis für northern right whales st laurent

Dr.Pierre-Yves Dumont collects samples from a dead right whale in the Gulf of St.Lawrence in a recent handout photo. (THE CANADIAN PRESS/HO- Marine Animal Response Society)

Der St. Lorenz-Golf ist das Ästuar des St. Lorenz-Stroms, ein 236.000 Quadratkilometer großes Seegebiet und bis zu 148 Meter tief. In diesem Jahr sind hier, dicht vor der kanadischen Küste mit der Großstadt Quebec mit ihrem hohen Schiffsverkehrsdichte und der Fischerei, im Juni und Juli schon insgesamt acht tot treibende Nordkaper gesichtet worden.
Acht tote Glattwale sind eine Katastrophe für den nur langsam wieder wachsenden Bestand!

Acht tote Nordkaper, ein toter Finnwal und ein toter Walretter
Die schlimmsten Bedrohungen für den kleinen verbliebenen kleinen Nordkaper-Bestand sind anthropogen: Schiffskollisionen, Entanglement (Verfangen in Fischereigeschirr) und Unterwasserlärm.
Die ersten drei toten Nordkaper trieben auf See. Die Fisheries and Oceans Canada (DFO: Department of Fisheries and Oceans) und Krabbenfischerboote hatten die Kadaver am  6., 18. und 19. Juni zwischen New Brunswick und den Magdalen Islands gesichtet.
Drei tote Glattwale innerhalb eines Monats reichten schon aus, um die walwissenschaftliche Community in Alarmzustand zu versetzen. So viele tote Wale gibt normalerweise in einem ganzen Jahr. Eine solche Häufung von Todesfällen innerhalb eines so kurzen Zeitraums ist ein „unusual mass mortality event“ – ein ungewöhnliches Massensterben – und erfordert schnelles Handeln, um die Ursache zu finden und abzustellen.

So verfängt sich ein Nordkaper in den Leinen der Krebsfischerei. (Illustration by Graphic Services, Woods Hole Oceanographic Institution)

Der zweite Wal und der frischeste Kadaver war aus dem Photo-ID-Katalog bekannt als Nummer “#1207”. Ein Männchen unbestimmten Alters, der seit 1980 als Individuum erfasst ist und zuletzt im Juni 2014 fotografiert wurde. Er hielt sich in den Gewässern vor Maine auf,  besuchte manchmal Florida und Georgia und wurde im August 1998 auch in der St. Lorenz-Bucht beobachtet.

Am 22. Juni entdeckte die Walbeobachter bereits den vierten toten Wal: Das 11 Jahre alte Weibchen „Starboard“. Sie ist bei Luftaufnahmen sehr leicht zu identifizieren, da ein großer Teil ihrer rechten Flukenhälfte fehlt.
Am 25. Juni waren es schon fünf Wal-Kadaver.
Zu diesem Zeitpunkt lief bereits ein groß angelegtes Programm der zuständigen Behörden der USA und Kanadas an, dass die toten Tiere erfassen sowie Proben nehmen und untersuchen sollte. Neben den toten Wale wurden bei den sofort verstärkten Aerial Surveys (Survey mit Flugzeugen) durch NOAA und Environment Canada sowie Schiffspatrouillenfahrten auch ein paar Dutzend lebende Glattwale gesichtet.

In einer Krisensitzung berieten das Department of Fisheries and Oceans (DFO) und Partner aus den USA und Kanada über das weitere Vorgehen. Nun ging es darum, möglichst schnell möglichst viele der toten Tiere an Land zu bringen, um dort mit einer umfassenden Nekropsie die Todesursache zu finden. Bei einem so großen Tierkörper ist das ein erheblicher logistischer Aufwand. Die Nekropsie muss zeitnah erfolgen, da die Walkörper unter der dicken Blubberschicht extrem schnell verwesen. Teams der DFO, der Canadian Coast Guard, der Marine Animal Response Society (MARS) und der Canadian Wildlife Health Cooperative hatten drei Wal-Kadaver schon mit Satelliten-Transmittern versehen, so dass die treibenden Fleischberge für weitere Probennahmen wieder auffindbar waren. Ein anderer Walkörper schien stationär verankert zu sein – ein Hinweis darauf, dass er sich in Fischereigeschirr verfangen hatte (Entanglement).

Hier ist zu sehen, dass eine ganze Gruppe von Menschen nötig ist, um auch nur einen Wale an Land zu ziehen:

Am 23.06. waren es dann sechs tote Nordkaper und ein toter Finnwal.
Mittlerweile hatten die Tierärzte, Biologen und andere Walforscher die Körper von drei Glattwalen untersucht und zahlreiche Proben entnommen. Mindestens zwei der Kadaver zeigten deutliche Anzeichen von Zusammenstößen mit Schiffen, ein anderer war offensichtlich in Fischereinetzen verendet.
Am 06. und 19. Juli gab es zwei weitere tote Glattwale, bis zum 01.08. waren es zehn, die DFO bietet eine detaillierte Übersicht.

Am 06.07.2017 konnten Helfer einen Nordkaper aus einem Netz befreien – sie brauchten sechs Stunden dafür!

Was lockt die Nordkaper in die St-Lorenz-Bucht?
Bis jetzt gibt es keine besonderen Schutzbestimmungen für die Glattwale in der St. Lorenz-Bucht, weil die Tiere hier erst vor drei Jahren häufiger sind.

map

Karte der Verbreitung und Populationsdichte des Nördlichen Glattwals. https://www.sararegistry.gc.ca/default.asp?lang=en&n=717856D0-1

 

Glattwale gehören zu den wandernden Arten (migratory species) und ziehen regelmäßig auch in küstennahe Gewässer. In die kanadischen Atlantik-Areale kommen sie auf der Suche nach Nahrung, im Frühling, Sommer und Herbst gedeiht das Zooplankton dort besonders gut. Weibliche Glattwale halten sich auch oft in den Küstengewässern vor Florida und Georgia auf, hier liegen die wichtigsten „Kinderstuben“ der Nordkaper.
Die Glattwale filtern mit ihren langen, feinen Barten sehr kleines Plankton aus dem Meer.
Ein besonders wichtiges Habitat (critical habitat) für die Nordkaper lag bisher im Grand Manan Basin (Bay of Fundy) und Roseway Basin (südwestlich vor Nova Scotia). „Critical habitat” nennen Wissenschaftler so einen Lebensraum, den eine Spezies zum Überleben oder zur Erholung braucht. Ein solcher Lebensraum muss für Glattwale folgende Funktionen erfüllen: Jagen, Fressen, Kälber aufziehen und säugen, Ruhen und “socializing“ – ein typischer Wal-Begriff, der für das Pflegen der Sozialkontakte steht. Einige andere Anforderungen an kritische Habitate sind Menge und Qualität der Nahrungsressourcen, die Akustik sowie die Qualität von Wasser und Luft.

Nun haben die Tiere ihre Wanderrouten oder Nahrungsgründe offenbar verlagert, auf der Suche nach fetterer Beute. Leider direkt in die viel befahrenen Schifffahrtsrouten und die Fanggebiete der Schneekrabben-Fischerei hinein. Schneekrabben (Chionoecetes opilio, Snowcrabs, Nordische Eismeerkrabbe oder Arktische Seespinne) sind bis zu 1,5 Kilogramm schwere Seespinnen, die eine Menge Geld einbringen.

Wissenschaftler denken, dass die hohe Anzahl der Glattwale in der St. Lorenz-Bucht mit dem zur Zeit extrem großen Planktonansammlung in diesem Gebiet zu tun hat: Am 14. April hatten sie einen Rekord von 72.000 Organismen pro Kubikmeter Meerwasser gemessen – die höchste Zooplankton-Konzentration seit 32 Jahren!
Mittlerweile haben die Wal-Experten 90 Glattwale in der St. Lorenz-Bucht individuell identifiziert. Sie gehen davon aus, dass noch viele weitere der gemächlich schwimmenden Meeresriesen in diesem Gebiet mit dem dichten Schiffsverkehr und der Küstenfischerei unterwegs sind. Dass sich Wale, Schiffe und Fischerei in die Quere kommen, ist dabei leider programmiert.

Tragisch ist, dass ein Walretter ums Leben kam: Der Fischer Joe Howlett.
Diese Nähe zu einem Meeresriesen in Angst und Aufregung war nun sein Verderben. Nachdem das Team einen völlig verhedderten Wal befreit hatte, bewegte der Meeressäuger sich völlig überraschend und erwischte dabei seinen Befreier. “They got the whale totally disentangled, and then some kind of freak thing happened and the whale made a big flip,” erzählte Mackie Green der Presse. Green und Howlett hatten 2002 das Campobello Whale Rescue Team gegründet, als Fischer kennen sie sich mit den Gefahren von laufenden Leinen auf See aus.
Um nicht noch weitere Menschenleben zu gefährden, wird es bis auf Weiteres nun keine Walrettungen mehr geben: „As with any disentanglement operation, there are serious risks involved. Each situation is unique and these whales can be unpredictable. In light of this, DFO has paused its responses to entangled North Atlantic Right whales.”

Jetzt muss etwas geschehen – Geschwindigkeitsbegrenzungen, die Verlegung von Schiffsrouten, und andere Möglichkeiten zur Vermeidung von Kollisionen sind denkbar. Die Forderung nach Geschwindigkeitsbegrenzungen für bessere Überlebenschancen der Glattwale ist übrigens nicht neu, sondern wurde 2014 von Mark Schrope in seiner Nature-Publikation “Ship speed limits can save right whales” gut begründet. Außerdem sollte eine akustische Überwachung des Gebiets stattfinden, so dass die Schiffe alarmiert werden können, wenn sie in die Nähe eines Wals kommen. In der Umgebung von Boston klappt das schon ganz gut.
Zunächst hat die kanadische Fischereiaufsicht die Schneekrabben-Fischerei geschlossen. Rund 98 % der Quote sind ohnehin eingebracht, für die restlichen 2 % will man auf keinen Fall weitere Glattwal-Leben riskieren.

DFO hat jetzt einen ganzen Maßnahmen-Katalog initiiert, um kurzfristig weitere Waltode zu verhindern, die Ursachen zu ergründen und langfristige Schutzmaßnahmen zu ergreifen:

“Work is already underway at DFO to help protect the North Atlantic Right whale population, including:

  • Closing Snow Crab Fishing Area 12 in the Southern Gulf of St. Lawrence (all fishing gear to be removed from the water)
  • Issuing a notice to the commercial fishing industry in the Gulf of St. Lawrence asking fishermen to watch for whales and to report any sightings;
  • Surveillance flights along the coasts of the Gulf of St. Lawrence to determine if there are any additional possible Right Whales carcasses;
  • Surveillance flights to confirm positions of live Right Whales continues in the Gulf;
  • Broadcasting notices on the marine radio system to request shipping and fishing industries be on alert for whales;
  • Addressing threats to marine mammals in Canadian waters and enhancing capacity to respond to marine mammal incidents through the Government of Canada’s $1.5 billion investment in the Oceans Protection Plan;
  • Issuing a notice requesting that mariners voluntarily reduce speed along the Laurentian channel in shipping lanes between the Magdalen Islands to the Gaspé peninsula until September 30, 2017;
  • Providing $56,000 to Dalhousie University to support the development of a real-time whale alert system for mariners, which can inform measures to help reduce whale and ship collisions in Canadian waters; and
  • Continuing to work with partners to necropsy dead whales to better understand what may have caused”.

Die Einbeziehung der Fischer und das Suchen nach Lösungen, die für Wale und Fischer vertretbar sind, halte ich dabei für einen ebenso wichtigen Aspekt wie die Forschung. Schließlich sind die Fischer und auch die Seeleute auf anderen Schiffen die Experten für alles, was auf dem Meer passiert. Und gerade für Fischer ist ein in den Netzen verhedderter Wal auch ein erheblicher finanzieller Einschnitt, schließlich ist das teure Netz danach unbrauchbar zerschnitten. Walschutz ist also nicht nur ein Anliegen einiger Umweltschützer und Forscher, sondern geht einen sehr großen Teil der Bevölkerung an, die einbezogen wird. Ein gutes Beispiel für modernen Umweltschutz.

Vorbild Kanada: Wale wichtiger als Fischerei

In Kanada ist es möglich, eine Wal-gefährdende Fischerei zu schließen.
Das wünsche ich mir für Deutschland auch.
Bei uns geht es nicht um spektakuläre Riesen, sondern um die kleinen Schweinswale. In der zentralen Ostsee ist der Bestand der einzigen deutschen Walart durch Stellnetzfischerei von Nebenerwerbsfischern bedroht.
Ich wünsche mir für Deutschland eine starke und handlungsfähige Umweltpolitik und Fischereiaufsicht. Politiker, die nicht vor den Lobbyisten mit ihren irrationalen Forderungen einknicken. Und Fischer, die endlich mal anfangen, nachzudenken. Ob man überfischte Bestände immer weiter befischen muss. Und ob es nötig ist, für etwas Nebenerwerbsfischerei die letzten Wale zu riskieren. Oder ob man nicht endlich mal im 21. Jahrhundert ankommen könnte, und nicht endlich mal verantwortungsvoll und nachhaltig handeln könnte, anstatt einfach einen Bestand nach dem anderen ´runterzufischen („fishing-down-the-food-web“).
Die Ostsee ist längst überfischt und ernährt ihre Fischer nicht mehr.
Vielleicht könnte es sogar mehr Geld einbringen, mit dem Fischerboot Touristen zu den Schweinswalen und Robben zu bringen und ihnen die Ostsee nahezubringen?
Es ist allerhöchste Zeit zum Handeln!

Zum Weiterlesen:

“Recovery Strategy for the North Atlantic Right Whale (Eubalaena glacialis) in Canadian Waters [FINAL]”

Fisheries and Oceans Canada: “North Atlantic Right Whale (Eubalaena glacialis)”

Fisheries and Oceans Canada: “Right whale deaths in Gulf of St. Lawrence”

meertext: “SAERI: Gentle Giants – Südliche Glattwale vor den Falkland-Inseln”

 

Kommentare (18)

  1. #1 Herb
    2. August 2017

    Der einzige Trost an der traurigen Geschichte ist dass Kanada entschlossen handelt. Die EU Staaten verhandeln sicher so lange bis die Schweinswale in der Ostsee ausgestorben sind.

  2. #2 RPGNo1
    2. August 2017

    @Bettina
    Wikipedia sagt, dass es mal an die 100000 Atlantische Nordkaper gegeben haben soll. Der Bestand für 2010 wird mit etwa 500 Tieren beziffert. Was für Gemetzel hat es da über die Jahrhunderte gegeben.
    Ist der Atlantische Nordkaper damit der seltenste Großwal oder sind andere Arten noch stärker bedroht?

  3. #3 Bettina Wurche
    2. August 2017

    @RPGNo1: Die ursprüngliche Baseline zu schätzen, ist nicht einfach. Dabei werden z. B. die alten Fangjournale ausgewertet udn viele andere Quellen. Aber, ja, es war ein gigantisches Gemetzel.
    Das kann man nicht nach Art beurteilen, sondern nur nach Beständen. Ein Bestand ist die “Fortpflanzungs- und Lebensgemeinschaft” einer Untergruppe einer Art.
    Z. B.: Blauwal: North Atlantic: Pre-whaling: 1,300, Current ~500.
    Mehr dazu hier: https://www.fisheries.noaa.gov/pr/species/mammals/whales/blue-whale.html
    Die nordatlantischen Glattwale liegen mit dem nordatlantischen Blauwal gleichauf, die DFO nennt 525 als derzeitige Schätzung.
    Hier ist eine andere Quelle, die für 2010 490 Nordkaper nennt:
    https://iwc.int/estimate
    Wale kann man nicht zählen. Stattdessen werden die Sichtungen in einem spezifischen Gebiet gezählt, daraus werden dann nach bestimmten statistischen Parametern Schätzwerte für Bestände erstellt, das ist recht kompliziert und je nach Walart und Surveytyp unterschiedlich.

    Blauwale und Glattwale des Nord-Atlantiks dürften heute die seltensten Großwale sein.
    100.000 Glattwale im Nord-Atlantik erscheinen mir recht viel, ich habe die Zahl dort jetzt nicht gefunden.
    Grundsätzlich ist es so, dass diese Tiere einst auch an der europäischen Küste lebten. Der Biskaya-Bestand ist der erste ausgerottete Walbestand, durch die Basken, später auch die anderen Tiere des europäischen Bestands. Dann waren die Glattwale, weil sie so behäbgig sind und viel Öl und Barten ergeben, über Jahrhunderte hinweg die liebsten Wale zum Abschießen. Erst mit der Erfindung von Schiffsmotor und Harpunenkanone konnten die Walfänger die schnelleren Furchenwale erreichen.
    Der heutige Glattwalbestand ist ein trauriger Rest ihrer einstigen Verbreitung.

  4. #4 Bettina Wurche
    2. August 2017

    @Herb: Wir haben in Europa großartige Abkommen zum Walschutz und fordern gerade im eigenen Land davon nichts ein. Ich bin mittlerweile so wichtig wütend udn finde es einfach nur erbärmlich. Außerdem sind nur Deutschland und Polen betroffen, ein bilaterales Abkommen für den Phocoena-Bestand der zentralen Ostsee kann ja wohl nicht so schwierig sein. O. k., Polen ist an Umweltschutz zur Zeit null interessiert (s. Abholzung des Urwalds von Bialowiesza). Aber es feht schon in Deutschland an der politischen Entschlossenheit.

  5. #5 RPGNo1
    2. August 2017

    @Bettina
    Danke schön für die zusätzlichen Informtionen.

  6. #6 Gerhard
    3. August 2017

    Ich bin nur selten hier, leider.
    Ich kann es im Grunde nicht verstehen. Artenschwund ist ein allgegenwärtiges Thema, für viele Jahre schon.
    Thomas Grüter hat jüngst in seinem neuesten Artikel gesagt, daß die Menschheit erst reagiert, wenn eine echte Katastrophe da ist.

  7. #7 Bettina Wurche
    3. August 2017

    @Gerhard: Mir kommt es eher so vor, dass die meisten Menschen erst reagieren, wenn sie die Katastrophe, die ihnen schon auf die Füße gefallen ist, überhaupt gar nicht mehr ignorieren können. Ich beschäftige mich gerade intensiv mit Plastikmüll im Meer, diese Katastrophe ist längst überall angekommen.

  8. #8 Gerhard
    3. August 2017

    Plastikmüll im Meer:
    Da gibt es doch Untersuchungen des Meeresbodens unweit eines der Plastikozeane, der einen Grad an Vergiftung aufweist, der unvorstellbar ist. Jahrzehntelang ist dieses Zeug hinuntergerieselt und hat sich in seine problematischen Bestandteile chemisch aufgespalten.

  9. #9 Bettina Wurche
    3. August 2017

    @Gerhard: Es ist schon wesentlich schlimmer. Der Plastikmüll ist zwischen Arktis und Antarktis bis in die abyssalen Tiefen nahezu flächendeckend verbreitet. Plastik nimmt in Mageninhalten von Tieftauchern wie Pott- und Schnabelwale zu, wir haben die ersten daran verreckten Tiere.
    https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/muell-im-meer-wal-hatte-30-plastiktueten-im-magen-a-1132942.html
    https://www.nationalpark-wattenmeer.de/sh/misc/untersuchung-der-gestrandeten-pottwale-grosse-mengen-plastikmull-den-magen-gefunden
    Gleichzeitig nimmt Mikroplastik im Plankton zu.
    Außerdem ist die Belastung von Tieren mit Umweltgiften mittlerweile so hoch, dass manche Walgruppen aussterben werden – sie sind unfruchtbar geworden, u. a. auch durch Weichmacher
    https://scienceblogs.de/meertext/2016/01/07/farewell-lulu-orca-auf-den-hebriden-tot-gestrandet/
    https://www.bbc.com/news/science-environment-39738582

    Ich habe im Juni einen Vortrag zum Thema “Wale in einem Meer aus Müll” für ProWIN gemacht, mir ist bei der Recherche schlecht geworden.
    Dann habe ich jetzt gerade für Greenpeace zwei Beiträge geschrieben, auch zum Thema Plastikmüll im Meer. Wenn die online sind, werde ich es hier ankündigen. In Zukunft wird das Plastikthema auch auf meertext verstärkt erscheinen.

  10. #10 Gerhard
    4. August 2017

    Das ist um einiges heftiger als bisher von mir gewusst.
    140 Mio Tonnen Plastikmüll!
    Was ist das eigentlich für eine Zahl?!
    2007 setzte ein Künstler, Chris Jordan, visuell Abfallberge um:
    https://www.chrisjordan.com/gallery/rtn/#silent-spring

    Auf diese Weise hat man eine handliche Vorstellung, wie groß solche Zahlen wirklich sind.

  11. […] Bei Meertext gibt es schlechte Nachrichten zu lesen: Vor Kanada sind einige tote Nordatlantische Glattwale gefunden worden. Grund ware wohl Schiffskollisionen und Fischereinetze. Man will jetzt appellieren, dass Schiffe langsamer fahren und den Fang nach einer Krabbenart frühzeitig beenden. […]

  12. #12 Bettina Wurche
    4. August 2017

    @Gerhard: Mit Zahlen bin ich da sehr vorsichtig. Letztendlich haben wir Stichproben und Schätzungen, die Plastik-Belastung ist regional und saisonal unterschiedlich. Mikroplastik lässt sich überhaupt nur sehr aufwändig und nicht flächendeckend nachweisen. Sicher ist: Es ist unglaublich viel Plastik.

  13. #13 tomtoo
    4. August 2017

    @Bettina
    Wollte ja eigentlich die ganze Zeit was zu deinem Artikel schreiben. Aber macht gerade keinen Sinn bei mir. Bin so pessimistisch bzgl. des Schicksals der Großtiere im allgemeinen. Bzgl. des Plastiks in den Meeren freue ich mich auf deine Artikel und irgentwie doch nicht. Ziemlich Schizo gelle ?

  14. #14 Bettina Wurche
    4. August 2017

    @tomtoo: Nö, überhaupt nicht. Angesichts des Plastik-Themas bin ich auch im Frust versunken. Musste mich wochenlang zusammenreißen, um doofe Leute im Supermarkt nicht zu fargen, ob sie Bananen wirklich noch in Plastik verpacken müssen und doofe Tussis wirklich ihren Wegwerfbecher mit Plastikdeckel udn Plastikhalm nuckeln müssen. Das Problem ist einfach gigantisch. Ich tanke dann bei den Astrothemen etwas Antifrust und mache dann beim Meeresschutz weiter.

  15. #15 tomtoo
    4. August 2017

    @Bettina
    Ich glaub das mit dem Plastik ist sehr heftig.
    Es zersetzt sich , wird aufgenommen aber die Organismen haben kein Zeit sich daran anzupassen. Geht alles zu schnell. Die Natur könnte sich anpassen, aber nicht in so kurzer Zeit. Wenn das Meer als Abfallhalde betrachtet wird (aus dem Auge, aus dem Sinn, und billig entsorgt ) wirds sehr eng für uns. Bei den Großtieren hab ich eh kaum noch Hoffnung. Selbst wenn es Jagdverbote gibt. Immer mehr Schiffsverkehr, Verschmutzung, und eh schon geringe Bestände. Aber wie gesagt , bin besser still.

  16. #16 Wizzy
    7. August 2017

    Ich denke, wilde Natur wird es irgendwann nicht mehr geben. Spätestens wenn wir unsere “Landwirtschaft” (Algenfarmen zur Treibstoffherstellung für die Energiewirtschaft) wortwörtlich auf ganze Flächen der Weltmeere anwenden.

    Es gibt heute eine Minderheit an Futurologen, die die Grenzen des nachhaltigen Limits für die menschliche Bevölkerung auf 1 Billion Individuen (plus / minus 2 Größenordnungen) einschätzen, gegenüber der Mehrheit die diese Grenze jetzt schon überschritten wähnt. Ich persönlich denke, diese Minderheit hat Recht.
    Es wird dann keine Natur mehr geben, die ganze Welt eine aus heutiger Sicht trostlose Farm, und natürliche Artenvielfalt höchstens in kleinen Reservaten. Eine solche Entwicklung ist aus meiner Sicht der konsequente Endpunkt unseres bisherigen Handelns als Menschheit.

  17. #17 Bettina Wurche
    7. August 2017

    @tomtoo, @Wizzy: In Europa haben wir diese Entwicklung sehr klar vor Augen. Urwälder in dem Sinne gibt es kaum noch. Die letzten verbliebenen in Polen werden gerade weiter abgeholzt.
    https://www.deutschlandfunk.de/polen-abholzung-im-letzten-urwald-europas.1773.de.html?dram:article_id=389480
    Überhaupt scheint im neuen nationalistischen, antiglobalen, antidemokratischen Bewußtsein der Stolz auf das eigene Land dazu zu führen, dass genau dagegen ein regelrechter Krieg geführt wird. Anstatt das eigene Land mit seinen natürlichen lebenden und unbelebten Ressourcen als kostbares Erbe zu begreifen, findet ein beispielloser Ausverkauf mit flächendeckender Vernichtung dieser Ressourcen statt. So passiert es gerade in den USA, Polen und an anderen Stellen. Nur In Russland scheint es anders zu laufen: Putin hat den Tigerschutz zu seinem persönlichen Anliegen gemacht, diese Entwicklung tut den Sibirischen Tigern gut.
    In Deutschland haben wir schon längst keine Urwälder mehr, das Land ist seit Jahrtausendne beackert, genauso wie Nord- und Ostsee.
    So manche düstere futurologische Sichtweise des dytopischen Cyberpunk und anderer Science und Fiction-Szenarier scheint mittlerweile alltäglich oder in naher Zukunft wahrscheinlich : (

  18. #18 Wizzy
    7. August 2017

    …was auf der anderen Seite nicht heißt, dass ich die Bemühungen heutiger Umwelt- und Tierschützer nicht schätzen würde. Luther: Morgen Weltuntergang –> Heute Apfelbäumchen pflanzen. Und es gilt zum Glück eine (eingeschränkte) Schwierigkeit der Prognosen die die Zukunft betreffen.