Bioluminescence glows in the waters of the Pacific just north of Rodeo Beach in the Marin Headlands. (Photo by Marsha Kirschbaum, https://www.flickr.com/photos/mkirschbaum/)

Bioluminescence glows in the waters of the Pacific just north of Rodeo Beach in the Marin Headlands. (Photo by Marsha Kirschbaum, https://www.flickr.com/photos/mkirschbaum/)

Der Pazifische Ozean nahe der kalifornischen Küste erstrahlt in unnatürlich-bläulichem Schimmer – das Lichtspektakel findet vor der auch ohne Beleuchtung schon spektakulären Küste von Big Sur, also zwischen San Simeon und Carmel, statt.
Anwohner aus der Region berichten, dass sie am Strand leuchtende Fußabdrücke hinterlassen. Nächtliche Bootsfahrten oder Kajaktouren werden auf diesem leuchtenden Meer zu einem unvergeßlichen Erlebnis, wie das Bay Nature Magazine schreibt.

Diese Neon-mäße Beleuchtung ist aber keinesfalls eine künstlerische Lichtinstallation oder eine Alien-Invasion, sondern natürlichen Ursprungs: Es ist eine Planktonblüte.
Steve Haddock, ein Experte für Bioluminiszenz des Monterey Bay Aquarium Research Institute erklärte gegenüber der Presse, dass es sich um bioluminiszente Einzeller handelt, um Dinoflagellaten. In einer Wasserprobe hatte er die “üblichen Verdächtigen” gefunden: Leuchtende Dinoflagellaten-Gattungen wie Noctiluca, Lingulodinium und Protoperidinium.

In diesem Jahr gibt es schon seit Anfang Januar die ganze Küste entlang Sichtungen des Meeresleuchtens, so Haddock. 2018 ist die Dinoflagellaten-Blüte und ihre Bioluminiszenz besonders gut zu beobachten, weil gleichzeitig mit dem hohen Nährstoffangebot und der massenhaften Vermehrung der Kleinstlebewesen der Pazifik auch ein wirklich friedlicher Ozean ist. Das hohe Nahrungsangebot kann etwa durch starken Regen entstehen, der viele Nährstoffe vom Land ins Meer schwemmt. Bei ruhiger See entwickeln sich dann  Massenansammlungen von Dinoflagellaten, weil die Wassersäule und die Schichtungen des Meeres dann stabil bleiben. Höhere Wellen und mehr Wind würden die Wasserschichten durchmischen und ihre Plankton-Fracht zerstreuen, die Lichtblitze einzelner Dinoflagellaten wären kaum sichtbar.

Das Leuchten ist eine Abwehrreaktion: Nähert sich ein Freßfeind, etwa eine hungrige Garnele, geben die Mini-Meeresbewohner zur Abschreckung einen bläulichen Lichtblitz ab.  Gleichzeitig warnen sie damit ihre Artgenossen vor der Gefahr : “When a predator, like a shrimp, swims by to eat them, the dinoflagellates glow to shock the predator—like turning on a flashlight on a burglar. It also warns other organisms of the predator’s presence.” Ganz genau gesagt, reagiert der Einzeller auf einen mechanischen Reiz wie Wellenschlag, der der Annäherung eines Prädatoren vorausgeht Oder auch einfach durch Wind ausgelöst wird, das kann der kleine Meeresbewohner nicht unterscheiden. Der mechanische Reiz löst dann den Lichtblitz aus. (Ob das Blitzdingsbumsen wirklich eine Garnele vom Zubeißen abschreckt? Schließlich gibt es genügend Garnelenarten, die selbst bei Streß einen Lichtblitz abgeben. – meertext).

Eine hervorragende Bildstrecke ist in diesem Artikel der KSBH:Bioluminescent waves glowing in Big Sur” (07.02.2018) zu sehen.
Normalerweise, so Haddock, gäbe es diese Bioluminiszenz-Events eher im späten Sommer. Aber nun herrschen solche perfekten Spät-Sommer-Wetterbedingungen im Januar, und so gibt es dann jetzt auch das Meeresleuchten.

Ceratium sp.Dinoflagellaten: Algen-Flashmob mit Nebenwirkungen

Dinoflagellaten oder Panzergeißler sind charakteristisch gebaute Einzeller, ihre mit einer Querfurche geteilten Panzerungen sind ungewöhnliche, fast geometrisch anmutenden Formen. Durch die akribischen Zeichnungen Ernst Haeckels in seinem Werk “Art Forms in Nature” sind sie populär geworden. Sie machen einen erheblichen Teil des Phytoplanktons in den Weltmeeren aus, viele von ihnen betreiben Photosynthese. Andere sind carnivor oder haben noch andere Bedürfnisse und Ernährungsstrategien, das macht die Gruppe enigmatisch.

Dinoflagellanten verfügen noch über einige extravagante Gimmicks, die andere Algen blass (oder vielmehr blassgrün) erscheinen lassen: Einige Arten sind bioluminiszent, andere verfügen über starke Toxine.

Die Bioluminiszenz kommt bei verschiedenen Gattungen und Arten vor, unter anderem auch bei Noctiluca, die etwa in der Nordsee lebt.
Das Licht entsteht durch eine chemische Reaktion:”Das emittierte Licht ist blau-grün  und hat ein Maximum bei 474–476 nm. […] In Experimenten mit leuchtenden und nicht-leuchtenden Spezies konnte gezeigt werden, dass im Falle von Biolumineszenz die Prädation vermindert wurde. Vermutlich werden Feinde durch den Lichtblitz abgeschreckt. Wie bei fast allen Arten der Biolumineszenz ist dies auf eine Reaktion von Luciferasen und Luciferinen zurückzuführen.
Meeresleuchten bringt uns zum Staunen und Freuen, denn es hat etwas Magisches und macht ein nächtliches Meer noch erstaunlicher.

Einige Gattungen und Arten der Dinoflagellaten können starke Toxine bilden. Dazu gehört etwas das Saxitoxin der Gattung Alexandrium (Gonyaulax), das der Schrecken von Muschelzüchtern ist. Reichern die filtrierenden Muscheln dieses Gift an und enden danach als Seafood auf dem menschlichen Speiseplan, können die Schalentiere mit ihrer Giftfracht durchaus zur Henkersmahlzeit werden.
Karenia brevis produziert Brevetoxine – eine massenhafte Vermehrung bezeichnen wir als Rote Flut (red tide). Solche Giftalgenblüten (Harmful algal bloom) sind immer wieder für Massensterben von Fischen, Vögeln und Meeressäugern verantwortlich. Auch das starke Gift von Pfiesteria piscicida ist hoch giftig für Fische und Säugetiere, ob Wal oder Mensch.

 

Kommentare (11)

  1. #1 RPGNo1
    9. Februar 2018

    Ob das Blitzdingsbumsen wirklich eine Garnele vom Zubeißen abschreckt?

    Vielleicht haben sich die Flagellaten zu viel Men in Black angeschaut? 🙂

  2. #2 schlappohr
    9. Februar 2018

    Es gibt doch diese Geschichten, dass im 2.WK amerikanische Piloten im Pazifik ihren Flugzeugträger nicht finden konnten, weil dieser verdunkelt und mit Funkstille unterwegs war, um japanischen Flugzeugen kein Angriffsziel zu bieten. Stattdessen orientierten sie sich an den Algenleuchtspuren, die der Träger aufgewirbelt hat und konnten so landen. Ich habe aber ehrlich gesagt keine Ahnung, ob das stimmt.

  3. #3 Bettina Wurche
    9. Februar 2018

    @schlappohr: Interessant. Ich recherchiere das mal. Vielleicht was Glitzerndes für den nächsten Freitag : )

  4. #5 RPGNo1
    9. Februar 2018

    @Schlappohr
    Ich habe noch im Gedächtnis, dass in Reportagen (n-tv oder n24 wahrscheinlich) über US-Flugzeuträger einzelne Piloten interviewt wurden und sie dann davon berichtet haben, wie bei Trainingslandungen die Träger von einem geisterhaften bioluminiszenten Licht umspielt wurden oder welche deutliche Lichtschleppen die Schiffe hinter sich herzogen. Die Ergriffenheit, Faszination und Begeisterung der Piloten war deutlich zu erkennen.

  5. #6 rolak
    9. Februar 2018

    Ui, die schönen MeeresBeleuchter – da gabs auch mal ne komplette ¾h-Doku zu; die finde ich allerdings bis zum nächsten Glitztag bestimmt nicht…

  6. #7 Gerhard
    10. Februar 2018

    Spannender Artikel…und eine schöne Wiederbegegnung mit den Dinoflagelatten, über die ich hier und da schon einiges las.
    Die Erwähnung von Ernst Haeckel gemahnt mich an Jena, wo ich, so meine ich, das 1. Mal mit seinem Werk in Berührung kam.

  7. #8 Bettina Wurche
    10. Februar 2018

    @Gerhard: Das phyletische Museum ist ein echter Musentempel – die Medusenfresken sind einfach atemberaubend schön : )

  8. #9 Bettina Wurche
    10. Februar 2018

    @rolak: Na, das hätte mich jetzt aber interessiert : ) Vielleicht die hier, von ARTE?

  9. #10 bombjack
    12. Februar 2018

    Finde da sollte noch das Palytoxin erwähnt werden vgl. https://en.wikipedia.org/wiki/Palytoxin und wer den IUPAC-Namen fehlerfrei lesen kann, bekommt 100 Punkte 😉

    bombjack

  10. #11 Bettina Wurche
    12. Februar 2018

    @bombjack: Palytoxin – das ist ja vom Allerfeinsten, danke für diese ergänzung! “limu-make-o-Hana” – Hanas Tang des Todes. Krustenanemonen klauen Palytoxin von Dinoflagellaten. Bei Nacktschnecken, die Nesselzellen von Nesseltieren klauen, heisst das dann Kleptocniden. Aber wie heisst der Diebstahl der Krustenanemonen des Dinoflagellaten-Gifts? Keine Ahnung. Auch die Messung der Toxizität in Maus-Einheiten ist nicht wirklich nett.