Die Ausstellung „König der Tiere“ in der Frankfurter Schirn stellt das Werk des deutschen Malers Kuhnert vor – Kuhnert hatte in der Kolonialzeit Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts als einer der ersten Europäer Deutsch-Ostafrika bereist. In minutiösen Skizzen und Zeichnungen dokumentierte er die noch weitgehende unerforschte Tier- und Pflanzenwelt, die er zu Hause in seinem Atelier dann in großformatige Gemälde umsetzte. „Wie kein ande­rer Maler seiner Zeit hat Wilhelm Kuhnert (1865–1926) die Vorstel­lung von Afrika in Europa wie auch in den USA geprägt.
schreiben die Kuratoren.

„König der Tiere“ – Cat-Content vor Schirmakazien
Die Ausstellung „König der Tiere“ zeigt afrikanische Wildtiere in großen Formaten des deutschen Malers Wilhelm Kuhnert.
Als Grundlage für seine Arbeit unternahm Wilhelm Kuhnert drei Expeditionen in die damalige deutsche Kolonie Deutsch-Südost, die die heutigen Staaten Tansania (ohne Sansibar), Burundi und Ruanda sowie einen kleinen Teil Mosambiks umfasst.

Löwin-mit-Jungen

Wilhelm Kuhnert: “Löwin mit zwei Jungen”

Vogelstudien

Wilhelm Kuhnert: Vogel-Studien

Der an der preußischen Akademie der Künste ausgebildete Tier- und Landschaftsmaler Kuhnert nutzte die vorhandene Logistik der Kolonialmacht. So konnte er auf den Wegen der deutschen Kolonialherren als Maler Afrika einigermaßen komfortabel und vor allem sicher bereisen, auf Großwildjagd gehen und arbeiten. Dass er auf die vorhandene Infrastruktur zurückgriff, ist kaum verwunderlich, als ortsunkundiger Europäer hätte er sich sonst wohl kaum außerhalb der Städte relativ frei bewegen können.
Wieder zu Hause in seinem Atelier setzte er die Skizzen dann in die Ölgemälde um. Unermüdlich reisend, beobachtend, malend, zeichnend hat er mit seinem Blick auf Afrika das Bild vieler Deutschen von Afrika nachhaltig beeinflusst, lerne ich. Der Museumsbesuch war eine Exkursion durch Raum und Zeit gleichermaßen, in das Afrika von 100 Jahren, in die deutsche Kolonie Deutsch-Südost.
Der erste Teil der Ausstellung beginnt mit einer einführenden Kurz-Biographie und zeigt großformatige Ölgemälde mit Kuhnerts Hauptakteuren, den Löwen, Elefanten, Büffeln, Perlhühnern und anderen wilden Tieren, immer in ihrer natürlichen Umgebung, der Savanne.
Außerordentlich kunstfertig hat der Maler diese Ansichten Afrikas eingefangen, präzise und doch mit impressionistischer Leichtigkeit im Pinselstrich.
Nicht satt sehen konnte ich mich an den lebendigen Fell- und Federstrukturen und den Gräsern, die beim Hingucken fast im Wind zu wippen scheinen. Als Zoologin und Kunstliebhaberin war ich verzaubert, als Amateur-Malerin beeindruckt. Aus wenigen Zentimetern Entfernung habe ich bewundernd die perfekten Profile und Rückenlinien, die Untermalungen und letzten leichten Pinselstriche betrachtet.
Die detaillierte Darstellung dieser wilden Kreaturen und die Waghalsigkeiten, die Kuhnert auf seinen Expeditionen für das Studium der afrikanischen Wildnis unternahm, sind die eines Forschungsreisenden. An der Akademie der Künste herrschte die Meinung, man könne eine exotische Landschaft im Sandkasten mit einigen Steinen nachahmen – Kuhnert war vollkommen anderer Meinung und bildete die afrikanischen Landschaften aus eigener Anschauung detailliert ab: Obwohl er kein Biologe oder Zoologe war, zeugen seine detail­lier­ten künst­le­ri­schen und schrift­li­chen Studien von einem Inter­esse an der afri­ka­ni­schen Tier­welt, das weit über male­ri­sche Fragen hinaus­ging. Seine Tier­dar­stel­lun­gen wurden in zoolo­gi­schen Büchern wie Brehms Tier­le­ben und in Publi­ka­tio­nen des Frank­fur­ter Zoodi­rek­tors Wilhelm Haacke ebenso verbrei­tet wie auf Schul­wand­bil­dern.”.
Nur Menschen und Ansiedlungen kommen auf diesen Gemälden selten vor, Kuhnerts Afrika ist die menschenleere und unberührte Wildnis.
Diese Kuhnert´sche Ästhetik soll, so die Kuratoren der Ausstellung, die Ansichten von Afrikareisen  in Reiseprospekten bis heute beeinflussen.

Kuhnert-der-Großwildjäger

Wilhelm Kuhnert: “Die Strecke (Selbstportrait)”

Monumentalgemälde im Schatten des Kolonialismus
Im zweiten Ausstellungsteil geht es dann um die Entstehung der Bilder über minutiöse Skizzen  im Zoo und natürlich auf den Afrika-Expeditionen.
Auch hier sind fast nur Darstellungen von Tieren und Landschaften zu sehen. Unter den Skizzen sind auch einige wenige Darstellungen von Menschen, sowohl aus dem Alltag der afrikanischen Bevölkerung als auch von Afrikanern im Dienste der deutschen Kolonialmacht, den sogenannten Askari.
Neben den Skizzen gibt es über Texttafeln auch Hintergrundwissen zur kritischen Auseinandersetzung mit Kuhnerts Afrika-Idylle: seiner Vermenschlichung der Tiere, dem Kolonialismus und der Großwildjagd.
Kuhnert hat sich zunächst kritiklos der kolonialistischen Infrastruktur bedient.
Als ortsunkundiger Europäer hätte er sich kaum außerhalb der Städte so frei bewegen können, um Löwen, Elefanten, Straßen und Büffel sowie die afrikanische Savanne zu studieren.
Dass Kuhnert zunächst die kolonialistischen Strukturen hinnahm und nutzte, später aber offenbar anders darüber dachte, ist bereits in der einleitenden Biographie auf einem großen Wandtext zu lesen: Der Maler hat nämlich vor Gericht gegen den besonders brutalen Reichskommissars Carl (Karl) Peters ausgesagt.
Peters war von 1893 bis 1895 Reichskommissar der Kolonie Deutsch-Südost und bereits damals durch sein gewalttätiges Vorgehen gegenüber Afrikanern berüchtigt. So hatte Peters einen seiner Diener hinrichten lassen, weil der mit Peters afrikanischer Konkubine Jagodia ein Verhältnis eingegangen war. Kuhnert dokumentierte den gehängten Mann in einer Skizze – diese Skizze mit entsprechendem Text ist in der Ausstellung zu sehen. Peters wurde wegen seiner brutalen Vorgehensweise schon 1895 wieder von seinem Posten abberufen, nach Deutschland zurückbeordert und 1897 in Unehren aus dem Staatsdienst entlassen.
Sicherlich hatte Kuhnert auf seinen Afrika-Reisen zunächst kein allzu großes Schuldbewusstsein wegen des gewalttätigen Kolonialismus, sonst hätte er wohl kaum diese Reisen unternommen.
Vielleicht hatte er zunächst sogar Gefallen daran gefunden, denn er wurde mit seiner bewaffneten Eskorte und unter der Reichsflagge wie ein VIP behandelt. Bei einer ersten Strafaktion Peters` war er sogar dabei.
Irgendwann aber muss ihm die Unrechtmäßigkeit der deutschen „Schutzmacht“ aufgegangen sein, schließlich sagte er später vor Gericht gegen den brutalen Peters aus.

Kuhnerts Jägerei ist ein zweiter kritischer Aspekt: Der Maler hatte seine Großwildjagd mit seinem Bedürfnis nach Nahaufnahmen der Tiere für seine Kunst begründet. Allerdings verurteilte er die Großwildjagd als reines Hobby um der Trophäenjagd. Das zeigt, dass er diese Form der Jagd keinesfalls unkritisch sah.
Kolonialismus und Großwildjagd sind Themen, zu denen es heute grundlegend andere Ein- und Ansichten gibt, als um 1920. Kolonialismus ist an sich ein Verbrechen, unter seinem Deckmäntelchen sind noch viele weitere Gewalttaten und Verbrechen verübt worden, das ist heute unzweifelhaft. Selbst die Großwildjagd auf Trophäen ist heute weitestgehend verpönt.
Beides war für mich in der Ausstellung ausreichend thematisiert, an mehren Stellen.

Ein anderer zu kritisierender Aspekt ist die vermenschlichende, idealisierte Darstellung der Tiere. Löwen dominieren die Ölgemälde des Berliners, von majestätisch bis fürsorglich. Allerdings hat er den König der Wildnis in natura so selten zu sehen bekommen, so dass er seine Gemälde mit Studien aus dem Berliner Zoo ergänzte. Löwen dominieren seine Ölgemälde und Skizzen, von majestätisch bis fürsorglich. Löwenfamilien vom Mama-Papa-Löwenkind zeigen eine Löwenidylle, die so nie existiert hat: Majestätisch stehende männliche Löwen schauen mit schwarzer wallender Mähne und edlem Profil über ihre Jagdgründe. Die fürsorgliche Löwenmutter gibt ihrem Nachwuchs zwischen ihren Tatzen Geborgenheit und schaut mit weichem Gesichtsausdruck auf den Betrachter. Diese Familienbilder sind natürlich hoffnungslos idealisiert bis an die Kitschgrenze.

Geierperlhühner

Wilhelm Kuhnert: “Geierperlhühner”

Kitschige Familienidylle im Disney-Stil
Kuhnert war nicht nur ein genialer und hoch produktiver Maler, sondern auch ein Marketing-Genie: Neben den Monumentalgemälden hat er auch Unmengen kleinerer Illustrationen etwa für Sammelbilder auf Schokoladentafeln produziert, über Dekaden hinweg Brehms Tierleben illustriert und bebilderte Bücher seiner Reisen herausgegeben. Seine geschönte Sicht auf und von Afrika galt als familientauglich und politisch verträglich, so dass er flächendeckend die Vorstellungen von Afrika in den Köpfen der Deutschen, anderer Europäer und sogar Nordamerikaner geprägt hat. Der koloniale Cat-Content, der Disneys Naturkitsch vorwegnimmt, suggeriert eine Idylle, die es so nie gegeben hat.
Mich haben die Löwenfamilienbilder zum Schmunzeln gebracht. Spätestens seit „Serengeti darf nicht sterben“ wissen die meisten Leute, dass Löwenmännchen gern auf der faulen Haut liegen, während ihre Jungen mit ihrer Schwanzquaste spielen. Und die Weibchen indessen jagen und die blutverschmierten Schnauze tief in die erlegte Beute versenken.

Eine sehr interessante Ausstellung – gerade wegen des Spannungsbogens der hervorragenden Gemälde und Tierstudien bis zum dunklen Kapitel des Kolonialismus und des sich wandelnden Bildes von Afrika im Allgemeinen und Wildtieren im Besonderen. Nicht zuletzt auch deswegen interessant, weil eine Marketing-Masche – Kuhnerts heiles Afrika-Bild -, die bis heute Auswirkungen hat, offengelegt wird.
Wer mehr darüber lesen möchte: Die ausgezeichneten Wandtexte der Ausstellung sind auf der SCHIRN-Homepage zum Lesen und Download.

Zusammenfassend habe ich aus der Ausstellung mitgenommen:
– Kuhnert war ein exzellenter Maler
– Kuhnert hat ein traumhaftes Bild der menschenleeren Wildnis Afrikas und der Wildtiere erschaffen und flächendeckend vermarktet, dass das Bild von Afrika in den Köpfen vieler Europäer bis heute prägt
– Kuhnert hat sich kolonialer Infrastrukturen (zunächst kritiklos) bedient und wurde sich erst später der Unrechtmäßigkeit des Kolonialismus bewusst.

Metamorphism

Julian Charrière: “Metamorphism”

Die Wildnis in der modernen Kunst
Als Ergänzung unbedingt empfehlenswert ist auch die zweite Ausstellung Wildnis“, die den Blick von Künstlern auf die Wildnis dokumentiert.
Dabei wird die Projektionsfläche „Wildnis“ unter politischen und zeitgeschichtlichen Aspekten vorgestellt, von der ersten Nationalpark-Bewegung bis zum aktuellen Kampf um die Erhaltung Europas letzten Urwald, dem Białowieża-Nationalpark in Polen.
Darin geht es nochmals um die Kraft der Bilder und wie künstlerische Darstellungen die Wildnis auch in der breiten Bevölkerung bekannt gemacht hat. Was in manchen Fällen nachweislich zur Einrichtung von Nationalparks oder Schutzgebieten geführt hat.

Bettina-und-der-Wolf

Rotschöpfchen und der Wolf (Mark Dion: Mobile Wildernesss Unit (2006) )

Ein weiteres brandaktuelles Thema sind die Skulpturen “Metamorphism” von Julian Charrière: Die Verschmelzung von Kunststoffen und Gestein. Solche Gesteinsbildungen, die neben Mineralien auch Kunststoffe enthalten, gibt es bereits an vermüllten Stränden – Geologen nennen sie Plastiglomerate.  “Metamorphism” steht als Mahnmal für die Plastisphäre – die großflächige Verseuchung aller Ökosysteme mit Plastik.
Natürlich ist auch die Debatte um den Wolf mit einem Exponat vertreten, die ja auch gerade Thema auf meertext war. In Mark Dions “Mobile Wildernesss Unit” (2006) steht der Wolf auf  einigen Quadratmeter Naturlandschafts-Fake auf einem Anhänger und kann so an beliebiger Stelle geparkt werden.

Werke von Darren Almond, Karel Appel, Hicham Berrada, Frères Bisson, Julian Charrière, Ian Cheng, Marcus Coates, Constant, Tacita Dean, Mark Dion, Jean Dubuf­fet, Max Ernst, Joan Font­cu­berta, Luke Fowler, GUN (Group Ultra Niigata), Camille Henrot, Pieter Hugo, Asger Jorn, Per Kirkeby, Jacob Kirke­gaard, Joachim Koes­ter, Richard Long, Heinz Mack, Ana Mendieta, Helmut Midden­dorf, Geor­gia O’Keeffe, Richard Oelze, Gerhard Richter, Briton Rivière, Henri Rous­seau, Lin May Saeed, Frank Stella, Thomas Struth und Carle­ton E. Watkins sind selten in einer Schau zu sehen und bieten sehr unterschiedliche Techniken und Blickwinkel zur Wilrdnis als Projektionsfläche für Sehnsüchte und Ängste.

Wir haben in den Ausstellungen zweieinhalb anregende Stunden verbracht und viel Gespächsstoff mitgenommen.

Kommentare (19)

  1. #1 tomtoo
    26. November 2018

    Auf dem Handy wirken die Bilder geradezu Photorealistisch, erst beim Vergrößern sieht man das Impressionistische. Man sollte mit Vergangenem nicht immer all zu hart in’s Gericht gehen. Auch wir sind alle nur Kinder unserer Zeit.

  2. #2 Bettina Wurche
    26. November 2018

    @tomtoo: Danke für DEN Kommentar. Dieser Beitrag hat nämlich einen Hintergrund, der zeitnah als zweiter Beitrag folgt : ) Und da geht es um genau diese Bewertung aus heutiger Sicht.

  3. #3 Beobachter
    27. November 2018

    Um es mal wenig optimistisch auszudrücken:

    Man kann/muss mit “Vergangenem”, früheren Generationen, hart in`s Gericht gehen –
    wenn man es mit Gegenwärtigem, der eigenen Generation, auch tut.
    Zumal sich ja offenbar Vieles wiederholt … !

    Jeder ist “das Kind seiner Zeit”, und es hat zu allen Zeiten Leute gegeben, die aufmerksam und kritisch waren – und solche, die es nicht waren.

  4. […] „König der Tiere“ – Cat-Content zwischen Kunst und Kolonialismus […]

  5. #5 Bettina Wurche
    27. November 2018

    @Beobachter: Die Ausstellung lässt keinen Zweifel an den Verbrechen der Kolonialherren. Ich bin bloß der Meinung, dass man die Bilder trotzdem großartig finden darf. Diese Diskussion ist Inhalt des 2. Beitrags:
    https://scienceblogs.de/meertext/2018/11/26/kritik-an-ausstellung-ueber-kolonial-maler-in-der-fr-meine-replik-darauf/

  6. #6 RPGNo1
    27. November 2018

    Ich habe diesen Artikel, die Kritik der FR und auch Bettinas Replik darauf gelesen. Daher muss ich mich tomtoos Kommentar anschließen. Bei aller kritischen Betrachtungen von historischen Personen oder Gruppierungen sollte immer auch der Zeitkontext berücksichtigt werden.

    Thomas Huxley, auch als Darwins Bulldogge bekannt geworden, war ein eifriger Verfechter der Evolutionstheorie, hat aber trotzdem in Bezug auf verschiedene Menschgruppen Ansichten vertreten, die wir heute als rassistisch bezeichnen würden. Er war ein typisches Kind des britischen viktorianischen Zeitalters.

    Andererseits sind wir stolz darauf, dass unsere Demokratie von den alten Griechen entwickelt wurde, verdrängen aber allzu gerne, dass Frauen nicht in den Genuss dieser Demokratie gekommen sind und Sklaven wie selbstverständlich gehalten wurden.

  7. #7 Christian Berger
    27. November 2018

    Ich bitte um Entschuldigung, aber bei diesem Titel muss ich einfach auf den gleichnamigen Deutschen Zeichentrick “Mockbuster” hinweisen, in dem ein Panter die Tiere des Dschungels versklavt und diese dann Geier mit Computern, Modems und Telefonanschlüssen bestechen, damit die den Koch des Panters dazu bringen ihn zu vergiften.

    Ein sehr, öhm… eigenwilliger Umgang mit dem Thema.

  8. #8 Beobachter
    27. November 2018

    @ Bettina Wurche, # 4:

    Natürlich darf man die Bilder trotzdem großartig, schön, finden.
    Man darf trotzdem auch Schlösser, Burgen und Kirchen, Dome, Kreuze an Feldwegen (selbst als Atheist … 😉 ) großartig und schön finden.
    Ebenso die Pyramiden und die Chinesische Mauer usw.

    Wenn man dabei den historischen und gesellschaftlichen Kontext mit seinen Herrschafts-/Machtverhältnissen nicht vergisst, sich Gedanken macht, Bezüge zur Gegenwart herstellt, darüber redet.
    Wenn es also nicht nur beim reinen “etwas schön finden” bleibt, haben solche (mit Texten kritisch kommentierte) Ausstellungen doch “ihren Sinn erfüllt”.
    Und es wird angeregt darüber diskutiert – das Beste, was passieren kann.

    Dazu fiel mir spontan ein Gedicht von Brecht ein:

    “Fragen eines lesenden Arbeiters” (1935)

    https://www.sgipt.org/wisms/geswis/brecht.htm

    @ RPG, # 6:

    Zu “typische Kinder einer (ganz bestimmten) Zeit” … :

    Auch heutzutage wird die Darwin`sche Evolutionstheorie missbraucht, um daraus üblen Sozialdarwinismus zu basteln, rassistische und biologistische krude Theorien abzuleiten (siehe AfD-Höcke) etc.

    Und modernen Kolonialismus und modernes Sklavenhaltertum gibt es heute wieder.

    Und die demokratische Gleichberechtigung/Gleichstellung der Frau ?!
    Selbst im westeuropäischen demokratischen Frankreich, dem Land der Aufklärung und Revolution, erhielten Frauen erst 1944 das Wahlrecht, in Liechtenstein erst 1984 das STIMMrecht!

    Man braucht also gar nicht anno dazumal zu bemühen (viktorianisches Zeitalter, die alten Griechen), um zu erkennen, dass es mit unseren “gesellschaftlichen Fortschritten” oft gar nicht so weit her ist.

  9. #9 zimtspinne
    27. November 2018

    Schade, Bettina, dass du keins der Wokenkuckucksheim-Löwenfamilien gezeigt hast, sondern nur das authentisch wirkende der Löwin mit Nachwuchs…. die hätten mich garantiert auch zum Schmunzeln gebracht.

    Man kann ja froh sein, dass er nur die Löwenidylle malerte und kein Afrika-Idyll mit “Freitagen und ihren Gebietern” glücklich vereint am Tisch Speis und Trank teilend.

    Ich war noch nicht auf Massen von Ausstellungen, aber einige hab ich schon im Laufe der Zeit gesehen.

    Hätten die überwiegend aus Textgeschwurbel mit erhobenem Moralfinger bestanden statt aus Bildern oder Kunstwerken, wäre ich wohl auf keiner dieser Ausstellungen sehr alt geworden.

    eine Ausstellung gibt dem Betrachter idealweiser keine Richtung vor, in die er zu denken und betrachten hat, sondern lässt ihm vielmehr Raum, viel Raum, sich eigene Gedanken zu machen und diese Gedanken in alle Richtungen schweifen zu lassesn.

    Der Betrachter ist doch nicht blöd!
    Klar, dominieren in einer Ausstellung Bilder/Kunstwerke und keine moralinsauren Textwände, die viele Besucher wahrscheinlich manipulativ und intelligenzbeleidigend verstünden. Außer Beobachtern natürlich; denen kann es gar nicht moralgewaltig genug sein! Argh!!

    Man sollte eigentlich Kunstgalerien und Vernissagen auch mit ausführlichen Textwänden versehen, denn sicher lag einiges im Argen zu Lebzeiten der Maler.

    Ich möchte auch lieber nicht wissen, was unsere Nachfahren in 100, 200 Jahren mal alles kritikwürdig finden an unserer Einstellung und Lebensweise — da würde uns sicher Hören und Sehen vergehen.

    Dieser Herr Kuhnert hat ja immerhin noch zu Lebzeiten ein Unrechtsbewusstsein entwickelt, was man von einigen brandaktuellen Zeitgenossen, zB Politikern, nun wahrlich nicht behaupten kann.

    Mal noch am Rande, find ich persönlich Löwen gar nicht so arg kätzisch, die haben eher Ähnlichkeit mit Bären und anderen täppischen Tieren.
    Ich bin ja ein Fan der Kleinkatzen, Gepard und Puma gerhören auch dazu. Sehr geschmeidig und elegant, nicht so pfauig protzend wie die Löwen mit ihrer Mähne und Puderquaste! 😉

  10. #10 Bettina Wurche
    27. November 2018

    @zimtspinne: “Der Betrachter ist doch nicht blöd” – exakt das ging mir als Replik auf die FR-Kritik als erstes durch den Kopf. Und ich finde es auch wichtig, dass Ausstellungen zum Denken und Diskurs anregen, ohne die Deutungshoheit für sich zu beanspruchen. Danke!

  11. #11 Beobachter
    27. November 2018

    @ Bettina Wurche:

    Vorhin habe ich zweimal kurz hintereinander versucht, einen Kommentar abzuschicken – hat aber aus unerfindlichen Gründen nicht geklappt.
    Vielleicht ist er irgendwie/-wo hängen geblieben ?

  12. #12 Bettina Wurche
    28. November 2018

    @Beobachter: Du bist jetzt schon der 2., der mich darauf anspricht – ich hatte gestern SPAM und Papierkorb überprüft, dort sind keine Kommenatare hängen geblieben. Bei möglichem SPAM bekomme ich eigentlich eine Benachrichtigung zur Überprüfung von Kommenataren, das war hier nicht der Fall. Ich werde nachher mal unseren Admin deswegen anschreiben.

  13. #13 Beobachter
    28. November 2018

    @ Bettina Wurche:

    Danke, dass du nochmal nachsiehst.
    Vielleicht lag es an einem Link (zu einem Brecht-Gedicht).
    .. wäre schade, wenn mein Kommentar untergegangen wäre …

  14. #14 Bettina Wurche
    28. November 2018

    @Beobachter: Sorry, der war im SPAM weit nach unten gerutscht. Danke für den link zum wunderbaren Brecht-Gedicht und Deine interessanten Gedanken!

  15. #15 gedankenknick
    29. November 2018

    Ich hatte auch nen Link drin – zu einem Artikel der Märkischen Allgemeinen Zeitung über einen (bestimmten) Wolf. Keine Ahnung, ob es daran lag…

  16. #16 Bettina Wurche
    29. November 2018

    @gedankenknick: Ganz bestimmt – Kommentare mit links werden nicht sofort freigeschaltet. Normalerweise bekomme ich eine Benachrichtigung, den Kommentar zu überprüfen. Diese Nachricht ist mir offenbar durchgegangen.

  17. #17 Beobachter
    1. Dezember 2018

    @ Bettina Wurche, # 13, # 9:

    Nachtrag:
    Habe eben erst mitbekommen, dass mein Kommentar # 8 doch wieder aufgetaucht und auch eingestellt worden ist.
    Danke für`s Nachgucken !

    Anm.:
    Meistens lese ich bei deinem Blog nur mit und staune über all die beschriebenen wunderbaren Lebewesen!
    Umso schmerzlicher ist es, dass sehenden Auges so viele Lebensräume für Pflanzen, Tiere und Menschen zerstört werden, weil man ausschließlich (meist kurz- bis mittelfristige) wirtschaftliche Interessen verfolgt.

    Und je besser man sich auskennt (Artenvielfalt, notwendige Lebensbedingungen, Nahrungsketten etc.), desto wehmütiger wird man wohl angesichts der Tatsache, dass ein Umdenken (an entscheidenden Stellen) kaum bis gar nicht oder viel zu spät stattfindet.
    Oder bin ich da zu pessimistisch?

  18. #18 Bettina Wurche
    2. Dezember 2018

    @Beobachter: Ich bin da absolut pessismistisch. Je besser ich mich auskenne, desto schlimmer wird es. Gerade jetzt, mit dem Rückfall in den Nationalismus, der Abkehr von multilateralen Abkommen und einer Abkehr von vernünftigen, weitblickenden und zukunftsweisenden Entscheidungen (die eh schon alle nicht ausreichend waren) sehe ich immer schwärzer. Ich mach das Fass jetzt nicht auf, sonst muss ich den ganzen Sonntag Kommentare freischalten (Satireschild hochhalt)

  19. #19 Beobachter
    2. Dezember 2018

    @ Bettina Wurche, # 18:

    Das Fass muss wahrlich nicht aufgemacht werden.
    Mir geht es ähnlich – in Bereichen, in denen ich mich zunehmend besser auskenne.
    Trotz alledem muss man sich immer wieder sagen:
    “Lerne lachen ohne zu weinen” (K. Tucholsky, 1931)

    https://www.verbrannte-buecher.de/?page_id=839

    Uns allen einen entspannten 1. Advent-Sonntag …