Dieser Beitrag ist Teil 3 von Klimawandel in der Arktis und basiert ebenfalls auf der Präsentation „Weitsicht Special: Welche Zukunft hat die Arktis?“
Dort hatten vier langjährige Arktisreisende – der Photograph und Tourguide Norbert Rosing, der Ethnologe, Journalist, Photograph und Arktis-Reisende Bernd Römmelt, die erfahrene Ethnologin Jana Steingässer sowie die Meeresbiologin und Arktis-Tourguide Julia Hager ihre Erfahrungen der Arktis präsentiert. Jede/r hat den Klimawandel und dessen Bedeutung für die menschlichen und tierischen Bewohner der Arktis teilweise über drei Jahrzehnte hinweg dokumentiert und in eindrucksvollen Bildern vorgestellt.
Ihre persönlichen Erfahrungen deckten sich mit dem Stand der Forschung und illustrierten die abstrakten Datensätze und wissenschaftlichen Publikationen.
Die Ethnologin Jana Steingässer hat dabei u. a. grönländische Inuit gefragt, was die höheren Temperaturen für sie bedeuten und ihre Erwartungen für die Zukunft erfragt.
Für manche Inuit ist ihre traditionelle Lebensweise wichtig und erstrebenswert, für andere, vor allem die Jüngeren, eher nicht.
Ein Teil der grönländischen Inuit betrachtet das Tauen des Eises und den damit zunehmenden Bergbau und die Ölförderung immer weiter im Norden als Chance: Sie sehen die Chance, endlich Ausbildungen und gut bezahlte Arbeit zu bekommen. In Relation zu dem, was sie jetzt haben, wäre das sicherlich ein Quantensprung. Eine junge Frau antwortete auf Jana Steingässers Frage nach ihren Wünschen: Sie wolle das haben, was die meisten Menschen in Europa haben: Sie will so wohnen, so arbeiten und für ihr Kind und sich solche Bildung und Ausbildung haben.
Die derzeitige Situation der meisten grönländischen Gemeinden ist so, dass ganze Familien in ärmlichen Verhältnissen in kleinen Häusern mit wenig Komfort wohnen. Die Ansiedlungen bieten weder gute Einkaufsmöglichkeiten noch Abwechslung oder Zerstreuung. In größeren Ansiedlungen gibt es vielleicht noch eine Grundschule, für eine weitere Schulbildung müssen die Kinder in eine der wenigen größeren Städte in Boarding Schools gehen oder gleich nach Dänemark. Auch die medizinische Versorgung ist dementsprechend wenig ausgebaut. Trotz der spektakulären arktischen Natur sind also nicht alle davon ausnahmslos begeistert.
(Diese einzelnen Interviews sind keine statistisch relevanten Umfragen, sie sind Stichproben und geben lediglich das ambivalente Stimmungsbild wieder.)
Klimaschwankungen und ihre direkten Folgen
„Klimaschwankungen sind natürlich, dann wird das jetzt doch auch kein Problem.“
Natürlich hat es immer Klimaschwankungen gegeben.
Wie wahrscheinlich auf allen Planeten des Universums.
Ein Klimawechsel auf einem belebten Planeten bzw. Mond führt meist zu einer nachhaltigen Veränderung der Lebensumstände.
Das kann für Lebewesen unterschiedliche Folgen haben:
- ihnen geht es besser als zuvor
- ihnen geht es schlechter
Bei einer Verschlechterung der Lebensumstände gibt es wieder verschiedene Möglichkeiten:
- sie passen sich am Ort an
- sie sterben
- sie leben unter schlechten Umständen schlecht weiter
- sie wandern in bessere Gefilde.
Im Moment ändert sich das Klima allerdings wesentlich schneller als je zuvor innerhalb von Jahrzehnten und Jahrhunderten, statt in Jahrtausenden oder Jahrmillionen, da bleibt eher keine Zeit für Anpassung.
Für Menschen gibt es bei Klimawandel mehrere Optionen:
1. Ihnen geht es besser als zuvor:
Anhänger der traditionellen hocharktischen Lebensweisen wie nomadische Rentierzüchter oder Meereis-Jäger dürften mit dem Tauwetter in der Arktis nur wenige Chancen haben, diese Traditionen so fortzuführen.
Gewinner des Klimawandels dürften Menschen der hohen arktischen Breiten sein. Jedenfalls diejenigen, die keinen großen Wert auf ihre traditionelle Lebensweise, die vom Eis bzw. Meereis abhängt legen (s. Interviews der Ethnologin Jana Steingässer).
2. Ihnen geht es schlechter als zuvor.
Dann besteht die Möglichkeit, in bessere Gefilde zu wandern.
Menschen hatten in der Vergangenheit die Neigung, bei einer Klimaverschlechterung in eine Region aufzubrechen, wo sie bessere Lebensbedingungen finden. Spätestens seit der Seßhaft-Werdung der Menschen und ihrem Ackerbau beanspruchen Gruppen von Menschen spezifische Areale, die oftmals klar abgegrenzt sind.
Das bedeutet, dass Wanderungen (Migration) oft in die bereits von einer anderen Gruppe besetzten Areale stattfinden. Sind dort ausreichend Platz und Ressourcen vorhanden, ist alles gut. Bringen die Neu-Ankömmlinge besondere Kenntnisse, Güter oder andere Vorteile mit, die für die Alteingesessenen von Vorteil sind, kann die Wanderung zum Gewinn für alle werden.
Sobald aber eine Konkurrenz um knappe Ressourcen einsetzt, wird es problematisch.
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