Eine anhaltender Klimaverschlechterung und eine größere Anzahl (Hunderttausende oder mehr) von Klimaflüchtlingen hat in der Vergangenheit
- zur Besiedlung neuer, bisher nahezu unbewohnbarer Landstriche geführt
Das beste Beispiel dafür ist die Besiedlung der Wikinger von Grönland. - häufiger zu Kriegen, Seuchen, der Implosion von Ackerbau, Handwerk und Gewerbe, Sozial- und Gesundheitssystemen geführt.
Eine Katastrophe sowohl für die Ansässigen als auch für die Wandernden.
Ein Beispiel dafür ist die Völkerwanderung der Vandalen nach Rom, die heute im Kontext zu einer Klimaänderung betrachtet wird.
Ulf Büntgen, Willy Tegel et al hatten „erstmals das europäische Sommerklima der letzten 2500 Jahre anhand von Jahrringen [von Bäumen] erfasst. Die Resultate zeigen auffällige Parallelen zwischen starken Klimaschwankungen und großen gesellschaftlichen Veränderungen wie Völkerwanderung, mittelalterlicher Blütezeit sowie Folgen von Pest und Krieg.“
Wenn ich nun beobachte, welche Reaktionen die derzeitige Migration nach Europa hervorruft, mag ich mir kaum vorstellen, was passieren könnte, wenn sich die prognostizierten Klimaflüchtlinge auf den Weg machen.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sich eine Festung Europa mit ihren Armeen gegen eine solche große Menge verzweifelter Menschen wehren möchte und dürfte, das würde das Ende unseres Verständnisses vom Menschsein bedeuten.
Außerdem könnten die bislang wohlhabenden Bewohner von Nord-West-Europa (dazu gehört Deutschland) selbst zu Klimaflüchtlingen werden. Für Europa sind bisher regional sehr unterschiedliche Szenarien in der Diskussion, von einer Abkühlung in Nord-West-Europa bis hin zur Versteppung und möglichen Erwärmung der mittleren und östlichen Bereiche. Zur Erinnerung: Starke Temperaturgefälle bedeuten i. d. R. einen Zuwachs an Wetterextremen, wie es bereits in verschiedenen Regionen (nicht nur Europas) zu beobachten ist.
Interessant wäre es, zu spekulieren, was passiert, wenn sich der fruchtbare Weizengürtel aus dem derzeitigen Mitteleuropa in Richtung Sibirien verschiebt:
„Die Vertreter der These, Sibirien werde in einer wärmeren Welt zur Kornkammer, berufen sich häufig auf die Studie eines -Forscherteams aus Russland und den USA (Tchebakova et al. 2011). Die Wissenschaftler untersuchten anhand mehrerer Modellrechnungen und Szenarien mögliche Klimaentwicklungen für die sibirische Region Krasnojarsk und die zwei südlich angrenzenden Republiken Chakassien und Tuwa bis etwa zum Jahr 2080. Der größte Teil des Gebietes ist heute zu kalt für den Anbau von Ackerpflanzen wie Weizen, Hafer, Mais, Reis oder Zuckerrüben. Bereits seit 1960 habe es, so die Studie, eine deutliche Erwärmung gegeben. Und diese Entwicklung werde weitergehen.“
Das bedeutet also, dass Klimaänderungen zwar schon immer stattgefunden haben (aber noch nie so schnell wie heute), sie allerdings ganz erhebliche Probleme nach sich ziehen können.
Doch zurück zur Veranstaltung „Welche Zukunft hat die Arktis?“
Im Anschluss an die Impulsvorträge leitete Prof. Dr. Torsten Schäfer die Diskussionsrunde zur Zukunft der Region über dem nördlichen Polarkreis und ihrer Gefährdung.
Eigentlich war es gar keine Diskussion in der Expertenrunde, denn die vier DiskussionsteilnehmerInnen waren sich einig, dass endlich etwas passieren müsse und es hat sich auch aus dem Publikum niemand gemeldet und gesagt, dass er Klimaschutz doof findet. Dann kamen die üblichen Selbstverpflichtungen und Tipps zu weniger Flug- und Fernreisen und ähnliches und, dass wir vom Diskutieren endlich zum Handeln kommen müssen wir, etc. Interessant war in diesem Kontext auch, dass die Arktisreisenden ihre eigene Reisetätigkeit hinterfragten. Schließlich hinterlassen Flugreisen den größten CO2-Fußabdruck.
Was hat uns der Abend außer einigen neuen Detailkenntnissen und tollen Bildern gebracht?
Sehr wenig.
Denn die ReferentInnen und das Publikum waren eine Filterblase, niemand musste von der Bedeutung des Themas überzeugt werden.
Für mich sprach Schäfer einen sehr wichtigen Punkt an: Klimaschutz wurde bisher vor allem als individuelle Aufgabe an die einzelnen Menschen durchgereicht: Als KonsumentIn und Währlerin liegt es in Deiner Hand… Tu was!
Das reiche nicht mehr, es müssen großformatige politische Entscheidungen gefällt werden. Da stimme ich ihm vollständig zu.
Schäfer ist Autor, Umwelt- und Reisejournalist, Professur für Journalismus mit Schwerpunkt Textproduktion in Darmstadt.
Von ihm hätte ich gern mehr über seine Ansätze für eine sinnvollere Kommunikation dieses Themenkomplexes gehört. Dazu war leider keine Zeit mehr.
Kommunikation als Herausforderung und Klimaschutz als Chance
Mein persönliches Fazit ist: Die eigentliche Herausforderung für den Klimaschutz ist die Kommunikation.
Wie bekommen wird diejenigen zum Klimaschutz, die sich mit dem Thema nicht beschäftigen, überfordert sind, ihre Privilegien wie „Freie Fahrt für freue Bürger“ mit Zähnen und Klauen verteidigen oder Konsum als wichtigstes Hobby haben?
Als erfahrene Umweltpädagogin, mitreißende Referentin und engagierte Journalistin und Biologin kann ich hier nur sagen, dass das extrem schwierig ist. Diese Unerreichbaren haben keinen Empfangskanal dafür, sie beschäftigen sich nicht von sich aus mit dem Thema und vermeiden zu komplexe Themen. Oder halten es für links-grün-liberal-versiffte Spökenkiekerei und einen Angriff auf ihr Leben mit ihren persönlichen kleinen Privilegien.
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