Darrell D. Blatchley (D`Bone Collector Museum) führt die Nekropsie des Cuvier-Wals durch. ( (C) Darrell D. Blatchley – many thanks for the permit for this picture!)

Auf der Philippinen-Insel Mindanao ist am 16.03.2019 ein Cuvier-Wal gestrandet und kurz danach verstorben – der Meeressäuger hatte über 40 Kilogramm Plastik im Magen. Mitarbeiter der Fischereibehörde und Fischer hatten zunächst vergeblich versucht, das Tier wieder ins Meer zu lotsen. Der Wal strandete jedoch erneut und verstarb dann.
Darrel D. Blatchley, Meeresbiologe und Direktor des privaten D’ Bone Collector Museum Inc., war zu der Strandung gerufen worden und führte die Nekropsie durch.
Das Ergebnis: Der Cuvier-Wal war ein junges Männchen,  4,69 Meter (15.4 Fuß) lang. Gestorben war er an einem “gastric shock”: “40 kilos of plastic bags, including 16 rice sacks. 4 banana plantation style bags and multiple shopping bags”.
Vor seinem Tod hatte der Wal noch Blut gespuckt. Bei der Sektion wurde sichtbar, dass das Plastik bereits stark kompaktiert und verhärtet war. Darrel D. Blatchley meinte gegenüber der Presse, das Plastik sei bereits kalzifiziert gewesen – in lebenden Körpern werden störende Fremdkörper verkapselt, um Kanten abzurunden. Der harte Kunststoff-Batzen hatte den Walmagen offenbar vollkommen ausgefüllt und verletzt. Der Wal war ausgehungert, dehydriert und ist letztendlich an der Verletzung und Lähmung des Magens (gastric shock) verstorben.

Cuvier-Wal in der Ligurischen See – Maschio adulto di Ziphius cavirostris al largo della Liguria ( CC Emmanuelbaltasar )

Schnabelwale und das D’ Bone Collector Museum
Cuvier-Wale (Ziphius cavirostris) gehören zu den Schnabelwalen (Ziphiidae). Die amtierenden Tieftauch-Champions schaffen  2992 Meter Tiefe und 137,5 Minuten Tauchdauer, wie vor der kalifornischen Küste nachgewiesen wurde. Wie alle Schnabelwale jagen sie in der Tiefe vor allem Tintenfische. Wenn Cuvier-Wale den Magen voller Plastik haben und sie überwiegend in tiefen Meeresschichten jagen, ist zu befürchten, dass der Plastikmüll im Meer bereits große Tiefen erreicht hat.

Warum Zahnwale trotz ihres leistungsfähigen Sonars Plastikteile statt Tintenfische schlucken? Mit Wasser gefüllte Plastikteile sehen für einen hungrigen Wal offenbar Tintenfischen sehr ähnlich, auch Fischereigerät und andere Plastikteile erinnern wohl an Kalmar-Tentakel. So schlucken die Meeressäuger statt proteinreicher Nahrung immer wieder unverdauliche Kunststoff-Objekte. Diese werden nicht verdaut und ausgeschieden, sondern verbleiben im Magen. Irgendwann ist der Magen dann voll, die Tiere können keine echte Nahrung mehr aufnehmen und verhungern mit plastikgefülltem Magen. Da Wale auch ihren Süßwasserbedarf mit der Nahrung decken, dehydrieren sie bei Nahrungsmangel auch.

Das D’ Bone Collector Museum in Davao ist ein privates Museum, das mehr als 200 Skelette zeigt. Zwei Pottwal-Skelette und mehrere andere Wale sind die Glanzstücke der Sammlung. Der Meeresbiologe und Umweltschützer Darrell D. Blatchley hatte das Museum 2012 eröffnet. Seine Mission: Das Sammeln, Präparieren und Ausstellen toter Tiere, um den Menschen auf den Philippinen ihre Fauna näher zu bringen und sie auf Umweltprobleme wie den Plastikmüll im Ozean aufmerksam zu machen. Dabei arbeitet er auch mit den örtlichen Behörden wie der Fischereibehörde zusammen, die die Eröffnung seines Museums ausdrücklich begrüßte. Als private Instituton ist das Museum auf Spenden angewiesen.
Der jetzt gestrandete Cuvier-Wal wird in die Sammlung aufgenommen. Das D’ Bone Collector Museum hat mit schon zwei Cuvier-Walen (Ziphius cavirostris), fünf Blainville-Zweizahnwalen (Mesoplodon densorostris) und zwei Hotaula-Zweizahnwalen (Mesoplodon hotaula) bereits eine kostbare Sammlung der selten zu sehenden Schnabelwale, um die sie manches größere Museum sehr beneiden dürfte. Mesoplodon hotaula war erst 2014 als Art erkannt worden.
Schnabelwale sind scheue Tieftaucher, die fern der Küsten leben und Begegnungen mit Schiffen und Menschen eher vermeiden.

Was eine Einweg-Plastikgabel aus Deutschland mit der Plastikflut im Pazifik zu tun hat
Die Philippinen sind – nach China und Indonesien – die drittgrößten Verursacher von Plastikmüll im Meer, wie der UN-Report “The state of plastics: World Environment Day Outlook 2018” feststellte: China ist für 27,7 %, Indonesien für 10,1 % und die Philippinen für 5,92 % des “dismanaged waste” verantwortlich. Also für Plastik-Abfall, der im Ozean gelandet ist.
Im Mageninhalt des Wals wird wieder deutlich, dass nicht nur das Einweg-Plastik von Endverbrauchern, sondern auch Landwirtschaft und Industrie ganz erheblich zu der Plastik-Flut beitragen. Darum braucht es neben Aufklärung zum Eindämmen der Plastik-Flut mehr staatliche Regelungen und vor allem Kontrollen, auch in Asien.
Das Hauptproblem in asiatischen (und afrikanischen) Ländern ist die mangelnde Müll-Entsorgung. Plastikmüll ist ein zu neues Phänomen, die Länder haben dafür niemals eine Infrastruktur aufgebaut und sind mit einem angemessenen modernen Müll-Management überfordert. Darum gibt es mittlerweile eine ganze Reihe von Initiativen, die nach Lösungen suchen: Staatliche wie Entwicklungshilfe-Projekte, NGOs und sogar Initiativen von Konzernen. Es mag sein, dass die einzelnen Projekte zu klein oder zu utopisch erscheinen. Ich halte es allerdings für wenig wahrscheinlich, dass es beim Plastik-im-Ozean-Problem eine einzige, alles umfassende Lösung gibt. Ein ganzes Bündel von Maßnahmen hingegen könnte zeitnah Wirkung zeigen. Aus Plastik-Abfall wertvollem Rohstoff zu machen, ist sicherlich eine besonders gute Idee, denn das würde einen klaren Anreiz zum Müllsammeln geben. Wie mit dem Sammeln von Plastik ein sozialer Gewinn wird, zeigt etwa das Beispiel der Plastic Bank in Haiti. 

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Kommentare (101)

  1. #1 tomtoo
    20. März 2019

    Noch ein Grund Wale besser zu Schützen die können als Plastiksammler fungieren.
    //Ironie off
    //kotz

  2. #2 roel
    20. März 2019

    @Bettina Wurche

    “Deutschland hatte bislang nämlich einen erheblichen Teil seiner Kunststoff-Abfälle nach China verschifft.”

    Nein! Es wird aktuell in der Presse und in Reportagen so dargestellt. Aber es ist kein erheblicher Teil.

    Aus deinem o.a. Link https://ourworldindata.org/plastic-pollution zusammengerechnet:

    Deutschland hatte 2016 insgesamt 14.844.550 Tonnen Plastikabfall. Nach China als damals weltweit größter Importeur (72,4% inkl. Hong Kong) von Plastikmüll
    gingen 390.106 Tonnen davon. Das sind 2,6%. Wie gesagt, das ist kein erheblicher Teil.

    Es ist natürlich zuviel. China wollte es natürlich recyclen und hat es nicht geschafft, daher der plötzliche Importstop 2018. Es ist an den reichen Industriestaaten Recyclinglösungen zu schaffen und Vermeidungsstrategien zu verfolgen und das Know-how zu exportieren und keinen Müll.

  3. #3 Beobachter
    20. März 2019

    Man weiß nicht mehr, was man noch sagen soll …

    Gibt es dazu schon genauere Untersuchungen ? :

    Der Mensch soll nicht nur über die Nahrungskette Plastik-(Mikro)Partikel aufnehmen, sondern auch über die Atemluft – wie es im ZEIT-Video von einer Wissenschaftlerin erwähnt wird (Schneeproben!) und es auch im Text dazu steht.

    https://www.zeit.de/video/2018-08/5825387646001/plastik-im-meer-erst-vergiften-wir-den-ozean-dann-uns-selbst
    (August 2018)

  4. #4 Bettina Wurche
    20. März 2019

    @Beobachter: Untersuchungen zu was?

  5. #5 Bettina Wurche
    20. März 2019

    @roel: Woher genau kommen Deine Zahlen?
    Ich habe dazu andere gefunden:
    “Ein Teil des deutschen Mülls landet aber auch im Ausland. Andere Länder kaufen vor allem gerne Plastikmüll aus Deutschland, um daraus neue Kunststoffe herzustellen. Rund elf Prozent aller Verpackungsabfälle aus Deutschland wurden im Jahr 2016 ins Ausland exportiert, um sie zu recyceln. Gleichzeitig kauft Deutschland selbst Müll aus dem Ausland, vor allem Papier und Glas. Plastikabfälle hat Deutschland 2016 nicht gekauft, erklärt das Umweltbundesamt. Laut Umweltministerium exportierte Deutschland 24,3 Millionen Tonnen Müll [nicht nur Plastik – meertext], importierte selbst aber nur 22,1 Millionen Tonnen.”
    https://www.dw.com/de/das-passiert-mit-dem-deutschen-m%C3%BCll/a-46458099
    und
    “Deutschland allein lieferte 2016 „mehr als 560.000 Tonnen Alt-Plastik in die Volksrepublik“1.
    https://www.bundestag.de/blob/554064/…/wd-8-030-18-pdf-data.pdf
    Diese ganzen Zahlen differieren beträchtlich.

  6. #6 roel
    20. März 2019

    @Bettina Wurche

    https://ourworldindata.org/grapher/plastic-waste-generation-total Maus auf Deutschland halten: 14,48 Million tonnes per year (ich hatte den pro Kopf Verbrauch 0,49 kg pro Tag pro Kopf aus der darüber liegenden Grafik hochgerechnet) ist aber nahezu identisch.

    https://ourworldindata.org/grapher/plastic-exports-to-china

    Plastic exports to China by top 10 exporting countries, 2016

    Germany 390,106 tonnes

  7. #7 roel
    20. März 2019

    @Beobachter Schneeproben sind Schneeproben, wenn man wissen möchte, wieviel Plastik in der Atemluft ist, könnte man sinnvollerweise Luftfilter auswerten. Es gibt, meine ich, auch Staubanalysen, wenn ich etwas mehr Zeit habe, schaue ich mal nach (vielleicht nächste Woche). In der Zwischenzeit siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Hausstaub

  8. #8 Beobachter
    20. März 2019

    @ Bettina Wurche, # 5:

    Zu Mikroplastikpartikeln in der Atemluft und in den Lungen von Menschen.
    Ab welcher Größe sie eingeatmet werden können, woher und wie sie in die Atemluft gelangen, wo/in welchen Regionen sie besonders konzentriert vorkommen etc..
    Und wenn diese Partikel im arktischen UND bayerischen Schnee vorkommen, werden sie wohl über Luftströmungen auch sehr weit transportiert.

    Dann haben wir es mit Plastikpartikeln zu Wasser, zu Lande und in der (Atem)Luft zu tun.
    Keine schöne Vorstellung bzw. Tatsache … – zumal man das Atmen ja nicht einstellen kann.

  9. #9 tomtoo
    20. März 2019

    @Beobachter
    https://www.bmu.de/themen/gesundheit-chemikalien/gesundheit-und-umwelt/lebensmittelsicherheit/verbraucherschutz/mikroplastik/

    Nun da besteht wohl Forschungsbedarf. Aber scheint Ungefährlich. Ein Schelm der bei diesen Aussagen eine Diskrepanz vermutet. ; )

  10. #10 roel
    20. März 2019

    @Beobachter Hier geht es ja vorwiegend um Plastiktüten, die von Walen fälschlicherweise als Nahrung erkannt werden.

    Plastik ist überall verbreitet, die meisten Teppiche, Leitungen, Kabelisolierungen, Schläuche, viele Tapeten, Farben bestehen aus Kunststoffe und haben Abriebe und Ausdünstungen.

    Als Einstieg kannst du hier gucken, da wird auf entsprechende Studien etc. verwiesen: https://www.shz.de/deutschland-welt/panorama/unsichtbares-plastik-die-gefahr-im-leitungswasser-id17757631.html

    “Das Leitungswasser in europäischen Ländern, darunter Großbritannien, Deutschland und Frankreich, weisen die niedrigsten Verunreinigungen auf. Dennoch wurden auch hier in 72 Prozent der Fälle Mikropartikel nachgewiesen. Durchschnittlich wurden in einer 500-Milliliter-Probe in den USA 4,8, in Europa 1,9 Plastikfasern gefunden. – Quelle: https://www.shz.de/17757631 ©2019″

    “Eine Studie aus Frankreich fand 2015 heraus, dass in Paris drei bis zehn Tonnen Mikroplastik quasi aus der Luft fallen auf die Stadt fallen. Die Fasern seien demnach auch in der Luft in Wohnungen und Häusern nachzuweisen. Beim Einatmen gelangen die Stoffe dann in die Lunge und den Kreislauf – mit bislang unerforschten Auswirkungen. – Quelle: https://www.shz.de/17757631 ©2019″

  11. #11 Bettina Wurche
    20. März 2019

    @roel: Danke. Es wäre nützlich, wenn Du Deine Rechenexempel künftig etwas transparenter kommunizieren könntest ; ). Die Quelle
    https://ourworldindata.org/grapher/plastic-exports-to-china
    gibt wieder andere Zahlen. Da frage ich mich, welche stimmt.
    Ich werde nichts davon nachrechnen. Letztendlich ist die Diskussion über die absolute Zahl eine Stellvertreter-Diskussion.
    Der Skandal ist nicht, dass möglicherweise unterschiedliche Zahlen genannt werden, sondern, dass ein reiches Industrieland wie Deutschland seinen Plastikabfall exportiert. Statt Plastikabfall zu vermeiden, umweltschonend recyceln oder sicher zu deponieren, exportiert der angebliche Umweltschutzweltmeister Teile seines Plastikmülls in ein Land, wo der Verbleib des Abfalls intransparent bleibt. Ob er mit erheblicher Umweltbelastung weiterverabreitet oder, eventuell über Dritte, im Meer endet, weiß niemand genau.

  12. #12 Bettina Wurche
    20. März 2019

    @alle: An weiteren Zahlenspielen werde ich mich nicht beteiligen, sie sind für mich nicht das Wichtigste in diesem Kontext..
    Priorität hat, dass Deutschland und andere Industrienationen endlich die Verantwortung für ihre eigenen Abfälle vollständig übernehmen und sich nicht mit Schein-Lösungen aus der Verantwortung freikaufen.

  13. #13 roel
    20. März 2019

    @Bettina Wurche

    “Die Quelle
    https://ourworldindata.org/grapher/plastic-exports-to-china gibt wieder andere Zahlen. ”

    Nein, die Zahlen habe ich richtig daraus kopiert.

    “Der Skandal ist nicht, dass möglicherweise unterschiedliche Zahlen genannt werden, sondern, dass ein reiches Industrieland wie Deutschland seinen Plastikabfall exportiert.”

    Ich sehe den Skandal nicht im Export, wenn denn der Export zu einem ordentlichen Recycling oder sonstigen Nutzen führt. Hat er in diesem Fall offenbar nicht. Das kann vorkommen. Dann kann der Müll aber immer noch zur Energiegewinnung in China genutzt werden. Wenn er statt dessen im Meer landet, ist das der Skandal.

    Aber ich rege mich über die Übertreibungen auf. Wenn es heißt, dass es einen erheblichen Teil betrifft und dieser erhebliche Teil <3% ist. Das erheblich saugst du dir ja nicht aus den Fingern, den Eindruck gewinnt man bei der Lektüre derzeitiger Reportagen.

    Diese 3% sind ein Bruchteil von den Problemen, die wir tatsächlich durch Plastikmüll haben, nicht weiter entwickelte mangelnde Recyclingtechnologien und -kapazitäten. Parallel muss die Restmüllentsorgung neu aufgestellt werden und andere Energien für die ausbleibenden aus der Plastikverbrennung gefunden werden – möglichst kein fossilen Brennstoffe.

    Parallel zur Plastikmüllvermeidung und der Entwicklung besser recyclingfähiger Verpackungen laufen Entwicklung in die entgegengesetzte Richtung. Längere Haltbarkeiten bei Lebensmitteln, Indikatoren die den Verderb von Lebensmitteln anzeigen, verschiedenste Verpackungsgrößen, die alle dafür sorgen sollen, dass weniger Lebensmittel weggeschmissen werden, aber auch dafür sorgen, dass mehr Müll, der schwieriger zu recyclen ist, anfällt.

    "Ich werde nichts davon nachrechnen. Letztendlich ist die Diskussion über die absolute Zahl eine Stellvertreter-Diskussion."

    Das sehe ich nicht so. Ich denke, es wird ein relativ kleines Problem, dass man schnell lösen könnte (Expoprtverbot für Müll), groß aufgebauscht und der Blick auf die größeren Probleme wird verstellt. Eine nüchterne Zahl hilft da, das Problem richtig einzuordnen.

  14. #14 Beobachter
    20. März 2019

    Es geht hier letztendlich um Plastikmüll und Plastikmikropartikel in unserer Umwelt.
    Beim Meertext natürlich in erster Linie im Meer und in dortiger Flora und Fauna.
    Und auch nicht unbedingt im Leitungswasser … 😉

    Warum soll man KEINE Schneeproben nehmen, um P.-Mikropartikel aus der Luft nachzuweisen?
    Das ist sicherlich bei Weitem kostengünstiger und weniger aufwändig als teure Messstationen mit Luftfiltern zu errichten, in Stand zu halten und zu kontrollieren und regelmäßig abzulesen – besonders in der Arktis, wo man nicht jeden Tag hinkommt.
    Mir ist es halt bei diesem Video aufgefallen, wo es um “Plastik im Meer” geht.

    Und zumal es bei Schadstoff-Luftfilter-Messergebnissen und deren unterschiedlicher Interpretation inkl. der zu ziehenden praktischen Konsequenzen ja zappenduster aussieht –
    wie man gerade in letzter Zeit ausgiebig beobachten konnte …

    Ich befürchte, ähnlich wie tomtoo, dass man wohl nicht sonderlich erpicht darauf ist, hier die Forschung voranzutreiben, man will es vermutlich gar nicht so genau wissen.
    Dafür werden schon große Lobbyverbände sorgen …

  15. #15 Beobachter
    20. März 2019

    Nachtrag zu # 13:

    Sorry, in der Eile vergessen – @ roel

  16. #16 Bettina Wurche
    20. März 2019

    @roel: Nicht der Export ist das Problem, sondern: “Statt Plastikabfall zu vermeiden, umweltschonend recyceln oder sicher zu deponieren, exportiert der angebliche Umweltschutzweltmeister Teile seines Plastikmülls in ein Land, wo der Verbleib des Abfalls intransparent bleibt. Ob er mit erheblicher Umweltbelastung weiterverabreitet oder, eventuell über Dritte, im Meer endet, weiß niemand genau.”
    Ich halte diese Probleme auch für lösbar, die Lösungen liegen auf dem Tisch – allerdings sehe ich nicht, dass das Thema konzertiert und strategisch angegangen wird. Stattdessen wird alles aufgeschoben.
    In den nächsten Dekaden können uns dadurch Arten verloren gehen und immense Gesundeistprobleme entstehen. Beides wäre vermeidbar.
    Das macht mich wütend, weil die Ökosysteme auf Jahrhunderte eine schwere Erblast tragen werden.

  17. #17 Bettina Wurche
    20. März 2019

    @roel @Beobachter: Die Studie zur Belastung des Wassers stammt von Orbmedia – das ist ein Recherche-Verband, dem u. a. BBC und Deutsche Welle angehören.
    https://orbmedia.org/stories/Invisibles_plastics
    Die Studie ist also seriös.
    Die französische Studie zur Luftverschmutzung habe ich leider nicht gefunden.
    Aber dieser Spektrum-Artikel erklärt sehr gut die Schwierigkeiten bei der Beprobung:
    https://www.spektrum.de/news/mikroplastik-auch-an-land-ueberall/1562038
    Noch schwieriger ist derzeit der Nachweis, was genau das Mikroplastik in Lebewesen anrichtet: Es gibt zwar reichlich Hinweise auf u. a. auf die Auslösung entzündlicher Prozesse und Mißbildungen etwa bei Fischlarven, aber eben keine direkte Kausalität. Und Langzeitstudien gibt es noch gar nicht.

  18. #18 roel
    20. März 2019

    @Bettina Wurche “Das macht mich wütend, weil die Ökosysteme auf Jahrhunderte eine schwere Erblast tragen werden”

    Nicht nur dich. Wir haben nur diesen Planeten, nur diese Meere und Wälder und diese Atmosphäre und trotzdem handeln viele als hätten wir davon mehrere.

  19. #19 roel
    20. März 2019

    @Beobachter “Warum soll man KEINE Schneeproben nehmen, um P.-Mikropartikel aus der Luft nachzuweisen?”

    Ich bevorzuge immer eine direkte Messung, wenn diese möglich ist. Schneeproben sagen viel über die Belastung des Schnees aus,100 Luftproben über die Luft und 100 Lungenärzte sagen manchmal sehr viel Unsinn.

  20. #20 roel
    21. März 2019

    @Bettina Wurche

    Die französische Studie zur Luftverschmutzung:

    https://hal-enpc.archives-ouvertes.fr/hal-01150549v1

  21. #21 Chis
    21. März 2019

    Die Wale als Plastiksammler einzusetzen, eine gute Idee.

    Die hängen doch nur fett, verfressen und bildungsfern im Wasser. Quasi die Amis der Weltmeere.

    Was kann das Plastik dafür dass irgendwelche Wilden nicht richtig damit umgehen können.

  22. #22 Beobachter
    21. März 2019

    @ roel, # 19:

    Schnee fällt nicht im luftleeren Raum vom Himmel.

    Und die einmaligen, unsinnigen Behauptungen von 100 Lungenärzten finden mehr Gehör und Aufmerksamkeit in Politik und Medien als die sinnvollen, belegten Behauptungen von Tausenden von Wissenschaftlern über Jahrzehnte.
    Komisch, oder?

    zu # 18:

    Und natürlich will jeder für diesen unseren Planeten nur das Beste, selbst die 100 Lungenärzte und die deutsche Autoindustrie.

  23. #23 Bettina Wurche
    21. März 2019

    @Chis: Ich gehe mal davon aus, dass ich das Sarkasmusschild übersehen habe.

  24. #24 Werner Röpke
    Erkerode
    21. März 2019

    aus eigener Erfahrung ( ich lebe in Thailand) würde ich behaupten, daß allein die Bevölkerung in Südostasien schuld ist an der Plastikflut, nicht die Recyclingfirmen, die Plastik aufkaufen. Plastiktaschen gibt es im Überfluß, Plastikwasserflaschen auch, selbstverständlich ohne Pfand. Früher wurden Speisen in Bananenblätter eingebackt zum “take away”. die hat man einfach weggeworfen, sind probemlos verrottet. Dann kamen die Plastiktüten, ja und die hat man genau so behandelt. Da müsste die Erziehung in den Schulen anfangen, tut sie aber leider nicht. Unbesehen davon sollten wir in Westeuropa natürlich Vorbild sein in der Plastikmüllvermeidung. China mit seiner rigorosen Bestrafungspolitik bei Fehlverhalten bekommt das Müllproblem wahrschein zuerst in den Griff, die anderen Ozeananrainer erst viel später.

  25. #25 roel
    22. März 2019

    @Beobachter

    also, du filterst 100 Liter Luft und bekommst x Gramm Plastik. Dann weißt du, wieviel Plastik in 100 Liter Luft waren.

    Du nimmst eine 100 Liter Schneeprobe und findest x Gramm. Wieviel Gramm Plastik waren in 100 Liter Luft?

  26. #26 tomtoo
    22. März 2019

    @Bettina #22
    Nö, bzgl. der bis jetzt von mir registrierten Kommentare der betreffenden Person, scheint das ernst gemeint zu sein. Ja unvorstellbar, aber manchmal trifft einem halt auch das unvorstellbare. ; )

  27. #27 roel
    22. März 2019

    Irgendwie ist ein Kommentar stecken geblieben.

    @Bettina Wurche zu Chis #21 siehe z.B. hier: https://scienceblogs.de/geograffitico/2019/03/13/lesetipp-wer-ist-hier-hysterisch/#comment-87440 dort hat er keine Resonanz gefunden, dann kamen ein paar etwas mehr zurückhaltende Ähnlichgesinnte hinzu und es folgte: https://scienceblogs.de/geograffitico/2019/03/13/lesetipp-wer-ist-hier-hysterisch/comment-page-2/#comment-87582 Der Kommentar war Rassismus und Fremdenverachtung pur und wurde aus guten Grund devokalisiert. Hier: https://scienceblogs.de/geograffitico/2019/03/06/lesehinweis-foschungsfoerderung-fuer-frauen-geringer-als-fuer-maenner/#comment-87341 kommt seine Frauenverachtung zur Geltung. Ach und der hier: https://scienceblogs.de/geograffitico/2019/03/06/lesehinweis-foschungsfoerderung-fuer-frauen-geringer-als-fuer-maenner/#comment-87340

  28. #28 Bettina Wurche
    22. März 2019

    @roel: Danke für die Info. Ich fand #21 grenzwertig, aber so gerade eben noch tolerierbar.

  29. #29 Beobachter
    22. März 2019

    @ roel, # 25:

    Also, wie viele Messstationen mit Luftfiltern gibt es wohl in der Arktis und in höher gelegenen, bayerischen, (noch) schneebedeckten Regionen?
    Messstationen mit Luftfiltern gibt es z. B. noch nicht mal an viel befahrenen Bundesstraßen-Ampel-Kreuzungen in Wohngebieten badischer Kreisstädte.

    Und wenn es sie (inkl. Messergebnisse für Plastikpartikel ! ) gäbe, würden 100 Lungenärzte medienwirksam vermutlich immer noch sagen, dort zu wohnen, wäre gesund.

    Schneeproben zum Nachweis von Plastikpartikeln in der Luft sind auf jeden Fall besser als gar keine – besonders in der Arktis !

  30. #30 Beobachter
    23. März 2019
  31. #31 Beobachter
    24. März 2019

    Schnabelwale, die “Tieftauch-Champions”, sind “Wunder der Natur”:

    https://www.taz.de/Wunder-der-Natur/!5579560/

    “Wunder der Natur
    Der unbekannte Tauchweltmeister
    Kein anderer Meeressäuger kann so lange und tief tauchen wie der Cuvier-Schnabelwal. Der Rekord: 140 Minuten und knapp 3.000 Meter. … ”

    ” … Doch wie diese müsste er dann eigentlich in den Pausen an der Wasseroberfläche entsprechend lange durchschnaufen, um die angehäufte Milchsäure wieder abzubauen – doch das braucht er offenbar nicht. „Sein Tauchverhalten verschiebt die Grenzen der Säugetier-Physiologie“, so Shearer, „und wir wissen immer noch nicht, wie er es hinbekommt.“
    … “

  32. #32 tomtoo
    24. März 2019

    @roel
    “:.:Ich sehe den Skandal nicht im Export, wenn denn der Export zu einem ordentlichen Recycling oder sonstigen Nutzen führt. Hat er in diesem Fall offenbar nicht. Das kann vorkommen…”

    Sry, siehst du da bei deiner Kombination von Sätzen nicht ein gewisses Problem. Ich meine rein inhaltlich?

  33. #33 Bettina Wurche
    24. März 2019

    @Beobacher: Danke. Die Studie bestätigt ja die Studie vor der US-Westküste von 2014:
    https://scienceblogs.de/meertext/2014/03/28/cuviers-schnabelwal-der-neue-tieftauch-champion/
    Über die ich natürlich geschrieben hatte:
    https://scienceblogs.de/meertext/2014/03/28/cuviers-schnabelwal-der-neue-tieftauch-champion/

    In einem Punkt irrt der taz-Artikel/die Originalstudie: Vor der nordnorwegischen Küste hat es sehr wohl eine Fischerei auf Schnabelwale gegeben. Nicht auf den Cuvier-Wal, der dort nicht vorkommt, sondern auf den Entenwal (Hyperoodon ampullatus). Schnabelwale haben ein den Pottwalen sehr ähnliches Kopföl in ihren großen Melonen, das kostbaren Walrat.
    Diese Fischerei ist aber historisch, da muss man schon tief in der Literatur graben. Ich habe über die nordatlantischen Schnabelwale Hyperoodon ampullatus (Entenwal) und Mesoplodon bidens (Sowerby-Zweizahnwal) meine Diplomarbeit geschrieben, darum habe ich vieles noch gut im Kopf.

  34. #34 Bettina Wurche
    24. März 2019

    @tomtoo: Das ging mir auch so : )

  35. #35 Beobachter
    24. März 2019

    @ Bettina Wurche, # 32:

    Danke für die Links und auch für die Erwähnung von “Walrat” – hatte ich zum ersten Mal gehört und habe gleich nachgesehen:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Walrat

    Es gibt so viel interessante Dinge/Bereiche, von denen man keine Ahnung hat – das Leben ist doch zu kurz … 😉

  36. #36 roel
    25. März 2019

    @tomtoo und @Bettina Wurche

    “Sry, siehst du da bei deiner Kombination von Sätzen nicht ein gewisses Problem. Ich meine rein inhaltlich?”

    Nein, aber ich weiß, was ich sagen wollte.

    Ausgangspunkt war diese Aussage von Bettina Wurche:

    “Der Skandal ist nicht, dass möglicherweise unterschiedliche Zahlen genannt werden, sondern, dass ein reiches Industrieland wie Deutschland seinen Plastikabfall exportiert.”

    Das sehe ich nicht als Skandal, wenn tatsächlich Recycling betrieben wird. Wenn anstatt dessen der deutsche Plastikmüll in die Umwelt gelangt ist das schon eher ein Skandal. Aber man muss sich immer bewusst sein, dass es sich hier um maximal 3% des deutschen Plastikmülls handeln kann, wahrscheinlich weitaus weniger. Und da muss geschaut werden warum exportiert wird und was die asiatischen Importeuere mit dem Plastikmüll vorhaben und ob das überhaupt möglich ist. Bei dem, Plastikmüll, den ich in Dokumentationen identifizieren konnte, weiß ich nicht, warum dieser exportiert wurde. Aber leider sind viele dieser Dokumentationen nicht objektiv. Das merkt man, wenn z.B. ein und der gleiche Müll mehrfach gezeigt wird und/oder wild Haushaltsmüll mit Mikroplastik und Fischereinetzen in einen Topf geschmissen werden. Die Massnahmen, die jetzt gegen zuviel Haushaltsmüll und zuwenig Recycling getroffen werden müssen, sind ganz andere als die Maßnahmen gegen Mikroplastik oder alte Fischereinetze. Leider wird oftmals ein anderer Eindruck erzeugt.

    Von der auch angesprochenen Möglichkeit einer Deponie ( “Statt Plastikabfall zu vermeiden, umweltschonend recyceln oder sicher zu deponieren”) halte ich nichts. Das verschiebt das Umweltproblem nur auf einen spätere Zeit.

  37. #37 gedankenknick
    25. März 2019

    “Walrat” ist zumindest im pharmazeutischen Bereich verhältnismäßig lange ersetzt.

    Die fest(er)en Bestandteile wurden, wie Wikipedia erwähnt, schon 1978 gegen Cetylstearylalkohol ausgetauscht.

    Die flüssigen Bestandteile = Walratöl? wurden (spätestens kurz nach) 2000 gegen Octeyloleat ausgetauscht, wenn ich mich recht erinnere. Ich meine mich zu erinnern, zu Anfang meiner “Karriere” noch eine kleine Flasche in der Hand gehabt und mit der Suche nach einem adäquaten Ersatz wegen der Nichtbeschaffbarkeit einige Stunden verbracht zu haben. Die verbrauchten Mengen waren auch relativ gering, es gab aber eine (mir nicht mehr genauer in Erinnerung befindliche) Rezeptur, wo die gleichzeitigen Lösungs- und Emulgationseigenschaften des (flüssigen) Walratöls benötigt wurden. Die Suche nach einem adäquaten Ersatz ging halt nicht so schnell… Octeyloleat wurden dann aber hinreichend ähnliche Eigenschaften für die pharmazeutische Anwendung bescheinigt. Alle Angaben ohne Gewähr, da ferne Erinnerung…

    Erstaunlich finde ich, dass man selbst in so hochindustrialisierten und high-tech-affinen Umgebungen wie der Raumfahrt dann auf solcherlei “biologische Produkte” z.b. als Schmierstoffe angewiesen ist (bzw. war). Ich hatte immer vermmutet, dass man mit einem synthetischen genau in seinen Eigenschaften bestimmten Erzeugnis wesentlich besser arbeiten kann. So irrt man sich…

  38. #38 gedankenknick
    25. März 2019

    @roel #12 Trinkwasser…
    Durchschnittlich wurden in einer 500-Milliliter-Probe in den USA 4,8, in Europa 1,9 Plastikfasern gefunden.
    Ohne einen Beleg dafür zu haben vermute ich, dass ein Großteil der in Europa gefundenen Plastikfastern aus den Wasserleitungen stammt. Nun hat man nicht viele Materialoptionen für solche Leitungen. Kupfer und Messing scheiden schon aus reinen Kostengründen, vermutlich aber auch aus Korrosionsgründen (Verlegung im Boden) aus. Glas ist nicht erschütterungsresisten. Und ob man – so wie früher – wieder Bleirohre verwenden möchte – ich halte das für eine gesundheitsbezogen schlechtere Alternative.

  39. #39 Bettina Wurche
    25. März 2019

    @gedankenknick: Danke für die Info! In der Raumfahrt wird nach meinem Wissen kein Walrat mehr eingesetzt. Als Schmiermittel etwa in großen Teleskopen ist es wohl heute u. a. durch Graphit ersetzt. Oder hast Du andere Infos?

  40. #40 roel
    25. März 2019

    @gedankenknick

    Ich denke auch, dass die Fasern wahrscheinlich aus Kunststoffleitungen, Kunststofftanks oder Tankwandbeschichtungen stammen.

    In #12 ging es mir vorwiegend darum, darauf hinzuweisen, wo Mikroplastik überall vorkommt. Ich denke nicht, dass alle Arten von Mikroplastik vermieden werden können. Aber Mikroplastik ist nicht das Thema dieses Beitrags. Wobei auch höchst interessant, ich denke, du kennst dich mit Medikamenten bestens aus und evtl. mit dem Einfluß von z.B. wieder ausgeschiedenen Wirkstoffen. So haben einige Weichmacher aus PVC-Folien ähnliche Eigenschaften, wie die Hormone der Antibabypille und führen genau so wie diese zu einer Verweiblichung ganzer Tier- besonders Fischpopulationen. Ich weiß nicht, ob es bereits Strategien gibt diesen Einfluss einzudämmen. Wäre interessant zu wissen.

    Siehe z.B.:
    https://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/article4542300/Sexualhormone-im-Abwasser-verweiblichen-Fische.html und
    https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/umwelthormone-weibchenboom-bei-oesterreichs-fischen-a-600616.html

  41. #41 Bettina Wurche
    25. März 2019

    @roel: Tributylzinn aus Antifouling-Anstrichen hat weiblichen Wellhornschnecken Penisse wachsen lassen – Wellhornschnecken galten im deutschen Nordseebereich um 2000 als ausgestorben. Ob sie aus anderen Bereichen wieder zuwandern werden ist ungewiß. Wie lange der Einfluß der Weichmacher auf Fisceh und andere Organismen anhalten wird, ist nicht bekannt.

  42. #42 roel
    25. März 2019

    @Bettina Wurche Das funktioniert auch anders herum? Ich habe bisher immer von der Verweiblichung gelesen. Danke für den Tipp.

  43. #43 Laie
    25. März 2019

    @roel
    Beides. In China wurde ein verweiblichend wirkender Weichmacher (laut einem von mir gelesenem Bericht, müsste den selbst wieder googeln) gegen einen anderen ausgetauscht. Es zeigte sich, dass der Ersatz den gegenteiligen Effekt, eine Vermännlichung (beim Menschen?) hervorrief.

    Meine Frage an dich, was hälst Du von dem kürzlich auf scinexx erschienenem Bericht über biologisch abbaubaren Kunststoff (aus Lignin), der dann ja die ganze Problematik wohl entschärfen würde?

  44. #44 Beobachter
    26. März 2019

    “Endokrine Disruptoren”:

    aus dem verlinkten “Spiegel”-Artikel, 2009 (# 40):

    ” … Die fraglichen Substanzen werden als Weichmacher in Nahrungsmittelverpackungen verwendet, kommen als UV-Filter in Sonnencremes vor oder als Konservierungsstoffe in Hautcremes. Auch Antibiotika, Verhütungsmittel, Reinigungsmittel und mittlerweile verbotene Schiffsanstriche können Quelle von endokrinen Disruptoren sein. … ”

    ” … Ein EU-Forschungsprojekt brachte im Jahr 2006 außerdem den Nachweis, dass endokrine Disruptoren auch außerhalb der Reproduktionsorgane wirken, zum Beispiel im Gehirn, der Hirnanhangdrüse, der Leber, den Knochen, dem Fettgewebe und der Schilddrüse.”
    Beim Menschen !

    Bei Wikipedia:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Endokrine_Disruptoren

    – beachte dort besonders: “Regulierung” !
    – mit sehr vielen Quellenangaben

  45. #45 Bettina Wurche
    26. März 2019

    @Laie, @roel: In den vergangenen Jahren wurde immer mal wieder Plastik-Ersatz aus nachwachsenden Rohstoffen angekündigt: Bambus, Chitin aus Shrimps-Panzer, Lignin, Viskose/Lyocell (aus Zellulose). Den nachwachsenden Rohstoffen werden allerdings meist in großem Maß Kunststoffe zugesetzt. Da würde mich mal die Ökobilanz interessieren, die wahrscheinlich stark vom jeweiligen Hersteller abhängt.
    Von den Plastik-Ersatzstoffen scheint irgendwie nie etwas in die breite Masse zu gehen.

  46. #46 gedankenknick
    26. März 2019

    @Bettina Wurche #38
    Ich hatte mich nur auf den Wikipedia-Eintrag bezogen, wo auf Walrat in der Raumfahrt verwiesen ist. In wieweit das in der Zwischenzeit abgeschafft wurde kann ich nicht sagen – ich finde einfach den Fakt an sich erstaunlich, dass man (egal zu welcher Zeit) ein biologisches und variierend zusammengesetzes Schmiermittel einem vollsynthetischen vorzog.

    @roel #40
    In Arzneimittelblistern verwendet man üblicher Weise (meines Wissens nach) kaum Weichmacher, so die Verpackung direkten Kontakt mit dem Arzneimittel hat (“Primärverpackung”). Da weicht man dann eventuell lieber auf komplett andere Systeme aus (z.B. Blister aus zwei aufeinander geklebten Alu-Folien), dies kann unterschiedliche Ursachen haben, einerseits Licht-dichtheit, andererseits Gas-Dichtheit, aber auch die Vermeidung von in das Arzneimittel hinein diffundierenden Drittsubstanzen. Bei “Sekundärverpackung” (Blister um eine mit Arzneimittel gefüllen Fertigspritze) bin ich mir nicht sicher.

    Prinzipiell geht es in Europa aber oft um den Weichmacher “Bisphenol A”, und der wird so Schritt für Schritt aus allen Produkten gebannt. Ab 2020 ist wohl auch Bisphenol-A-haltiges Papier für Thermotransfer-Drucker untersagt.

  47. #47 roel
    26. März 2019

    @Laie

    Den Bericht zu den Weichmachern in China habe ich nicht gefunden. Wenn du noch ein Stichwort hast, wäre das hilfreich.

    Zu Lignin ist in letzter Zeit viel geschrieben worden. Einsatzmöglichkeiten werden dargestellt, die Eigenschaften der Endprodukte werden genannt – die Endprodukte eher nur schwammig umschrieben, aber die Forschung und Entwicklung sind gerade einmal angefangen. Das dauert noch ein paar Jahre.

    Der scinexx-Beitrag ist: https://www.scinexx.de/news/biowissen/mikrobe-erzeugt-plastik-vorstufe-aus-holz/

    Kurz zu Lignin: Lignin ist mit ca. 25-30% ein Bestandteil des Holzes. Weitere Bestandteile sind Zellulose (42-49%) und Hemicellulose (24-30%). Zellulose und Hemicellulose sind z.B. Rohstoffe für die Papierherstellung. Zellulose wird auch genutzt um Zellophan herzustellen. Zellophan ist ein Kunststoff, der für Verpackungen genutzt wird. Die Herstellung ist aber energie- und ressourcenintensiv. Hemicellulose wird ebenfalls zur Papierherstellung genutzt, kann auch zur Erzeugung von Rohstoffen für Polyamid, also einen weiterer Kunststoff, der für Verpackungen genutzt wird, verwendet werden. Lignin ist der 3. große Bestandteil des Holzes, der jetzt ebenfalls als Rohstoff zur Kunststofferzeugung in Betracht kommt. Der scinexx-Beitrag nennt PDC als Vorstufe von PET oder PET-ähnlichen Biokunststoffen. Durch Pyrolyse sind auch andere Rohstoffe produzierbar. Allerdings scheint mir die Herstellung von PDC mit Hilfe des Bakteriums Novosphingobium aromaticivorans ein umweltschonendes Verfahren zu sein.

    Wenn jetzt aus dem PDC ein PET hergestellt wird, ist das PET zwar biologischen Ursprungs, aber nicht biologisch abbaubar. Der Vorteile wäre dann der nachwachsende Rohstoff und eventuell ein umweltschonendes Verfahren zur Herstellung des PDC. Die Nachteile des PET würden bleiben.
    Als weitere Option werden die PET-ähnlichen-Biokunststoffe aufgeführt. Die sollen innerhalb von weniger als drei Wochen biologisch abbaubar sein. Weitere Eigenschaften werden nicht genannt. Die Biologische Abbaubarkeit ist, bei allen sinnvoll für Verpackungen nutzbaren Kunststoffen, die mir bekannt sind, bei einer definierten Luftfeuchtigkeit und ca. 60°C gegeben. Biokunststoffe werden in Kompostwerken als Störstoffe empfunden und ihre Annahme verweigert. In der Umwelt verrotten die Biokunststoffe nicht wesentlich anders als herkömmliche Kunststoffe. Es müsste eine eigene Kompostierung aufgebaut werden.

    Das Lignin, das zur Zeit bei der Papierherstellung anfällt, wird laut scienxx-Beitrag verbrannt. “Bei der Papierherstellung fällt es als Abfallstoff an, der meist einfach verbrannt wird.“ Um das mal etwas klarer auszudrücken: “Bislang wird Lignin fast ausschließlich energetisch genutzt“. Siehe https://www.biooekonomie-bw.de/de/fachbeitrag/dossier/lignin-ein-rohstoff-mit-viel-potenzial/ Das ist ein sehr verständlich geschriebenes und informatives Dossier. Energetische Nutzung ist eine Verbrennung um Energie zu erzeugen. Das bedeutet die bisherige Energiequelle Lignin wird möglicherweise wegfallen und es wird aus Lignin Kunststoff erstellt. Das Problem der wegfallenden Energiequellen haben wir ebenfalls, wenn der Grüne-Punkt-Abfall nicht mehr energetisch verwendet wird sondern recycelt wird. Hier gibt es einen dringenden Handlungsbedarf.

    Fazit: Lignin kann eventuell als neue Kunststoffquelle genutzt werden. Lignin hat die selben Vor- und Nachteile der herkömmlicher oder bereits im Einsatzbefindlichen Kunststoffe – mit der Ausnahme, dass die Aufspaltung des Lignins durch Bakterien umweltschonender ist als die Aufspaltung des Rohöls.
    Generell: Andere Kunststoffe, Industrielle Kompostierbarkeit, Natürliche Resourcen mögen alle ihre Vorteile haben, aber wenn der Müll trotzdem achtlos weggeworfen oder kriminell entsorgt wird, helfen sie nicht, dem Müllproblem entgegen zu wirken. Was am schnellsten helfen würde ist verantwortungsvolles Handeln gegenüber der Natur. Alles andere ist vielleicht hilfreiches Beiwerk.

    Weiterführende Literatur: https://www.biooekonomie-bw.de/de/suche?pagesearch=1&q%5B%5D=lignin&origin=header&size=25&from=0&filter%5Bportal%5D%5Bportal%5D=bioeconomy

  48. #48 roel
    26. März 2019

    @gedankenknick

    das sehe ich genau so. Bis auf Verpackungen die aus PVC bestehen. Ist jetzt gemein, aber ohne nachzusehen fällt mir der Blutbeutel ein. Der besteht oftmals aus PVC mit Weichmachern. Das finde ich dann auch interessant, zumal Blutbeutel auch aus anderen Materialien hergestellt werden können.

  49. #49 Bettina Wurche
    26. März 2019

    @roel: Es wäre sicherlich überhaupt ein Fortschritt, zumindest teilweise nachwachsende Rohstoffe als Verpackungsmaterialien einzusetzen, gerade wenn es sich um Abfall handelt.
    Aber wie gesagt, irgendwie scheint es in den meisten Fällen nicht zur “Serienreife” zu kommen.
    Danke für Deine ausführliche Antwort!

  50. #50 roel
    26. März 2019

    @Bettina Wurche Ich musste mich bei Lignin auch auf den neuesten Stand bringen, da kam die Frage von Laie schon sehr gelegen.

    “zumindest teilweise nachwachsende Rohstoffe als Verpackungsmaterialien einzusetzen”

    Ja, aber man muss aufpassen, dass nicht der Kunststoff in Konkurrenz zum Lebensmittel steht. Das muss unbedingt verhindert werden. Es gibt aber auch sehr viele interessante Ansätze wie z.B. hier Lignin oder Kunststoffe aus überreifen Obst und Gemüse, obwohl, da auch aufgepasst werden muss, dass nicht wertvolles Obst/Gemüse als überreif deklariert wird. Algen sind ebenfalls in der Diskussion, das kannst du sicher besser beurteilen. Mein Geheimfavorit ist Graphen: https://www.nanopartikel.info/nanoinfo/materialien/graphen/materialinfo-graphen . Aber da wird auch schon seit dem Nobelpreis 2010 dran geforscht. Naja, es ist ein super spannendes Thema.

  51. #51 Beobachter
    27. März 2019

    @ roel, # 50:

    Aus Algen Verpackungsmaterial herstellen?
    Die sollte man lieber essen –
    und auch wertvolle Ackerflächen nicht vergeuden zum Anbau von “nachwachsenden Rohstoffen” in Monokulturen, um daraus Verpackungsmaterial zu machen, das man im Grunde nicht braucht.
    Ich denke, dass die Diskussion eher dahin gehen sollte, wo und wie man Kunststoffe, Verpackungen und Müll überhaupt vermeiden kann.
    Und wie man dafür sorgen kann, dass der to-go-Wahnsinn/-“lifestyle” mit der einhergehenden Müllberge-Produktion endlich aufhört (bei Herstellern und Konsumenten).
    Statt an immer neuen, vermeidbaren Verpackungsmaterialien zu tüfteln, sollte man sich lieber Gedanken darüber machen, wie man der Verpackungsindustrie besser auf die Finger schauen kann, was gesundheitsschädliche Inhaltsstoffe betrifft (Zulassungsverfahren; auch Herstellungsverfahren, Ökobilanz), wie man große und kleine “Umweltsünder” so bestraft, dass es weh tut und Müllvermeidungskonzepte entwickeln.

    Mich ärgert immer wieder, dass man sich oft in technische Tüfteleien und/oder spektakuläre Großprojekte versteigt, ohne einen Blick auf das Ganze zu haben, ohne sich VORHER zu fragen, ob es überhaupt sinnvoll ist und wem es wann nützt und was die absehbaren Folgen sind.

    Nicht alles, was technisch machbar und “spannend” ist, muss auch besser, nützlich und dem Gemeinwohl/der Umwelt zuträglich sein.
    An schon stattgefundenen, aktuellen und absehbaren Desastern ist nicht “die Technik an sich” schuld, sondern der Mensch und was er damit macht.
    ( … um “Technikfeindlichkeit”-Unterstellungen vorzubeugen)

  52. #53 roel
    27. März 2019

    @Beobachter

    “Nicht alles, was technisch machbar und “spannend” ist, muss auch besser, nützlich und dem Gemeinwohl/der Umwelt zuträglich sein.”

    Leider ist das nicht so einfach zu erkennen. Es gibt nicht den Wegweiser -> hier entlang und alle sind glücklich.

    Zu deinem Video-Link, was für Maßnahmen schlägst du vor?

  53. #54 Bettina Wurche
    27. März 2019

    @Beobachter: Nicht alle Algen kann man essen, manche sind wenig bekömmlich. Seegras ist auch ein gutes Material für verschiedene Zwecke, das sich z. B. zu Eierbechern pressen lässt. Auf einer Tagung hatte der Bürgermeister einer Ostsee-Gemeinde einen solchen mitgebracht. An deren Strand werden regemäßig große Mengen Zostera (Ostsee-Seegras) angspült, die Gemeinde hat mit dem Räumen viel zu tun. Und sie haben halt geschaut, was sie damit anfangen können.
    Das wäre sicherlich auch ein gutes Verpackungsmaterial. Abgesehen dass Seegraswiesen extrem diverse Habitate sind, lässt sich mit angespültem Seegras nicht viel anstellen.

  54. #55 Beobachter
    27. März 2019

    @ Bettina Wurche, # 52:

    Natürlich muss man bei Algen differenzieren, das habe ich nicht getan bzw. vergessen (sorry) und roel auch nicht.
    Und selbstverständlich sind kleine, gute Schritte (wie das Beispiel mit dem Seegras) zu begrüßen.

    Ich denke halt, dass grundlegende, wichtige, große Schritte zur Veränderung nur durch Vorgaben der Politik durchzusetzen sind.
    Und durch ein grundlegendes Umdenken bei den Konsumenten, in der Bevölkerung.
    Und wenn beides nicht bald passiert, sehe ich schwarz – zumindest für unsere Kinder und Enkel …

    Und wie es heute schon in anderen Regionen der Welt aussieht … !

  55. #56 Beobachter
    27. März 2019

    @ roel, # 54:

    Was erwartest du?
    Natürlich schlage ich vor, dass alle reichen Surfer zum Müllsammeln auf jedweden Gewässern verpflichtet/verdonnert werden.
    (Das ist zynisch gemeint.)

    Viele Fehlentwicklungen (in der Anwendung) sind mit “bloßem Auge” absehbar – es fehlt “nur” am politischen Willen, dem rechtzeitig entgegenzutreten.

  56. #57 roel
    27. März 2019

    @Beobachter

    “Natürlich muss man bei Algen differenzieren, das habe ich nicht getan bzw. vergessen (sorry) und roel auch nicht.”

    Das stimmt, das habe ich nicht getan weil ich mich mit Algen nur in soweit auskenne, dass ich weiß dass es genießbare und ungenießbare gibt. Deshalb schrieb ich an Bettina Wurche: Algen sind ebenfalls in der Diskussion, das kannst du sicher besser beurteilen.

    “Viele Fehlentwicklungen (in der Anwendung) sind mit “bloßem Auge” absehbar – es fehlt “nur” am politischen Willen, dem rechtzeitig entgegenzutreten.”

    Ja klar! Aber welche? Seit wann ist dir das Plastikmüllproblem bewusst? Und wie können wir es lösen? Musst du nicht beantworten. Die Lösung ist einfach: Nichts wegschmeißen. Weißt du, ich habe noch nie eine Plastikverpackung in die Umwelt geschmissen.

    Übrigens wurde heute ein Einwegplastikverbot von der EU in die Wege geleitet.

    https://www.morgenpost.de/politik/article216757251/EU-beschliesst-Verbot-von-Einweg-Plastik-Das-aendert-sich-fuer-Verbraucher.html Das finde ich ist ein guter nächster Schritt. Weitere müssen folgen.

    Eine Sache fand ich im verlinkten Bericht bedenkenswert:

    “Der CDU-Umweltpolitiker im EU-Parlament, Peter Liese, lobte den Parlamentsbeschluss. An einigen Stellen seien aber erfolgreich Übertreibungen verhindert worden. „So wird es weder ein Flugverbot für Luftballons noch Warnhinweise auf Luftballons geben, wie es die Grünen beantragt hatten“, sagte Liese. ”

    Schade: Siehe dazu auch https://scienceblogs.de/meertext/2019/02/08/photograph-dokumentiert-plankton-und-mikroplastik/#comment-32522

  57. #58 Bettina Wurche
    27. März 2019

    @roel: Ja, endlich gibt es erste kleine politische Schritte der EU. Ich halte sie in keiner Weise für ausreichend.
    Die Süddeutsche hat es ganz gut zusammengefasst:
    https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/plastik-verbot-eu-parlament-1.4385161
    Das ist lächerlich. Ich sehe in der EU keinen echten politischen Willen, etwas zu verändern. Vor allem, da das Vermüllen der Landschaft in keiner Weise geahndet wird. Da könnte man sich wirklich mal die USA als Vorbild nehmen, dort stehen auf das Wegwerfen von Müll in Landschaft oder Stadt drakonische Strafen. Es scheint zu klappen.

  58. #59 Bettina Wurche
    27. März 2019

    Die Süddeutsche hatte detailliert recherchiert, wie viel Tonnen Plastikmüll Deutschland exportiert und wohin der geht, etwa nach Malaysia. Schöner Beitrag!
    https://projekte.sueddeutsche.de/artikel/wirtschaft/deutscher-plastikmuell-verschmutzt-malaysia-e590969/

  59. #60 roel
    27. März 2019

    @Bettina Wurche Ich habe den Artikel der Süddeutschen erstmal nur überflogen. Die schreiben natürlich sehr viel wahres, aber einige Informationen passen nicht, vielleicht morgen mehr:

    “Denn die Unternehmen müssen lediglich nachweisen, dass der Abfall ordnungsgemäß verwertet wurde, nicht aber wo. Sie selbst recyceln nur relativ reinen Plastikmüll, etwa aus dem gelben Sack. Probleme machen hingegen Kunststoffabfälle aus dem Gewerbe oder dem Haushaltsmüll. Die werden in riesigen Ballen ins Ausland verschifft – und dürfen trotzdem in die Quote mit eingerechnet werden.”

    “Sie selbst recyceln nur relativ reinen Plastikmüll” Ja klar, was anderes können Sie zur Zeit nicht.

    “etwa aus dem gelben Sack” NEIN, der wird fast ausschließlich verbrannt, um Energie zu gewinnen.

    “Probleme machen hingegen Kunststoffabfälle aus dem Gewerbe” NEIN, denn da kann sortenrein (z.B.PE oder PP) abgeholt und recycelt werden.

    “oder dem Haushaltsmüll” NEIN, Hausmüll ist Gelber Sack Müll (= Plastik, überwiegend Verbunde) oder Restmüll (wird sowieso zur Energieerzeugung verbrannt).

    “und dürfen trotzdem in die Quote mit eingerechnet werden.” Wenn der Abnehmer angibt es zu recyclen. Das ist in der Tat eine Lücke, die – meine ich – jetzt geschlossen wurde.

  60. #61 Bettina Wurche
    27. März 2019

    @roel: Bist Du ganz sicher, dass Deine Infos zu 100% zutreffen? Ich habe bislang den Eindruck, dass die Süddeutsche noch ganz ordentlich recherchiert. Und vielleicht gibt es zwischen Anspruch der Verwertung und wirklicher Verwertung eine Diskrepanz?
    “Gewerbe” ist ein weites Feld, vielleicht wird nicht überall sortenrein abgeholt?
    In dieser NABU-Quelle steht: “Etwa die Hälfte der Kunststoffverpackungen, die im Gelben Sack oder in der Gelben Tonne landen, wird recycelt. Bei dieser sogenannten stofflichen Verwertungsquote ist also noch viel Luft nach oben. Zwar erfüllt Deutschland die rechtlich vorgegebenen Mindestquoten für Verpackungsrecycling, bekleckert sich aber aus ökologischer Sicht im Bereich Plastik nicht mit Ruhm: Die Quoten stagnieren seit Jahren auf niedrigem Niveau, es gilt, recycelt wird, was wirtschaftlich ist. Ob das neue Verpackungsgesetz Abhilfe bringt, bleibt abzuwarten”
    https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/abfall-und-recycling/recycling/21113.html
    Ich wäre da ein bißchen vorsichtig, das scheint sich immer mal zu ändern.

  61. #62 roel
    28. März 2019

    @Bettina Wurche

    Hier ist eine Grafik der Aufbereitung von Kunststoffabfällen und Wieder-Einsatz in der Kunststoffverarbeitung:
    https://eu-recycling.com/wp-content/uploads/2018/10/Kunststoff-Studie2_Kunststoffe-in-D.jpg

    Links, siehst du Post-Consumer Abfälle in Mio t. Post-Consumer-Abfälle sind Abfälle die beim Konsumenten anfallen. Da sind keine Produktions oder Verarbeitungsabfälle erfasst. Die Zahlen sind aus 2017.

    Post-Consumer Abfälle: 5,20 Mio t

    Davon gehen: 2,10 Mio t in die Müllverbrennungsanlagen (MVA)

    weitere 1,05 Mio t werden als ErsatzBrennStoff genutz (z.B. Zementwerke)

    verbleiben erst einmal 2,02 Mio t die ins Recycling gehen.

    2,02 Mio t sind von 5,20 Mio t 38,84 %, die ins Recycling gehen.

    Von diesen 2,02 Mio t gehen (Export-Überhang) 0,71 Mio t ins Ausland zum recyclen.

    Verbleiben für das stoffliche Recycling in Deutschland 1,26 Mio t.

    davon können 0,35 Mio t nur wieder in die MVA oder als ErsatzBrennStoff genutz werden.

    Verbleiben an wieder eingesetzten Rezyclat in Deutschland: 0,81 Mio t (Wert rechts unten)

    0,81 Mio t sind 15,57 %

    (Alle vorgenannten Werte sind in der Grafik des 1. Links ersichtlich)

    Und jetzt kommt der Clou. In diesen Zahlen sind die Einwegpfand-PET-Flaschen beinhaltet. Das sind 0,43 Mio t. die in Deutschland mit 0,388 Mio t recyclet werden.

    0,81 Mio t abzüglich 0,388 Mio t sind 0,42 Mio t.

    Das entsprechen gerade mal 8,8% des Post-Consumer Abfalls die tatsächlich recyclet werden.

    (Zahlen für das PET-Recyling kommen aus: https://newsroom.kunststoffverpackungen.de/wp-content/uploads/2019/02/Studie-Verwertung-PET-Getr%C3%A4nkeflaschen-2017-Kurzfassung.pdf)

    Die Zahlen können die SZ und der NABU gerne nachrechnen und hier kommentieren.

    Tut mir leid, dass soviele Zahlen notwendig sind, aber anders kriege ich das auf die Schnelle nicht hin.

  62. #63 roel
    28. März 2019

    @Bettina Wurche 1 Kommentar hängt noch irgendwo fest.

    Aus dem Link #59

    “46,7 Prozent aller Kunststoffabfälle wurden 2017 laut Umweltbundesamt hierzulande recycelt, die Weltbank titelt: Rekord.”

    Diese Zahl kommt vom Umweltbundesamt und wird, da das eine seriöse Quelle ist, oft zitiert. Aber was steckt dahinter?

    Siehe Tabelle: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/384/bilder/5_tab_aufkommen-verbleib-kunststoffabfaelle_2018-12-20.png
    Auf der rechten Seite haben wir die

    Post-Consumer Abfälle (gelber Sack/gelbe Tonne PET-Einwegflaschen etc): insgesamt: 5,2 Mio t.

    Von diesen 5,2 Mio Tonnen,
    gehen 2,14 Mio t in die energetische Verwertung (MVA und EBS).
    Verbleiben für die stoffliche Verwertung 2,02 Mio t. Diese Zahl nimmt das Umweltbundesamt (bei denen durch kleine Rundungsdifferenzen 2,03 Mio t, oben rechts in der Tabelle).
    Zu den 2,02 (2,03) Mio t kommen wir gleich noch mal zurück. Vorher geht es mit den Zahlen vom Umweltbundesamt weiter. In der Mittleren Spalte haben sie Kunststoffabfälle aus Produktion und Verarbeitung auf die Zahlen der rechten Spalte addiert. Das sind 0,95 Mio t in der Summe unten, die diese auf 6,15 Mio t erhöhen. Die sind einfach zu recyceln und tauchen in der stofflichen Verwertung mit 0,84 Mio t (=88,4%) wieder auf. Ich meine, die Tonnage müsste höher sein, das ist aber für die Aussage nicht wichtig.

    Zurück zu den 2,02 Mio t die machen zusammen mit der stofflichen Verwertung der Kunststoffabfälle aus Produktion und Verarbeitung (0,84 Mio t) ganze 2,86 bzw. incl. Rundungsdifferenz 2,87 Mio t.

    2,87 Mio t sind die eingangs zitierten 46,7 % von 6,15 Mio t.

    Den Trick mit den PET-Einwegpfandflaschen hatte ich im vorherigen Kommentar gezeigt. Hier kommt ein weiterer.

    Die (schon wieder) 2,02 Mio t gehen in die stoffliche Verwertung rein, werden aber nur zum kleineren Teil tatsächlich stofflich verwertet. Wir haben:

    2,02 Mio t Eingang in die stoffliche Verwertung
    abzüglich 0,71 Mio t, die zur stofflichen Verwertung ins Ausland gehen, was 2017 damit wirklich passierte ist unklar.
    abzüglich 0,35 Mio t, die doch nicht stofflich verwertet werden können und als EBS verbrannt werden.
    abzüglich 0,09 Mio t, die wiederum ins Ausland gehen
    es bleiben 0,81 Mio t die tatsächlich den Weg in neue Produkte finden.
    Nicht die 2,02 Mio t Input sind das Entscheidende, sondern die 0,81 Mio t Output.

    Das Umweltbundesamt hatte ja noch die Kunststoffabfälle aus Produktion und Verarbeitung reingerechnet. Wie gesagt, das finde ich ebenfalls nicht richtig und die Zahlen scheinen mir selektiv zu sein. Ich rechne das jetzt ebenfalls wieder rein, um zu zeigen wie sich die Reduzierung des stofflich verwerteten Anteils der Post-Consumer Abfälle bemerkbar macht.

    6,15 Mio t Kunststoffabfall und davon
    1,65 Mio t (0,84 + ,081) stoffliche Verwertung
    Das entspricht: 26,8 % stoffliche Verwertung.

    Und diese Zahl ist hoch gegriffen.

    In der SZ stand “46,7 Prozent aller Kunststoffabfälle wurden 2017 laut Umweltbundesamt hierzulande recycelt, die Weltbank titelt: Rekord.”

    Wo wären wir mit 26,8% (die immer noch geschönt sind)?

    Die Frage ist, warum werden hier falsche Zahlen angegeben, die so niemals erreicht wurden.

    Ich hoffe das ganze Zahlengeschiebe ist wenigstens halb verständlich.

  63. #64 Bettina Wurche
    28. März 2019

    @roel: Danke für Deine Mühe. Sorry fürs späte Freischalten. Bei den Daten des Bundesumweltamtes (laut Deiner url) steht Conversion Strategy und Market GmbH – etwas irritierend.
    Bei den ganzen Zahlen und der Diskussion ist für die einzelnen Tabellen unklar, was genau mit ´reingerechnet wird. Ich habe den Eindruck, dass hier unterschiedliche Bezugsgrößen miteinander verglichen werden. Die Quelle von NABU und SZ liegen mir nicht vor. Irgendwoher muss der in Malaysia befindliche Müll kommen.
    Der Satz der SZ “Denn die Unternehmen müssen lediglich nachweisen, dass der Abfall ordnungsgemäß verwertet wurde, nicht aber wo.” ist für mich Dreh- und Angelpunkt der Misere: Es gibt zwar Vorschriften und offizielle Zahlen, letztendlich weiß aber niemand so ganz genau, was wirklich wo landet. Und ich glaube echt nicht, dass das Bundesumweltamt zugibt, dass hinter der offiziellen und politisch gewünschten Statistik vielleicht auch nicht ganz astreine Daten dabei sind.
    Sicher ist nur: Letztendlich wird immer noch zu viel Kunststoffmüll auch in Deutschland produziert, exportiert und nicht recycelt.

  64. #65 roel
    28. März 2019

    @Bettina Wurche “etwas irritierend” dachte ich auch, aber das erklärt vielleicht auch die Fehler. Da hat das Umweltbundesamt den Auftrag an eine Marktforschungsgesellschaft gegeben.

    NABU und SZ haben sich die Daten auch vom Umweltbundesamt geholt.

    “Irgendwoher muss der in Malaysia befindliche Müll kommen.”

    Der kommt zum Teil auch aus Deutschland und soll dort eigentlich recycelt werden. Bisher schien eine Absichtserklärung zu reichen und den deutschen Exporteuren zu genügen. Ein bisschen sehr blauäugig.

    “Der Satz der SZ “Denn die Unternehmen müssen lediglich nachweisen, dass der Abfall ordnungsgemäß verwertet wurde, nicht aber wo.” ist für mich Dreh- und Angelpunkt der Misere”

    Ja das sehe ich auch so.

    “letztendlich weiß aber niemand so ganz genau, was wirklich wo landet”

    Na ja, in Malaysia leider nicht, aber hier schon. Müllverbrennungsanlagen und Ersatzbrennstoffe.

    “Und ich glaube echt nicht, dass das Bundesumweltamt zugibt, dass hinter der offiziellen und politisch gewünschten Statistik vielleicht auch nicht ganz astreine Daten dabei sind.”

    Ich würde mich freuen, wenn der NABU oder vielleicht auch die SZ sich die Zahlen genauso intensiv anschauen wie ich das getan habe. Denn einige Fehler sind offensichtlich.

    Danke, dass ich das alles so ausführlich hier kommentieren konnte.

  65. #66 Laie
    28. März 2019

    @Bettina Wurche
    Das fällt mir auch auf. Es ist immer wieder über verschiedene erfolgversprechende Entwicklungen oder Entdeckungen zu lesen, aber man wartet ewig auf die Marktreife oder die Industrie, das erfolgreich umzusetzen…

    @roel
    Zunächst danke für die ausführliche Antwort.

    Zu meiner Schande muss ich gestehen den Link nicht mehr zu finden. (Habe selbst nochmals durchgegoogelt, aber nichts mehr dazu gefunden
    nur nur bereits bekanntes, wie https://www.pmv.tu-darmstadt.de/media/fachgebiet_pmv/bibliothek_1/aif_veroeffentlichungen/AiF15181.pdf
    bitte mir das nicht übel nehmen…)

    Aus dem Gedächtnis: Man testete in China einen Ersatzstoff, einen anderen Weichmacher, der wirkte jedoch vermännlichend (statt verweiblichend).
    Ob es Sinn macht, beide Stoffe zu mischen, sodass sich die Wirkung im Mittel ausgleicht?

    Aus meiner Sicht hätten Kunststoffe, die tatsächlich Meerestemperaturen biologisch Abbaubar zerfallen einen Sinn, um die Problematik erstmals zu entschärfen. (In einem ersten Schritt). Nicht biologisch abbaubares PET aus PDC macht somit keinen Sinn.

    Deine Erklärungen machen einiges klarer, danke!

    @Beobachter
    Ich verstehe und teile grundsätzlich die Ansicht in #51, sich nicht in technische Spielereien zu verlieren,
    sondern den effizientesten Weg der Müllvermeidung zu gehen *1. Das dürfte in der EU auch eher leichter funktionieren.

    Wie sieht es mit ‘dem Rest der Welt’ aus?
    Wie könnte man dort eine positive Sicht vermitteln, ohne durch falsche Vermittlung auf Ablehnung zu stossen?

    Meine Idee dazu ist die Folgende:
    Nehmen wir an, es gibt zusätzliche verschiedene Verbesserungen zum aktuellen Zustand, wie der optimalen in *1 beschrieben.
    Unter anderen die Produktion von sich selbst abbauenden Kunststoffen (nicht erst bei 60Grad, sondern Meerestemperaturen, sonst macht es keinen
    Sinn), oder die Verwendung von Ersatzstoffen deren Ausgangsstoffe sog. biologischen Abfälle sind, um keine zusätzlichen Ackerflächen zu verschwenden.

    Dann ist der breitere Einsatz von mehreren Ansätzen in der Summe wohl besser und wirksamer, als sich auf den besten zu beschränken, aber dafür auf andere Verbesserungen (anderswo) zu verzichten.

    Eine internationale Vermittlung oder Geschäftsbeziehungen im Bereich von Umwelttechnologien fände ich gut und wichtig.
    Dabei ist es wichtig richtig mit ‘Fingerspitzengefühl’ besseres in kooperativer Weise anzubieten, andernfalls besteht die Gefahr, dass das Gegenüber sich ‘blamiert’ fühlt (das Gesicht zu verlieren) und man erreicht nur, dass die Tür zufällt.

    So fällt mir bei China auf, dass es sehr grosse Anstrengungen unternimmt umweltfreundlicher zu werden – zumindest was die Installation von erneuerbaren Energieerzeugen (Windkraft) betrifft.

    (Wer eine Technikfeindlichkeit unterstellen würde/wollte hätte damit wohl im Sinn vom eigentlich Thema unnötig abzulenken)

  66. #67 Bettina Wurche
    29. März 2019

    @roel: Mit sachlichen ausführlichen Kommentaren bist Du auf Meertext immer willkommen! Jedenfalls haben wir damit herausgefunden, warum das Plastikthema so kompliziert ist. Fakten aus Statistiken mit unterschiedlichen Datenbasen, Absichtserklärungen und anderes sind extrem schwierig zu sortieren. Beim Klimawandel besteht ein ähnliches Problen. Leider kann eine solch diffizile Datenlage, die unterschiedlich interpretiert werden kann, und die Diskussion darüber dann von der Gegenpropaganda als “die Wissenschaftler wissen nichts Genaues” ausgeschlachtet werden. : (

  67. #68 Beobachter
    6. April 2019

    Zu:

    Plastikverpackungen für Lebensmittel:

    Lesenswert:

    https://www.taz.de/Plastikverpackungen-fuer-Lebensmittel/!5583556/

    “Giftstoffe und Plastikberge
    Im Verpackungsmaterial für Lebensmittel tummeln sich Stoffe, deren Schädlichkeit nur schwer zu bewerten ist. Einige Forscher fordern strengere Gesetze. … ”

    Man weiß noch sehr wenig,
    “Alternativen” für mittlerweile verbotene Stoffe sind oft genauso fragwürdig bis gefährlich,
    es gibt keine Langzeitstudien,
    Studien und Datenlagen sind oft veraltet,
    … etc.

    Tja, und aufregen soll man sich auch nicht:

    ” … Jane Muncke meint zudem, trotz einiger Unsicherheiten in Sachen Verpackungschemikalien: „Man sollte sich nicht verrückt machen. Das ist auch ungesund.“”

    Wohl wahr … !

  68. #69 roel
    6. April 2019

    @Beobachter in dem Artikel wird vieles wild durcheinander gemischt und auch noch falsche Tipps gegeben. Einige Aussagen sind komplett nicht nachvollziehbar. Der wichtigste Satz ist “Man sollte sich nicht verrückt machen.” Ich ergänze ‘lassen durch solche Artikel, wie diesen.’ TAZ kann normalerweise besser.

  69. #70 Beobachter
    7. April 2019

    @ roel, # 69:

    Wie kommst du zu deinem vernichtenden Urteil?
    Was ist falsch und nicht nachvollziehbar?

    Ein Zeitungsartikel (in der TAZ oder sonstwo) ist keine wissenschaftliche Fach-Veröffentlichung und kann nicht in`s Detail gehen.
    Es darf aber auch nichts falsch, erfunden oder irreführend sein.
    Und man muss zwischen Meinung und Tatsachen deutlich unterscheiden (können) –
    sowohl als Autor wie auch als Leser.

    Und dass das Problem “Plastikverpackungen für Lebensmittel” und (mögliche und tatsächliche) gesundheitliche Auswirkungen überhaupt mal zur Sprache kommt, ist eh selten genug.
    Obwohl es ein wichtiges Thema ist und im Falle von endokrinen Disruptoren kleinste Mengen genügen, um Schädigungen hervorzurufen.
    (siehe dazu # 45)

    Mir ist im TAZ-Artikel nur folgende Angabe als fehlerhaft aufgefallen:

    ” … Seit 1950 wächst die weltweite Produktion von Kunststoff um durchschnittlich 9 Prozent. … ”
    Pro Jahr, oder was?

    Ansonsten:

    Z. B. gerade Leute mit kleinen Kindern oder Menschen mit chronischen Vorerkrankungen, die sich eine gesunde Skepsis und Kritikfähigkeit bewahrt haben, werden sich völlig zu Recht schon fragen, was von dieser Problematik zu halten ist.
    Und je weniger diese Problematik seriös und wissenschaftlich untersucht wird, desto mehr leistet man unseriöser Panikmache (inkl. pseudowissenschaftlichen Geschäftsmodellen) Vorschub.

  70. #71 Beobachter
    7. April 2019

    Nachtrag:

    Vertiefende Informationen:

    z. B.:
    Deutsches Ärzteblatt (2016):

    https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/65840/Chemikalien-in-Verpackungen-beeinflussen-das-Hormonsystem

  71. #72 Bettina Wurche
    7. April 2019

    @Beobachter: Das sind ziemlich alte Infos. Gerade der Weichmacher Bisphenol ist seit Jahrzehnten dafür bekannt, hormonähnlich auf den Hormonhaushalt zu wirken. Das einzige Problem war bislang immer, dass das bisher nur im Tierversuch nachgewiesen ist, und für Menschen nicht so eindeutig nachgewiesen werden konnte. Man kann ja schlecht eine Gruppe Menschen mit Weichmacher füttern und eine Kontrollgruppe nicht. Dass verschiedene Substanzen langfristig ziemlich üble Wirkungen auch im menschlichen Körper haben dürften, wird bei der ganzen Mikroplastik-Diskussion auch völlig außen vor gelassen. Ich zweifle mittlerweile am Verstand vieler Leute, dass dieses ganze Zeug einfach so in Gebrauch bleiben darf, obwohl die daraus resultierenden Gesundheitskosten bereits jetzt immens sein dürften – von Unfruchtbarkeit über Herzinfarkt und Diabetes bis zu ungeklärten entzündlichen Prozessen im Körper.

  72. #73 roel
    8. April 2019

    @Beobachter

    Ich hatte einen Langen Text vorbereitet, ihn wieder verworfen und nehme jetzt punktuell Stellung. Wenn du konkrete Fragen zum TAZ-Artikel hast kannst du die gerne stellen.

    Wichtig, das Thema ist “Plastikverpackungen für Lebensmittel”. Aber es werden auch Deckeldichtungen von Twist-off-Gläsern, Konservedoseninnenbeschichtungen, recycletes Papier und mehr inklusive der in ihnen vorhandenen Schadstoffe angesprochen. Da werden Schadstoffe angesprochen, die nicht bei Plastik-Lebensmittelverpackungen zum Einsatz kommen (z.B. BPS). Es werden Schadstoffe angesprochen, die aus anderen Quellen ins Lebensmittel gelangen (z.B. Schwermetalle und Pestizide). Es wird Mikroplastik angesprochen, dass zum weitaus größten Teil andere Quellen hat.

    Es werden Aussagen von Forschern falsch interpretiert:

    TAZ: “Zudem entstehen Abbauprodukte und Unreinheiten, welche auch die Lebensmittel auslaugen können.“

    Original: “Diese Chemikalien sind nicht fest im Material gebunden und können auslaugen, d. h. in die verpackten Lebensmittel übergehen.” (aus https://www.ernaehrungs-umschau.de/fileadmin/Ernaehrungs-Umschau/pdfs/pdf_2018/05_18/EU05_2018_M263-266.pdf )

    Es wird der Eindruck geweckt, dass es keine sicheren Plastikverpackungen gibt: „Wir sollten sicherere Alternativchemikalien entwickeln, bevor wir sie auf den Markt bringen“, sagt Wagner Das ging insbesondere in die Richtung BPA und BPS. BPA wird/wurde bei PVC eingesetzt, BPS vorwiegend bei Polycarbonat (PC). Beides wird in Deutschland kaum als Lebensmittelverpackung eingesetzt. PP, PE oder PET brauchen keine Weichmacher und stehen als Alternativen zur Verfügung.

    Es wird eine falsche Empfehlung ausgesprochen: “Der Wissenschaftler Wagner empfiehlt Plastikverpackungen mit den Nummern 3 (PVC), 6 (Polystyren) und 7 (andere Kunststoffe) zu vermeiden.”

    PVC in Lebensmittelverpackungen gibt es wie gesagt seltenst. Mit 7 gekennzeichnete Kunststoffe (andere Kunststoffe) sind im Lebensmittelbereich, darum geht es ja, weitaus meistens 2 oder mehrlagige Kunststoffe, deren eine Lage meistens auch der Verhinderung der Migration verschiedenster Stoffe dient. Nicht nur Stoffe, die ggf. in der Folie vorkommen (z.B. aus Farben oder Klebern) könnten, sondern auch von Stoffen die aus der Umwelt an das Produkt kommen könnten, oder aus einer weiteren Papierumverpackung (aromatischen Mineralöle (MOAH) oder gesättigten Mineralöle (MOSH). Denn bei aller Umweltschädlichkeit von weggeworfenen Plastikverpackungen, schützen sie zuvor auch die Lebensmittel.

  73. #74 Bettina Wurche
    9. April 2019

    @Beobachter, @roel: Bisphenol stammt, soweit ich weiß, nicht aus Lebensmittelverpackungen. Sondern aus Schuhen, Kleidung, Spielzeug für Kinder und Erwachsene und anderen Quellen. In Schuhen ist es etwa sehr häufig in FlipFlops zu finden.

  74. #75 roel
    9. April 2019

    @Bettina Wurche

    Bisphenol A ist ein Teufelszeug. Es heißt Bisphenol A ist omnipresent – also überall nachweisbar.

    Es wird vorwiegend zur Herstellung von Polycarbonaten und Epoxidharzen genutzt. Die werden z.B. eingesetzt:

    Polycarbonaten in
    • Kunstglas
    • Teile für Stecker oder Schalter
    • Gehäuse, Stecker, Schalter von z.B. Handys, Wasserkocher, Kaffeemaschinen, Computer
    • CDs, DVDs, Blu-ray Discs
    • Flaschen und Behälter für Lebensmittel und Getränke aus polycarbonat (PC)
    • Brillengläser
    • mikrowellenfestes Geschirr, Kunststoffbestecke, Kochutensilien aus PC
    • Motorradhelme und -schutzschilde
    • Medizinische Geräte

    Epoxidharzen in
    • Bodenbeläge
    • Lacke (u.a. als Beschichtung für Haushaltsgeräte)
    • Innenbeschichtung von Getränkedosen und Konservendosen
    • gedruckte Platinen in elektronischen Artikeln
    • Verbundwerkstoffe (u.a. für Tennisschläger oder Surfbretter)
    • Klebstoffe
    • Innenbeschichtungen zur Sanierung von Trink- und
    Abwasserbehältern und -rohren

    Aber auch PVC kann Bisphenol A enthalten. PVC ist im Lebensmittelbereich stark rückläufig aufgrund gesundheitlicher Bedenken und entsprechend negativer Testberichte bei z.B. ÖkoTest.

    Mit Beschichtungen von Dosen und Flaschen kenne ich mich nicht aus und weiß nicht, ob hier bereits Ersatzstoffe eingesetzt werden.

    Aber die CDs, DVDs und BlueRays bestehen aus Polycarbonat und sind somit immer Bisphenol A haltig.

    Besorgniserregent ist der Einsatz der Epoxidharze bei Trinkwasser- und Abwasserbehältern.

    Seit ca. 2010 wird verstärkt darauf geachtet BPA nicht in Konrtakt mit Lebensmittel gelangen zu lassen. Für Polycarbonat-Babyflaschen gilt seit 2011 ein Verkaufsverbot, vorher haben die Hersteller jedoch schon auf negative Testberichte reagiert und diese Flaschen vom Markt genommen.

  75. #76 Bettina Wurche
    9. April 2019

    @roel: Danke! Das Problem sind u. a. Alt-Objekte wie 20 Jahre alte “Tupperdoesen” und ähnliche Gefäße oder auch Kleidung und Camping-Utensilien. Dazu kommt, dass viele Billig-Artikel jeglicher Art (Spielzeug u. ä.) etwa aus Südostasien noch PVC enthalten. Ich glaube nicht, dass wirklich jemand einen Überblick hat, was etwa so ganz genau in Kleidung, Kosmetik, Körperteilen, etc fürs Cosplay aus asiatischer Produktion ist – da fällt es mir besonders auf, weil ich damit manchmal in Kontakt komme. Und vor einigen Jahren gab es einen Skandal um Erwachsenen-Spielzeug aus sogenanntem Jelly
    https://de.wikipedia.org/wiki/Jelly_(Kunststoff)
    In Europa und USA sind schon viele Substanzen verboten, die über den Onlinehandel dann doch wieder auch bei uns landen, schließlich sind sie ja wunderbar billig.

  76. #77 roel
    9. April 2019

    @Bettina Wurche Tupperdosen sind ganz aktuell in der Diskussion. Bei allen Billigartikeln aus Asien und besonders bei weichen Gummiartigen Artikeln wäre ich äusserst vorsichtig. Die Dinger sind weich aufgrund der Weichmacher. Mit Cosplay und Jelly kenne ich mich nicht aus, der Wiki-Artikel ist erschreckend.

    Mal was anderes, weil ich denke, damit kommst du auch öfter in Kontakt:

    “Chloropren-Kautschuk (auch Polypren) wird in einem Verfahren namens Emulsionspolymerisation hergestellt. Das Ergebnis dieses Herstellungsprozess wird häufig als Polymerdispersion bezeichnet. Das Zwischenprodukt wird in der Regel getrocknet und in kleine Chips geschnitten. So ist eine spätere Weiterverarbeitung einfacher möglich.
    Der nächste Schritt in der Herstellung von Neoprenkleidung ist die Vulkanisation. Der Einsatz von chemischen Treibmittel sorgt dafür, dass ein Schaumgummi entsteht, welcher eine bemerkenswerte Isolationsfähigkeit aufweist. Vulkanisate weisen eine sehr gute Wetter- und Ozonbeständigkeit, sowie einen hohen Widerstand gegen Abnutzung auf. Der Herstellungsprozess erinnert an das Backen eines Kuchens. Das Rohmaterial wird mit Weichmacher, Alterungsschutz und anderen Treibmitteln vermengt und zu einer Art gleichmäßigem Teig vermischt. In einer Blockform wird das Gemisch nun für einen festgelegten Zeitraum bei einer bestimmten Temperaturen erhitzt.”
    aus https://neoprenkleidung.de/was-ist-neopren/

    Chlor, Weichmacher, Alterungsschutz und Treibmitteln lassen die Alarmglocken läuten. Habe kurz, also wirklich kurz, recherchiert. Einer der Stoffe ist Ethylenthioharnstoff, abgekürzt ETU. Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Ethylenthioharnstoff

  77. #78 Bettina Wurche
    9. April 2019

    @roel: Das sind genau die Sachen, an die ich dachte. Ich trage tatsächlich oft Outdoor-Kleidung, etwa Wandersandalen, die mit Neopren gefüttert sind. Allerdings einen Markenartikel aus einem westlichen Industrieland. Im Outdoor- und Sportbereich werden diese Materialien sehr oft genutzt und ich möchte lieber nicht wissen, was da im Einzelnen so lauert.

  78. #79 Beobachter
    9. April 2019

    @ roel:

    Plastikverpackungen/Verpackungsmaterial für Lebensmittel sehe ich als Oberbegriff bzw. Themenbereich.
    Darunter fallen auch z. B. Kunststoff-Konservendoseninnenbeschichtungen.
    Und woher all die Mikroplastikpartikel herrühren, die auch Weichmacher enthalten können und selbst in der Arktis und in großen Meerestiefen vorkommen, ist ja auch noch lange nicht geklärt.
    Hat man schon nachgeprüft, ob sie nicht auch aus zerbröselten Plastikverpackungen kommen?

    Überhaupt bestehen Verpackungen für Lebensmittel meistens aus Materialkombinationen: Kunststoffe, Papier, Beschichtungen, Farbstoffe, Additive, Klebstoffe, Weichmacher usw.
    Da wird man wohl oft nicht ganz akribisch und genau nach einzelnen Wirkstoffen trennen können, und wohl noch weniger nach der Wirkung der einzelnen Wirkstoffe.

    ” … auslaugen können” interpretierst eher du falsch –
    denn eine Möglichkeit anzusprechen heißt nicht, dass es immer so sein muss.

    PVC gibt es auch im Food-Bereich, und zwar gar nicht so selten und oft mit Weichmacher-Zusatz:

    https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/lebensmittelproduktion/kunststoffe-7035

    Man sollte (Plastik-)Verpackungen überhaupt so weit wie möglich vermeiden.
    Gurken und Äpfel z. B. haben eine Schale und schützen sich so selber – und brauchen dazu keine überflüssige Plastikfolie.
    Und Fertig-Pfannkuchenteig in der Weichplastikflasche von Nestlè braucht auch kein Mensch – nur als Beispiel.

    @ Bettina Wurche:

    Zu Bisphenol A:

    Aus dem Ärzteblatt-Artikel (2016) oben:
    ” … Dazu gehören Bisphenol A (BPA), das in vielen Beschichtungen für Lebensmittel­verpackungen enthalten ist, … ”

    und:
    https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/lebensmittelproduktion/von-der-verpackung-ins-lebensmittel-11944

    Bei unserem weltweiten Lebensmittel-Handelsaufkommen –
    glaubt irgendwer ernsthaft, dass regelmäßig z. B. Plastikverpackungen von Lebensmitteln aus Übersee auf Schadstoffe und Weichmacher überprüft werden?
    Dort und/oder bei uns?
    Und die unterwegs vielleicht nochmal oder mehrfach umverpackt werden?

    Kürzlich habe ich z. B. bei REWE helle, kernlose Trauben aus INDIEN (!) in der Plastikbox gesehen – zum Spottpreis.
    Das ist in jeglicher Hinsicht der blanke Irrsinn … !

  79. #80 Beobachter
    9. April 2019

    Nachtrag:

    Vertiefende Informationen zum TAZ-Artikel
    und
    zu Bisphenol A, Ersatzstoffe Bisphenol S und Bisphenol F:

    https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/umwelt-haushalt/wohnen/gefahren-fuer-die-gesundheit-durch-plastik-7010

    (Stand 12.12.2018)

    ” … Was ist Bisphenol A (BPA)?
    Bisphenol A ist vor allem dadurch bekannt geworden, dass es in sehr vielen Produkten für Verbraucher, wie etwa in Camping- und Mikrowellengeschirr sowie Kofferhüllen enthalten ist. Es ist ein Grundbaustein des Kunststoffs Polycarbonat. Beim Erhitzen oder wenn der Kunststoff nicht sorgfältig produziert wurde, kann es sich daraus lösen.

    BPA kann das Hormonsystem stören und daher vor allem in sensiblen Entwicklungsphasen von Kindern Schäden anrichten. Mögliche Folgen sind eine gestörte Geschlechtsentwicklung und Zeugungsunfähigkeit. Zudem kann Bisphenol A schädigend auf Leber, Niere und Brustdrüse wirken. BPA wurde im Januar 2018 wegen seiner schädigenden Wirkung auf das Hormonsystem in die List der besonders besorgniserregenden Stoffe aufgenommen.

    Wo kommt BPA vor?
    BPA wurde früher zur Herstellung von Babyflaschen aus Polycarbonat benutzt. Dies ist mittlerweile verboten. Babyflaschen aus Polypropylen (PP) und aus Glas sind frei von Weichmachern. In der Kunstharzbeschichtung von Konserven- oder Getränkedosen ist BPA jedoch weiterhin erlaubt.

    In so genannten Epoxydharzen wie zum Beispiel einigen Lacken, Faserverbundwerkstoffen und Klebern ist BPA ein wichtiger Bestandteil. Außerdem wird es als Antioxidationsmittel von Weichmachern eingesetzt.

    Als Farbbildner findet man BPA auch in vielen Thermodruckpapieren. Darunter sind beispielsweise Kassenbons und Fahrkarten aus dem Automaten. Diese Papiere sollten daher auf keinen Fall ins Altpapier gegeben werden, damit BPA nicht ins Recyclingpapier gelangt.

    Kunststoffe, die BPA enthalten können, sind oft mit dem Recycling-Code 7 und dem Kürzel PC gekennzeichnet. BPA ist fettlöslich. Daher sollte man fetthaltige Lebensmittel nicht in Verpackungen aus unbekanntem Kunststoff-Materialien aufbewahren oder erwärmen.

    Die Kennzeichnung “BPA frei”, z.B. auf Getränkeflaschen oder Mixern, bedeutet nicht automatisch, dass es sich um ein gesundheitsverträglicheres Produkt handelt. Teilweise werden Ersatzstoffe wie Bisphenol S oder Bisphenol F eingesetzt, die in Zellkultur- und Tierversuchen vergleichbare schädigende Wirkung zeigten. … “

  80. #81 Beobachter
    9. April 2019

    @ roel, # 69:

    Wie ich hoffentlich zeigen konnte:
    Es besteht also kein Grund, den verlinkten TAZ-Artikel so vernichtend abzuwerten, wie du es tust.

  81. #82 roel
    9. April 2019

    @Beobachter

    Überschrift TAZ: “Plastikverpackungen für Lebensmittel”

    Beobachter: “Plastikverpackungen/Verpackungsmaterial für Lebensmittel sehe ich als Oberbegriff bzw. Themenbereich.
    Darunter fallen auch z. B. Kunststoff-Konservendoseninnenbeschichtungen.”

    Weißt du, die TAZ schreibt über Plastikverpackungen und das sind nun mal Verpackungen, die größtenteils aus Plastik bestehen. Konservendosen bestehen zu weit über 95% aus Weißblech. Alle sind sich einig, dass diese Dosen keine Kunststoffverpackungen sind, nur du nicht.

    “Überhaupt bestehen Verpackungen für Lebensmittel meistens aus Materialkombinationen: Kunststoffe, Papier, Beschichtungen, Farbstoffe, Additive, Klebstoffe, Weichmacher usw.
    Da wird man wohl oft nicht ganz akribisch und genau nach einzelnen Wirkstoffen trennen können, und wohl noch weniger nach der Wirkung der einzelnen Wirkstoffe.”

    Das wichtigste Wort hier ist wohl, es kommt gleich 2-mal vor und bedeutet, Vermutung.

    ” … auslaugen können” interpretierst eher du falsch ”

    Hm, ich habe dir doch das Original, von dem die TAZ-Behauptung kommt, vorgelegt: “Diese Chemikalien sind nicht fest im Material gebunden und können auslaugen”

    Deutlicher geht es nicht.

    @Beobachter #80 vergleiche mit meinem Kommentar #75.

    PS Zu Plastik / Kunststoffen gibt es sehr viele falsche, veraltete, in die Irre führende Angaben, sei es zur Herstellung, zur Verwendung oder zum Recycling. Da muss man höllisch aufpassen, welche Information man von wem übernimmt.

    Nur mal ein Beispiel, wie etwas nicht richtig dargestellt wird (aus #80):

    “BPA wurde früher zur Herstellung von Babyflaschen aus Polycarbonat benutzt.”

    BPA ist Bestandteil von Polycarbonat und in allen Polycarbonatprodukten enthalten. Es wurde nicht zur Herstellung von Babyflaschen aus Polycarbonat genutzt, sondern es war dort automatisch enthalten. Viele aktuelle Produkte aus Polycarbonat habe ich in #75 aufgeführt.

  82. #83 roel
    9. April 2019

    @Beobachter #81 Nein.

  83. #84 Beobachter
    10. April 2019

    @ roel, # 82:

    Die TAZ schreibt auch über:

    “Im Verpackungsmaterial für Lebensmittel tummeln sich Stoffe, deren Schädlichkeit nur schwer zu bewerten ist.”
    (aus der Unter-Überschrift)

    Du betreibst Haarspalterei, Wortklauberei und Rosinenpickerei –
    alles beliebte Methoden, um vom Wesentlichen abzulenken.
    Z. B. davon:

    “Die Kennzeichnung “BPA frei”, z.B. auf Getränkeflaschen oder Mixern, bedeutet nicht automatisch, dass es sich um ein gesundheitsverträglicheres Produkt handelt. Teilweise werden Ersatzstoffe wie Bisphenol S oder Bisphenol F eingesetzt, die in Zellkultur- und Tierversuchen vergleichbare schädigende Wirkung zeigten.”
    – was ähnlich auch im TAZ-Artikel vorkommt.

    Du wiegelst ab und tust so, als ob sich schon sehr viel Grundlegendes und Entscheidendes (an Regulierungen und Verboten) getan hätte und kritische Artikel nur “verrückt machen wollten” – was die TAZ ausdrücklich NICHT will und auch NICHT tut.

    Du kaprizierst dich auf Details/einzelne Worte und “übersiehst” wichtige Zusammenhänge und stichhaltige Argumentationen.
    Und, sorry, spielst dich etwas als der einzige wahre Experte auf.

  84. #85 Beobachter
    10. April 2019

    @ roel, # 83:

    Dann kann ich dir auch nicht weiterhelfen.

  85. #86 roel
    10. April 2019

    @Beobachter ich weiß schon was ich schreibe und es sind keine Wortklauberein. Wenn du Weissblech als Plastik ansiehst, scheint mir das die Wirkung des TAZ-Artikels zu sein.

    Vielleicht hilft dir das Beispiel: Geldmünzen sind aus Metal, Geldscheine haben einenmetalisierten Sicherheitsstreifen, sind aber kein Metall. Ähnlich verhält es sich mit beschichteten Konservendosen und beschichteten Blechdeckeln von Gläsern, die zwar etwas Plastik enthalten aber vorwiegend aus Metal bestehen.

    Wenn man #75 liest, kann man nicht ernsthaft behaupten, dass ich abwiegele.

    Später vieleicht mehr.

  86. #87 roel
    10. April 2019

    @Beobachter

    Dann lass uns doch mal deine Informationen überprüfen.

    #80 “Kunststoffe, die BPA enthalten können, sind oft mit dem Recycling-Code 7 und dem Kürzel PC gekennzeichnet. ”

    Schau dir beim nächsten Einkauf mal die Verpackungen der Lebensmittel an. Wie oft findest du Recycling-Code 7 mit dem Kürzel PC oder auch nur PC?

    Das gleiche kannst du dann mit PVC machen das ist Recycling-Code 3.

    Ich bin gespannt, wie oft du fündig wirst.

  87. #88 Laie
    11. April 2019

    @Beobachter, @roel, @Bettina Wurche
    Ich habe hier gerne und interessiert mitgelesen, danke auch für die bereitgestellten Informationen.
    Viele Konsumenten sind sich der Gefährlichkeit der Kunststoffe nicht bewusst. Es wäre gut, wenn “Umweltseiten” in anderen Medien sich ebenfalls aufklärerisch an der Informationsweitergabe, wie hier die TAZ betätigen.

    Die Frage ist, was kann/sollte man als Konsument alles tun zur Plastikabfallvermeidung? (für die Umwelt, der eigenen Gesundheit und die Gesundheit der anderen)
    Der Vorschlag aus dem TAZ-Artikel ist schon mal ein (erster?) Hinweis:

    Der Wissenschaftler Wagner empfiehlt Plastikverpackungen mit den Nummern 3 (PVC), 6 (Polystyren) und 7 (andere Kunststoffe) zu vermeiden. Sicher ist, dass sich potenziell toxische Substanzen vor allem bei Hitze herauslösen, darum sollte man keine heißen Getränke in Plastikflaschen aufbewahren oder Lebensmittel in Plastikgeschirr wie Melamin oder Tupper in der Mikrowelle aufwärmen. Auch gehen in saure oder fetthaltige Lebensmittel mehr Chemikalien über, etwa in Fischkonserven oder Pesto.

    Ich kann es als Nicht-Chemiker nicht im Detail beurteilen, es klingt jedoch schon mal plausibel bzw. vernünftig.

    Leider müssen wir derzeit mit ungenügenden Informationen leben, was die genauen gesundheitlichen Auswirkungen dank fehlender Untersuchungen betrifft, als auch die genaue Kennzeichnung von Inhaltsstoffen.
    Selbst unvollständige oder teilweise richtige Informationen sind besser als keine, wenn man alles zusammenträgt, wird das Bild vollständiger.

    Dunkel kann ich mich noch erinnern, dass für eine EU-Weite Kennzeichnung von ungesunden oder gefährlichen chemischen Bestandteilen in Produkten sich ausgerechnet die deutsche chemische Industrie erfolgreich widersetzte, und eine schlechte Kennzeichnungspflicht durchsetzte …
    Ebenfalls noch in Erinnerung
    * Thermopapier, das für Kassenbelege verwendet wird, ist mit BPA versehen – weil ein BPA-freier Ersatz das Thermomapier um 20% teurer machen würde …
    * Von Verpackungen bei Käse geht einiges der Inhaltsstoffe in einem unzulässigem Ausmass in das Lebensmittel über.

    @roel
    Kann man also Verpackungen aus PE, PP und PET als gesundheitlich unbedenklich bezeichnen?
    Woher weiss man aber (mit Sicherheit), dass mit 7 gekennzeichnete Kunststoffe als mehrlagige Kunststoffe tatsächlich so angeordnet sind, so dass die unterste Schicht am Lebensmittel unbedenklich ist?


    Auch wenn Weissblech überwiegend aus Metall besteht, geht es doch um die gesundheitliche Auswirkung der Innenbeschichtung. Weissblechdosen werden deshalb von mir seit vielen Jahren nicht mehr gekauft.

  88. #89 roel
    11. April 2019

    @Laie “Woher weiss man aber (mit Sicherheit), dass mit 7 gekennzeichnete Kunststoffe als mehrlagige Kunststoffe tatsächlich so angeordnet sind, so dass die unterste Schicht am Lebensmittel unbedenklich ist?”

    Ich müsste jetzt eine komplette Schulung geben, da das Thema sehr umfangreich ist. Kurz: Bei der Produktion wird die entsprechende Verpackung versiegelt. Dabei wird bei Verbundfolien PE mit PE unter Temperatur und Druckeinwirkung zusammengebracht. Das geht auch PP gegen PP. Die anderen Kunststoffe benötigen dazu wesentlich höhere Temperaturen, die so nicht auf den Verpackungsmaschinen erreicht werden können. Daher ist momentan bei z.B. fast jeder Wurstaufschnittverpackung oder Chipsverpackung ein PE oder PP zum Produkt. Das ist zur Zeit verarbeitungstechnisch auf den eingesetzten Maschinen nicht anders möglich und macht aus anderen Grünen ebenfalls Sinn. Allerdings wird nach anderen Lösungen gesucht, um weg zu kommen von mehrlagigen Verbunden hin zu Monofolien, die leichter recyclet werden können. Die sind kurz vorm Durchbruch, wenn man den Herstellern glauben schenken möchte. Das ist heute eine vieldiskutierte Lösungsmöglichkeit, aber noch nicht wirklich serienreif und nicht die einzige.

  89. #90 Bettina Wurche
    11. April 2019

    @Laie: Die Anordnung und Struktur verwendeter Materialien in Verbundstoffen ergibt sich bei Verpackung, Kleidung, etc. zwingend aus den Anforderungen. Bei Lebensmitteln kann man es z. B. in Dosen gut erkennen, bei vielen Folien eher nicht. Oft sind Lagen auch extrem dünn und nicht erkennbar, weil bestimmte Lagen hauchdünn aufgedampft werden. Eine Verpackung hat auf der Innenseite und Außenseite oft verschiedene Anforderungen. Z. B. innen Aroma haltend, außen wasserabweisend und bedruckbar. Verschiedene Lebensmittel benötigen verschiedene Verpackungen.
    Da kenne ich mich aber nicht gut aus, eine Verpackungsingeneurin könnte dazu mehr sagen.
    Ja, fette, saure und heiße Lebensmittel lösen chemische Verbindungen aus Verpackungen heraus und nehmen sie auf. Fette lagert Schadstoffe in hohem Maße an, darum ist z. B. der Schadstoffgehalt wie DDT, PCBs,… in Walblubber oder auch menschlichen Fettschichten besonders hoch. Und DDT aus Tees, … hat sich zeitweise so stark in Muttermilch angelagert, dass bei uns eine Diskussion um das Stillen aufkam.

  90. #91 Beobachter
    11. April 2019

    @ roel, # 90:

    ” … Ich müsste jetzt eine komplette Schulung geben, da das Thema sehr umfangreich ist. … ”

    Nur deshalb eine Frage:

    Darf ich fragen, welche Ausbildung du hast, was du beruflich machst und was für einen Arbeitgeber du hast (bei Letzterem natürlich keinen Namen)?

    Denn selbst erfahrene Fachleute würden sehr vorsichtig damit sein, zu meinen, andere Leute (aus ihrem eigenen Fachgebiet, fachübergreifend oder gar Laien) “komplett schulen” zu können.

    Das Thema ist in der Tat so umfangreich und vielfältig, dass m. E. ein Einzelner gar nicht dazu in der Lage ist, wissensmäßig und auch noch überall auf aktuellstem Stand alles abzudecken und dann gar noch jedermann “komplett schulen” zu können.

  91. #92 Beobachter
    11. April 2019
  92. #93 Bettina Wurche
    12. April 2019

    @Beobachter, @roel: Eure Neugier und Sachkunde weiß ich zu schätzen. Allerdings kippt diese Diskussion vom Sachlichen ins Persönliche. Darum möchte ich sie an dieser Stelle abbrechen.
    @Beobachter: @roel hat seine Sachkunde nun wirklich unter Beweis gestellt!

  93. #94 roel
    12. April 2019

    @Bettina Wurche Vielen Dank, ich halte gerne persönliches hier raus.

    @Beobachter Hierzu möchte ich aber doch noch kurz Stellung beziehen:

    “Das Thema ist in der Tat so umfangreich und vielfältig, dass m. E. ein Einzelner gar nicht dazu in der Lage ist, wissensmäßig und auch noch überall auf aktuellstem Stand alles abzudecken und dann gar noch jedermann “komplett schulen” zu können.”

    Die Frage war von Laie: “Woher weiss man aber (mit Sicherheit), dass mit 7 gekennzeichnete Kunststoffe als mehrlagige Kunststoffe tatsächlich so angeordnet sind, so dass die unterste Schicht am Lebensmittel unbedenklich ist?”

    Es geht um Stoffe der Folienschicht, die zum Lebensmittel liegt, um deren Unbedenklichkeit und darum, dass diese Schicht tatsächlich zum Lebensmittel liegt und nicht die andere Seite der Folie. Und zwar nur für mehrlagige Folien mit dem Recyclingcode 7. Das ist zwar umfangreich, aber doch zu bewältigen zumal einiges sich zwangweise ergibt, da es anders unmöglich wäre.

    Darauf habe ich in #90 geantwortet.

    Und kurz zu #93 und Bisphenol A:

    Die Schlagzeile aus deinem Link:

    “Hormongift aus der Konserve – Lebensmittel mit Bisphenol A belastet

    Das Hormongift Bisphenol A versteckt sich meist in Plastik, doch findet man es auch in Produkten, in denen man es nicht vermutet: Der BUND hat die riskante Chemikalie in Lebensmittelkonserven nachgewiesen.”

    Das liest sich fast so, auf jeden Fall beim flüchtigen Lesen, als ob der BUND da etwas aufgedeckt hätte. Dem ist nicht so. Allerdings zeigen die relativ jungen Stichproben, dass weiterhin Handlungsbedarf besteht.

    Aber vergleiche mal mit:

    “Populär in der breiten Öffentlichkeit wurde BPA durch Pressemitteilungen über seine Migrati
    on aus Kronkorken von Bierflaschen oder Auskleidungen von Konservendosen (Brotons et al.,
    1995). So enthielten 50 ml aus dem flüssigen Inhalt einer Konservendose 23 µg BPA. In der
    EG-Kunststoffrichtlinie 90/128/EWG ist für BPA ein Migrationswert von 3 mg/kg Lebensmittel zulässig (siehe Anlage 3 der Bedarfsgegenstände VO, 1992).”

    Aus https://d-nb.info/1013897463/34
    (Achtung das Dokument ist aus 2002 und die Refferenzen älter also nicht mehr aktuell)

  94. #95 Laie
    13. April 2019

    Danke @Bettina Wurche und @roel für die Infos.
    Ich versuche so weit es geht von Plastikverpackungen fernzubleiben – geht nur nicht immer viel zu selten, weil es (inzwischen) keine andere Form der Verpackung mehr gibt. Man könnte sicher Vieles viel besser in Papier verpacken.

  95. #96 Bettina Wurche
    24. April 2019

    @alle: Der Tagesanzeiger hat zum Müll-Export/Import gerade einen Artikel gebracht:
    https://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/standardplastikmuell-verschmutzt-immer-mehr-laender-in-suedostasien/story/11093533

  96. #97 roel
    24. April 2019

    @Bettina Wurche

    Aus deinem Link:

    “Plastikmüll kann bislang vergleichsweise unkompliziert exportiert werden, weil er keiner strengen Kontrollen unterliegt.” Norwegen “hat den Vorschlag gemacht, gemischten oder verunreinigten Plastikmüll zur Gruppe von Abfällen zu zählen, die besonderer Prüfung bedürfen. Aufgrund der in der EU geltenden Abfallverbringungsordnung würde das einem Exportverbot solcher Abfälle in Nicht-OECD-Länder gleichkommen – auch für Deutschland.”

    “Der Vorschlag wird ab kommender Woche bei der Tagung der Vertragsparteien des Basler Übereinkommens diskutiert werden. Das internationale Umweltabkommen regelt die Entsorgung und den Export gefährlicher Abfälle. 187 Nationen, darunter auch Deutschland, haben sich darin verpflichtet, beim Handel mit gefährlichen Abfällen gewisse Regeln einzuhalten. Eine davon besagt, dass die Herkunftsländer sicherstellen müssen, dass ihr Müll im Zielland weder die Gesundheit von Menschen noch die Umwelt gefährdet – ein Punkt, der hinsichtlich der Lage in Südostasien durchaus relevant ist.”

    Ich bin gespannt, welche Ergebnisse bei der Tagung erzielt werden.

    Hier mal die aktuelle Entwicklung der Plastikabfallexporte aus der EU, siehe auch besonders die Grafik 10-Jahres-Entwicklung der EU-Altkunststoffexporte:

    https://www.euwid-recycling.de/news/international/einzelansicht/Artikel/eu-altkunststoffexporte-2018-um-ein-viertel-gesunken.html

    “EU-Altkunststoffexporte 2018 um ein Viertel gesunken”
    “Seit 2014 sind die EU-Altkunststoffexporte sogar um knapp 42 Prozent gesunken.”

    Dazu mal ein paar Zahlen, die leider so nicht frei zugänglich sind, um zu zeigen, wie sich die Abfallexporte verlagern:

    EU-Altkunststoffexporte in Tonnen
    China ….. ..2014: 1.749.017 ….. 2018: . . 64.691
    Hongkong . 2014: .. 913.891 …. 2018: .. 211.537
    Indonesien .2014: … 26.967 ….. 2018: . 191.300
    Malaysia .. 2014: .. 101.821 …. 2018: .. 404.267
    Türkei …… 2014: … 29.268 ….. 2018: . 270.365
    Gesamt …. 2014: 3.301.344 …. 2018: 1.928.068

    “Nach zuletzt schweren Umweltskandalen und Protesten im eigenen Land hat die malaysische Regierung in den letzten Monaten allerdings Zügel angezogen und geht nun verstärkt gegen illegale Importe von Kunststoffabfall vor. Wie Ende Februar bekannt wurde, wurden bisher knapp 140 illegale Kunststoffrecyclinganlagen wegen Verstößen gegen Umweltvorschriften geschlossen.”

    Es ist einiges in Bewegung, hoffentlich noch schnell genug.

    PS Bei OTRAG2 ist noch ein Kommentar von mir in der Pipeline.

  97. #99 Bettina Wurche
    25. April 2019

    @roel: Danke für die Ergänzungen. Sorry, der OTRAG-Kommentar war im SPAM gelandet. Ist jetzt freigeschaltet.

  98. #100 Dampier
    16. September 2019

    Neuester Fund: Plastik-Kiesel an den Stränden:

    https://www.heise.de/tp/features/Noch-mehr-Plastik-im-Meer-4523562.html

  99. #101 Bettina Wurche
    16. September 2019

    @Dampier: Ja, leider gar nichts neues : (