Die Metallica-Assel Macrostylis metallicola als künstlerische Interpretation (C) Senckenberg

Die Metallica-Assel Macrostylis metallicola als künstlerische Interpretation (C) Senckenberg

Der Senckenberger Tiefseebiologe Torben Riehl und sein niederländischer Kollege Bart de Smet (Universität Gent) haben eine neue Tiefseekrebs-Art entdeckt und nach Metallica benannt: Macrostylis metallicola spec. nov. ist eine Tiefseeassel die auf Manganknollen im Pazifik lebt. Die Endung des Artnamens -cola bedeutet “Metall-Bewohnerin”

Metallica ist eine extrem erfolgreiche (und laute) US-amerikanische Heavy metal-Band und seit den 80-er Jahren aktiv. „Mit ihrer beeindruckenden Musik hat mich die Heavy Metal-Band den Großteil meines Lebens begleitet. Lieder wie ‚Master of Puppets‘ oder ‚One‘ sind Meisterwerke der Rockmusik und es begeistert mich daher riesig, die Band mit der Benennung einer neuen Art zu ehren“, meint Dr. Torben Riehl vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt gegenüber der Presse. Die Publikation “Macrostylis metallicola spec. nov.—an isopod with geographically clustered genetic variability from a polymetallic-nodule area in the Clarion-Clipperton Fracture Zone” beschreibt die neue Art und ihren Lebensraum

Blind und farblos hockt das wurmartig längliche marine Kerbtier auf seinen Metallknollen in der Clarion-Clipperton-Zone (CCZ). Der Winzling von 6,5 Millimeter Länge trotzt in 4.132 bis 5.055 Metern Tiefe einem Druck von über 400 Atmosphären und der ewigen Dunkelheit.
Macrostylis metallicola machen diese harten Bedingungen nichts aus, die Assel ist an die Tiefsee angepasst und kann auch nur dort leben. Macrostylis und seine Mitbewohner leben auf ihren Manganknollen seit Jahrmillionen isoliert wie auf einer Insel. Leider sind sie auch in dieser Tiefe nicht mehr sicher vor der menschlichen Metallgier: Manganknollen sind knollige Konkretionen aus Mangan und Eisen sowie anderen Elementen wie Kupfer, Kobalt und Nickel und seltene Erden. Rohstoffe für elektronische Bauteile und die Basis unserer Informations- und Kommunikationstechnologie, E-Autos und vieles mehr
Meertext-Leser wissen bereits, dass die kalte Tiefsee-Oase der Clarion Clipperton-Zone längst ein heiß umkämpftes Gebiet der Rohstoffindustrie, der Internationalen Meeresboden-Behörde (International Seabed Authority) und den Biologen und Meeresschützern ist. Die Entdeckung Softball-großer Einzeller, Gummi-Hörnchen, gepanzerte Mini-Krebse und einer fußlosen Schar fremdartiger Würmer haben aus dem Stück Meeresboden im Pazifik von der ozeanischen Wüste zum Paradies befördert. Die Clarion-Clipperton-Zone ist eine ausgedehnte tektonische Bruchzone im Ost-Pazifik, aufgrund tektonischer Aktivitäten haben sich hier auf einem 7000 Kilometer langen Abschnitt konzentrierte Vorkommen von Manganknollen abgelagert, die auch Nickel und Cobalt enthalten.
Manganknollen-Abbau zerstört weitflächig und tief gehend den Meeresbodens und seine Lebensgemeinschaften. Außerdem wird durch das Saugen, Pumpen und Ausspülen des Sediments ein weit reichender Schleier aus Sediment und organischen Trübstoffen aufgewirbelt, der vielen Organismen das Restlicht und den Sauerstoff nimmt und zuletzt zu Boden sinkt und wie ein Leichentuch dort alles unter sich begräbt. Aufgewirbelte Metallfragmente können zudem eine toxische Wirkung auf viele Organismen haben, wenn sie eingeatmet oder verschluckt werden. In langsam wachsenden, normalerweise stabilen Ökosystemen hat das Folgen für die nächsten Jahrzehnte (mehr dazu hier).

Die Metallica-Assel unter dem konfokalen Laserscanning-mikroskop betrachtet. Skalenbalken: 0.25 mm (A,C,D) und 0.1 mm (B).

Die Metallica-Assel unter dem konfokalen Laserscanning-mikroskop betrachtet. Skalenbalken: 0.25 mm (A,C,D) und 0.1 mm (B). (c) SNG

Was hat ein Tiefseekrebs mit uns zu tun?
Eine ganze Menge: Die Zerstörung von Tiefseeökosystemen kann sich über die Nahrungsketten und trophische Stufen bis zur Meeresoberfläche auswirken und die lebenden Ressourcen des Meeres gefährden. Die Ausbeutung des Ozeanbodens in der Tiefsee hätte somit letztendlich auch Auswirkungen auf einen erheblichen Teil der menschlichen Nahrungsgrundlagen. Insbesondere in weniger hoch industrialisierten Ländern!

Darum will Torben Riehl nicht nur seine Jugendhelden ehren, sondern auch auf dieses nahezu unbekannte Ökosystem und seine akute Gefährdung hinweisen: „Der kontinuierlich steigende Bedarf an bestimmten Metallen, hervorgerufen durch gesellschaftliche Veränderungen, wie Populationswachstum, Urbanisierung und Energiewandel, führt zu einer Suche nach Rohstoffen auch in wissenschaftlich bislang unbekannte, schwer zu erreichende Teile der Erde, wie die Tiefsee. Kaum jemand weiß aber, dass in den großen, größtenteils unentdeckten Tiefen der Weltmeere unglaublich bizarre Kreaturen existieren, die noch niemand bislang gesehen hat – wie unser ‚Metallica-Krebs’. Sie sind Bestandteil eines Erdsystems, von dem wir alle abhängen – die Tiefsee spielt zum Beispiel eine Rolle für das Klima und die Nährstoffkreisläufe im Meer. Wir müssen daher dafür sorgen, dass ein Abbau der Manganknollen möglichst nachhaltig vollzogen wird, und zwar durch die Einrichtung vernünftiger Umweltmanagementpläne und Schutzgebiete, die auf den Erhalt von Biodiversität und Ökosystemfunktionen abzielen“, schließt der Tiefseebiologe.

Recht hat er! Und er ist nicht der einzige, schon 2019 hatten viele Tiefseeforscher zur Einrichtung von Schutzzonen auch in der Clarion Clipperton Zone aufgerufen, weil dort einzigartige Lebewesen gefunden wurden. Nirgendwo sonst leben diese Artengemeinschaften, manche Regionen sind jetzt schon als Hotspots der Biodiversität klassifiziert. So leben in der Clarion–Clipperton Zone u. a. verschiedene Arten von seltsamen, riesigen Einzellern, die Xenophyophoren – 30% davon waren Neuentdeckungen! (Mehr dazu steht auf Meertext hier und hier).
Um diese sonderbaren Meerewesen und ihre außergewöhnlichen Lebensräume zu schützen, können und müssen wir politischen Druck aufbauen.
Jeder Wähler, jede Wählerin kann sich dazu entscheiden. Oder sich zusätzlich vielleicht auch noch in einer NGO engagieren.
Weiterhin hat auch jede/r KonsumentIn es in der Hand, das Smartphone und andere elektronische Gimmicks einfach mal länger zu benutzen, so dass die Nachfrage nach den Metallen und seltenen Erden sinkt.

Übrigens ist der Assel-Knirps Macrostylis nur eine von vielen Tiefsee-Asseln, die dort in bunter Artenvielfalt über den Meeresboden marschieren und Fleischfresser sind. Die Riesenassel Bathynomus giganteus, die selbst Alligatoren bis auf die Knochen abnagt, ist auf Meertext ja schon häufiger zu Gast gewesen:

 

Hier kommt “Master of Puppets” von Metallica zum Reinhören – vielleicht könnte man sie anfragen, ob sie nicht auch mal “Master of isopods” intonieren könnten?

 

Quellen:
1,2,3, 4: Macrostylis metallicola spec. nov.—an isopod with geographically clustered genetic variability from a polymetallic-nodule area in the Clarion-Clipperton Fracture Zone; PeerJ;

Tiefseekrebs nach Metallica benannt. Pressemitteilung des Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt vom 27.02.2010

 

Kommentare (24)

  1. #1 schlappohr
    27. Februar 2020

    Tja, Heavy Metal… man mag es oder man mag es nicht. Dazwischen scheint es wenig zu geben. Nach 60 Sekunden Rammstein in der Ziel-Lautstärke bin ich etwa so aggressiv wie nach einer Stunde neben einem Presslufthammer. Trotzdem gibts Leute, die bei dieser Musik nicht nur arbeiten, sondern sogar entspannen können. Meine Angebetete macht das zum Glück nur, wenn sie alleine im Auto unterwegs ist.

    Mein Smartphone ist übrigens 6 Jahre alt, war schon veraltet als ich es gekauft habe (“Einsteigermodell”) und funktioniert immer noch. Und so lange gibt’s kein neues.

  2. #2 Bettina Wurche
    27. Februar 2020

    @schlappohr: Geht mir auch so – mein Smartphone ist ein nützliches Tool. Jetzt 6 Jahre alt. Als ich letztes Jahr eine neue Hülle brauchte, wurde mir gesagt, solche alten Größen gäb´s nur noch online. Ein deutliches Zeichen für zu schnellen Modell-Wechsel.
    Ooooch…Rammstein höre ich oft zur Entspannung und es hat schon manche lange Autofahrt erträglicher gemacht. Normalerweise ist mir Metallica allerdings auch etwas zu viel. Ich könnte mir aber vorstellen, dass auf See so manche Nachtschicht im Labor oder am ROV dadurch erträglicher wird : )

  3. #3 schlappohr
    27. Februar 2020

    Rammstein höre ich oft zur Entspannung […]

    Ich würde wahnsinnig. Ihr Frauen seid manchmal seltsame Wesen 🙂

  4. #4 Bettina Wurche
    27. Februar 2020

    @schlappohr: “Ihr Frauen”? Mein Mann hat Rammstein mit in die Beziehung gebracht. Wir hören das zusammen. Ich glaube ja nicht, dass Rammstein Heavy Metal ist, dazu ist es doch zu soft. Was mich übrigens von 0 auf Kurz-vor-Amoklauf bringt ist die Fußball-Geräuschkulisse, es muss nicht mal sehr laut sein. Da hat sicherlich jede(r) so ihre/seine Trigger : )

  5. #5 schlappohr
    27. Februar 2020

    Da hat sicherlich jede(r) so ihre/seine Trigger : )

    Da hast du wohl recht. Die düsteren Ambient-Stücke, die ich in langen Nächten höre um wach zu bleiben, bringen meine Frau auf die Palme. Mein Sohn nennt es Gespenstermusik und findet es cool.

  6. #6 gedankenknick
    27. Februar 2020

    Tja, wäre die ” Hughes Glomar Explorer” tatsächlich zum schürfen von Manganknollen benutzt worden, wie es die CIA-Tarnfirma vorgab, statt damit das gesunkene sowjetische Atom-U-Boot K129 klaue… äh…. bergen und zurückgeben zu wollen, hätte man diese Krebse schon viel früher entdecken können.

    Mein Dummfon ist ein “Singsang S4 mini” und wurde 2013 in Betrieb genommen, und ich glaube, ich muss ihm mal nen neuen Akku spendieren…

  7. #7 rolak
    27. Februar 2020

    Samsung C3520, seit ~3 Jahren, weil der alte Motorola-Knochen seinen Geist aufgab. Der Schnäppchenkauf hatte allerdings schon sehr lange auf seinen Einsatz gewartet…

  8. #8 Dampier
    dampierblog.de
    27. Februar 2020

    Danke für den Artikel, der mir die Clarion-Clipperton-Zone als weiteren Schauplatz von spannenden Entdeckungen & vom ewigen Kampf gegen die Ausbeutung der Meere mal ins Bewusstsein gerückt hat.

    Mein Dummphone ist von 2009, ein unglaublich solider Knochen. Ich habe vor, mir in diesem Leben kein Smartphone mehr zu kaufen.

    Heavy Metal ist auch nicht so mein Ding, aber es gibt auch da fraglos große Künstler. Motörhead höre ich sehr gern, wenn ich mal die Gehörgänge und das Hirn durchpusten will. Und die Großväter des Ganzen: Deep Purple (Made in Japan, beste Hardrockscheibe aller Zeiten!)

    Metallica finde ich allerdings widerwärtig. Wahrscheinlich die dümmste Rockband unserer Zeit (neben den Schlägertypen von Oasis vielleicht).

    In Guantanamo werden die Insassen mit pausenlosem lauten Heavy Metal gefoltert. Auf die Frage, wie er das finde, dass dafür besonders gern Metallica-Songs verwendet werden, sagte einer der Frontmänner (weiß nicht mehr welcher), dass er stolz darauf sei.

    Seitdem erfüllt mich diese Band nur noch mit Ekel, egal wie “gut” sie sein mögen.

    @schlappohr

    Die düsteren Ambient-Stücke, die ich in langen Nächten höre

    Hast du mal nen Anspieltipp?

  9. #9 Bettina Wurche
    27. Februar 2020

    @dampier: die Info über Metallica ist wirklich übel. Die Deep Purple-Version von Smoke on the Water finde ich großartig.

  10. #10 rolak
    27. Februar 2020

    weiß nicht mehr welcher

    James Hetfield

  11. #11 RPGNo1
    27. Februar 2020
  12. #12 Alexander
    28. Februar 2020

    Ja, der Hetfield …

    https://assets.sbnation.com/assets/1234715/main-met-300.jpg

    Trotzdem kommen von der Band einige großartigste Songs. Man darf beim Hören nur nicht an das Foto denken …

  13. #13 Alexander
    28. Februar 2020

    Mist, jetzt hätte ich wieder gern eine Editierfunktion für eigene Beiträge.

    Als Entschuldigung für meine Schludrigkeit (@Bettina Wurche: Es kommt sogar Meer darin vor! ;->):

  14. #14 Bettina Wurche
    28. Februar 2020

    @Alexander: Kein Ding, Tippfehler nehme ich nicht krumm : )

  15. #15 Bettina Wurche
    28. Februar 2020

    @RPGNo1: “Haifisch” hatte ich gar nicht auf dem Schirm. Beim Meeresthema fällt mir “Seemann” ein : ) Für einen morbiden Rammstein-Song wären Tiefseeasseln aber auch echt ne Steilvorlage

  16. #16 schlappohr
    28. Februar 2020

    @Dampier

    Hast du mal nen Anspieltipp?

    z.B. von Steve Roach
    https://www.youtube.com/watch?v=TRvs-TCaVks

    oder Thom Brennan
    https://www.youtube.com/watch?v=Z7uBEpelThs
    (Hinweis: Den Titel dieses Albums bitte in englischer Sprache verstehen, nicht in deutsch :-))

    Steve Roach ist einer der Altmeister des Genres. Ich habe zum ersten mal in den 80ern von ihm gehört, in der Sendung “Sounds vom Synthesizer” vom Hessischen Rundfunk glaube ich. Lang lang ist’s her. Damals war unsere Spezies noch ohne Smartphone überlebensfähig (zählt das als Beweis der Evolutionstheorie?)

    Aber ich habe den Eindruck, dass wir vom eigentlichen Thema dieses Artikels ein wenig abschweifen… ich hoffe, die Autorin nimmt uns das nicht übel.

  17. #17 Bettina Wurche
    29. Februar 2020

    @schlappohr: Wenn Musik dazu führt, dass mehr Leute mal etwas über Tiefseeasseln und die Clarion Clipperton Zone gelesen haben, ist das völlig o. k. : )))

  18. #18 Dampier
    29. Februar 2020

    Danke @schlappohr! Steve Roach ist wirklich ein Meister des Genres, ich höre ihn oft auf Soma FM (somafm.com), da spielen sie ihn gern. Seine spiralig gewundenen Endlos-Tracks haben etwas absolut hypnotisches. Thom Brennan war mir nicht bekannt, ich höre es gerade, das ist auf jeden Fall kein Mist ;))

    Meine Empfehlung wäre Soma FM, vor allem die Kanäle Drone Zone und Deep Space One. Auf Mission Control gibt es das ganze unterlegt mit NASA-Funksprüchen – ein ähnlicher Effekt wie bei Nautilus Live (s. u.).

    @ Bettina, ich finde es auch nicht ganz off-topic. Für mich passt solche Musik perfekt zu Tiefsee & Weltraum. Wenn ich Nautilus Live gucke, läuft das bei mir im Hintegrund, was die Immersion massiv verstärkt.

    Ich mach ja auch ein bisschen Ambient und so. ich werde dir mal ein Stück widmen, “The Deep Sea Isopod’s Dream” oder so 😉

  19. #19 Dampier
    29. Februar 2020

    @Alexander, @Bettina (#13-15)
    Verdammt, es lässt mir keine Ruhe. WO war da ein Tippfehler??!
    (sorry nochmal wg. OT)

  20. #20 rolak
    29. Februar 2020

    WO??!

    Das am extremalsten gesteigerteste ‘großartigste’?

  21. #21 Folke Kelm
    Schweden. Ui, wir haben schnee....
    1. März 2020

    Zu meiner Studienzeit in den 80ern war Manganknollenmining schon auf dem Plan und wir haben das damals schon extrem kritisch gesehen. Da unten in der Tiefsee beträgt die jährliche Sedimentationsrate mm/Jahrtausend, und wer jemals selber mal Korngrössenverteilung bei Tonen bestimmt hat weiss, dass die Sedimente Jahrzehnte bis Jahrhunderte brauchen um da unten wieder anzukommen.
    Ausserdem brauchen wir das Zeugs gar nicht wirklich. Es gibt in Europa durchaus Recyklinganlagen für Batterien. Die sind nur längst nicht ausgelastet. Warum das? Weil Otto Normalverbraucher seine Batterien eher wegschmeisst als zum Wiederaufarbeiten gibt. Die Rücklaufrate bei Litium Ionen Akkus liegt bei weniger als 50%. Bei Alkali Mangan Batterien weit drunter.
    Mein altes Samsung S4 musste ich ersetzen. Nicht weil es kaputt wäre, sondern weil es keine für mich essentielle Updates und Programme dafür mehr gibt. Ärgerlich.

  22. #22 Jochen
    14. März 2020

    Was ich mich schon öfter gefragt habe, wenn vom großen Druck in der Tiefe geschrieben wurde:
    Spielt das für ein Lebewesen, das kein Gas enthält, also z. B. keine Lunge oder Schwimmblase hat, überhaupt eine Rolle? Da ist doch nichts komprimierbares, was dadurch kaputt gehen könnte? Werden für Lebewesen relevante chemische Reaktionen durch den Druck beeinflusst?

    Danke für die vielen interessanten Artikel!

  23. #23 Bettina Wurche
    14. März 2020

    @Jochen: Das größte Problem ist wechselnder Druck. Darum gibt es ja so wenige Organismen, die so extreme Vertikalbewegungen durchführen wie Pottwale und Schnabelwale. Tiefseebewohner haben eine Reihe von Spezialanpassungen auch an den Druck (neben Kälte, Dunkelheit und Nahrungsarmut). Die reduzierung gasgefüllter Organe und Hohlräume gehört natürlich dazu. Bei Tiefseetintenfischen hat der Körper eine andere Konsistenz, gallertiger. Außerdem haben viele Ammoniak eingelagert, als Auftriebshilfe.
    https://www.faz.net/aktuell/wissen/unheimliche-begegnungen-warum-tintenfische-so-clever-sind-16617461.html

    Zu den chemischen Reaktionen:
    The all-important molecule is a so-called osmolyte called trimethylamine N-oxide (TMAO). It is what gives fish their “fishy smell”.
    TMAO acts to stabilize the proteins fish use to build and maintain their cells.
    Without its presence, the proteins would be distorted by the high pressures found at depth and stop functioning.
    https://www.bbc.com/news/science-environment-26423203

    Hier auf Deutsch:
    Stabilisierung von Proteinen gegen hohen hydrostatischen Druck

    Trimethylamin-N-oxid (TMAO) stabilisiert Proteine in Zellen von Fischen gegenüber dem mit der Tiefe zunehmenden hydrostatischen Druck. So nimmt die durchschnittliche Konzentration von TMAO bei Echten Knochenfischen von 40 mmol/kg in 0 m Tiefe auf 261 mmol/kg in 4850 m Tiefe zu. Dadurch steigt die interne Osmolalität in den Fischzellen mit zunehmender Habitattiefe. Die bislang höchste TMAO-Konzentration wurde mit 386 mmol/kg beim Scheibenbauchfisch Notoliparis kermadecensis in 7000 m Tiefe im Kermadecgraben gemessen, was einer Osmolalität von 991 mOsmol/kg entspricht. Dies bedeutet, dass diese Fische unterhalb einer Tiefe von etwa 8200 m nicht leben können: Höhere TMAO-Konzentrationen würden die Proteine in der Zelle wie das für Muskelbewegungen verantwortliche Myosin in einem Ausmaß destabilisieren, dass sie nicht mehr ihre Funktion wahrnehmen könnten. Des Weiteren erreicht die Osmolalität von Meerwasser dort 1100 mOsmol/kg und bei höheren TMAO-Konzentrationen in den Zellen würde Meerwasser in das Gewebe einströmen.[2][3]
    https://de.wikipedia.org/wiki/Tiefseefisch

    Sicherlich kein Zufall, dass ausgerechnet der wabbelige Scheibenbauch so ein Tiefseemeister ist.

  24. #24 Bettina Wurche
    14. März 2020

    @Jochen: Das Lob freut mich natürlich sehr : )