Wer im nächsten Semester ein Studium aufnehmen will, hat sich an mehreren Universitäten in verschiedenen Städten, oft sogar verschiedenen Fächern beworben. Denn die Unis haben die Entscheidungshoheit in den meisten Fächern und die Studenten in spe wollen sich einen Platz sichern. Dies führt zu einem Verwaltungskarussell an dessen Ende oft Universitäten und Studenten unzufrieden sind.

Für frisch gebackene Abiturienten sind 12 Bewerbungen bei verschiedenen Hochschulen und mehr keine Seltenheit. Deshalb verzeichnen Universitäten viel zu viele Bewerbungen für ihre zu vergebenden Plätze. Schicken sie dann an die Erwählten die ersten Zusagen, bekommen sie viele Absagen zurück. Es werden Nachrückverfahren gestartet. Nicht selten ziehen sich diese bis ins längst gestartete Semester hinein und am Ende bleiben – ebenfalls nicht selten – manche Studienplätze unbesetzt. Vielleicht weil für Student B., der zwar liebend gerne Mathematik in Gießen studiert hätte, die Zusage erst bekam, als er schon mit Physik in Hamburg begonnen hatte.

Mehr als die Hälfte heutiger Studiengänge hat mittlerweile eine Zugangsbeschränkung. Die Studienplatzvergabe wird also per Bewerbungsverfahren entschieden. Nur sechs Fächer werden noch über die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) vergeben: Biologie, Medizin, Pharmazie, Psychologie, Tiermedizin und Zahnmedizin.

Wer sich an verschiedenen Universitäten bewirbt, muss unterschiedlichste Pakete mit manchmal eigenartigen Inhalten abschicken. Die Anforderungen reichen vom Lebenslauf, Kopie des Personalausweises, Krankenversicherung bis zum handschriftlichen Bewerbungsschreiben. Entscheiden können am Ende neben den Abiturnoten, einzelne Fächernoten, außerschulisches Engagement oder ehrenamtliche Tätigkeiten….

Ende vergangener Woche hatte Ulla Burchardt, Vorsitzende des Bildungsausschusses (SPD) angesichts zurückgehender Studienanfängerzahlen trotz steigender Abiturientenzahlen bundesweit einheitliche Zulassungsstandards für die Hochschulen gefordert. Für sie ist klar: Hintergrund für den Rückgang sei nicht zuletzt das Durcheinander an Regelungen für Einschreibungen an den verschiedenen deutschen Hochschulen.

Längst gibt es auch von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) einen Plan für das Ende der Misere. Die Länder und die Hochschulerektorenkonferenz wollen eine Nachfolgerin der ZVS gründen (HIS-Bericht). Die „Stiftung für Hochschulzulassung” soll Angebote transparent machen und die diversen Vergabeverfahren koordinieren – und Studenten sollten dann wieder nur eine Bewerbung schicken müssen.
15 Millionen Euro in den kommenden fünf Jahren will Bundesbildungsministerin Annette Schavan dafür locker machen. Der Länder sollen auf dem kommenden Bildungsgipfel im Oktober darüber entscheiden (Abendblatt).

Ich halte eine intelligente Verwaltung der Bewerbungen auf jeden Fall für sinnvoll.

Kommentare (8)

  1. #1 florian
    August 4, 2008

    “handschriftlichen Bewerbungsschreiben”… an den deutschen Universitäten wird doch nicht etwa Graphologie praktiziert werden??

  2. #2 Fischer
    August 4, 2008

    @florian:
    Würde es dich wundern?

  3. #3 Beatrice Lugger
    August 4, 2008

    @florian @fischer: Ich glaube eher, es handelt sich hier um eine Art Liebesbeweis. Ein Bewerbungsschreiben am Computer mit Adresse verändert, ausgedruckt und abgeschickt, das geht schnell. Aber wer sich wirklich hinsetzt und per Hand – Lesbar auch noch – bemüht schreibt, der muss doch wirklich interessiert sein.

  4. #4 Andreas Kyriacou
    August 4, 2008

    Na ja, das lässt sich wohl auch outsourcen. Glaube kaum, dass das auffallen würde. Und sonst kann man immer noch behaupten, es nur wegen einer Handverletzung diktiert zu haben…

    Ich tippe doch eher darauf, dass ein paar vom «demon of handwriting analysis» befallen sind. (Gefunden dank eines Hinweises bei evilunderthesun. Das Buch ist bereits bestellt…)

  5. #5 blugger
    August 4, 2008

    Andreas Kyriacou: Ganz ehrlich? Ich weiß nicht so recht, was Deine Links mit diesem Eintrag zu tun haben. Quervernetzen ist eine nice idea. Aber doch noch am topic bleiben bitte!

  6. #6 Andreas Kyriacou
    August 4, 2008

    @blugger:
    Äh, handwriting analysis ist nichts anderes als Grafologie. Und so wie’s scheint, sind halt auch ein paar Leute im Hochschulumfeld davon “besessen”.

  7. #7 Beatrice Lugger
    August 5, 2008

    @Andreas: Jepp, aber das Buch?

  8. #8 Andreas Kyriacou
    August 5, 2008

    Ok, vielleicht war’s doch zu kryptisch. Matt Taibbi berichtet in seinem Buch satirisch über ein «Erweckungswochenende» bei einer US-Amerikanischen Megachurch. Zu deren Ritualen gehören Dämonenaustreibungen. Die Teufelchen werden einzeln beim Namen genannt, damit man sie zum richtigen Zeitpunkt in die zur Verfügung gestellten Spucktüten spedieren kann.

    Dran glauben mussten an besagtem Wochenende unter anderem der «demon of intellect», der «demon of philosophy», der «demon of intellectual pride» und eben auch der Grafologiedämon.