Gammastrahlen sind grün, Röntgenlicht ist blau, aber welche Farbe haben eigentlich Neutronen? Naja, grundsätzlich ist das von ihrer Energie abhängig, aber um tiefer in das Thema einzusteigen, muss ich erst mal erklären, was ich mit Farbe überhaupt meine.

Teilchenphysiker behaupten in der Quantenchromodynamik, dass Neutronen aus Quarks bestehen, die wiederum nicht nur einen Geschmack, sondern auch eine Farbe (rot, grün oder blau) haben. Aber hier sind die Begriffe “Geschmack” und “Farbe” einfach nur Platzhalter für eine Eigenschaft, die wir nicht mit unseren menschlichen Sinnen wahrnehmen können.

Wenn man nun ein Kind fragt, was denn Farben seien, würde es vielleicht antworten: “Alle Farben im Regenbogen und Weiß und Schwarz”. Das ist auch schon ziemlich nah dran an dem, was ich so als Farbe bezeichnen würde. Im Falle des Regenbogens haben wir nämlich Licht, das in seine einzelnen Wellenlängen geteilt wird. Lichtwellen, die 650nm lang sind (von Wellenberg zu Wellenberg) sind rot, Lichtwellen, die 420nm lang sind, sind blau, wenn keine da sind ist es schwarz und wenn alle zusammen anwesend sind, ist es weiß. Ganz einfach.

Andere elektromagnetische Strahlen, wie z.B. Mikrowellen oder Gamma-Strahlen kann das menschliche Auge zwar nicht mehr sehen, aber das hält uns Physiker nicht davon ab, trotzdem von Farbe zu sprechen, wenn wir von der Wellenlänge von Röntgenlicht reden. Wenn Röntgenstrahlen z.B. durch Übergänge in der “Elektronenhülle” eines Atom erzeugt werden, dann haben sie eine charakteristische Energie und damit eine eindeutig bestimmte Wellenlänge und somit tatsächlich eine Farbe.

Wenn ich allerdings Röntgenlicht durch Bremsstrahlung erzeuge, dann hat diese Strahlung (in einem bestimmten Spektrum) alle möglichen Wellenlängen und daher kann man guten Gewissens von “weißem Röntgenlicht” sprechen. Das Gleiche ist auch bei Gamma- und theoretisch auch bei allen anderen elektromagnetischen Strahlen möglich, aber ich habe es bislang nur in Verbindung mit Röntgen gehört. Sowohl Röntgen-, als auch Gamma-Strahlung bezeichnet man zusätzlich noch als weich bzw. hart, je nachdem wie hoch ihre Energie ist.

Neutronen sind nun keine elektromagnetischen Wellen, haben aber wegen dem Welle-Teilchen-Dualismus der Quantenmechanik ebenfalls eine Wellenlänge, die umgekehrt proportional zu ihrer Geschwindigkeit ist und damit auch in direkter Beziehung zu ihrer kinetischen Energie steht. Je nachdem wie schnell ein Neutron ist, hat es also mehr (oder weniger) Energie und damit eine andere Farbe. Neutronen aus der Kernspaltung haben zum Beispiel ein sehr charakteristisches Spektrum, das halt nicht weiß ist (dann wären alle Energien mehr oder weniger gleichstark vertreten), sondern mehr wie… ich sag mal, Schneematsch. Schnee ist ein tolles Stichwort, denn Neutronen haben nicht nur eine Farbe, sondern auch noch eine Temperatur. Bei Neutronen sagt man nicht (wie bei Röntgen oder Gammas) hart oder weich, sondern man spricht von schnellen, heißen, thermischen, kalten und sogar ultrakalten Neutronen.

Ein weißer kontinuierlicher Neutronenstrahl wird mit einem Chopper in Teilchenpakete zerlegt, die mit der Zeit über den Weg auseinanderfließen.

Ein weißer kontinuierlicher Neutronenstrahl wird mit einem Chopper in Teilchenpakete zerlegt, die mit der Zeit über den Weg auseinanderfließen.

Das kommt daher, dass Neutronen moderiert werden (können). Das heißt. sie stoßen mit Atomen zusammen und ändern dabei nicht nur ihre Richtung, sondern geben auch kinetische Energie an das Atom ab oder nehmen welche auf. Wieviel Energie sie von den Atomen bekommen, hängt davon ab, wie schnell sich die Atome bewegen und das hängt wiederum davon ab, wie hoch ihre Temperatur ist. Das heißt, wenn thermische Neutronen auf heiße Atome treffen, dann bekommen sie noch einen extra Stoß, nehmen Energie auf und werden ebenfalls heiß und wenn sie auf kalte Atome treffen, dann geben sie Energie an diese ab, werden langsamer und kalt. Je nach ihrer Temperatur bzw. Wellenlänge (also Farbe) sind sie, wie schon gesagt, unterschiedlich schnell, woran man sie leicht auseinanderhalten kann.

Das geht sogar soweit, dass ultralkalte Neutronen so langsam werden, dass sie Schrittgeschwindigkeit erreichen und im Schwerefeld der Erde nach “unten” fallen, durch den Fußboden durch… Aber diese ultrakalten Neutronen waren mir schon immer irgendwie suspekt.

Wegen dem eben schon erwähnten Welle-Teilchen-Dualismus kann man mit Neutronen sogar echt viele Dinge tun, die man eher von Licht kennt. Man kann sie zum Beispiel spiegeln, reflektieren, beugen, polarisieren und mit einem Kristall wie bei einem Regenbogen in verschiedenen Wellenlängen zerlegen… tolle Sache, oder?

Kommentare (6)

  1. #1 schorsch
    19. Februar 2015

    Dass Gammastrahlung leuchtend grün ist, kann man auch bei den Simpsons immer wieder schön sehen, z. B. wenn Mr. Burns anläßlich des St. Patrick-Tags mittels radioaktiver Abfälle den Fluß durch Springfield grün färbt (https://simpsonspedia.net/index.php?title=St._Patrick%27s_Day)

  2. #2 Tobias Cronert
    19. Februar 2015

    Ah, achtung vorsicht. Uran kann nicht nur gelb, sondern auch manchmal hübsch hellgrün sein. https://de.wikipedia.org/wiki/Uran#mediaviewer/File:U_glass_above.jpg

    Gammastrahlen-grün ist schön dunkel, wie der Hulk 😉

  3. #3 Q
    19. Februar 2015

    Toller Artikel!!

  4. #4 Frank Wappler
    https://Dünnes.Eis
    20. Februar 2015

    Tobias Cronert schrieb (am Februar 19, 2015):
    > Neutronen sind nun keine elektromagnetischen Wellen, haben aber wegen dem Welle-Teilchen-Dualismus der Quantenmechanik ebenfalls eine Wellenlänge, die proportional zu ihrer Geschwindigkeit ist

    Eher: umgekehrt proportional, d.h. reziprok, zu ihrer Geschwindigkeit (zumindest für “nahezu nicht-relativistische” Geschwindigkeiten).

    > Neutronen aus der Kernspaltung haben zum Beispiel ein sehr charakteristisches Spektrum, das halt nicht weiß ist (dann wären alle Energien mehr oder weniger gleichstark vertreten), sondern mehr wie… ich sag mal, Schneematsch.

    RosaSchneematsch” ??

    > dass ultra[…]kalte Neutronen so langsam werden, dass sie Schrittgeschwindigkeit erreichen und im Schwerefeld der Erde nach “unten” fallen

    … Das würden Neutronen beliebiger Temperatur bzw. Geschwindigkeit genauso (d.h. natürlich: außer sofern nicht). Ein Unterschied bestünde lediglich dahingehend, welche bzw. wie viele auch “unten” “ankämen”

    > durch den Fußboden durch…

    Siehe https://www.ne.ncsu.edu/nrp/ucns.html

  5. #5 Tobias Cronert
    20. Februar 2015

    “umgekehrt proportional” … äh ja klar sorry, peinlicher Fehler -> korrigiert.

    naja sogar bei kalten Neutronen merkt man das “nach unten fallen” normalerweise nicht … ich sag, die sind suspekt *g*

  6. #6 blood glucose
    21. November 2015