Wenn man in Kanada oder den USA von umweltfreundlicher und “grüner” Energie spricht, dann gehört da auch immer Atomkraft zu und neue Atomkraftwerke werden als Möglichkeiten gehandelt den CO2 Ausstoß der Energieproduktion zu senken. Während also in Deutschland die letzten Relikte des Atomzeitalters ihr Leben aushauchen, gehen am MIT die Machbarkeitstudien für eine “neue” Art Kernreaktor in die letzte Stufe (https://heise.de/-2554723).

Normalerweise schreibe ich hier ja eher selten über aktuelle Themen, aber obwohl die Meldung zu den neuen Machbarkeitstudien es nicht wirklich in die Tagesschau geschafft hat möchte ich die Gelegenheit ergreifen um hier ein wenig vorzustellen, wie man in anderen Ländern mit dem Thema Atomkraft und Energiewende umgeht.

Das technische “White Paper” des Flüssigsalzreaktors von Transatomic Power liest sich erstmal ganz nett. Flüssiges LiF Salz wird als Moderator und Kühlung gleichzeitig benutzt und der flüssige Uranbrennstoff UF4 soll wesentlich effizienter “verbrannt” werden, so dass eine höhere Energie-Ausbeute erreicht werden kann und nur gering angereichertes Uran benötigt wird.

Was ist der große Vorteil gegenüber herkömmlichen Reaktoren? Der “Kernvorteil” ist, dass Lithium ein wesentlich besserer Moderator für Neutronen ist, als z.B. Wasser. Dadurch können wesentlich mehr Neutronen “in der Mitte” gehalten werden und weitere Kettenreaktionen auslösen, was dazu führt, dass die “Verbrennung” des Urans effektiver abläuft. Denselben Vorteil nutzen z.B. auch Schwerwasserreaktoren, bei denen das Deuterium im Schwerwasser den Hauptteil der Moderationsarbeit leistet und den Aufbau wesentlich effektiver macht, als normale Wasserreaktoren. Lithium moderiert nun eben noch effektiver, als Deuterium und mit dem flüssigen Lithium(Salz) kann man zudem noch besser kühlen, als mit Schwerwasser, da es mit ca. 600°C hindurchfließt und Wärme abtransportiert.

Ist die Idee jetzt so neu? Ähem… Nein, ganz und gar nicht. Die Idee flüssiges Lithium als Moderator zu benutzen wurde seit den 50er Jahren verfolgt und sogar das nun vorgeschlagene Reaktordesign wurde in den 60er und 70gern am ORNL entwickelt. Das ist auch genau mein Problem, dass ich mit der ganzen Sache habe. Die Idee dahinter stammt aus der goldenen Zeit der Atomkraft, als man nicht nur massenhaft neue Atomreaktoren aufgestellt hat, sondern eben auch eine Menge Geld und Energie in die technische Weiterentwicklung gesteckt wurde. Es gibt diverse Gründe, warum ich die flüssig Lithium Moderatoren auf der Welt an einer Hand abzählen kann und warum die meisten davon in Russland stehen. Sie sind technisch anspruchsvoll, schwer handzuhaben und haben ihrerseits auch wieder eine ganze Menge sicherheitstechnischer Probleme, die weniger mit Radioaktivität und mehr mit einem heißen Lithiumsalz zu tun haben. Auf meinem Fachgebiet (also Kristallographie mit Neutronen und Röntgen) wurde auch immer mal wieder über Lithium als Moderator nachgedacht, aber obwohl wir kein Uran und keine Kettenreaktion haben trauen sich da eigentlich nur wieder die Russen (https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0969804304003276) dran sowas wirklich umzusetzen.

Also um das eigentlichen Thema noch mal zusammen zu fassen: Die fünfzig Jahre alte Idee wurde aus der Mottenkiste geholt, weil es aktuell en vogue ist CO2 zu sparen und man hier kein angereichertes Uran braucht, mit dem Terroristen Atomwaffen bauen könnten. So einen Flüssigsalzreaktor könnte man sogar die Iraner ohne Bedenken nutzen lassen. Sprich der Hauptgrund, warum dieser Reaktortyp wirtschaftlich sinnvoll sein könnte ist, dass er aktuell weniger Kosten für die Sicherheit verursacht. Das halte ich bei einem solchen Langzeitprojekt für… gelinde gesagt wenig nachhaltig.

Nachtrag vom 16.März 2015: Ich war heute auf der DPG-Tagung bei einem Vortrag von einem Vertreter der Atomenergie (den ersten, den ich bislang gesehen habe) und fragte ihn, wie er denn die Zukunft solch “neuer” Reaktortypen sehen würde. Er rechnete damit, dass frühestens in ca. 20 Jahren neue Reaktortypen in den kommerziellen Einsatz gehen würden.

Kommentare (27)

  1. #1 Kassenwart
    24. Februar 2015

    Danke! Schnell, knapp und gut erklärt. 🙂

  2. #2 Hobbes
    24. Februar 2015

    Ich denke mir auch immer wieder bei den “Reaktoren der neuen Generation” das man die Ideen doch schon einmal gehört hat. Und auch wenn die Entscheidung für die heutigen Kernkraftwerke wohl stark von der politischen Idee des Wettrüstens beeinflusst waren werden die meisten anderen Versuche wohl nicht Grundlos verworfen worden sein.

    Aber eine kleine Frage noch bezüglich der Anreicherung. Wird das Uran wirklich gar nicht angereichert?
    Denn selbst eine geringe Anreicherung würde ja “den Iran” wieder davon ausschließen. Denn das eigentliche Problem war ja das man die Anreicherungsanlagen im nu (zwischen zwei Inspektionen) von Parallel in Reihe schalten könnte. Oder wäre die Menge der benötigten Zentrifugen so gering das es auch in 1000 Jahren nicht für genug hochangereichertes Uran für eine kritische Masse reichen würde?

  3. #3 Alisier
    24. Februar 2015

    Interessanter Post. Danke dafür.
    Wie siehst du denn selber die Zukunft der Atomenergie? Würde mich enfach interessieren.

  4. #4 Tobias Cronert
    24. Februar 2015

    @Hobbes: Laut dem technischen White Paper soll der Reaktor mit 1,8% angereichertem Uran laufen können. Natürliches Uran ist zu 0,7% “angereichert” und normale Reaktoren laufen mit ca. 20% angereichertem Uran (variiert stark je nach Brennelement). D.h. “Problemländer” könnte man nur wenig Zentrifugen zugestehen, oder sie mit nur schwach angereichertem Uran beliefern… oder Anreicherungsverfahren benutzen/entwickeln die eben nur so niedrige Grade erreichen können.

    @Alisier: Generell würde ich das Thema “Existenzberechtigung von Atomkraft” gerne unkommentiert lassen, da das einfach das Potential zu einer Menge shitstorms (auf beiden Seiten) hat. Aber ich kann gerne über Deutschland sprechen: Ich finde es gut, das Deutschland aus der Atomkraft aussteigt. Einfach um zu zeigen: “Es ist möglich, dass ein Hochindustrieland auch ohne Atomkraft funktioniert.”
    Aber ich finde es auch gut, dass es solche aktuellen Forschungsprojekte, wie den Transmutationsreaktor Myrrha (https://iks32.fys.kuleuven.be/wiki/brix/images/6/61/Schuurmans_IAP_kick-off_Myrrha.pdf) gibt, die sich weiterhin mit solchen nuklearen Themen auseinandersetzen und nicht nur einfach den Kopf in den Sand stecken und weiter X * 10 Jahre, Salzbergstöcke als Endlager erkunden.
    Energie ist da halt ein bischen wie Bio-Landwirtschaft. Es ist eine Frage, was wir (als Gesellschaft) bereit sind dafür zu zahlen und ob wir es uns erlauben können auf Massentierhaltung zu verzichten, während noch Menschen auf der Welt hungern. Ich war vor kurzer Zeit in Bayern und habe aus erster Hand den Widerstand gegen die (Wind)Stromtrassen mitbekommen… ich halte das für ein gesellschaftliches Problem und kein technisches.

  5. #5 DasKleineTeilchen
    24. Februar 2015

    @tobias: dein letzter kommentar gefällt mir ausgesprochen gut. thnx for.

  6. #6 Lercherl
    24. Februar 2015

    @Tobias

    “normale Reaktoren laufen mit ca. 20% angereichertem Uran (variiert stark je nach Brennelement)”

    Kommt darauf an, was man unter “normal” versteht. Forschungsreaktoren und Antriebe von Atom-U-Boote verwenden derart hoch angereichertes Uran. Bei Kernkraftwerken ist die Anreicherung viel niedriger, 3—5% für einen typischen PWR.

  7. #7 Tobias Cronert
    24. Februar 2015

    Ah, OK danke. Hatte ich nicht im Kopf. Mit Kraftwerken habe ich halt nichts am Hut.

  8. #8 Alisier
    24. Februar 2015

    Danke für die Antwort, Tobias!
    Klar, die Shitstormgefahr ist real und niemandem zuzumuten. Allerdings stört es mich gewaltig, dass man das Thema nicht gesittet diskutieren kann.

  9. #9 Strudel
    24. Februar 2015

    Hi, du schreibst:
    > der Hauptgrund, warum dieser Reaktortyp wirtschaftlich sinnvoll sein
    > könnte ist, dass er aktuell weniger Kosten für die Sicherheit verursacht
    Heißt das nicht im Umkehrschluss mehr Sicherheit fürs gleiche Geld? Das erscheint mir prinzipiell erstrebenswert. Oder meinst du hier die politische/militärische Sicherheit?

  10. #10 Hans Brandl
    München
    24. Februar 2015

    @Tobias
    ” Ich finde es gut, das Deutschland aus der Atomkraft aussteigt. Einfach um zu zeigen: “Es ist möglich, dass ein Hochindustrieland auch ohne Atomkraft funktioniert.”

    Dummerweise glaubt aber kaum ein wirklicher Fachmann (die sogenannten Experten die man hier in den Medien präsentiert, einmal ausgenommen) ausserhalb Deutschlands, dass man hier einen verantwortungsbewussten Ausstieg angeht. Was in Deutschland passiert ist der Ersatz von KKW durch fossile Kraftwerke, die die notwendigen aber politisch nicht durchsetzbaren Energiespeicher ersetzen sollen. Es gehört einfach zu den Grundlagen eines effektiven Energienetzes, dass man entweder auf jederzeit verfügbarer Kraftwerksleitsung (KKW oder fossil) aufbaut oder wenn diese Verfügbarkeit wegen der Nutzung von unstetigen Energiequellen wie Wind oder Sonnen nicht möglich ist entsprechend große Energiespeicher baut . Dabei muss man in Deutschland in einer Größenordnung von z.B. mehr als 100 großen Pumpspeicherkraftwerken denken, etwas was politisch nicht durchsetzungsfähig ist. Was man in Deutschland stattdessen macht ist die planlose Subvention von unkkordinierten EEG-Kraftwerken zum wirtschaftlichen Nutzen der jeweiligen politischen Klientel (ob das jetzt grüner Solarunternehmer oder schwarze Energiebauern in Bayern sind). Man ist ja bei uns nicht einmal in der Lage mit den Nachbarländern einen vertrauensvolle und rücksichtsvollen Energieaustauausch zu realisieren, lieber überschwemmt man deren Netze bis zum Zusammenbruch mit volatilem EEG-Strom. Die Nachbarländer haben daraus gelernt und machen inzwischen die Grenzkuppelstellen mit Phasenschiebern dicht.
    Interessanter ist aber, dass unsere Nachbarn auf Grund der Erfahung mit Deutschland auf EEG-Abenteuer verzichten und sich verstärkt auf die Kernenergie konzentrieren: Belgien hat gerade die Laufzeiten verlängert, Polen plant neue KKW, Tschechien erweitert, in Königsberg baut Russland 3 GW KKW für den Export, und bei seinem letzten Besuch hat Putin in Ungarn nebenbei einen KKW-Vertrag unterschrieben .

    Und auch bei den Reaktortypen herrscht weltweit Aufbruchsstimmung. Während AREVA seinen EPR in Finnland immer weiter verzögert, wird China voraussichtlich zwei dieser EPR in zwei Jahren fertigstellen und ans Netz bringen.
    Im russischen Kernkraftwerk Beloyarsk ist inzwischen der BN-800 Reaktor (ein schneller Brenner , nicht zu verwechseln mit Brüter) kritisch geworden. Der ist speziell dafür gebaut die Plutoniumvorräte zu verbrennen und liefert nebenbei auch noch bei Bedarf schnelle Neutronen , wie sie auch beim Myrrha Projekt benutzt werden um Atommüll zu transmutieren. sodass man die deutsche endlager-Hysterie umgehen kann. Der Nachfolger BN-1600 ist gerade im Bau.
    China arbeitet mit den USA bei der Entwicklung von Flüssigsalzreaktoren zusammen und an Thoriumreaktoren wird ebenfalls gearbeitet. Ansonsten beginnen wohl gerade China und Russland mit einem Wettlauf wer in Zukunft den Bedarf der Welt an modernen Reaktoren der nächsten Generationen decken darf.

    Das interessaante dabei ist aber, dass mittlerweile niemand in der Welt von der deutschen Energiewende als nachahmenswerte Ingenieursleitsung noch wesentlich Notiz nimmt. Bestenfalls stellt man noch ein paar Windräder auf, deren unstete Produktion von den neuen Reaktoren wunderbar ausgeregelt werden können, auch Schwellenlander wollen eine stabile Energieversorgung.
    Und in Deutschland selbst werden ausserhalb der Fachliteratur all diese interessanten Entwicklungen totgeschwiegen um das Volk nicht zu beunruhigen.

  11. #11 Orci
    25. Februar 2015

    Interessanterweise kommen solche Ankündigungen und Konzepte erstaunlich oft von kleinen, im Wesentlichen zu diesem Zweck gegründeten Firmen. Außer bunten Bildchen und ein bisschen warmer Luft hat aber bisher keine was substantielles geliefert ( TREC lässt grüßen, auch wenn das keine Firma in diesem Sinne ist)…

  12. #12 Tobias Cronert
    25. Februar 2015

    @Strudel: Sowohl Betriebssicherheit (geringere WK einer Kernschmelze) als auch politische/militärische (Uran weniger angereichert) . Natürlich ist das grundsätzlich erstrebenswert, aber das geht mit einem noch moderneren (unterkritischen, beschleunigerbasierten) Reaktor noch besser, wie z.B. der schon erwähnte Transmutationsreaktor Myrrha in Belgien.

    @Hans Brandl: Sehe ich grundsärtzlich sehr ähnlich. Das ist kein technisches Problem, sondern ein Gesellschaftliches. Aber da will ich als Wissenschaftler eben nicht die Verantwortung auf die Politik abwälzen und sagen “Gesellschaftlich ist nicht mein Problem”, sondern eben für beiderseitiges Verständnis werden… z.B. durch diesen Blog hier 😉

    @Orci: Naja das Konzept und originale Design stammt aus Oak Ridge. Das ist schon eine ziemlich verlässliche Quelle… wie das mit der Wirtschaftlichkeit aussieht, ja, da hast du wahrscheinlich recht.

  13. #13 Orci
    25. Februar 2015

    Ich kenn Salzbadreaktoren aus anderem Zusammehang (braucht man in der chemischen Industrie auch hin und wieder, verzichtet aber lieber darauf, wenn möglich) und Weinbergs MSR-Experiment…ich würd nicht so weit gehen zu sagen, dass ich es kenne, aber ich hab viel darüber und in vielen verschiedenen Zusammenhängen gelesen. Aus beiden Gründen bin ich gelinde gesagt skeptisch. Und dass das Konzept (oder ähnlich alte Konzepte, die sich nicht durchgesetzt haben bzw. revolutionäre, die von den Technologieführern nicht angefasst werden) immer mal wieder ausgegraben wird, im Wesentlichen von Firmen genannter Art oder anderer extra zu diesem Zweck geschaffener Gruppen, passt leider gut in dieses Bild.

  14. #14 Tobias Cronert
    25. Februar 2015

    Der technische Fortschritt der letzten 50 Jahre betrifft in diesem Gebiet hauptsächlich Simulationen mit Neutronen und Spaltprozesse im Kern. Im ingenieurstechnischen Bereich “Wie gehe ich mit heißen, radioaktiven Salzen um” hat sich degegen in den letzten 50 Jahren kaum etwas getan. Ich wüsste nicht, warum ein Flüssigsalzreaktor heute einfacher zu bauen und zu betreiben wäre, als vor 50 Jahren. Bei Spallationsgetriebenen unterkritischen Reaktoren sieht das ganz anders aus. Da gab es vor 50 Jahren einfach noch nicht die Technologie sowas zu realisieren (Supraleitende Niob Cavities für den GeV Teilchenbeschleuniger)

  15. #15 OxFrog
    25. Februar 2015

    Als Chemiker bin ich durch die etwas sorglose Vermischung von Lithium (ein reaktives Metall, das mit Wasser heftig reagiert, Schmelzpunkt 180°C) und Lithiumfluorid (schwerlösliches, unreaktives Salz, Schmelzpunkt 845 °C) irritiert. Ohne auf für/wider Atomkraft eingehen zu wollen, die technischen Probleme sind bei den zwei Materialien (Arbeitstemperatur, Korrosion der benutzten Werkstoffe, technische Sicherheitsaspekte durch inhärente Risiken beim gewählten Kühlmedium, etc.) sehr unterschiedlich. Ein Vermischen ist für die sachliche Diskussion des Reaktorkonzeptes schädlich, weil man sich , so man es darauf anlegt, an den Nebensächlichkeiten “verbeissen” kann.

  16. #16 F.Jeschke
    25. Februar 2015

    @ Hans Brandl: ein wohlausgewogener Kommentar, der die deutschen grünen Allmachtsphantasien in den verdienten Bio-Müll tritt. Die Welt lacht sich tot über unseren dämliche Atomausstieg samt EEG und zeigt der angeblichen “Vorbildfunktion” Deutschlands den Finger.Was für wissentschaftliche-ingenieurtechnische Ressourcen werden an den Windräder und Co vergeudet, statt unter anderem die umweltfreundliche Kernenergie(Fusion) zu forcieren.Keine einzige dieser Techniken(Wind,Solar,Photovoltaik) arbeitet wirtschaftlich ohne idiotisch hohe Subventionen!!Aber hauptsach das grüne Gewissen schwillt an. Und wehe dem Skeptiker,Leugner, Andersdenkenden-der kann sich zusammen mit Klimaleugnern ans Biokreuz schlagen lassen.Ideologien haben in der Naturwissenschaft und Technik nix verloren,( wie Homöopthie in der Medizin.)

  17. #17 Tobias Cronert
    25. Februar 2015

    @OxFrog: Wenn ich oben im Artikel über flüssiges Lithium gesprochen hatte meinte ich tatsächlich das flüssige Metall Lithium. Dies ist als Moderator (und Konverter) im Einsatz (wie z.B. in dem Paper, dass ich zitiert habe).
    In dem vorgeschlagenen Reaktor will man LiF verwenden, weil es besser handhabbar ist, als reines Li und nur ein bischen schlechtere Moderatoreigenschaften hat, da diese hauptsächlich von den Kernen abhängen und chemische Bindungen dabei rel. egal sind. ABER selbst flüssiges LiF ist schwer zu handhaben, wenn man es mit Wasser vergleicht.

    @f.Jeschke: Es werden nicht wissentschaftliche-ingenieurtechnische Ressourcen an Windrädern vergeudet, sondern in das Sicherheitsgefühl der Gesellschaft investiert. Das mag nicht logisch oder rational sein, aber Rossourcen wurden schon wesentlich irrationaler verbraten. Die Gesellschaft bezahlt die Forschung und wer die Musik bestellt, der entscheidet auch, was sie spielt… mMn

  18. #18 F.Jeschke
    25. Februar 2015

    @ Tobias “Es werden nicht wissentschaftliche-ingenieurtechnische Ressourcen an Windrädern vergeudet, sondern in das Sicherheitsgefühl der Gesellschaft investiert”.

    mal ehrlich, dieser vögelschreddernde und ständig umfallenden ,ganze Dörfer nervende Monster, die niemand will,der in der Nähe wohnt, ist Investition in Sicherheit????
    Außerdem: Die Politik gibt meist -in Umweltdingen immer-den Ton an und erklärt die sog.alternativen Energien und deren Erforschung zur Religion und damit als schutzwürdig,egal, ob nützlich oder nicht. Also: nicht die Gesellschaft bezahlt die Forschung, sondern die Politik sagt an, wer wo was mit öffentlichen Geldern forschen soll…
    Grüße FJ

  19. #19 Alisier
    25. Februar 2015

    “….Ressourcen wurden schon wesentlich irrationaler verbraten” Oh ja! Absolute Zustimmung.

  20. #20 schorsch
    25. Februar 2015

    Auch wenn im Lithium-Reaktor für die Kühlung kein Wasser benötigt wird, wird man dieses doch benötigen, um die Nutzwärme in Dampf umgesetzt auf die Turbinen zu bringen. Dass Lithium- und Wasserkreisläufe getrennt voneinander geführt werden, ist selbstverständlich, aber sie werden doch notwendigerweise auf engstem Raum aneinander vorbeiführen.

    Was passiert denn, wenn sich durch eine mechanische Beschädigung oder durch Korrosion Wasser und Lithiumsalz durchmischen? Sind dann nicht heftigste Reaktionen inklusive Knallgasexplosionen zu befürchten? Explosionen, die das Reaktorinnere derart durcheinanderwirbeln, dass die Kühlung des Brennstoffs eben doch nicht gewährleistet ist und radioaktive Stoffe durchaus freigesetzt werden können?

  21. #21 Tobias Cronert
    25. Februar 2015

    Achtung! hier musst du, wie OxFrog oben schon gesagt hatte stark zwischen dem Metall Lithium und dem Salz Lithiumfluorid unterscheiden. Das LiF Salz ist sehr reaktionsträge (Denk an Natriumclorid unser Kochsalz), aber es wird eben dennoch etwas passieren, wenn heißes Salz auf Wasser trifft.

    Sicherheit entsteht dadurch, dass das ganze unter (rel) Normaldruck betrieben wird und kein “Dampfkessel” von radioaktivem Material explodieren kann. Der Turbinenkreislauf kann natürlich hochgehen, wie eine Dampfturbine das halt kann, aber dabei würde dann wahrscheinlich kein radioaktives Material austreten.

    Der Gedanke bei dem flüssigen Uran in dem flüssigen Salz ist nun, dass wenn die Kühlung ausfällt das Gemisch immer weiter expandiert, damit mehr Volumen einnimmt und damit die Neutronenmultiplikation herabsenkt und sich quasi selber “löscht”.
    Theoretisch funktioniert das auch ganz gut, aber die Sachen werden mit MCNPX Monte Carlo Simulationen durchgerechnet, die für Festkörper zwar super funktionieren, aber leider keine Flüssigkeiten vernünftig simulieren können und sowas wie Bläschenbildung etc. pp. nicht richtig vorausberechnen.
    Grundsätzlich ist das zwar eine gute Idee, aber in der Praxis kann man da ruhig Bedenken haben.

  22. #22 DasKleineTeilchen
    26. Februar 2015

    @jeschke:

    “Keine einzige dieser Techniken(Wind,Solar,Photovoltaik) arbeitet wirtschaftlich ohne idiotisch hohe Subventionen!”

    aha. bischen komisch, daß FV und windkraft aktuell weniger kostet als atomstrom oder fossile erzeugung. und die stromgestehungskosten fallen weiter. und das trotz der quasi faktischen einstellung der subventionen. und wenn wir schon für diese politik von der welt “verlacht” werden, ist es noch komischer, daß zb china eben *auch* massiv auf erneuerbare setzt. da lacht anscheinend keiner. deine ansichten klingen leider genauso nach tunnelblick wie die derjenigen, die das heil *auschliesslich* in den erneuerbaren sehen. bei der gelegenheit sei daran erinnert, daß solar und wind stellenweise zu spitzenzeiten bereits 50% des deutschen bedarfs decken. bitte kein fass wegen speichertechnologien aufmachen, die entwicklung bleibt ja ncht stehen.

    disclaimer/ das bedeutet nicht, daß ich mich nicht für die erforschung und schnellstmögliche etwaige nutzung der fusion einsetze.

  23. #23 Ridikuli
    26. Februar 2015

    #22 DasKleineTeilchen: Danke, dass die emotional aufgeladenen Ansichten von F.Jeschke nicht unkommentiert stehen blieben. Nicht, dass ich hier fachlich mitreden könnte – ich weiß nur, wenn jemand etwas in dem hasserfüllten Ton wie F.Jeschke kommentiert, hat er wahrscheinlich nicht Recht. Danke für die Bestätigung!

    Das Thema rational angehende Beiträge wie der deine oder auch der Artikel von T.Cronert geben mir immer wieder mal etwas Hoffnung, dass die Menschheit nicht für alle Zeit Sklave der fossilen Brennstoffe bleibt. Ob nun Öl, Kohle oder Uran. Danke. 🙂

  24. #24 wereatheist
    27. Februar 2015

    HHHmm, wenn da flüssiger Brennstoff (UF4) im flüssigen Moderator (LiF) zirkuliert, vielleicht gar in getrennten Rohren, dann juckt es einen geradezu, das entstehende Plutonium-239 laufend abzuscheiden, bevor es weitere Neutronen absorbiert.
    Eine ideale Nuklearwaffen-Fabrik 🙂

  25. #25 artlan
    2. März 2015

    @jescke
    die wenigsten Leute die etwas von Atomkraft verstehen sind wirklich begeistert davon. Spätestens wenn es zur Risikoanalyse von AKW kommt, legte sich schon vor Tschernobyl bei den meisten, mich eingeschlossen, im Studienwahlfach Kernphysik und Radiochemie die Begeisterung und wurde bestenfalls als Übergangslösung angesehen. Ob die Nachfolge von AKW Kernfusionsreaktoren zur Energiegewinnung sein könnten, würde vor 30 Jahren .als skeptisch angesehen, da Berechnungen diese als wirtschaftlich kaum realisierbar darstellten. Die Situation hat sich etwas gebessert, da man mittlerweile z.B. günstig gute Vakua erzeugen kann, aber von einem wirtschaftlichen Betrieb redet man bei der kontrollierten Kernfusion nicht vor dem 22. Jahrhundert, Natürlich ausser es kommt zu einem völlig unerwarteten wissenschaftlichen Durchbruch. Da gibt´s doch diesen Rossi 😉

  26. #26 wereatheist
    2. März 2015

    Es ‘gibt’ auch ‘kalte Fusion’ 🙂
    @me, #24: Noch besser wär Np abzuscheiden. Vielleicht bekommt man dann so reines Pu-239, dass man auf das komplizierte Implosions-Design für den Bombenbau verzichten kann. Also, Ich-als-Schurkenstaat hätte gern sowas 😉

  27. #27 Hans Brandl
    2. März 2015

    22 und 25@artlan
    Bei den Entscheidungen auf welcher Basis in Zukunft Energieumwandlung betrieben wird , kommen weltweit kaum Gründe wie das Wohlbefinden im Studium , ob man selbst meint dass Fachleute in anderen Kulturkreisen etwas von Kernphysik verstehen oder gar massive ideologisch getriebene Dauersubventionen wie bei uns zum Tragen. Deutschland hat da insofern eine Sonderstellung, als es da zum guten Ton gehört dass Politik und Medien meinen, dass die restliche Welt nur noch auf das deutsche Ideologiewesen mit seinen Belehrungen und Klimawandel-Kongreßbeiträgen warten würden. Im Gegenteil, eine sogenannte Energiewende wie bei uns, die aus NIMY-Gründen darauf verzichtet die für die volatile Energiewandlung unbedingt notwendige großtechnische Energiespeicherung anzugehen und stattdessen vor allem die deutsche Angst vor der Kernenergie mit Ideologie und fossilen Kraftwerken zu ersetzen wirkt nach außen nur noch peinlich und abschreckend.
    In den USA wird sich wohl in Zukunft der Wandel zur Stromerzeugung mit preisgünstigen Shale-Gas durchsetzen und damit sind dann dort für die nächsten Jahrzehnte KKW unwirtschaftlich. Dass auch Erdgas ein fossiler Brennstoff ist und diese KW CO2 abgeben und nicht reinen Sauerstoff wie es uns deutsche Grüne und abhängige Medien glauben machen, wird dann einfach nicht beachtet.
    Der Trend zu neuen KKW-Technologien entwickelt sich, wie man aus den aktuellen Projekten ablesen kann, eher bei den Schwellenländern und China, Rußland etc. Dort wird auch die Forschung nach neuen Reaktoren massiv vorangetrieben, denn da gibt es auch die wirtschaftlichen Gründe dafür. China hat eben erkannt, dass man die wirtschafliche Weiterentwicklung nicht auf Ideologie bauen kann, in Deutschland wird man das auch wieder lernen.
    Am Ende des aktuellen 5-Jahresplans wird man in China 960GW Kohle Grundlast-Kraftwerke, 120GW Wind die aber durchschnittlich nur 15 GW abgeben (zum Vergleich De hat ca. 44GW Nennleistung Wind mit einer durchschnittlichen Abgabe von ca. 5 GW) und ca. 40GW Kernenergie haben. Bis 2030 sind dort 200GW KKW geplant. Wenn die chinesische Wirtschaft etwas gut kann, dann sind das Skalierunseffekte. Genauso wie jetzt dort konkurrenzlos billig Photovoltaik gebaut wird, wird dann auch für den Weltmarkt von der Stange die neue Reaktorgenerationen geliefert werden. Und dann ist es ziemlich unbedeutend was in einem “ferner liefen” Land in Europa Greenpeace, Politiker und Studenten über Kernphysik denken.

    Wir können dann vielleicht von Österreich lernen. Dort ist auch die Regierung und deren öffentliche Meinung ähnlich wie in Deutschland massiv gegen Kernkraftwerke eingestellt und die Versorger importieren gerade deswegen durchschnittlich 1-2 GW aus Tschechiens KKW. Man muß nur flexibel sein im Denken, das kann man von Österreich aber noch besser von China lernen.