Letzte Woche ist bei uns eingebrochen worden und das wäre an sich auch nichts besonderes, wenn im Zuge der aktuellen Terrorismusdebatte nicht gefühlt jeden zweiten Tag die Frage nach der physischen Sicherheit von Atomreaktoren und verwandten Einrichtungen aufkommen würde.

Zuallerest Entwarnung! Es wurde kein nuklearer Brennstoff gestohlen und auch die Supercomputer oder anderen extremst teure Anlagen blieben unangetastet. Die Diebe überwanden die Perimetersicherung und brachen in die Kantine ein, wo sie den Geldautomaten knackten und innerhalb von zwei Minuten wieder verschwanden, bevor die Objektsicherung sie erwischen konnte. Zurück ließen sie eine etwas enttäuschte Wachmannschaft, die sonst nur Einlasskontrollen und Demonstrantenabwehr betreiben darf und einen Vorstand der sich erneut fragt, wieviel Sicherheit eine (ehemalige) kerntechnische Anlage denn überhaupt braucht.

Bei Atomkraftwerken, die Strom produzieren, ist das Sicherheitskonzept recht einfach. Die kommerziellen Stromanbieter machen exakt soviel, wie sie müssen, da sie ja möglichst kosteneffizient arbeiten wollen. Das Minimum ergibt sich dann aus den gesetzlichen Vorgaben und evtl. Extras bei Demonstrationen von Atomkraftgegnern oder CASTOR-Transporten. Bei einer staatlichen Forschungseinrichtung, wie meinem Arbeitgeber, ist das ganze dann nicht mehr ganz so einfach. Sicher müssen auch dort die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden, aber der kommerzielle Gesichtspunkt fällt weg und wird durch die Tatsache ersetzt, dass man es dem Steuerzahler schuldig ist sein Geld möglichst sinnvoll einzusetzen und keinen BER zu produzieren.

Grundsätzlich verfügt das Forschungszentrum Jülich über eine Perimetersicherung, die das ganze Gelände umschließt. Der Zugang ist nur Mitarbeitern und registrierten Gästen (Personalausweis) gestattet. Bis auf die Sache mit dem Personalausweis unterscheidet sich das auch noch nicht von Einrichtungen, wie dem Entwicklungszentrum von Ford, wo ich früher einmal gearbeitet habe. Die ehemaligen Versuchsreaktoren, die nun seit gut 10 Jahren abgeschaltet sind und derzeit zurückgebaut werden sind darüber hinaus von einer zweiten Sicherheitsgrenze umgeben, die die Ansprüche an ein Atomkraftwerk noch übertrifft. Doppelte Sicherheitszäune und bewaffnetes Wachpersonal sieht man in Deutschland eigentlich recht selten und dahinter liegt dann tatsächlich auch der nukleare Brennstoff, der im schlimmsten Fall Ziel von Terroristen sein könnte.

Besteht da nun die Chance, dass jemand einbricht und angereichertes Uran stiehlt? Nein, eigentlich nicht. Vor Einzeltätern ist das ganze zu gut gesichert und eine paramilitärische Gruppe, wie bei Charlie Hebdo? Nun ja, da es seit der RAF sowas in Deutschland nicht mehr gegeben hat wage ich nicht da irgendwelche Prognosen zu stellen. Ist das ganze nun Verschwendung von Steuergeldern? Nein, das denke ich auch nicht. Zumindest nicht an dieser Stelle, denn die (End)lagerung von radioaktivem Müll im Allgemeinen halte ich schon für sehr Optimierungsbedürftig.

Die Weiterentwicklung der Sicherheit hier im Forschungszentrum entfernt sich auch immer mehr von physischen Schutz und fokussiert sich auf die Abwehr von Hackerangriffen. Klar, das wird keinen Dieb vom Einbruch in die Kantine abhalten, aber die wirklichen Wertgegenstände, die mit Steuergeldern produziert worden sind, liegen ja auch eher woanders. Da bin ich sogar recht Stolz berichten zu können, dass an dieser Front die Qualität der Sicherheit sogar ein gutes Stück besser ist, als die eines gewissen deutschen Inlandsgeheimdienstes, aus meiner unmittelbaren Nachbarschaft… obwohl die Messlatte da nicht all zu hoch liegt.

Kommentare (1)

  1. #1 rolak
    27. Juli 2015

    Wg TerminDämlichkeit meinerseits (zu spät..) fand eine der Vordiplomsprüfungen in der KFA statt. Hat mich damals schon gewundert, wie leicht der Zugang war – und irgendwas in Richtung ‘gestaffelt’ vermutet.
    Hast also eine urlange unbeantwortete (weil ungestellte) Frage beantwortet 😉