Das Schwerwasser ist selber nicht radioaktiv und deswegen hab ich die ganzen Flaschen einfach zum Strahlenschutz gegeben und gesagt: „Ja, messt die mal frei, damit ich wieder mit nach Hause nach Jülich nehmen kann.“

Die kamen nach einer halben Stunde später bei mir an und haben mir die Hölle heiß gemacht, was ich mir denn erlauben würde, radioaktive Substanzen ohne Absprache mit ihnen aus dem Reaktor zu bringen. „Wie, radioaktive Substanzen? Die Flaschen sind leer.“ „Ja, die Flaschen sind radioaktiv.“

Jeder von diesen Flaschen hat mit 100 Bequerel gestrahlt. Also 100 Zerfälle pro Sekunde. Wir haben dann naher rausgefunden, dass die Firma, die sie hergestellt hatte, billiges Glas aus China verwendet hat und die Chinesen bei der Herstellung Uran mit in das Glas reingemischt haben und noch ein-zwei andere radioaktive Substanzen. Und deswegen hat das ganz normale Glas gestrahlt, also woraus man auch alles braune Glas für Öl oder Sonnenblumenöl aus dem Supermarkt macht… das wird aus genau dem gleichen Glas hergestellt. Und weil die das im Reaktor so exakt gemessen hatten, sind die erst überhaupt darauf gekommen, was die da alles reingepanscht haben.

Also ich war es nicht schuld, aber die Leute, die das billige Glas aus China benutzt haben.

Öhm… Dumme Anekdoten…

Hier im Forschungszentrum ist die Bürokratie immer ein ziemlich großes Hemmnis. Wie wir gerade schon gesehen haben, um dich hier überhaupt reinzubringen, haben wir eine Viertelstunde am Eingang gebraucht und wenn du dann irgendwelche Termine verpasst, nur weil dich irgendjemand aus fadenscheinigen Gründen aufhält, dann ist das doof.

Ich mach auch eine ganze Menge kaputt. (lachen)

Also, letztens war zum Beispiel eine Oxyd-MBE, also ne Dünnschichtwachsmethode, da gibs einen Detektorarm. Da hab ich falsche Parameter eingestellt und dann ist dieser Detektorarm gegen die Wand gefahren und hat sich da festgefahren. Dann mussten wir das ganze Ding belüften, weil es normalerweise unter Hochvakuum steht, um die Sachen wieder rauszuholen. Dabei ist offensichtlich irgendwo ein Stecker abgerissen und nachts als wir nicht da waren, hat der eine Kühlwasserleitung beschädigt und Wasser ist ausgelaufen. Das ist in das elektronische Steuerrack und hat den Sicherungsschalter rausgehauen und Schäden für paar Tausend Euro angerichtet. (lachen)

 

Also, wir haben auch die Aufgabe nach ihrem Verdienst zu fragen. Das ist vielleicht ein bisschen direkt, aber was verdienen sie brutto im Monat?

Ich habe eine dreiviertel E13-Stelle. Also ich werde nach dem Tarifvertrag öffentlicher Dienste bezahlt. Das ist eben in diesen E-Klassen eingeteilt: E-13, E-14 und so weiter. Da kann man unter www.beamtenbesoldung.de nachgucken, wie viel das genau ist. Normalerweise kriegen Doktoranden ne halbe Stelle…

(Geräusch von draußen)

Was machen die da unten? Ah Flüssiggas! Dann hoffen wir mal, dass das bei dir nicht auf das Aufnahmegerät draufkommt…

Normalerweise kriegen Doktoranden ne halbe Stelle. Das heißt, die werden effektiv nur für vier Stunden pro Tag bezahlt. So gut wie ein Lehrer ungefähr. Das heißt, du hast eine abgeschlossene Berufsausbildung und wirst halb so gut bezahlt wie ein Lehrer! Das ist eigentlich ein ziemlich schlechter Verdienst. Für Physiker ist es etwas besser, weil es wenig Physiker gibt. Physiker kriegen eine Zulage und deswegen kriegen wir eine dreiviertel Stelle, nicht nur ne halbe. Bei mir sind das effektiv nach Steuern 1500 Euro, 1600 Euro im Monat. Effektiv nach allem Abziehen.

Das ist aber nicht im dem Sinne ein Gehalt, weil das Doktoranden-Dasein immer noch eine Art Ausbildung ist. Ich werde quasi dazu ausgebildet wissenschaftliches Arbeiten zu lernen und dieses Doktoranden-Gehalt ist eine Kombination aus: „Die Leute müssen von irgendwas leben“ und „Wenn ich als Physiker in die Wirtschaft gehen würde, würde ich sehr viel Geld verdienen“. Als Physiker in der Wirtschaft verdient man mindestens so viel Geld wie ein Ingenieur und als Ingenieur bei einem Automobilunternehmen verdient man sowas um die 6000 Euro im Monat. Also ich verdiene ein Viertel von dem, was ich in der Automobilindustrie verdienen würde. Das ist ein wichtiger Punkt, den man vorher wissen muss. Das wird besser, wenn man mit dem Doktor fertig ist, aber nicht viel. Viel Geld wird man in der Wissenschaft nie verdienen.

1 / 2 / 3 / 4 / 5

Kommentare (22)

  1. #1 roel
    no gods, no kings, no courts
    26. Oktober 2017

    @Tobias Cronert Nettes Interview, ich finde es besser als ein hochglanzpoliertes.

    Auf den Link zur Beamtenbesoldung kannst du aber entweder verzichten (du nennst dein Gehalt ja eh), oder ihn eben schnell korrigieren.

    Das Gehalt wäre für mich das persönlichste in dem Interview, weil es von vielen als Indikator angesehen wird.

  2. #2 tomtoo
    26. Oktober 2017

    Das war ja ne ganze Unglückskette ; )

    Aber wie sagt man so schön. Wo gehobelt wird fallen Späne

  3. #3 RPGNo1
    26. Oktober 2017

    @Tobias
    Musst du dir jetzt einen Pressereferenten suchen, der deine Interviews dann prüft und nötigenfalls alle Ecken und Kanten rausstreicht?
    Oder gedenkst Schulungen zu besuchen, damit du zukünftig echtes nichtssagendes Prominentensprech anwenden kannst? 😉

  4. #4 Mars
    26. Oktober 2017

    ist alles ok so,
    und es gibt auch ingenieure die keine 3000 euro verdienen, der aber die freude an der arbeit weit wichtiger ist – wobei das natürlich eher eine lebenseinstellung als berufsbezogen gilt.
    das geld allein macht zwar etws unabhängiger, aber es gibt viele, die damit auch nicht glücklich werden, wenns mal ein wenig mehr ist.
    dann lieber 18 semester als student mit freude, als muffelig bei der arbeit sitzen.

    interessant ist ja noch folgendes:
    Du – als Physiker – sagst, alles ist Physik, die ganze welt dreht sich da drum.
    gestern lief bei BR alpha ein interview mit ‘Florian Freistetter’ der das gleiche von den Astronomie behauptet hat …. wenn das nicht mal ein schöner blick ins ‘paralelluniversum’ darstellt.

  5. #5 tomtoo
    26. Oktober 2017

    @Mars
    Ach der @FF hatt da bestimmt über Astrophysik gesprochen und nicht über diese lausige Astronomie. ; )

    wusch…und..wech

  6. #6 T-Truckle
    26. Oktober 2017

    Als ich gestern das Interview mit Florian Freistetter sah, kam mir derselbe Gedanke wie @Mars. Aber ich denke mal, jeder Naturwissenschaftler wird wohl “seine” Disziplin als die grundlegende betrachten.

  7. #7 Tobias Cronert
    26. Oktober 2017

    @roel: Danke. Ich hab ihn mal verschlimmbessert

    Mein Lehrer in der 5ten Klasse sagte mal, dass ich sicher Politiker werden würde. Ich sehe das immer noch als Beleidigung, denn nichtssagendes Geschwurbel finde ich unglaublich hässlich. Naja OK die Alternative wäre ein Donald Trump Verschnitt zu werden oder keine einzige Stimme zu bekommen. Hm … dann nehm ich wahrscheinlich Option Nr. 3

    Ansonsten machen Florian und ich doch dasselbe … nein, ehrlich *g*
    Dies hier ist eine original Messung aus meiner Diplomarbeit. Ein guter Kumpel von mir hat in der Astrophysik über Galaxie Spiralarm *hierbittekryptischeZeicheneinfügen* geschrieben und seine Messung an dem Teleskop in Chile sah genauso aus.

  8. #8 tomtoo
    26. Oktober 2017

    @Tobias
    Wenn die Messung *genau so* ausgesehen hat. Würde ich mir mal Gedanken machen. ; )

  9. #9 Tobias Cronert
    26. Oktober 2017

    naja, die Überschrift und die Zahlen waren schon ein wenig anders, aber sonst … 😉

  10. #10 wereatheist
    26. Oktober 2017

    Nicht ohne Grund wird sowas ‘Normalverteilung’ genannt 🙂

  11. #11 Walter Benda
    Bochum
    26. Oktober 2017

    Alles klar! Wenn ich das so lese, dann muss ich dringend mal gucken ob deine Haftpflicht noch angemessen ist. 😉

  12. #12 Tobias Cronert
    27. Oktober 2017

    Hihi, dass interview hatten wir schon vor einiger Zeit gemacht. Ich erzähle dir bei nächster Gelegenheit (Weihnachtsfeier?) mal, was wir seit dem noch so gemacht haben *g*

    Ich denke ich habe Sachen und Tätigkeiten gefunden, die selbst du nicht mehr versichern kann. 😉

  13. #13 Alderamin
    27. Oktober 2017

    @Tobias

    Ich kann übrigens von zu Hause fast zu Euch rüberwinken (wohne ca. 15 km ruraufwärts. ) War noch am Wochenende zuletzt mit dem Fahrrad auf Eurer Zufahrtstraße unterwegs.

    Früher gab es hin und wieder mal Tage der offenen Tür am FZ. Gibt’s die eigentlich noch? Fand ich immer extrem interessant, mal in die Institute reinschauen zu dürfen, vor allem Textor und das Rechenzentrum mit dem Superrechner.

  14. #14 Tobias Cronert
    27. Oktober 2017

    Jup, den letzten Tag der offenen Tür hatten wir letztes Jahr zum 60jährigen.
    https://www.tagderneugier.de/tagderneugier/DE/Home/home_node.html

    Keine Ahnung, wann der nächste ist, aber ich werde es sicher wieder hier posten. Wahrscheinlich alle 4 Jahre.

    Den Textor gibt es aber leider nicht mehr, da steht nur noch eine leere Halle mit einem großen Loch im Boden … aber wenn alles glatt geht, dann steht in der Halle mein JAIME Teilchenbeschleuniger als HBS Prototyp.

    Wo wir gerade dabei sind: Hätte jemand 10M€ für mich?

  15. #15 Alderamin
    27. Oktober 2017

    Oh Mist, also gerade verpasst. 🙁 Schade, dass ich Deinen Blog da noch nicht kannte.

    Gibt’s denn nach Textor noch Fusionsforschung in Jülich? Kann man die Plasma-Wand-Wechselwirkung auch mit dem Teilchenbeschleuniger erforschen, oder findet das jetzt komplett anderswo statt?

    1 Cent hätte ich noch im Portemonnaie, soll ich den überweisen? 😉

  16. #16 Tobias Cronert
    27. Oktober 2017

    Jup, Fusionsforschung wird noch (bzw. vor allem) mit Teilchenbeschleunigern gemacht. Das geht vor allem in den Bereich der Materialforschung, wo Nano Beryllium/Wolfram Schichten mit Ionenstrahlen bombardiert werden um die Extremsituationen in einem Fusionsreaktor nachzuvollziehen.

    Hihi, ich war gestern in der alten TEXTOR Halle bei einem Workshop zu unserem Kollaborationsprojekt mit den Fusionsleuten https://scienceblogs.de/nucular/2017/10/17/jaime-projekt-und-workshop/

    Ich werde die Tage sicher mal was drüber schreiben.

    Ansonsten 1 Cent ist ja schon mal ein Anfang. Ich werde wohl bald mal ein Crowdfunding Projekt starten müssen *g*

  17. #17 Fluffi
    27. Oktober 2017

    Intelligente Fragen – interessante Antworten.
    Auch, wenn ich mit den meisten nicht konform gehe – als Physiker.
    Eine 3/4 Stelle für einen Doktoranden ist schon ungewöhnlich, und das hat nichts mit Physik zu tun.
    Das mit den gutbezahlten Stellen in der Wirtschaft hält ich ja für ein Gerücht, es gibt sie vielleicht, aber nicht für alle.

  18. #18 Alderamin
    27. Oktober 2017

    @Tobias

    Ansonsten 1 Cent ist ja schon mal ein Anfang.

    Könnte schwören, da stand eben noch 10m€, wo jetzt 10M€ steht 😉 Nee, so viel hab’ ich dann (leider) doch nicht.

  19. #19 Tobias Cronert
    27. Oktober 2017

    Tja, Leute, die die Caps-Taste nicht finden sind halt (notgedrungen) billig. 😉

    Aber dafür habe ich ja die allmighty admin-Gewalt… zumindest über meine eigenen Beiträge.

    @Fluffi: Also 3/4 für Physiker Doktoranden ist zumindest in der Festkörperphysik normal. Zumindest in den Universitäten und Forschungszentren, die ich kenne. Es gibt auch volle oder halbe Stellen, aber das ist eher die Ausnahme. Förderprogramme für extrem gute Doktoranden werden auch eben meist mit extra Fördermitteln begangen und nicht mit einer besser einsortierten Stelle.

    Die Ingenieure in der R&D bei Ford, mit denen ich gearbeitet habe, hatten zumindest ein recht ansehnliches Gehalt (wie oben beschrieben). Natürlich hat das keine Aussagekraft für den Durchschnitt, aber ich rede ja auch nur von “meiner Welt”.

  20. #20 Fluffi
    27. Oktober 2017

    @TC
    Wirst du über ein Förderprogramm oder ein Projekt gegenfinanziert? Kriegst du dein Gehalt von der Uni oder vom FZ Jülich?

  21. #21 Tobias Cronert
    27. Oktober 2017

    Ich bekomme mein Geld direkt vom FZ-Jülich, also aus Bundesmitteln, also vom Steuerzahler – Danke an dieser Stelle.

    Das gilt auch für die meisten meiner Doktoranden-Kollegen. Wir sind jeweils einzelnen Programmen oder Budgets zugeordnet, aber das sind nur FZ-Interne Programme. Keine Drittmitten, DPG oder BMBF-Geschichten (die gibt es natürlich auch noch oben drauf (auch im Institut)).
    Ähnlich hätte es an der Uni-Köln für mich auch ausgesehen, wobei da die Stellenkegel der einzelnen Lehrstühle natürlich schon ein Stück schmaler sind und mehr über Exzellence Cluster, SFBs usw. gemacht wird.

    Biologie Doktoranden bekommen am FZ allerdings (im Durchschnitt) nur eine halbe Stelle. Angebot und Nachfrage halt.

  22. #22 fherb
    28. Oktober 2017

    Vielen Dank, dass Du das Interview so roh gelassen hast. Moderne Medien (und da gibt es noch ganz wenige von; mir fällt ausser Blogs bloß netzpolitik.org ein) basieren im Vertrauen des Lesers auf Transparenz. Dieser Beitrag von Dir liegt also im positiven Trend!

    Ich arbeite als Ingenieur in der Wissenschaft. Habe glücklicherweise seit einigen Jahren eine volle Stelle, verdienen aber trotzdem nicht das, was in der Industrie möglich ist. Dafür habe ich aber ein tolles, kreatives Team von Ingenieuren um mich und wir bauen für die Institute unseres Forschungszentrums, was es an absonderlichen Experimentalanordnungen so zu bauen gibt. Oft grenzwertig, wie Ihr Physiker halt seid, aber mit der gleichen Begeisterung! Auch in meiner Position als Ingenieur, wo ich nur “Zulieferer” für Euch bin, kann ich Deinen Enthusiasmus nicht nur nachempfinden. Ich selbst spüre ihn genau so. Würde meinen Job mit niemandem tauschen wollen!

    Beste Grüße, Frank (meine Dienstelle: http://www.HZDR.de)