Vor kurzem ist Prof. Grünberg gestorben und da er der einzige Nobelpreisträger ist, zu dem ich selber irgendeine persönliche Beziehung habe, möchte ich mich den vielen anderen Bekundungen anschließen und auch ein paar Worte über sein Leben bzw. seinen Einfluss verlieren. Dabei werde ich sicherlich nicht irgendwelche Daten oder Lebensläufe zitieren, denn das findet ihr, bei Bedarf, viel besser aufbereitet in den offiziellen Blog-Kondolenzbüchern des Forschungszentrums Jülich oder an anderer Stelle.

Ich selber habe Prof. Grünberg nur ein paar mal auf dem Flur getroffen und saß mit ihm beim Mittagessen am selben Tisch, ohne dass wir jemals ein Wort gewechselt hätten. Aber ich sitze an seinem alten Schreibtisch. Besser gesagt dem Schreibtisch, an dem er den berühmten Anruf aus Stockholm bekommen hat… und so wie ich das Forschungszentrum kenne, ist das Telefon auch immer noch dasselbe *g*. Er war der Betreuer meines Betreuers, also fast sowaswie mein Doktorgroßvater und hat das Institut und die Menschen darin in seiner langen Zeit hier nachhaltig geprägt. Ich bekomme das normalerweise immer nur über zwei Ecken mit und finde gerade daher die aktuelle Erinnerungskultur und auch die ganzen süßen Kommentare im Kondolenzbuch sehr interessant und erheiternd.

Meine Wahrnehmung ist da immer sehr zwiegespalten. Zum einen gibt es die großen Gesten und offiziellen Termine des FZ, deren Öffentlichkeitsarbeit den Nobelpreis – natürlich – bestmöglich ausschlachtet. Es gibt Banner auf den Wegen im FZ, Gebäude und Institute, die nach ihm benannt worden sind und eben auch immer irgendwelche größeren Veranstaltungen und Exponate in dem Hörsaalzentrum. Das Ganze finde ich auch OK so, denn er war der erste und einzige Nobelpreis des FZ-Jülich und der erste der gesamten Helmholtz-Gesellschaft. Da darf man auch ruhig mal ein wenig stolz sein (egal, ob man selber irgendwie beteiligt gewesen ist, oder nicht). Aber irgendwie unpersönlich ist es dann eben auch.

Auf der persönlichen Ebene sitze ich halt – wie schon gesagt – an seinem alten Schreibtisch. Besser gesagt in dem Büro, in das er sich zurückgezogen hat, nachdem er emeritierte, um seinem Nachfolger den Platz zu lassen, den dieser brauchte, um die Arbeitsgruppe weiter zu führen. Das Büro hat er damals mit einer anderen Kollegin geteilt, genauso wie ich dies heute auch mache. Es sind halt einfach nur ein paar m^2 mit zwei Tischen, nem Schrank und nem kleinen Regal, nichts Besonderes eigentlich.

Und darin liegt, wenn ich den Worten meiner Kollegen glauben schenken darf, auch eben die Genialität des Prof. Grünberg. Er hat wohl immer Zeit seines Werkens hier in Jülich Grundlagenphysik in einer zurückhaltenden und bescheidenen Form betrieben. Er ist nicht irgendwelchen “Hot Toppics” hinterhergelaufen, war aber dann zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle, um mit dem GMR-Effekt einer jungen Anwendung den letzten Schubs zu geben, die dann letztendlich mit der magnetischen Festplattenanwendung eine wirkliche, echte Veränderung in der Welt bewirkt hat.

Nun heißt es oft von offizieller Seite, dass gerade diese Einstellung den Geist des Forschungszentrums und der Helmholtz Gesellschaft im Allgemeinen wiederspiegeln soll. Dem kann ich eigentlich recht viel Gutes abgewinnen, auch wenn es in dem ein oder anderen “Mission Statement” doch bisweilen etwas verschwurbelt daherkommt. Durch Grundlagenforschung etwas Praktisches schaffen und ermöglichen. Ja, da hätte ich auch viel Spaß dran.

Kommentare (1)

  1. #1 Reno M
    19. April 2018

    Schöner Nachruf, Danke.
    Selbst habe ich ebenfalls einen (aktuelleren) Nobelpreisgewinner im persönlichen Umfeld, da kann ich die von Dir beschriebene “Aura” gut nachempfinden.