Die zweite Bestrahlung mit 1Gy auf der rechten Seite ist etwas ineffektiver, als die erste Bestrahlung, Darüber hinaus sind sind die Steigungen der Vermehrungsraten der Tumorzellen im zweiten Szenario ungünstiger für den Patienten, da sich das Tumorkonzentration/gesunde Zellen Verhältnis verschoben hat. Das resultiert in einer allgemein niedrigeren Effizienz der Behandlung.

Haben zwei Strahlentherapien mit je 2Gy die gleiche Wirkung wie eine einzige mit 4Gy? Das ist eine ziemlich fundamentale Frage, auf die es leider keine eindeutige, geschweige denn einfache Antwort gibt. Grundsätzlich hält sich die Meinung, dass man den normalen Zellen auch bzw. gerade bei einer Strahlentherapie Zeit zur Regeneration und Reparation geben will, während die Krebszellen (bei denen der Reparaturmechanismus meist nicht so gut funktioniert) dann eher zugrunde gehen.

Diese Meinung ist motiviert durch die mikroskopischen Werkmechanismen, die in einer Zelle dafür sorgen, dass sie entweder abstirbt oder zu Krebs wird. Also kleine, indirekte DNS-Schäden via freien Radikalen (ROS) oder direkte große DNS-Schäden durch die Strahlung selber. Diese konkurrieren dann mit der schnelleren Zellteilungsrate der Tumorzellen und den zelleigenen Reparaturmechanismen, was idealerweise dazu führt, dass die Wahrscheinlichkeit für den Zelltod der Tumorzelle höher ist als die der normalen Zellen. Falls doppelt so viele Tumorzellen wie gesunde drauf gehen ist schon mal viel gewonnen.

Wenn ich jetzt allerdings den Zellen nicht genug Zeit gebe, sich zu teilen (Tumor) oder sich zu regenerieren (gesunde Zelle) dann verschiebe ich die Wahrscheinlichkeit, welche Zellen sterben zu einem 50:50 Verhältnis, mit dem niemandem geholfen ist. Zugegeben so eine 1:1 Beziehung wird auch im Mittel kaum erreicht werden, aber dabei muss man im Hinterkopf behalten, dass sich 1.) viele gesunde Zellen auch mal gerne schnell teilen (Epithelzellen wie Haare oder Schleimhäute) und manche Arten von Zellen zwar sehr gute Reparaturmechanismen besitzen, andere dagegen aber eher schlecht in dieser Aufgabe sind (mit starker Variation von Patient zu Patient) und 2.) auch manchen Tumorzellen Reparaturmechanismen haben und/oder sich langsam teilen, so dass die pauschale Aussage “Attackiere sie alle, der Herr wird die Seinen schon erkennen” nicht wirklich funktioniert. Außerdem “darwiniere” ich mir ja, wie bei Bakterien und Antibiotika, auch die strahlenresistenten Tumorzellen mit jeder weiteren Behandlung fröhlich heraus.

Die zweite Bestrahlung mit 1Gy auf der rechten Seite ist etwas ineffektiver, als die erste Bestrahlung, Darüber hinaus sind sind die Steigungen der Vermehrungsraten der Tumorzellen im zweiten Szenario ungünstiger für den Patienten, da sich das Tumorkonzentration/gesunde Zellen Verhältnis verschoben hat. Das resultiert in einer allgemein niedrigeren Effizienz der Behandlung.

In diesem Beispiel ist die zweite Bestrahlung mit 1Gy auf der rechten Seite etwas ineffektiver als die erste Bestrahlung, Darüber hinaus sind sind die Steigungen der Vermehrungsraten der Tumorzellen im zweiten Szenario ungünstiger für den Patienten, da sich das Tumorkonzentration/gesunde Zellen-Verhältnis verschoben hat. Das resultiert (in diesem Beispiel, ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit) in einer allgemein niedrigeren Effizienz der Behandlung.

Darum existieren Empfehlungen für jede Art der Strahlentherapie, wie lange die Intervalle zwischen den einzelnen Bestrahlungen sein müssen, um die Effektivität zu erhöhen. Doch leider kommt hier jetzt noch ein Faktor dazu, den es bei Chemo-Therapien z.B. in der Form nicht gibt… die Maximaldosis, die man pro Strahlentherapieanwendung applizieren kann. Egal ob ich die ionisierende Strahlung durch einen Teilchenbeschleuniger oder radioaktive Elemente in den Körper des Patienten bekomme, es gibt immer eine obere Dosis, zu der die Methode in einer bestimmten Zeit fähig ist (mal völlig ignorierend, ob der Patient das auch vertragen würde oder nicht). Manche Teilchenbeschleuniger können z.B. “nur” 500mGy pro Stunde liefern und wenn ich nun den Patienten mit 4Gy bestrahlen will, dann müsste ich ihn 8h auf dem Tisch liegen lassen. Sprich, selbst wenn ich einem Patienten sowas antun könnte, dann sind 8h schon definitiv ein Zeitrahmen, in dem Reparaturmechanismen und Zellteilung greifen, ergo die Wahrscheinlichkeit des Zelltods zu Ungunsten der gesunden Zellen verschoben wird. Da würde man dann hingehen und die Strahlung auf mehrere Tage aufteilen, die mit medizinisch sinnvollen Intervallen (oder den Terminen, wo das Gerät frei ist) versehen sind.

Grundsätzlich kann man jeden Teilchenbeschleuniger so stark bauen, dass er – für die Anwendung am menschlichen Patienten – genug Dosis in kurzer Zeit liefern kann. Aber diesen Teilchenbeschleuniger nach Strahlenschutz so wasserdicht zu bauen, dass man ihn in den Keller eines Krankenhauses stellen kann und so einfach konzipieren, dass er nur zweimal im Jahr gewartet werden muss… Tja, das ist schon eher schwieriger bis (zurzeit) unmöglich. Starke Geräte brauchen spezialisiertes Fachpersonal und das kostet Geld. Da nehmen wir dann lieber kleinere Geräte und mehrere Bestrahlungen. Das gleiche gilt mehr oder weniger analog für den Einsatz von radioaktiven Isotopen. Mit dem signifikanten Unterschied, dass hier das medizinische Personal auch noch einem gewissen Risiko durch die Strahlung bei der Applikation (Stichwort Bleispritze) ausgesetzt wird, was beim Teilchenbeschleuniger eher geringer ist.

Was ist nun besser? Eine einzelnen Behandlung oder mehrere mit etwas Regenerationszeit dazwischen? Das kann man leider so pauschal nicht sagen, selbst wenn man alleine von den biologischen Mechanismen ausgeht und völlig ignoriert, dass es sich hier auch noch um einen Patienten in einem (meist) angeschlagenen Gesundheitszustand handelt. Eine minimale Regenerationszeit zwischen zwei Betrahlung (einen Tag) muss es aber auf jeden Fall geben. In der Realität entscheiden die Ärzte aufgrund von vielen Faktoren und etablierten Prozeduren. Wie sehr diese Prozeduren durch Studien entwickelt worden sind ist dabei hochgradig unterschiedlich. Teilweise wird dabei, wenn ich von meinem Anspruch an eine “wissenschaftlich fundierte Aussage” ausgehe, einfach nur geraten.

Wie ich ja schon öfter hier geschrieben habe bin ich nicht wirklich von dem medizinischen Habitus überzeugt, einfach von dem mikroskopischen Wirkmechanismus (gesunde Zellen reparieren schnell, Tumor langsam/gar nicht) auf den makroskopischen Mechanismus zu schließen (Strahlung tötet mehr Tumor als gesunde Zellen) und denke, dass man das mal vernünftig untersuchen sollte 😉 . Aber das kommt unter anderem daher, dass man das im Strahlenschutz eben nicht macht … und letzterer ist halt meine Spielwiese im Gegensatz zur Biologie. Aber dem Phänomen werde ich sicher hier mal einige Artikel in nächster Zeit widmen, bei dem ihr dann natürlich auch herzlich zur interaktiven Mitarbeit eingeladen seid.

 

Kommentare (10)

  1. #2 Peter K.
    15. Juni 2018

    Hi Tobias,
    meiner Kenntnis nach ist die fraktionierte Bestrahlung fürs gesunde Gewebe schonender als eine einmalige Gesamtdosis, da jenes kleinere Dosen besser verträgt als die Gesamtdosis:
    https://www.strahlentherapiefreising.de/druchfuehrung.html

  2. #3 Tobias Cronert
    15. Juni 2018

    Meistens Ja, aber eben nicht immer und damit als Pauschalaussage eben falsch. Die fraktionierung ist schoneneder, als das Gesunde Gewebe zeit hat sich zu regenerieren, aber wenn sich jetzt der Turmor genausogut regenerieren kann, wie das gesunde Gwebe, dann ist der postitive Effekt der Strahlentherapie in diesem Fall nichtig.

    Das ist halt nicht so einfach, dass man immer pauschal sagen kann: Tumorgewebe ist strahlensensistiver, als gesundes Gewebe. Das ist in dieser Pauschalität nicht richtig und sollte hintergragt werden., worüber man sich in der Realität aber leider selten Gedanken macht.

  3. #4 strahlenbiologe
    15. Juni 2018

    Als Faustformel kann man sich vielleicht merken: je mehr “gesundes” Gewebe mitbestrahlt wird, umso wichtiger ist eine Fraktionierung. In Japan (und jetzt auch bei anderen Ionenzentren in der Welt) gib/gab es z.B. einige Studie zur Hypofraktienierung mit Kohlenstoffionen, die zwischen 60-80Gy in nur 2-4 Fraktionen bekamen. Das geht halt durch die bessere Dosisbeposition bei Ionen ganz gut, bei Photonen ist das trotz IMRT nicht so gegeben.
    Zum nachlesen bei Pubmed “carbon ions hypofractionation”.

  4. #5 gedankenknick
    15. Juni 2018

    Wir bei der Station, auf der Du Dich bedindest, auch mit Isotopenlösungen und “Bleispritze” gearbeitet? Dann solltest Du Dir dringend mal die Bollerwagen anschauen, womit das Material vor Einsatz & Applikation transportiert wird. Besonderes Augenmerk ist auf die Länge der Griffstange zum ziehen zu legen … 😉

  5. #6 Karl Mistelberger
    16. Juni 2018

    Strahlentherapie ist ein weites Feld und nicht auf bösartige Erkrankungen beschränkt. Zwei Behandlungen im Abstand von 8 Wochen, jeweils 5 Tage a 3 Gray (“extrem niedrig dosierte Bestrahlung” im Link unten) auf die hohle Hand haben sich ein bisschen so angefühlt wie wenn man einen Schnellball formt.

    https://www.strahlenklinik.uk-erlangen.de/universitaetsmedizin/schmerzbestrahlung/

  6. #7 Tobias Cronert
    16. Juni 2018

    @Gedankenknick: Bei mir auf der Station gibt es gar nichts im Strahenmedizinbereich. Hier spielen alle nur mit Chemo-Medikamentn herum und kümmern sich um immunsuppressierte Stammzellenleute. Alles, was mit Strahlentherapie zu tun hat wird ausgesourced, zu den nuklearmedizinern im Keller. Das finde ich eigentlich ziemlich schade, denn damit vernachlässigen sie total die Möglichkeiten, die die Strahlentherapieen so bieten, einfach aus dem Grund, dass sie sich nicht regelmäßig mit beschäftigen … schade.
    Bollerwagen mit langen Zeihstangen enne ich aber zur Genüge aus der nuklearen entsorgung. Da gibt es ein par echt interessante Gefährte, wo man sich im ersten Augenblick immer fragt: “Warum nur?” und dann beim Nachdenken merkt: Ja Abstand … ganz einfach.
    @Strahlenbiologe: Das wir beide Fanboys der Iononen und Schweronen, vorallem gegenüber der Phototnen sind, haben wir ja schon oft gemerkt *g*
    Zisätzlich zu der Präzision der Ionen möchte ich dann auch noch den erhöhten Energieübertag pro Interaktion in den Ring werfen. Das erhöht auch noch mal das Verhältnis zwischen Schäden an Tumorgewebe, gegenüber Schäden an Gesunden Stellen, durch ein günstigeres Verhältnis von oxidativem Stress gegenüber Doppelstrangbrcüehn. .. nur um noch mal mehr Werbug zu machen 😉

    Ja, ansonsten kann man mit Strahlentherapie auch noch andere Sachen, statt “nur”Turmorbekämpfung machen … aber das steht bei mir aktuell auf der Prioritätenliste nicht sonderlich weit oben. Für Ergäzungen bin ich aber immer dankbar.

  7. #8 zimtspinne
    16. Juni 2018

    Ich freue mich, soviel von dir zu lesen, ist das doch ein (recht sicheres!) Zeichen, dass es dir den Umständen entsprechend gut geht und schlimmere NW um dich einen Bogen machen.
    Auch alles klar verständlich, kein Buchstabensalat.

    Du hast eine total ungewöhnliche und für mich jetzt so auch neue Umgangsstrategie, die dir offensichtlich gut bekommt. Ehrlich gesagt, hast du ganz schön viele Flausen im Kopf, das freut sicher auch das Personal auf deiner Onkostation.
    Weiter so!

    Dass die Bereiche getrennt werden, hat sicher viele Gründe, auch logistische.
    Eigentlich wird ja aber interdisziplinär zusammengearbeitet…. wenn du die Möglichkeit hast, nimm doch mal an einer Tumorkonferenz teil. Kannst du ja auch einfordern 😉 (Unikliniken sind da sicher offener für als ein Wald- und Wiesenkrankenhaus).

  8. #9 zimtspinne
    16. Juni 2018

    uff, sorry,
    ich hatte gerade deinen Isolationsstatus nicht bedacht. Tut mir leid!

  9. #10 Tobias Cronert
    26. Juni 2018

    Ja, die Mediziner-Vorlesungssääle sind nur zwei Aufzüge entfernt. Ich war schon sehr versucht … je nach Leko-Status darf ich im haus herumlaufen.