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Hinter dem unscheinbaren Kürzel „DIN EN 15707″ verbirgt sich die neue europäische Qualitätsnorm für die Durchführung von – Werbeträger vergleichenden – Printmedienanalysen. Behandelt werden darin Reichweiten- und Strukturanalysen von Zeitschriften und Zeitungen. In der Norm gelistet sind Begriffe und Dienstleistungsanforderungen für entsprechende Untersuchungen. Nach finaler Abstimmung im Herbst 2008 und anschließend erfolgter Verabschiedung durch die Delegierten der EU-Mitgliedsstaaten ist sie seit Beginn 2009 als nationale DIN-Norm wirksam.

Die Norm definiert z. T. in Deutschland bereits gängige Qualitätsstandards, wie sie auch im für vergleichende Werbeträgeranalysen verbindlich gehandhabten ZAW-Rahmenschema enthalten sind, und fordert von den Studieninitiatoren eine umfassende Dokumentation der verwendeten Erhebungsverfahren, Stichprobenziehung, Berechnung von Lesewahrscheinlichkeiten etc. ein. Da die Norm als Kompromiss aus der Diskussion verschiedener europäischer Printmedien-Forschungsinstitutionen sowie Forschungsverbänden mit ihren jeweils anderen nationalen Forschungsstandards entstanden ist (erfreulicherweise konnten viele für die deutsche Medienforschung wichtige Qualitätskriterien hineinverhandelt werden), definiert sie in erster Linie methodische Mindeststandards.

Die Norm ist kein Lehrbuch der empirischen Sozialforschung, beschreibt folglich nicht verschiedene in Frage kommende Untersuchungsverfahren bzw. -methoden sowie deren inhaltliche Aspekte. Die Norm ist vom Gedanken getragen, mehrere mögliche und methodisch gut vertretbare Verfahren der Printmedienforschung zuzulassen (anstatt restriktiv deren Bandbreite zu beschränken), verpflichtet diese aber auch ganz klar, sich einer entsprechenden Güteprüfung durch Offenlegung zu stellen. Dennoch ist der Charakter einer Norm auch ein offener, da sich hieraus auch die Verpflichtung einer regelmäßigen Anpassung und Überarbeitung ableitet. Solche Aktualisierungen betreffen insbesondere methodische Weiterentwicklungen oder Änderungen der Auswahlgrundlage (z. B. wenn Personen nicht mehr per Random befragt werden dürften).

Zur juristischen Einordnung dieser Norm gilt ganz grundsätzlich, dass sie nicht das bis dahin Geltende und Verbindliche außer Kraft setzt. Eine Europäische Norm ist formaljuristisch kein isoliertes Dokument, sondern wird erst wirksam durch die Übernahme als nationale Norm, was 2009 der Fall ist.
Da DIN-Normen grundsätzlich nicht aus sich selbst heraus rechtsverbindlich sind, sondern als Empfehlung gelten, es sei denn
– der Gesetzgeber nimmt sie in Bezug oder inkorporiert sie (was beides hier nicht der Fall ist) oder
– die EU-Kommission hat sie im Wege so genannter „mandatierter Normungsvorhaben” in Auftrag gegeben (was hier auch nicht der Fall ist) oder
– Vertragspartner vereinbaren sie ausdrücklich als verbindlich,

entfaltet die künftige Norm keine per se verpflichtende rechtliche Bindungswirkung.

Es bleibt folglich den Anwenderkreisen in jedem Fall unbenommen, über die Norm hinausgehende Anforderungen, wie sie im ZAW-Rahmenschema geregelt sind, zu belassen. Verbindlich ist letztlich, was verbriefte Festlegung und gelebte Praxis der beteiligten „Verkehrskreise” (Medien, Werbungtreibende, Agenturen) darstellt.